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BFH 23.03.2023 - VI R 39/20
BFH 23.03.2023 - VI R 39/20 - Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine Liposuktion
Normen
§ 33 Abs 1 EStG 2009, § 64 Abs 1 Nr 2 S 1 Buchst f EStDV 2002, EStG VZ 2017
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 10. September 2020, Az: 3 K 1498/18, Urteil
Leitsatz
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Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems können jedenfalls ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 10.09.2020 - 3 K 1498/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Liposuktion ohne die Nachweiserfordernisse des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Bei der Klägerin wurde im Jahr 2012 vom MVZ Gefäßzentrum in X ein Lipödem diagnostiziert. Mit Schreiben vom 12.01.2016 bescheinigte eine privatärztliche Praxis für Operative Lymphologie, dass die Klägerin seit mehreren Jahren an einem Lipödem leide und die Erkrankung weder durch Ernährung noch durch Sport positiv zu beeinflussen sei. Es bestehe eine deutliche Einschränkung im täglichen Leben. Eine Schmerzlosigkeit habe auch durch komplexe Entstauungstherapie nicht erreicht werden können. Als Therapie der Wahl zur Verhinderung der Chronizität gelte daher eine Lymphologische Liposculptur.
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Im Streitjahr (2017) wurden bei der Klägerin daraufhin drei Liposuktionsbehandlungen durchgeführt. Die Aufwendungen hierfür betrugen … €. Die Krankenkasse der Klägerin erstattete die Kosten nicht.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
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Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) ließ die geltend gemachten Kosten nicht zum Abzug nach § 33 EStG zu, da die Kläger kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV) vorgelegt hätten.
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Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 43 veröffentlichten Gründen statt. Zur Begründung führte es u.a. aus, Aufwendungen für die Durchführung der Liposuktion seien im Streitjahr auch ohne ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehbar. Soweit in der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Liposuktion bei einem Lipödem einkommensteuerrechtlich als "wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode" angesehen worden sei, sei diese Rechtsprechung nicht (mehr) auf das Streitjahr übertragbar, da sich der Stand der Wissenschaft zwischenzeitlich gewandelt habe.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
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das Urteil des Sächsischen FG vom 10.09.2020 - 3 K 1498/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der Liposuktion im Streitjahr nicht um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Methode zur Behandlung eines Lipödems (krankhafte Fettverteilungsstörung) handelt. Dementsprechend hat es die dahingehenden Aufwendungen zu Recht gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, obwohl die Kläger weder ein vor der Behandlung erstelltes amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV) vorgelegt haben. Eines solchen Gutachtens bzw. einer solchen Bescheinigung bedurfte es zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der streitigen Aufwendungen vorliegend nicht.
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1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (Senatsurteil vom 18.06.2015 - VI R 68/14, BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 10, m.w.N.).
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b) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (Senatsurteil in BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 11, m.w.N.).
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c) Den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall hat der Steuerpflichtige in den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV (Senatsurteil in BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 12, m.w.N.) durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch --SGB V--) zu führen (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV).
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d) Ein solcher qualifizierter Nachweis ist auch bei krankheitsbedingten Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV) erforderlich.
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aa) Wissenschaftlich nicht anerkannt ist eine Behandlungsmethode, wenn Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht entsprechen (Senatsurteil vom 26.06.2014 - VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9). Hierunter fallen Behandlungsmethoden, die die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) nicht befürwortet, weil sich die Methoden in der medizinischen Praxis nicht bewährt haben und über ihre generelle Wirksamkeit und/oder Zweckmäßigkeit nennenswert Streit besteht, sie folglich nicht auf einem tragfähigen medizinisch-wissenschaftlichen Konsens gründen. Demgegenüber ist von einem solchen Konsens schon dann auszugehen, wenn die vorgesehene Behandlung den evidenzbasierten Handlungsempfehlungen eines institutionalisierten Expertengremiums entspricht. Dazu zählen etwa die Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer und ebenso die von führenden medizinischen Gesellschaften erstellten Leitlinien, welche den --nach definiertem, transparent gemachtem Vorgehen erzielten-- Konsens zu bestimmten ärztlichen Vorgehensweisen wiedergeben und denen deshalb die Bedeutung wissenschaftlich begründeter Handlungsempfehlungen zukommt (vgl. z.B. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2021 - XII ZB 191/21, Monatsschrift für Deutsches Recht 2021, 1199). Die Anforderungen an die vorgenannten Handlungsempfehlungen dürfen zudem nicht überspannt werden. Denn wie sich den in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV aufgeführten Regelbeispielen entnehmen lässt, soll sich das formalisierte Nachweisverlangen nur auf Aufwendungen für Behandlungsmethoden erstrecken, deren Auswirkung auf die Heilung oder Linderung einer Krankheit regelmäßig nicht messbar ist, deren im Einzelfall gleichwohl bestehende medizinische Indikation daher des besonderen Nachweises bedarf.
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bb) Ob eine neue Behandlungsmethode generell oder in Einzelfällen zum "Leistungskatalog" der gesetzlichen Krankenkassen zählt, ist für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i.S. von § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV handelt, grundsätzlich nicht maßgebend.
