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BFH 30.06.2021 - XI B 81/20
BFH 30.06.2021 - XI B 81/20 - Fehlen von Entscheidungsgründen; angebliche Hinzuziehung des Leistungsempfängers zum Einspruchsverfahren des leistenden Unternehmers, um nur gegenüber dem Leistungsempfänger "besondere Bescheide wegen Umsatzsteuer" erlassen zu können
Normen
§ 174 Abs 4 AO, § 174 Abs 5 S 1 AO, § 174 Abs 5 S 2 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 96 Abs 1 S 3 FGO, § 105 Abs 2 Nr 5 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 119 Nr 6 FGO, § 27 Abs 19 UStG, UStG VZ 2013, UStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 11. November 2020, Az: 2 K 730/20, Urteil
Leitsatz
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NV: Ein Urteil eines FG ist i.S. des § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen,
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- wenn das FG eine (angebliche) Hinzuziehung des Leistungsempfängers zu einem Einspruchsverfahren des Leistenden für rechtmäßig erklärt, obwohl der Hinzugezogene am Einspruchsverfahren des Leistenden nicht beteiligt wird/werden soll,
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- wenn das FG einen nur an den Leistungsempfänger gerichteten "besonderen Bescheid wegen Umsatzsteuer", der keinen Regelungs-Ausspruch und keine Steuerfestsetzung enthält, lediglich mit einem Verweis auf eine Literaturstelle, wonach dem hinzugezogenen Leistungsempfänger die Änderung des Bescheids des Leistenden bekanntzugeben sei, für rechtmäßig erklärt.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 11.11.2020 - 2 K 730/20 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Sächsische Finanzgericht zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erbrachte in den Jahren 2013 und 2014 (Streitjahre) u.a. Bauleistungen gegenüber der G-GmbH, die als Bauträgerin tätig ist, für die Objekte A und B. Die Beteiligten gingen dabei davon aus, dass die G-GmbH die Umsatzsteuer auf die Bauleistungen der Klägerin gemäß § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) schulde.
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Nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.08.2013 - V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) vereinbarten die Klägerin und die G-GmbH im August 2014, für die o.g. Bauleistungen von der Übergangsregelung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 08.05.2014 -IV D3 -S 7279/11/10002-03, 2014/0419 586 (BStBl I 2014, 823) --unter II.-- Gebrauch zu machen und damit weiterhin von der Steuerschuldnerschaft der G-GmbH auszugehen.
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Mit Schreiben vom 25.02.2015 (betreffend 2013) und 18.02.2016 (betreffend 2014) beantragte die G-GmbH beim Beklagten und Beschwerdegegner (FA I) die Änderung der ihr gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Begründet wurde der Antrag mit dem BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128. Dabei wies die G-GmbH darauf hin, dass sie sich mit einigen bauleistenden Unternehmern darauf geeinigt habe, die o.g. Nichtbeanstandungsregelung in Anspruch zu nehmen. Für diese gebe es zwar keine gesetzliche Grundlage; jedoch werde auf die Verwaltungsauffassung zurückgegriffen. Infolge der objekt- und unternehmensbezogenen Anwendung der Vereinfachungsregelung (weiteres Einvernehmen) reduziere sich der "Umsatzsteuererstattungsanspruch".
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Mit Schreiben vom 15.01.2018 informierte der frühere Beklagte (FA II) die Steuerberater der Klägerin davon, dass die G-GmbH den Antrag gestellt habe, "nicht mehr Steuerschuldner für die von Ihrem Mandanten bezogenen Bauleistungen zu sein" und die "Erstattung der aufgrund der Rechnung (siehe Anlage zum Schreiben) entrichteten Umsatzsteuer" begehre. In der Anlage sind auch die Rechnungen der Klägerin bezüglich der Objekte A und B enthalten, aber in der Spalte "EV" mit dem Hinweis "ja" versehen. Außerdem werden die Objekte A und B im Abschnitt "Einvernehmlichkeitserklärung (EV)" erwähnt. Gleichwohl enthält das Schreiben des FA II folgende weitere Aussagen:
"(...) Dass sich die G-GmbH auf das o.a. BFH-Urteil beruft, bedeutet für Ihren Mandanten, dass Ihr Mandant nun als leistender Unternehmer Steuerschuldner (...) ist." (...) "Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist ihr Mandant daher verpflichtet, Rechnungen auszustellen, die die in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG vorgeschriebenen Angaben enthalten. Hierzu gehört auch die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes sowie des auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrags (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG). Ihr Mandant ist daneben nach § 18 UStG verpflichtet, die geschuldete Umsatzsteuer anzumelden."
