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BFH 23.03.2021 - III R 11/20
BFH 23.03.2021 - III R 11/20 - Kindergeldbezug aufgrund inländischer Einkünfte
Normen
§ 62 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst b EStG 2009, § 1 Abs 3 EStG 2009, § 49 Abs 1 Nr 6 EStG 2009, § 1 Abs 1 EStG 2009, § 1 Abs 2 EStG 2009, § 62 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst f EStG 2009, § 11 EStG 2009, § 581 BGB, Art 68 EGV 883/2004, EStG VZ 2016, EStG VZ 2017
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 20. November 2018, Az: 3 K 78/18, Urteil
Leitsatz
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1. Ob der Anspruchsteller nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde und deshalb nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG Kindergeld beanspruchen kann, richtet sich nach dem Einkommensteuerbescheid, soweit dieser nicht auf falschen Angaben des Steuerpflichtigen beruht (Senatsurteil vom 22.02.2018 - III R 10/17, BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717). Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid materiell-rechtliche Fehler aufweist.
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2. Erzielt ein im Ausland wohnender Steuerpflichtiger aus der Verpachtung einer inländischen Immobilie oder eines inländischen Betriebs i.S. des § 49 EStG inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung, so berechtigt dies zum Kindergeldbezug in allen Monaten, in denen das Pachtverhältnis besteht und für die eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG erfolgt. Aktiver Tätigkeiten (z.B. Instandhaltungsmaßnahmen) oder Zahlungseingängen in den jeweiligen Monaten bedarf es dazu nicht.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 20.11.2018 - 3 K 78/18 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lebte seit 1967 auf einer deutschen Insel und betrieb dort ein Hotel. Im Oktober 2015 verpachtete sie das Hotel; ausgenommen war die Wohnung im ersten Obergeschoss, die sie zunächst weiterhin nutzte. Aus der Verpachtung erzielte sie ausweislich ihrer Jahresabschlüsse in den Jahren 2016 und 2017 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Am 20.05.2016 meldete sie sich bei der Gemeinde mit einer neuen Anschrift in Italien ab.
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Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung für die im November 2001 geborene Tochter der Klägerin mit Bescheid vom 20.02.2018 für die Monate Juni 2016 bis Oktober 2017 auf und forderte das für diesen Zeitraum gezahlte Kindergeld zurück. Die Klägerin erstattete den geforderten Betrag.
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Den gegen die Aufhebung gerichteten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass sie nach wie vor einen inländischen Wohnsitz im Hotelgebäude habe. Sie halte sich weitgehend in Italien auf, um ihren Vater zu pflegen. Einen klassischen Umzug nach Italien habe es aber nicht gegeben. Ihre Einkünfte habe sie ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erzielt.
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Das für sie zuständige Finanzamt (FA) bestätigte im Mai 2018, dass die Klägerin und ihr Ehemann bis Mai 2016 gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig gewesen seien; danach sei sie wegen inländischer Einkünfte gemäß § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Ab dem Veranlagungszeitraum 2017 würden die Eheleute von einem anderen FA als beschränkt steuerpflichtig geführt. Soweit der Tatbestand des angefochtenen Urteils ausführt, das FA habe bestätigt, dass die Klägerin nach dem 24.05.2016 "gemäß § 1 Abs. 3 EStG beschränkt steuerpflichtig" gewesen sei, ist er offenbar unrichtig.
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Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage --mit Ausnahme des Antrags auf Zahlung von Zinsen-- statt. Es entschied, die Klägerin sei im Streitzeitraum kindergeldberechtigt gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin ihren inländischen Wohnsitz nach der Abmeldung am 20.05.2016 aufgegeben habe. Darauf komme es aber nicht an, denn ihr stehe dann ein Kindergeldanspruch aus § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG lägen vor. Die Klägerin habe ausweislich ihrer Jahresabschlüsse gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Einkünfte in Italien habe sie demgegenüber nicht bezogen; dies werde durch eine Bescheinigung der italienischen Steuerbehörden vom 29.05.2018 bestätigt. Die nach § 62 Abs. 1 Satz 2 EStG erforderliche Identifikationsnummer der Klägerin sei vorhanden. Die Familienkasse gehe zutreffend davon aus, dass die inländischen Einkünfte monatsbezogen festzustellen seien. Die Klägerin verwirkliche den Besteuerungssachverhalt aber durch dauerhafte Verpachtung des Hotels, mithin in allen Monaten des Streitzeitraums.
