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BVerfG 01.11.2012 - 2 BvR 1235/11
BVerfG 01.11.2012 - 2 BvR 1235/11 - Stattgebender Kammerbeschluss: Auslegung von § 266 Abs 1 StGB unter Verschleifung des Nachteils- mit dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal verletzt Analogieverbot - hier: Annahme eines Vermögensnachteils aufgrund pflichtwidriger Kreditaufnahme beachtet strafbegrenzende Funktion des Nachteilsmerkmals nur unzureichend - Gegenstandswertfestsetzung auf 6000 Euro
Normen
Art 103 Abs 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, GemO BY 1998, § 266 Abs 1 StGB
Vorinstanz
vorgehend BGH, 13. April 2011, Az: 1 StR 592/10, Beschluss
vorgehend LG München II, 16. Juni 2010, Az: W5 KLs 65 Js 38937/08, Urteil
Tenor
-
1. Das Urteil des Landgerichts München II vom 16. Juni 2010 - W5 KLs 65 Js 38937/08 - und der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2011 - 1 StR 592/10 - verletzen die Beschwerdeführer jeweils in ihrem Recht aus Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes, soweit das Landgericht München II sie in den Fällen III.2.a) und III.2.b) der Urteilsgründe verurteilt und der Bundesgerichtshof ihre Revisionen gegen die Verurteilung in diesen beiden Fällen verworfen hat. Die genannten Entscheidungen werden in diesem Umfang aufgehoben.
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2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Landgericht München II zurückverwiesen, das auch erneut über die Kosten zu entscheiden haben wird.
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3. ...
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4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird für jeden Beschwerdeführer auf 6.000,00 Euro (in Worten: sechstausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen strafgerichtliche Verurteilungen wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB).
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I.
- 2
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Das Landgericht München II verurteilte den Beschwerdeführer zu 1. unter Freisprechung im Übrigen wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und den Beschwerdeführer zu 2. wegen Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die beide Beschwerdeführer betreffende Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen durch die Aufnahme zweier Kassenkredite über jeweils zwei Millionen Euro für eine Gemeinde.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Beschwerdeführer zu 1. erster Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde und der Beschwerdeführer zu 2. deren Kämmerer. In diesen Funktionen oblag den Beschwerdeführern die laufende Abwicklung von Kassenkrediten der Gemeinde. Der Gemeinderat hatte jedenfalls seit dem Haushaltsjahr 2005 in der Haushaltssatzung der Gemeinde festgelegt, dass Kassenkredite in einer Höhe von bis zu drei Millionen Euro genehmigt seien. Von Juni 2007 bis Anfang 2009 lagen die tatsächlich aufgenommenen Kassenkredite durchgängig über dieser Obergrenze, ohne dass die Überschreitungen in der Haushaltssatzung ausgewiesen waren. Durch Verschiebung von in einem Haushaltsjahr angefallenen Ausgaben in das folgende Haushaltsjahr sowie von fiktiven Einnahmen aus dem Folgejahr in das Vorjahr stellten die Beschwerdeführer in den Haushaltsjahren 2005 bis einschließlich 2008 jeweils einen ausgeglichenen Vermögenshaushalt dar, der anstelle der tatsächlich vorhandenen Unterdeckung jeweils einen Überschuss auswies. Die in Anspruch genommenen Kassenkredite wiesen die Beschwerdeführer zum Jahresende nicht aus, sondern buchten sie in das kommende Haushaltsjahr um. Dem Gemeinderat präsentierten sie auf diese Weise jeweils einen von ihnen als "ordentlich" bezeichneten Haushalt; der Schuldenstand der Gemeinde habe sich ständig reduziert, für als erforderlich dargestellte Investitionen seien Kreditaufnahmen "nicht mehr geplant" (Haushalt 2007) beziehungsweise "nicht vorgesehen" (Haushalt 2008). Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Angaben beschloss der Gemeinderat jeweils die ihm vorgeschlagenen Tief- und Hochbaumaßnahmen, allein für das Jahr 2007 in einer Größenordnung von fünf Millionen Euro. Dass der Gemeinderat diese Investitionen auch für das Haushaltsjahr 2007 und in dieser Höhe beschlossen hätte, wenn seine Mitglieder gewusst hätten, dass sie entgegen den Angaben der Beschwerdeführer sicher über Kredite finanziert werden mussten, da der Vermögenshaushalt schon aus den Vorjahren entgegen den Angaben der Beschwerdeführer erhebliche Unterdeckungen auswies und bislang nicht bekannte feste Kassenkredite über drei Millionen Euro bestanden, konnte nicht festgestellt werden.