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Außerdem wurde auf die Möglichkeit einer Abtretung von Ansprüchen an das FA II (§ 27 Abs. 19 UStG) hingewiesen und gebeten, sofern sie, die Klägerin, von der Abtretung Gebrauch machen wolle, die entsprechenden berichtigten Rechnungen sowie Abtretungserklärungen dem FA II zu übersenden. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, bis zum 11.02.2018 u.a. die berichtigten Voranmeldungen bzw. Jahreserklärungen zu übermitteln.
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Die Klägerin berichtigte aufgrund des Schreibens des FA II mit Schreiben vom 15.02.2018 gegenüber der G-GmbH auch die die Objekte A und B betreffenden Rechnungen und trat auch die sich für die Objekte A und B ergebenden Ansprüche auf Nachzahlung von Umsatzsteuer an das FA II ab.
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Die G-GmbH teilte der Klägerin unter dem 13.03.2018 mit, dass sie gegenüber dem FA I bisher mitgeteilt habe, dass für die Objekte A und B eine Einvernehmlichkeitserklärung vorliege. Die Umsatzsteuer sei an das FA I entrichtet worden. Aufgrund des Handelns der Klägerin (Erstellung von Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis und Abtretung der Umsatzsteuerforderung) werde die Vereinbarung vom August 2014 obsolet und sei die G-GmbH an diese nicht mehr gebunden. Mit Schreiben vom gleichen Tag widersprach die G-GmbH auch der Berichtigung der Rechnungen, erkannte diese nicht an und sandte sie an die Klägerin zurück.
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Die G-GmbH reichte aufgrund des von ihr nunmehr angenommenen Wegfalls der Einvernehmlichkeitserklärung beim FA I im Rahmen bereits laufender Einspruchsverfahren berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein.
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Das FA I zog die Klägerin durch Bescheid vom 15.11.2018 gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) zum Verfahren der G-GmbH wegen Änderung der Umsatzsteuerbescheide der G-GmbH für 2013 und 2014 hinzu. Unter dem 19.12.2018 erließ es --nur gegenüber der Klägerin-- "besondere" Bescheide über Umsatzsteuer 2013 und 2014, in denen es jedoch keine Umsatzsteuer festsetzte, sondern der Klägerin mitteilte, dass nunmehr bestimmte steuerpflichtige Umsätze bei der Klägerin zu versteuern seien (darauf Umsatzsteuer 2013: 289.365,25 €; Umsatzsteuer 2014: 415.395,01 €), wobei es auch die Auffassung vertrat, dass über die steuerrechtlichen Folgen aus den genannten Sachverhalten verbindlich in diesem Verfahren entschieden werde. Sachliche und rechtliche Einwendungen seien daher mit dem Einspruch gegen diese Bescheide geltend zu machen.
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Die Klägerin legte sowohl gegen die Hinzuziehung als auch gegen die "besonderen Bescheide" beim FA I Einsprüche ein, die erfolglos blieben (Einspruchsentscheidung vom 05.06.2020). Das FA I nahm an, die Hinzuziehung der Klägerin sei zu Recht erfolgt. Spätestens der Antrag der G-GmbH habe die Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung beendet. Der Antrag der G-GmbH auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide sei auch kein rückwirkendes Ereignis. Die "besonderen Bescheide" seien "demgemäß" ebenfalls rechtmäßig.
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Darüber hinaus erließ das FA II gegenüber der Klägerin Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre sowie Zinsbescheide. Über die Einsprüche der Klägerin gegen diese Bescheide hat das FA II noch nicht entschieden.
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Mit Schriftsatz vom 06.07.2020 erhob die Klägerin Klage, und zwar gegen das FA I wegen Hinzuziehung nach § 174 Abs. 5 AO, Umsatzsteuer 2013 und Umsatzsteuer 2014, sowie gegen das FA II wegen Umsatzsteuer 2013, Umsatzsteuer 2014, Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 und Zinsen zur Umsatzsteuer 2014.
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Im Laufe des Klageverfahrens hat das Finanzgericht (FG) durch Beschluss vom 07.09.2020 - 2 K 730/20 zunächst die G-GmbH zum Verfahren beigeladen, diesen Beiladungsbeschluss aber auf die Beschwerde der G-GmbH mit Beschluss vom 26.10.2020 - 2 K 730/20 wieder aufgehoben.