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Die Familienkasse trägt zur Begründung der Revision vor, das FG-Urteil beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung der §§ 62 ff. EStG und damit auf einer Verletzung materiellen Bundesrechts. Das FG habe auch nicht beachtet, dass für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 kein den Anforderungen des Senatsurteils vom 22.02.2018 - III R 10/17 (BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717) entsprechendes Beweismittel vorgelegen habe, aus dem sich eine Behandlung der Klägerin nach § 1 Abs. 3 EStG ergebe.
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Die Familienkasse beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Zeitraum Juni bis Dezember 2016 betroffen ist, und aufzuheben und zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, soweit der Zeitraum Januar bis Oktober 2017 betroffen ist;
hilfsweise,
das FG-Urteil für den vollen Streitzeitraum aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet; das FG-Urteil wird aufgehoben und die Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erzielung von Einkünften aus gewerblicher Verpachtung während ihrer gesamten Dauer eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begründet, wenn der Anspruchsteller nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt wird (1.). Es hat aber zu Unrecht unterstellt, dass die Klägerin die Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG auch für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 nachgewiesen hat (2.) und nicht geprüft, ob zu koordinierende Ansprüche in einem anderen Mitgliedstaat bestehen (3.).
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1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Bei Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt eine Behandlung "nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" jedoch nicht notwendig für das gesamte Kalenderjahr vor, d.h. den Veranlagungszeitraum i.S. von § 25 Abs. 1 EStG, sondern aufgrund der kindergeldspezifischen monatsbezogenen Betrachtungsweise des § 66 Abs. 2 EStG nur in den Kalendermonaten, in denen der Kindergeldberechtigte Einkünfte i.S. des § 49 EStG erzielt, die nach § 1 Abs. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen (Senatsurteil vom 14.03.2018 - III R 5/17, BFHE 261, 117, BStBl II 2018, 482, Rz 11 und 13).
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a) Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG aus der Verpachtung des Hotelbetriebs Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt; dies stimmt mit der teilweisen Ablichtung des Einkommensteuerbescheids für 2016 in der Kindergeldakte überein. Ob die Einkünfte aus der grenzüberschreitenden Verpachtung des Hotelbetriebs als inländische gewerbliche Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG) oder stattdessen als inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 EStG) zu qualifizieren sind, wie die Familienkasse vermutet, ist nicht vollständig zweifelsfrei, aber unerheblich.
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aa) Mit der Verpachtung des ganzen Betriebs oder der wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände erzielt der Verpächter weiterhin grundsätzlich gewerbliche Einkünfte, wenn er keine Betriebsaufgabe erklärt (Urteil des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.11.1963 - GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, und BFH-Urteil vom 14.12.1993 - VIII R 13/93, BFHE 174, 503, BStBl II 1994, 922). Die Erzielung von Einkünften i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG setzt indessen voraus, dass für den Betrieb eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist. Daran fehlt es regelmäßig bei der grenzüberschreitenden Verpachtung eines im Inland belegenen Betriebs durch einen im Ausland ansässigen Verpächter, weil die Geschäftseinrichtung lediglich dem Unternehmen des Pächters dient und der verpachtete Betrieb daher keine Betriebsstätte des Verpächters begründet (Valta/Lemm in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 49, unter VIII. Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, § 49 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte, Kommentierung, D. Gewerbliche Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, III. Einzelnachweise, 1. Betriebsstätte, Betriebsverpachtung). In Betracht kommt in derartigen Fällen allerdings die Erzielung --sog. betriebsstättenloser-- inländischer gewerblicher Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG durch die Vermietung und Verpachtung inländischen unbeweglichen Vermögens oder inländischer Sachinbegriffe.
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bb) Auf die Frage, ob das FA die inländischen Einkünfte im Einkommensteuerbescheid der zutreffenden Einkunftsart zugeordnet hat, kommt es jedoch nicht an. Denn dem Steuerbescheid kommt für den Kindergeldanspruch Bindungswirkung zu, soweit er nicht auf falschen Angaben des Steuerpflichtigen beruht (Senatsurteil in BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717), wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist. Der Wortlaut des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG fordert auch nur eine tatsächliche Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG, nicht aber einen hinsichtlich aller Besteuerungsgrundlagen materiell-rechtlich zutreffenden Steuerbescheid. Zudem kann eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG auf inländischen Einkünften jeder der sieben Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 EStG) beruhen.
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b) Das FG-Urteil geht zutreffend davon aus, dass inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG im Falle der gewerblichen Verpachtung einer Immobilie oder eines Betriebs im Hinblick auf das kindergeldrechtliche Monatsprinzip in allen Monaten erzielt werden, in denen das Pachtverhältnis besteht.