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2. Um die dem Gemeinderat nicht offengelegten Finanzierungslücken zu decken, nahmen die Beschwerdeführer in zwei Fällen weitere feste Kassenkredite für die Gemeinde auf, ohne zuvor eine Erweiterung des - wie die Beschwerdeführer wussten - dauerhaft überschrittenen Kreditrahmens durch eine Nachtragshaushaltssatzung zu beantragen.
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a) Im Juli 2007 nahm die Gemeinde feste Kassenkredite von insgesamt über drei Millionen Euro und einen über ein Sparkassenkonto laufenden variablen Kassenkredit von dauerhaft über einer Million Euro in Anspruch. Gleichwohl nahmen die Beschwerdeführer - in Kenntnis der Umstände und ohne die Genehmigung des Gemeinderats einzuholen - einen weiteren festen Kassenkredit über zwei Millionen Euro mit einer Laufzeit von zwölf Monaten auf, wofür Zinszahlungen in Höhe von insgesamt rund 88.000 Euro anfielen. Die ausgezahlten Darlehensbeträge von insgesamt zwei Millionen Euro verwendeten sie in den folgenden Monaten wiederholt zum Ausgleich des Negativsaldos auf dem Sparkassenkonto.
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b) Ende März 2008 nahm die Gemeinde einschließlich des vorgenannten Kassenkredits feste Kassenkredite in Höhe von insgesamt fünf Millionen Euro in Anspruch; das variable Sparkassenkonto wies einen Negativsaldo von rund 700.000 Euro auf. Dennoch nahmen die Beschwerdeführer - wiederum in Kenntnis der Umstände und ohne die Genehmigung des Gemeinderats einzuholen - einen weiteren festen Kassenkredit über zwei Millionen Euro mit einer Laufzeit von zwölf Monaten auf, für den Zinsen von insgesamt rund 93.000 Euro zu zahlen waren. Mit dem Kreditbetrag lösten sie einen anderen auslaufenden Kassenkredit ab.
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3. Das Landgericht sah die Verletzung einer beiden Beschwerdeführern obliegenden Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB in der Aufnahme der beiden Kassenkredite unter Verstoß gegen die solche Kredite auf eine Höhe von maximal drei Millionen Euro beschränkende Haushaltssatzung.
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Durch das Verhalten der Beschwerdeführer sei der Gemeinde ein Schaden entstanden. Dieser liege nicht in den Darlehensforderungen selbst. Die zusätzlichen Mittel seien sämtlich für Aufgaben der Gemeinde verwendet worden. Zudem seien sie vollständig, wenn auch unzutreffend, in den Büchern der Gemeinde erfasst worden. Ein Schaden liege jedoch in den Zinsverpflichtungen gegenüber den kreditgebenden Banken. Es sei nicht feststellbar, dass das Ermessen des allein zur Entscheidung berufenen Gemeinderats hinsichtlich der Investitionen deren Zeitpunkt und Höhe betreffend auf Null reduziert gewesen sei. Allein aus dem Umstand, dass es sich bei den beschlossenen Baumaßnahmen um gemeindliche Pflichtaufgaben gehandelt habe, sei nicht zu schließen, dass die Maßnahmen sofort hätten umgesetzt werden müssen. Es sei denkbar gewesen, die bereits seit Jahren verschobenen Maßnahmen noch weiter aufzuschieben und damit den laufenden Haushalt um die Investitionsbeträge zu entlasten oder den Umfang der Investitionen der Haushaltslage anzupassen. Der Gemeinderat hätte jederzeit die Möglichkeit zu der Entscheidung gehabt, ob, wann und in welcher Höhe Investitionen durchgeführt oder auch vorhandene Darlehensverpflichtungen zurückgeführt werden. Diese Entscheidungsmöglichkeit sei dem Gemeinderat vorenthalten worden, indem die Beschwerdeführer ihm vorgespiegelt hätten, die vorhandenen beziehungsweise zu erwartenden Einnahmen der Gemeinde seien ausreichend, um die geplanten Investitionen ohne Kreditaufnahme zu finanzieren. Dabei könne dahinstehen, ob die Darlehensbedingungen günstiger gewesen seien als für zeitgleich aufgenommene Kommunaldarlehen, da sich der Vorwurf auf die Aufnahme der Darlehen, nicht deren Konditionen beziehe.