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Mit Verfügung vom 05.10.2020 wies die Berichterstatterin das FA II darauf hin, dass die Klage gegen das FA II als Untätigkeitsklage zulässig sein dürfte. In der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2020 erklärten die Klägerin und das FA II das Verfahren gegen das FA II in der Hauptsache für erledigt.
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Das Sächsische FG wies mit Urteil vom 11.11.2020 - 2 K 730/20, das im Rubrum als Beklagte das FA I und das FA II und als Streitgegenstand auch Zinsen zur Umsatzsteuer nennt, die Klage ab und legte der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf.
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Hinsichtlich der Klage gegen das FA I nahm das FG an, dass die Hinzuziehung zu Recht erfolgt sei. Hinsichtlich der "besonderen Bescheide" besteht die Begründung des FG lediglich aus einem Verweis auf eine Literaturstelle (Klein/ Rüsken, AO, 14. Aufl., § 174 Rz 72).
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Ausführungen, aus welchem Grund die Bescheide des FA II rechtmäßig seien oder die Untätigkeitsklage --entgegen der noch im Schreiben der Berichterstatterin vom 05.10.2020 vertretenen Auffassung-- unzulässig gewesen sei, enthält das Urteil des FG nicht. Vielmehr wird in der Kostenentscheidung § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zitiert und ausgeführt, dass die Klägerin bis auf die Reduzierung der Bemessungsgrundlage und den Vorläufigkeitsvermerk "voraussichtlich" unterlegen wäre.
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Mit Schriftsatz vom 21.12.2020 hat die Klägerin Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision erhoben und dabei (nur) das FA I als Beschwerdegegner bezeichnet. Sie rügt Verfahrensfehler und macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.
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Das FA II hat im Rahmen seiner Stellungnahme u.a. mitgeteilt, dass das Klageverfahren beendet sei, soweit es sich gegen das FA II richte.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Die von der Klägerin erhobene Rüge, die Entscheidung des FG sei nicht mit (nachvollziehbaren) Gründen versehen, greift durch.
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1. Zum notwendigen Inhalt eines Urteils gehören nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO die Entscheidungsgründe. Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 3 FGO sind im Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. § 119 Nr. 6 FGO sieht ergänzend vor, dass ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen ist, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
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Vom Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist auszugehen, wenn einem Beteiligten --zumindest in Bezug auf einen der wesentlichen Streitpunkte-- die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss vom 11.12.2013 - XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, Rz 17; BFH-Urteil vom 14.11.2018 - XI R 32/17, BFH/NV 2019, 280, Rz 23), z.B. wenn das FG im Urteil einen wesentlichen Streitpunkt entweder überhaupt nicht erörtert oder mit formelhaften bzw. inhaltlich nicht nachvollziehbaren Formulierungen abhandelt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 05.12.2013 - XI B 17/13, BFH/NV 2014, 548, Rz 8; vom 11.05.2015 - XI B 29/15, BFH/NV 2015, 1257, Rz 11).
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2. Ein solcher Verfahrensfehler liegt vor.
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a) Das FG hat zwar nachvollziehbar begründet, warum es in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 08.10.2019 - V R 15/18, BFHE 266, 28) davon ausgeht, dass ein Erstattungsantrag eines Bauträgers (hier in Bezug auf die Objekte A und B vom 19.04.2018) kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist.
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b) Es wird aber bereits nicht deutlich, warum das FG meint, dass die Hinzuziehung der Klägerin zum Besteuerungsverfahren der G-GmbH i.S. des § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zulässig sei, wenn eine Beteiligung der Klägerin am Besteuerungsverfahren der G-GmbH tatsächlich nicht erfolgt ist.
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aa) § 174 Abs. 4 AO sieht zwar vor, dass aus einem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden können, weil aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird.
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bb) § 174 Abs. 4 AO gilt gemäß § 174 Abs. 5 Satz 1 AO gegenüber einem Dritten aber nur, wenn der Dritte an dem Besteuerungsverfahren, das zur Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt war.
