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BFH 02.09.2014 - VII B 55/13
BFH 02.09.2014 - VII B 55/13 - Unzulässige Hilfeleistung in Steuersachen bei der Beratung von Energieeinkäufen
Normen
§ 4 Nr 5 StBerG, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, StromStG, EnergieStG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 13. Februar 2013, Az: 3 K 127/11, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass ein Unternehmer, der seine Kunden bei Energieeinkäufen berät, die Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nr. 5 StBerG überschreitet, wenn er bei der Ausfüllung von Anträgen für eine Steuerentlastung nach dem StromStG bzw. dem EnergieStG hilft oder gegenüber den Finanzbehörden als Bevollmächtigter des Antragsberechtigten auftritt .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt unter der Firma … e.K. in A-Stadt ein Unternehmen, das seine Kunden bei sämtlichen Energieeinkäufen berät.
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Mit Schreiben vom 6. November 2009 teilte das Finanzministerium … dem Kläger auf Anfrage mit, seine Firma könne im Rahmen der Handelsvermittlung von Elektrizität, Erdgas und Heizöl beschränkt steuerliche Hilfe leisten, dürfe jedoch keine typischen, dem Steuerberater vorbehaltene Leistungen erbringen. Diese Befugnis zeigte der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2009 unter Vorlage des Schreibens des Finanzministeriums dem Hauptzollamt X (HZA) an. In den Jahren 2009 und 2010 übersandte der Kläger dem HZA diverse Anträge von Unternehmen auf Entlastung von der Stromsteuer gemäß § 10 des Stromsteuergesetzes und auf Entlastung von der Energiesteuer gemäß §§ 54 und 55 des Energiesteuergesetzes, die er teilweise als Bevollmächtigter in Vertretung der antragsberechtigten Unternehmen unterzeichnete.
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Mit 46 inhaltsgleichen Bescheiden vom 21. und 22. Juni 2010 wies das HZA den Kläger in sämtlichen Fällen, in denen er als Bevollmächtigter aufgetreten war, wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung zurück. Der mit Schriftsatz ebenfalls vom 21. Juni 2010 beantragte Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das HZA zur Anerkennung der Vertretungsbefugnis des Klägers für die von ihm betreuten Unternehmen wurde abgelehnt.
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Auf Ersuchen des HZA und nach Anhörung des Klägers untersagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) dem Kläger mit Bescheid vom 3. November 2010 die Hilfeleistung in Steuersachen.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, das FA habe dem Kläger nach § 7 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) ermessensfehlerfrei die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen wegen Überschreitung der hierfür gemäß § 4 Nr. 5 StBerG erteilten beschränkten Befugnis untersagt. Als Unternehmer i.S. des § 4 Nr. 5 StBerG sei der Kläger zwar zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt, jedoch nur, sofern diese in unmittelbarem Zusammenhang mit einem zu seinem Handelsgewerbe gehörenden Geschäft stehe. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 StBerG seien lediglich in Bezug auf generelle Hinweise des Klägers an seine Kunden über die Belastung durch die Strom- und Energiesteuer sowie über die Möglichkeit und die Voraussetzungen von Anträgen auf Steuerentlastung erfüllt. Die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Anträge und das Auftreten gegenüber dem FA als Bevollmächtigter der betreuten Unternehmen seien dagegen nicht als notwendige Hilfs- oder Nebentätigkeit im Rahmen der geschäftlichen Haupttätigkeit des Klägers zu qualifizieren. Selbst wenn der zum Vertragsschluss bereite Kundenkreis kleiner würde, sofern der Kläger die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Anträge nicht mehr anbiete, könne die Haupttätigkeit des Klägers noch sinnvoll ausgeführt werden und somit der Kläger seine Beratertätigkeit weiter ausüben. Durch das Stellen der Entlastungsanträge und das Auftreten als Bevollmächtigter werde demnach die begrenzte Befugnis gemäß § 4 Nr. 5 StBerG überschritten.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Stromsteuerentlastungsanträge die begrenzte Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 4 Nr. 5 StBerG überschreite bzw. ob die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Entlastungsanträge die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 StBerG erfülle. Zu klären sei in diesem Zusammenhang, ob seine Hilfeleistung beim Ausfüllen der Anträge in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner konkreten Tätigkeit als Berater in Bezug auf den Handel mit Energie und bei externer Bewirtschaftung von Energieeinkäufen durch von ihm betreute Unternehmen stehe. Weiterhin sei grundsätzlich fraglich, ob eine Entscheidung des Finanzministeriums, mit der ihm eine Tätigkeit gemäß § 4 Nr. 5 StBerG gestattet werde, das FA daran hindere, ihm eine Hilfeleistung gemäß § 4 Nr. 5 StBerG generell zu untersagen. Eine einheitliche Entwicklung und Handhabung des Rechts in Bezug auf diese Fragestellungen liege insbesondere wegen der zunehmenden Bedeutung seiner Tätigkeit sowie wegen des steigenden Anteils der öffentlichen Hand am Strompreis im Interesse der Allgemeinheit. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei deshalb auch zur Fortbildung des Rechts geboten.