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II.
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1. Mit ihren Revisionen rügten die Beschwerdeführer insbesondere die Annahme eines Vermögensnachteils der Gemeinde. Ein solcher könne nicht ohne weiteres in der Zinsbelastung gesehen werden; vielmehr bedürfe es der Abwägung, ob die Kreditaufnahme trotz der damit verbundenen Zinsbelastung für die Gemeinde wirtschaftlich und haushaltspolitisch sinnvoll gewesen sei. Diese Frage übergehe das Landgericht.
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2. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revisionen der Beschwerdeführer als unbegründet. Die Bewertung des Landgerichts sei frei von Rechtsfehlern.
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Die Beschwerdeführer, deren Amtsstellung vermögensrechtliche Aufgaben umfasst habe, seien der Gemeinde gegenüber vermögensbetreuungspflichtig gewesen. Der Beschwerdeführer zu 1. habe seine Amtsstellung missbraucht und der Beschwerdeführer zu 2. treuwidrig gehandelt, indem sie entgegen den Bestimmungen der Haushaltssatzung und der Bayerischen Gemeindeordnung (weitere) feste Kassenkredite aufgenommen hätten.
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Durch die Kreditaufnahme hätten die Beschwerdeführer der Gemeinde einen Vermögensnachteil in Höhe der Kreditzinsen zugefügt. Nach der Haushaltssatzung seien die beschlossenen Baumaßnahmen ausschließlich aus dem Vermögenshaushalt zu bestreiten gewesen. Die Beschwerdeführer hätten daher für die genehmigten Tief- und Hochbaumaßnahmen die falschen Mittel (Darlehen) eingesetzt. Durch die eingegangene Verpflichtung zur Zahlung von Kreditzinsen hätten sie dem Gemeindehaushalt ohne Gegenwert Mittel in Höhe der Zinsen endgültig und dauerhaft entzogen. Die Darlehensaufnahme stelle angesichts der Rückzahlungsverpflichtung keinen wirtschaftlichen Vorteil für die Gemeinde dar; ein anderer wirtschaftlicher Vorteil sei nicht ersichtlich. Auf das angestrebte oder erhoffte wirtschaftliche Gesamtergebnis am Ende des Haushaltsjahres komme es nicht an. Vage oder nur mittelbare Vorteile aus der - wenn auch von Anfang an beabsichtigten - Verwendung der Kreditmittel für kommunale Baumaßnahmen stellten keinen die Zinsverpflichtung ausgleichenden vermögenswerten Vorteil dar. Die Beschwerdeführer könnten sich auch nicht darauf berufen, durch einen von ihnen mit Manipulationen und Täuschung herbeigeführten Gemeinderatsbeschluss oder aufgrund der Dringlichkeit der die Kreditaufnahme bedingenden Investitionen zum Mitteleinsatz verpflichtet gewesen zu sein oder der Gemeinde eine sonst unumgängliche Inanspruchnahme anderweitiger Mittel oder eine anderweitige Kreditaufnahme erspart zu haben. Dass der Gemeinderat auch bei Kenntnis der wahren Vermögensverhältnisse die Investitionen mit Sicherheit beschlossen hätte, sei ebenso wenig feststellbar gewesen wie eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Durchführung der Maßnahmen.