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Gewinneinkünfte werden in dem Monat erzielt, in dem die wirtschaftliche Tätigkeit im Inland entfaltet wird (Senatsurteil in BFHE 261, 117, BStBl II 2018, 482, Rz 22 f.; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 62 EStG Rz 7; Blümich/Selder, § 62 EStG Rz 28). Bei einer Betriebsverpachtung nach § 15 EStG ist die wirtschaftliche Tätigkeit in der Gebrauchsüberlassung zu sehen (vgl. § 581 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn gewerbliche Einkünfte aus einer Betriebsverpachtung beruhen --anders als solche aus Bauausführungen wie im Senatsurteil in BFHE 261, 117, BStBl II 2018, 482-- nicht auf aktiven Tätigkeiten (vgl. § 15 Abs. 2 EStG), sondern auf der Verpachtung eines Gewerbebetriebs als solcher (BFH-Urteile in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, und vom 11.10.2007 - X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220). Der Inlandsbezug wird in § 49 EStG dann nicht über eine Betriebsstätte hergestellt, der die aktive Tätigkeit zuzuordnen ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), sondern bereits durch die inländische Belegenheit des überlassenen Vermögens (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG).
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Nichts anderes gilt, wenn aus der Überlassung inländischen Vermögens nicht gewerbliche Einkünfte, d.h. Gewinneinkünfte, sondern inländische (Überschuss-)Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung erzielt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 EStG).
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Da somit bereits die Überlassung des Hotelbetriebs die Einkünfte zu "inländischen" i.S. des § 49 EStG macht, berechtigen sie zum Kindergeldbezug in allen Monaten, in denen das Miet- oder Pachtverhältnis besteht und eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG erfolgt. Es kommt mithin weder darauf an, ob die Klägerin in den jeweiligen Monaten aktive Tätigkeiten entfaltet hat (z.B. Instandhaltungsmaßnahmen am Grundstück oder Verwaltungsaufgaben) noch auf den --von Zufälligkeiten abhängenden und gestaltbare-- Eingang von Zahlungen.
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2. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
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a) Die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hängt damit --anders als in den Fällen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der tatsächlichen einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers ab. Eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen und ihn demnach gemäß § 1 Abs. 3 EStG veranlagt hat (Senatsurteile vom 18.07.2013 - III R 59/11, BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 46, und in BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717). Da der nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG erforderliche Antrag für jeden Veranlagungszeitraum neu zu stellen ist --in der Regel nach dessen Ablauf (Gosch in Kirchhof, EStG, 20. Aufl., § 1 Rz 25)--, bedarf es eines Beweismittels, aus dem sich ergibt, dass für den betreffenden Anspruchszeitraum bereits eine entsprechende steuerliche Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG durch das zuständige FA vorgenommen wurde.
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b) Das FG-Urteil geht aufgrund der Bestätigung des FA --in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- davon aus, dass die Klägerin nach Aufgabe ihres inländischen Wohnsitzes im Veranlagungszeitraum 2016 nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt wurde.
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c) Das FG hat aber weder einen auf § 1 Abs. 3 EStG beruhenden Einkommensteuerbescheid für 2017 festgestellt noch eine andere Tatsache, aus der sich ergibt, dass die Klägerin für 2017 nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt wurde. Die mangels ausreichender Feststellungen nicht spruchreife Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit festgestellt wird, ob die Klägerin tatsächlich auch für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt wurde. Denn die im Beschwerdeverfahren III B 3/19 vorgelegte Ablichtung des Einkommensteuerbescheids der Klägerin für 2017 vom 08.02.2019 ist vom BFH als Revisionsgericht nicht zu beachten.
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3. Für die Monate, in denen danach die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruches erfüllt sind, ist im zweiten Rechtsgang noch zu ermitteln, ob für die Tochter der Klägerin von dieser oder von deren Vater in einem anderen Mitgliedstaat Familienleistungen beansprucht werden können, die nach Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr. 883/2004 --Grundverordnung--) mit dem Kindergeldanspruch zu koordinieren sind. Dabei könnte es unschädlich sein, wenn derartige Leistungen bisher nicht beantragt wurden (Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004). Der Senat verweist dazu auf seine jüngere Rechtsprechung (z.B. Senatsurteile in BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717; vom 26.07.2017 - III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237, und vom 01.07.2020 - III R 22/19, BFHE 269, 320).
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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