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Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des FG an.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Unabhängig davon, ob die Beschwerde den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, liegt jedenfalls keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor.
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1. Die aufgeworfenen Rechtsfragen zur Auslegung des § 4 Nr. 5 StBerG können der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verleihen, weil sie nicht klärungsbedürftig sind.
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Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die maßgebliche Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; vom 30. August 2005 IV B 102/03, BFHE 210, 365, BStBl II 2005, 864; vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118). Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527; vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 19. November 2012 VII B 126/12, BFH/NV 2013, 504, m.w.N.).
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Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage mithin eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, und vom 1. Februar 2013 III B 222/11, BFH/NV 2013, 727). Ebenfalls nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (s. BFH-Beschlüsse vom 27. Mai 2013 III B 2/13, BFH/NV 2013, 1406, und vom 23. Dezember 2013 III B 98/13, BFH/NV 2014, 519).
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Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. Senatsurteile vom 13. März 1979 VII R 11/77, BFHE 128, 124, 127 f., BStBl II 1979, 591, 592; vom 7. März 1995 VII R 59/93, BFH/NV 1995, 640, 641 f., und vom 6. Oktober 1998 VII R 146/97, BFH/NV 1999, 216, 217; Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 80 AO Rz 326, 341 ff., 403; Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 4 StBerG Kommentar, B 69.2, B 69.3; Jung, Beratung und Vertretung im Recht des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2011, 57, 60) verleiht § 4 Nr. 5 StBerG einem Unternehmer ausnahmsweise die Befugnis, Hilfeleistungen in Steuersachen zu erbringen, wenn er zwar nicht die grundsätzlich hierfür benötigte Erlaubnis besitzt, jedoch im Rahmen seiner Berufsausübung zwangsläufig in die Lage kommt, sich auch mit rechtlichen Angelegenheiten anderer zu befassen. Diese Befugnis wird jedoch nur eingeschränkt erteilt für Hilfeleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigentlichen Unternehmertätigkeit stehen, d.h. notwendige Hilfs- oder Nebentätigkeit sind, ohne die die unternehmerische Tätigkeit nicht sinnvoll durchgeführt werden kann. Der unmittelbare Zusammenhang fehlt, wenn er erst durch die entsprechende Gestaltung der Vertragsverhältnisse zwischen den Parteien hergestellt wird und der Unternehmer von der Hilfeleistung in Steuersachen Abstand nehmen kann, ohne seine berufliche Tätigkeit aufgeben zu müssen. Dementsprechend ist die Beratung über Möglichkeiten der Steuerreduzierung, allgemeine Hinweise zu steuerlichen Vergünstigungen und die Beibringung entsprechender Unterlagen ohne Weiteres zulässig und von der beschränkten Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 4 Nr. 5 StBerG umfasst. Die Stellung eines Entlastungsantrags als Bearbeiter und erst recht als Bevollmächtigter des Antragsberechtigten geht mit der gefestigten und höchstrichterlich bestätigten Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen dagegen über diese Befugnis hinaus und ist nicht mehr als dienende Nebentätigkeit zur Berufsausübung zu qualifizieren.
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Diese Entscheidungen lassen sich auf Beratungsleistungen für Energieeinkäufe übertragen. Wie vom FG zutreffend ausgeführt, können die Beratungsleistungen des Klägers ohne die Rechtsbesorgung der Antragstellung sinnvoll erbracht werden. Der maßgebende unmittelbare Zusammenhang zwischen Rechtsbesorgung und Berufsausübung fehlt. Die amtlich vorgeschriebenen Antragsvordrucke für Steuerentlastungen müssen vom Berechtigten für jedes Kalenderjahr gesondert ausgefüllt werden. Die Antragstellung steht somit weder in einem unmittelbaren sachlichen noch in einem zeitlichen Zusammenhang mit der eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit des Klägers (vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 1995, 640, 642).
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Der ständigen Rechtsprechung folgend (vgl. Senatsurteile in BFHE 128, 124, 128, BStBl II 1979, 591, 592, und in BFH/NV 1995, 640, 642) lassen sich auch im Streitfall keine neuen Aspekte dahin erkennen, dass Angehörige der steuerberatenden Berufe nicht in der Lage seien, die dem Kläger untersagte Hilfeleistung sachgerecht zu erbringen. Ebenso kann der Einwand, die Kunden erwarteten die untersagten Hilfeleistungen und gingen ohne deren Zusicherung den Beratungsvertrag erst gar nicht ein, nicht greifen. Selbst wenn sich die Anzahl der Vertragsabschlüsse reduzierte, kann daraus nicht geschlossen werden, die Beratungstätigkeit könne ohne die untersagte Hilfeleistung in Steuersachen nicht mehr sinnvoll erbracht werden.
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Die Rechtslage zur Auslegung des § 4 Nr. 5 StBerG ist demnach eindeutig. Die seitens des Klägers aufgeworfenen Rechtsfragen bedürfen keiner Klärung.
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2. In Ermangelung klärungsbedürftiger Rechtsfragen ist die Revision auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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