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B.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer unter Berufung auf Art. 103 Abs. 2 GG und auf das Willkürverbot eine Entgrenzung des Tatbestandsmerkmals des Vermögensnachteils bei der Anwendung des Untreuetatbestandes (§ 266 Abs. 1 StGB).
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Der Bundesgerichtshof definiere für die Haushaltsuntreue den Vermögensnachteil in untrennbarer Abhängigkeit von der Pflichtwidrigkeit des Handelns. Mit der Annahme, die Darlehensaufnahme stelle angesichts der Rückzahlungsverpflichtung keinen wirtschaftlichen Vorteil für die Gemeinde dar, verkenne er grundlegend und in Willkür begründender Weise das Wesen eines Kreditvertrages. Die vom Darlehensnehmer im Gegenzug für die Zinszahlung erlangte Leistung des Kreditgebers bestehe in der Zurverfügungstellung des Kreditbetrags. Deren wirtschaftlicher Wert liege darin, dass dem Kreditnehmer der Geldbetrag, den er sonst nicht hätte, zur Verfügung stehe und er diesen jetzt - nicht erst später - für die Zwecke einsetzen könne, die er als wichtig oder sogar dringlich erachte. Bei einer marktüblichen Verzinsung sei der Vertrag wirtschaftlich ausgewogen. Leistung und Gegenleistung seien im Fall der Beschwerdeführer objektiv gleichwertig gewesen. Daher könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Annahme eines Vermögensschadens nur nach den Grundsätzen des sogenannten subjektiven Schadenseinschlags begründet sein. Dabei dürfe die Untreue jedoch nicht in ein Delikt gegen die Dispositionsfreiheit umgewandelt werden. Die Aufnahme von Kassenkrediten könne daher nur in eng begrenzten Fallgestaltungen einen Vermögensnachteil begründen, wie etwa bei einer Kreditaufnahme ohne entsprechende wirtschaftliche Notwendigkeit, bei einer weitgehenden Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Gemeinde oder bei gänzlich unnötigen Ausgaben. Hier seien die Kreditbeträge jedoch für gemeindliche Pflichtaufgaben verwendet worden, deren Erfüllung vom Gemeinderat - wenn auch unter der unzutreffenden Annahme, sie aus laufenden Einnahmen finanzieren zu können - ausdrücklich beschlossen worden sei. Die Annahme eines Vermögensnachteils sei daher letztlich allein auf die Pflichtwidrigkeit des Handelns der Beschwerdeführer in Gestalt des ihnen anzulastenden Eingriffs in die Dispositionsfreiheit des Gemeinderats gestützt worden.
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C.
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Die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung haben sich nicht zu der Verfassungsbeschwerde geäußert. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat mitgeteilt, die Vorsitzenden der Strafsenate hätten von einer Stellungnahme abgesehen. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.
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D.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und in einer die Kammerzuständigkeit begründenden Weise offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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I.
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Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer jeweils in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 2 GG.
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1. a) Für die Strafgerichte folgt aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit von Strafnormen ein Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung. Dabei ist "Analogie" nicht im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die - tatbestandsausweitend - über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, wobei der mögliche Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen ist (vgl. BVerfGE 71, 108 115>; 87, 209 224>; 92, 1 12>; 126, 170 197>). Dementsprechend darf die Auslegung der Begriffe, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, nicht dazu führen, dass die dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben wird. Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen also auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (Verschleifung oder Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen; vgl. BVerfGE 87, 209 229>; 92, 1 16 f.>; 126, 170 198>).