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cc) Dies war jedoch wohl schon nicht vom FA I beabsichtigt; jedenfalls ist es tatsächlich nicht geschehen, wie auch die Aufhebung der Beiladung der G-GmbH durch das FG zeigt: Das Besteuerungsverfahren der G-GmbH wurde vielmehr ohne Beteiligung der Klägerin nur mit der G-GmbH fortgeführt. Daneben wurde ein getrenntes, gegenüber der Klägerin durch "besondere Bescheide" eröffnetes Verwaltungs-, Einspruchs- und Klageverfahren (ohne Beteiligung der G-GmbH) durchgeführt. Weder die "besonderen Bescheide" noch die Einspruchsentscheidung wurden der G-GmbH bekanntgegeben; diese wurde auch nicht ihrerseits zum Verfahren der Klägerin hinzugezogen. Infolge der Hinzuziehung der Klägerin sollte und hat ein (für die Klägerin als Dritte unzuständiges) FA (das FA I) gegenüber der Klägerin "besondere Bescheide" ohne Entscheidung über einen Steueranspruch der G-GmbH oder der Klägerin erlassen, die angeblich (eventuell als eine Art Grundlagenbescheid) Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren der Klägerin beim FA II haben sollen. Gleichzeitig wurde dadurch das verfahrensrechtliche Schicksal der Steuerbescheide im Besteuerungsverfahren der G-GmbH und der "besonderen Bescheide" völlig entkoppelt. Ermöglicht werden soll eine nachfolgende Änderung der Steuerbescheide bei der Klägerin als Dritte nicht mehr, wie es § 174 Abs. 4 und 5 AO vorsehen, aufgrund der Änderung der Steuerbescheide der G-GmbH als Steuerpflichtige, sondern aufgrund des Erlasses erstmaliger "besonderer Bescheide" (nur) gegenüber der Klägerin. Darauf geht das Urteil des FG nicht ein.
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c) Die Ausführungen des FG lassen außerdem nicht erkennen, aus welchem Grund es die "besonderen Bescheide" des FA I wegen Umsatzsteuer für rechtmäßig hält.
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aa) Soweit das FG dazu auf die Ausführungen in einer Kommentierung (Klein/ Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 72) Bezug genommen hat, weist der Autor in der vom FG zitierten Literaturstelle darauf hin, dass dem hinzugezogenen Dritten (hier: der Klägerin) die Änderung des Bescheids (hier: der G-GmbH) bekanntzugeben sei, damit er dagegen (!) Rechtsbehelfe einlegen kann.
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bb) Dies ist vorliegend jedoch gerade nicht geschehen und war ebenfalls nicht beabsichtigt: Das FA I hat der Klägerin nicht den gegenüber der G-GmbH ergangenen Änderungsbescheid wegen Umsatzsteuer 2013 und 2014, mit dem es dem Einspruch der G-GmbH abgeholfen hat, bekanntgegeben, sondern ihr gegenüber "besondere Bescheide" (ohne Steuerfestsetzung und auch sonst ohne einen klaren Regelungs-Ausspruch) erlassen, die von der Klägerin mit Einspruch und Klage angefochten wurden. Dass (alternativ zu der von Rüsken geforderten) Bekanntgabe des Abhilfebescheids an den Dritten der Erlass solch "besonderer Bescheide" zulässig sei, findet sich an der vom FG einzig zitierten Literaturstelle nicht, so dass die Beteiligten nicht nachvollziehen können, aus welchem Grund das FG diese Vorgehensweise als rechtmäßig ansieht. Auch wird vom FG nicht erörtert, ob mit dieser Verfahrensweise möglicherweise unzulässigerweise von § 157 Abs. 2, § 179 Abs. 1 AO abgewichen werden soll bzw. worden ist.
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3. Aufgrund dieses Verfahrensfehlers erscheint es sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, da beim derzeitigen Verfahrensstand von einer Revisionsentscheidung keine weitere rechtliche Klärung zu erwarten ist (vgl. dazu allgemein BFH-Beschluss vom 27.10.2020 - XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459, Rz 25, m.w.N.).
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4. Soweit das Urteil des FG i.S. des § 107 FGO offenbar unrichtig gewesen sein könnte, als es den --aufgrund der Verfahrensgeschichte unzutreffenden-- Eindruck erweckt hat, das FG habe auch die Klage gegen das FA II (und auch zum Streitgegenstand Zinsen zur Umsatzsteuer) abgewiesen, obwohl die Beteiligten diese Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hatten und das FG darüber nicht entscheiden wollte, wie das Zitat des § 138 Abs. 1 FGO zeigt, entfällt ein eventuelles Berichtigungserfordernis mit der Aufhebung der Vorentscheidung und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG.
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5. Der Beschluss ergeht nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ohne weitere Begründung.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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