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Denn dieser umfasst nach den gesetzlichen Rahmenregelungen im SGB V und den --diese konkretisierenden-- Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Leistungen, die für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (§ 137c Abs. 1 Satz 1 SBG V). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn die dort im Einzelnen benannten Ausschüsse und Vereinigungen Empfehlungen u.a. zu der Wirtschaftlichkeit --auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden-- abgegeben haben.
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Demgegenüber sind Aufwendungen im Krankheitsfall, wenn die kostenverursachenden Maßnahmen medizinisch indiziert sind, --wie oben dargelegt-- typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer (gesetzlichen) Mindestversorgung erfasst wird, sondern jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt (angezeigt) bzw. medizinisch indiziert ist. Dieser medizinischen Wertung hat die steuerliche Beurteilung zu folgen (Senatsurteil vom 11.11.2010 - VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969, Rz 26, m.w.N.).
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Im Übrigen ist die fehlende Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse letztlich "Voraussetzung" für die Berücksichtigung krankheitsbedingter Aufwendungen nach § 33 EStG, da es ansonsten bereits an einer steuererheblichen außergewöhnlichen "Belastung" des Steuerpflichtigen fehlt.
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e) Ob eine Behandlungsmethode als wissenschaftlich nicht anerkannt anzusehen ist, hat das FG aufgrund der ihm obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (Senatsurteil in BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 14, m.w.N.). Hierbei kann es sich u.a. auf allgemein zugängliche Fachgutachten stützen (Senatsurteil in BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 16).
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f) Maßgeblicher Zeitpunkt für die fehlende wissenschaftliche Anerkennung i.S. des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV ist der Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Denn das Nachweiserfordernis soll Aufschluss darüber geben, ob eine Behandlungsmethode im Zeitpunkt der Behandlung medizinisch indiziert ist und die angefallenen Aufwendungen daher zwangsläufig zum Zweck der Heilung oder Linderung einer Krankheit entstanden sind (Senatsurteil in BFHE 250, 166, BStBl II 2015, 803, Rz 15, m.w.N.).
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2. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze ist das FG im Streitfall in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der im Streitfall durchgeführten Liposuktion jedenfalls seit dem Jahr 2016 und damit auch im Streitjahr unabhängig vom Stadium der Erkrankung nicht (mehr) um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handelt.
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Denn nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) entspricht die Durchführung einer Liposuktion der S-1 Leitlinie Lipödem der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF Registernummer 037-012; Stand 10/2015). In dieser von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeiteten Leitlinie wird die Liposuktion als medizinisch indizierte, etablierte und risikoarme operative Methode zur Verbesserung von Spontanschmerz, Druckschmerz, Ödem- und Hämatomneigung beschrieben sowie als medizinische Maßnahme zur Reduktion des Risikos für weitere orthopädische Komplikationen in Folge eines lipödem-assoziierten pathologischen Gangbildes beurteilt.
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Überdies hat das FG herausgearbeitet, dass die Bundesärztekammer und fast sämtliche medizinischen Fachgesellschaften (z.B. die Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V., die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, die Deutsche Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation e.V. sowie zu Beginn des Bewertungsverfahrens auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung), die mit der Erkrankung befasst sind, in dem Stellungnahmeverfahren des G-BA in den Jahren 2015 und 2016 die Auffassung vertreten haben, dass bei einem Lipödem eine Liposuktion in den meisten Fällen symptomlindernde Wirkungen hat.
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Auch der G-BA selbst hat --obwohl das Verfahren zur Durchführung einer (aufgrund sowohl des Leidensdrucks der betroffenen Frauen als auch auf den dringenden Wunsch des Bundesgesundheitsministeriums zur Beschleunigung des Bewertungsverfahrens in Auftrag gegebenen) Erprobungsstudie ausgesetzt ist-- ausweislich der Feststellungen des FG das medizinische Potential der streitigen Behandlungsmethode im Streitjahr bestätigt.
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Nach den Feststellungen des FG steht zudem fest, dass es sich bei der Liposuktion regelmäßig nicht um einen kosmetischen Eingriff handelt. Den herangezogenen Stellungnahmen der mit der Behandlung von Lipödemen befassten Wissenschaftler ist vielmehr zu entnehmen, dass eine Liposuktion regelmäßig nicht auf eine optische Verschönerung der Patientinnen, sondern auf die Linderung von Schmerzen sowie die Vermeidung von Sekundärerkrankungen zielt, und dadurch die --häufig wirkungslose und die Patientinnen erheblich einschränkende und belastende-- konservative Behandlung reduziert oder gar überflüssig wird.
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Angesichts dessen kann für das Streitjahr nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems um eine lediglich gesundheitsfördernde Vorbeuge-/Folgemaßnahme oder eine Maßnahme handelt, die nicht eindeutig der Linderung einer Krankheit dient und deshalb eine mit den in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV aufgeführten Behandlungsmethoden vergleichbare Methode darstellt.
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3. Entgegen der Auffassung des FA steht das Fehlen eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung der Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung daher nicht entgegen. Dass die Liposuktion bei der Klägerin nicht kosmetischen Zwecken gedient hat, sondern medizinisch indiziert war, wird durch das privatärztliche Schreiben vom 12.01.2016 hinreichend nachgewiesen. Die Sache ist spruchreif. Denn die Höhe der Aufwendungen steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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