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b) Im Falle des Nachteilsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB muss die Auslegung den gesetzgeberischen Willen beachten, das Merkmal selbständig neben dem der Pflichtverletzung zu statuieren; sie darf daher dieses Tatbestandsmerkmal nicht mit dem Pflichtwidrigkeitsmerkmal verschleifen, das heißt, es in diesem Merkmal aufgehen lassen. Deswegen und um das Vollendungserfordernis zu wahren, sind eigenständige Feststellungen zum Bestehen eines Nachteils geboten. Von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen - etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden - abgesehen, werden die Strafgerichte den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darlegen müssen (vgl. BVerfGE 126, 170 211>). Normative Gesichtspunkte können bei der Feststellung eines Nachteils durchaus eine Rolle spielen. Sie dürfen aber, soll der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt und Erfolgsdelikt bewahrt bleiben, wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen. So kann beispielsweise die Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken nicht per se als nachteilsbegründend angesehen werden; vielmehr bleibt es auch in solchen Fällen erforderlich, zu prüfen, ob das verbotene Geschäft - wirtschaftlich betrachtet - nachteilhaft war (BVerfGE 126, 170 212>).
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c) Der in Art. 103 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende strenge Gesetzesvorbehalt erhöht zwar die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte, soweit es um die Überschreitung der Grenzen des Strafgesetzes als auch um die insoweit gebotene inhaltliche Konturierung und Präzisierung der Strafrechtstatbestände geht. Dies ändert aber nichts an der Verantwortung der Gerichte für die Auslegung und Anwendung des Strafrechts (vgl. BVerfGE 126, 170 199 f.>), die vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nur im Hinblick auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts überprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht kann danach eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots des Art. 103 Abs. 2 GG nur in Fällen handgreiflicher Defizite bei der Auslegung und Anwendung von Strafrechtsnormen feststellen (vgl. BVerfGE 126, 170 233>).
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2. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen bei der Anwendung des § 266 Abs. 1 StGB werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Die Annahme, durch die Kreditaufnahme sei jeweils ein tatbestandsmäßiger Vermögensnachteil verursacht worden, der nicht durch eine gleichwertige Gegenforderung kompensiert worden ist, ist auf Erwägungen gestützt, die eine unzureichende Beachtung der strafbegrenzenden Funktion des Nachteilsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB erkennen lassen.
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a) Der Bundesgerichtshof hat - wie zuvor das Landgericht - einen von den Beschwerdeführern verursachten Vermögensnachteil darin gesehen, dass der Gemeinde Mittel in Höhe der durch die Kreditaufnahme entstandenen Zinsverpflichtungen dauerhaft entzogen worden sind. Den zu entrichtenden Kreditzinsen stand allerdings die Möglichkeit gegenüber, die Kreditbeträge für eine bestimmte Zeit nutzen zu können. Dies stellt regelmäßig einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert dar, der geeignet ist, die Zinsverpflichtung in tatbestandsausschließender Weise zu kompensieren. Besteht der Vermögensnachteil - wie hier - in einer pflichtwidrig begründeten Forderung, der eine wirtschaftlich werthaltige Gegenleistung gegenübersteht, so muss sich den Urteilsgründen mit hinreichender Klarheit entnehmen lassen, weshalb der eingetretene Nachteil nicht in einer den objektiven Tatbestand ausschließenden Weise ausgeglichen worden ist.
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b) Eine Kompensation der Zinsverpflichtung kann hier nur dann ausscheiden, wenn das Darlehen - etwa unter dem Gesichtspunkt des subjektiven Schadenseinschlags - in der konkreten Lage für die Gemeinde wirtschaftlich wertlos war. Sofern die Urteilsbegründung dieses Ergebnis trägt, ist eine solche Betrachtung im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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In der strafrechtlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass auch dann, wenn einer eingegangenen Verpflichtung eine objektiv gleichwertige Leistung gegenübersteht, ein Vermögensnachteil nach den Grundsätzen des subjektiven beziehungsweise individuellen Schadenseinschlags in Betracht kommen kann (vgl. für den Fall einer Nachteilszufügung durch pflichtwidrige Verwendung von Haushaltsmitteln BGHSt 43, 293 297 ff.>; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 5 StR 123/00 -, NStZ 2001, S. 248 251>; BGH, Urteil vom 18. November 1986 - 1 StR 536/86 -, BGHR StGB § 266 Abs. 1 - Vorsatz 1; s. auch Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Aufl. 2010, § 266 Rn. 43 m.w.N.). Die dabei vorgenommene Fallgruppenbildung dient nicht zuletzt der Konkretisierung des Nachteilsmerkmals und ist daher geeignet, den Anwendungsbereich des Un-treuetatbestandes im Sinne des Bestimmtheitsgebots zu begrenzen (vgl. BVerfGE 126, 170 208 f.>). Die mit einer Darlehensaufnahme begründeten Zinsverpflichtungen können daher in verfassungsrechtlich zulässiger Weise als Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gewertet werden, wenn der Kreditbetrag für den Kreditnehmer gemessen an den genannten Kriterien subjektiv wertlos ist (vgl. BVerfGE 126, 170 212>). Das Verschleifungsverbot wäre danach in der vorliegenden Konstellation jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die wirtschaftliche Wertlosigkeit der Kreditaufnahme auf die konkrete finanzielle Situation der Gemeinde gestützt würde, während die Pflichtverletzung - wie hier - bereits in der Aufnahme der Kassenkredite unter Verstoß gegen Bestimmungen der gemeindlichen Haushaltssatzung und der Bayerischen Gemeindeordnung gesehen und ohne Rückgriff auf die Haushaltslage der Gemeinde festgestellt wurde.
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c) Aus den angegriffenen Entscheidungen ergibt sich jedoch nicht mit hinreichender Klarheit, dass der Vermögensnachteil trotz der der Gemeinde zur Verfügung stehenden Kreditbeträge auf der Grundlage eines subjektiven Schadenseinschlags und ohne Verstoß gegen das Verschleifungsverbot angenommen worden ist.
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aa) Mit seinen Ausführungen zur wirtschaftlichen Situation der Gemeinde sowie zu ihren konkreten Bedürfnissen zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme berührt das Landgericht zwar die Fallgruppe des subjektiven Schadenseinschlags. So wies der Gemeindehaushalt nach den Feststellungen des Landgerichts zum Zeitpunkt der Aufnahme der Kassenkredite jeweils Fehlbeträge in Höhe von mehreren Millionen Euro auf. Der Gemeinderat habe in der irrigen Annahme, dass hierfür keine Kreditaufnahme erforderlich sei, Investitionen für Baumaßnahmen im Umfang von mehreren Millionen Euro beschlossen, anstatt - was ebenso möglich gewesen wäre - die bereits seit Jahren verschobenen Maßnahmen noch weiter aufzuschieben und damit den laufenden Haushalt um die Investitionsbeträge zu entlasten, den Umfang der Investitionen der Haushaltslage anzupassen oder bestehende Darlehensverpflichtungen zurückzuführen. Damit wird eine Situation dargestellt, angesichts derer es nicht fern liegt, dass die Aufnahme (weiterer) Kassenkredite wirtschaftlich verfehlt und - bei objektiver Würdigung der Lage der Gemeinde - schädlich war. Jedoch lassen die Urteilsgründe nicht sicher erkennen, ob der Verurteilung diese rechtliche Wertung zugrunde liegt. Das Landgericht hat es versäumt, die Gründe ausdrücklich darzulegen, aus denen es eine Kompensation der Zinsverpflichtung verneint. Sofern es sich hierbei auf einen subjektiven Schadenseinschlag stützen wollte, hätte es dies zum Ausdruck bringen und - entsprechende tatsächliche Feststellungen vorausgesetzt - verbalisieren müssen, dass die zu den Zinsverpflichtungen führende Darlehensaufnahme der Finanzierung von Investitionen gedient hat, die als wirtschaftlich sachwidrig zu bewerten sind, etwa weil sie die zu diesem Zeitpunkt bedrängte finanzielle Situation der Gemeinde verschärften. Hieran fehlt es.
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Hingegen hat das Landgericht im Rahmen der Begründung des Nachteils ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Gemeinderat die Investitionen - wenngleich es sich um gemeindliche Pflichtaufgaben handelte - auch bei vollständiger Kenntnis der Situation der Gemeinde in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt beschlossen hätte. Damit erörterte es bei der Darlegung eines Nachteils (auch) einen Eingriff der Beschwerdeführer in die Dispositionsfreiheit des Gemeinderats. Dies führt in die Nähe einer unzulässigen Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtverletzung und des Vermögensnachteils. Die fraglichen Ausführungen schließen unmittelbar an die Feststellung an, ein Schaden liege in den Zinsverpflichtungen gegenüber den Banken, während die Pflichtverletzung bereits in der Aufnahme der Mittel liege (Seite 19 der Urteilsgründe). Es bleibt unklar, ob das Landgericht die Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit in einen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung - die allerdings bereits an früherer Stelle im Urteil bejaht worden ist - gestellt hat, oder ob es den Vermögensnachteil maßgeblich daraus abgeleitet hat, dass der Gemeinderat in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt wurde, weil er aufgrund der pflichtwidrigen Aufnahme der Kassenkredite unzutreffend davon ausging, die beschlossenen Investitionen ohne weitere Kreditaufnahme finanzieren zu können. Letzteres würde das Bestimmtheitsgebot verletzen, weil das Tatbestandsmerkmal des Nachteils unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG in dem der Pflichtwidrigkeit aufgegangen wäre (vgl. BVerfGE 126, 170 211>).
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bb) In gleicher Weise mehrdeutig sind die mit der Verfassungsbeschwerde beanstandeten Erwägungen im Beschluss des Bundesgerichtshofs, für die Investitionen seien die falschen Mittel eingesetzt worden, und die Beschuldigten könnten sich nicht darauf berufen, aufgrund der Dringlichkeit der die Kreditaufnahme bedingenden Investitionen zum Mitteleinsatz verpflichtet gewesen zu sein oder der Gemeinde eine sonst unumgängliche Inanspruchnahme anderweitiger Mittel oder eine anderweitige Kreditaufnahme erspart zu haben. Zwar entstammen diese Wendungen teilweise der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Untreue bei zweckwidriger Verwendung öffentlicher Gelder (vgl. BGHSt 40, 287 294 f.>). Gleichwohl bleibt letztlich unklar, ob die rechtliche Würdigung des Bundesgerichtshofs dahin geht, dass die zur Verfügung stehenden Kassenkredite angesichts der konkreten Lage der Gemeinde keinen berücksichtigungsfähigen Vorteil darstellen konnten, der geeignet war, den mit der Zinsverpflichtung verbundenen Vermögensnachteil aufzuwiegen. Ein Schwerpunkt der Ausführungen zur Frage des Vermögensnachteils liegt auch im Beschluss des Bundesgerichtshofs auf der durch die Manipulationen der Beschwerdeführer bedingten Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Gemeinderats, ohne dass nachvollziehbar ist, ob dieser Aspekt oder eigenständige wirtschaftliche Erwägungen den Bundesgerichtshof zur Annahme eines Vermögensnachteils veranlasst haben.
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II.
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Weil bereits Art. 103 Abs. 2 GG verletzt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die angegriffenen Entscheidungen auch gegen das Willkürverbot verstoßen.
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E.
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Das Urteil des Landgerichts München II vom 16. Juni 2010 verletzt die Beschwerdeführer in dem im Tenor ausgesprochenen Umfang in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 2 GG. Dasselbe gilt für den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2011, der den Grundrechtsverstoß perpetuiert hat. Die Entscheidungen sind daher in dem genannten Umfang aufzuheben, und die Sache ist an das Landgericht München II zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Da beiden angegriffenen Entscheidungen im Umfang der Aufhebung gleichermaßen eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbarende Anwendung des Untreuetatbestandes zugrunde liegt, genügt eine Beschränkung des Aufhebungsumfangs auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs nicht (vgl. BVerfGE 126, 170 233>; BVerfGK 14, 177 186 f.>).
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Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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