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BFH 04.12.2013 - X B 120/13
BFH 04.12.2013 - X B 120/13 - Verstoß des FG gegen die Ermittlungspflicht bei unterlassener Beiziehung von Akten - Verlust des Rügerechts - Kein allgemeines Korrespondenzprinzip im Einkommensteuerrecht
Normen
§ 76 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 90 Abs 2 AO, § 155 FGO, § 295 ZPO, § 2 EStG 1997, § 4 EStG 1997
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 18. Juni 2013, Az: 12 K 59/13, Urteil
Leitsatz
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NV: Das FG verstößt gegen seine Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts, wenn es die Beiziehung von entscheidungserheblichen Akten unterlässt .
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil leidet nicht an dem gerügten Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Nach § 76 Abs. 1 FGO hat das Finanzgericht (FG) den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es muss zur Herbeiführung der Spruchreife alles aufklären, was aus seiner Sicht entscheidungserheblich ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Dezember 2008 IX B 155/08, BFH/NV 2009, 412). Das Gericht muss alle verfügbaren Beweismittel ausnutzen und Beweismittel, die sich aufdrängen, beiziehen, beispielsweise entscheidungserhebliche Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) oder eines anderen Gerichtsverfahrens (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 2003 VII B 347/02, BFH/NV 2004, 511, unter II.1.). Nach § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO haben jedoch die Beteiligten an der Sachaufklärung mitzuwirken. Kommen sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, reduziert sich die Ermittlungspflicht des FG. Stellen Beteiligte, die in der mündlichen Verhandlung rechtskundig vertreten sind, keine auf eine weitere Sachaufklärung gerichteten Anträge, kommt eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG nur in Betracht, wenn sich dem FG eine weitere Sachaufklärung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 25. März 2010 X B 96/09, BFH/NV 2010, 1459). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn das FG seinem Urteil einen Geschehensablauf zugrunde legt, der unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung als ungewöhnlich erscheint und nach Aktenlage Anlass zu der Annahme besteht, dass der vom FG angenommene Sachverhalt sich so nicht abgespielt hat (Senatsbeschluss vom 10. Januar 2007 X B 113/06, BFH/NV 2007, 935). Die Tatsachen, aus denen sich eine Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung auch ohne Antrag ergeben soll, sind vorzutragen (Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2005 X B 51/05, BFH/NV 2006, 116). In der Beschwerdebegründung ist zudem darzulegen, inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss vom 10. April 2006 X B 209/05, BFH/NV 2006, 1461, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
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2. Dies vorausgeschickt, ist die Rüge des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) unbegründet, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt:
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a) Der Kläger trägt vor, obwohl er in der mündlichen Verhandlung eine Zahlungsaufforderung des Finanzamts A an den verstorbenen Zeugen X überreicht sowie die Mitteilung der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts B über die Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen X und eine Aufstellung über dessen Abgabenrückstände vorgelegt habe, habe das FG den Sachverhalt nicht weiter --z.B. durch Hinzuziehung der Steuerakten des X-- aufgeklärt. Aus den Steuerakten des X hätte sich ergeben, dass das für X zuständige Veranlagungsfinanzamt die Zahlungen des Klägers an X als Betriebseinnahmen gewertet und den im Streitfall verneinten Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und X bejaht habe.
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Bei diesem Vorbringen übersieht der Kläger, dass das deutsche Einkommensteuerrecht kein allgemeines Korrespondenzprinzip (auch nicht zwischen Betriebseinnahmen beim einen und Betriebsausgaben beim anderen Steuerpflichtigen) kennt. Selbst wenn sich aus den Steuerakten des X tatsächlich ergeben hätte, dass das vom Kläger geltend gemachte "Beraterhonorar" bei X als Betriebseinnahme der Besteuerung unterworfen worden wäre, hätte das FG auf der Grundlage seines materiell-rechtlichen Standpunkts die Zahlung beim Kläger nicht als Betriebsausgabe anerkennen müssen. Im Übrigen hat sich das FG in seiner Entscheidung umfangreich mit der betrieblichen Veranlassung der Zahlung des Klägers an X auseinandergesetzt und ist --nach Auffassung des beschließenden Senats aus nachvollziehbaren Gründen-- zu dem Ergebnis gekommen, der Zahlung liege kein Leistungsaustausch zugrunde.
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b) Auch die weitere vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge greift nicht durch.
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Der Kläger rügt, das FG habe einen von ihm schriftsätzlich gestellten Beweisantrag übergangen. Hätte es den Zeugen Z, Thailand gehört, hätte es die Zahlung an diesen als Betriebsausgabe anerkannt.
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aa) Vom FG nicht festgestellt wurde, ob es sich bei der vom Kläger behaupteten Zahlung an Z in Höhe von … DM um einen Auslandssachverhalt gehandelt hat (Z hat jedenfalls auch im Jahr 2002 bereits in Thailand gewohnt; vgl. Schriftsatz der C-GmbH vom 23. Dezember 2002) und der Kläger deshalb nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung den Zeugen Z selbst hätte stellen müssen.
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bb) Dies kann jedoch offenbleiben. Der Kläger hat im Schriftsatz seines Beraters vom 23. Dezember 2002 Z nicht als Zeugen für die Zahlung in Höhe von … DM benannt. Z sollte nach Meinung des Klägers vielmehr dazu gehört werden, dass sich der Kaufpreis für das Grundstück des Klägers nicht --wie notariell beurkundet-- auf … DM, sondern lediglich auf … DM belief.
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cc) Zudem hätte der Kläger sein Rügerecht verloren. Das FG hat zur mündlichen Verhandlung keinen Zeugen geladen. Für den Kläger war deshalb erkennbar, dass das FG die Durchführung der schriftsätzlich beantragten Zeugeneinvernahme nicht beabsichtigt. Als das FG nach Erörterung der Streitsache den Beteiligten mitgeteilt hat, eine Entscheidung werde im Verlaufe des Sitzungstages ergehen und die mündliche Verhandlung geschlossen hat, hätte der Kläger davon ausgehen müssen, dass das FG seine Aufklärungspflicht für erfüllt hält und eine abschließende Entscheidung treffen wird. Dennoch hat er --ausweislich der Niederschrift-- in der mündlichen Verhandlung weder die unterlassene Beweiserhebung gerügt noch den Beweisantrag wiederholt. Damit hat der Kläger sein Rügerecht verloren (BFH-Beschluss vom 28. September 2005 XI B 134/04, BFH/NV 2006, 314).
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3. Im Kern rügt der Kläger nicht eine mangelnde Sachaufklärung, sondern eine --aus seiner Sicht-- unzutreffende Beweiswürdigung durch das FG. Denn das FG hat den Inhalt der Akten zur Kenntnis genommen und sich mit dem Vorbringen des Klägers befasst. Das FG hat die entscheidungserheblichen Beweise umfassend gewürdigt. Dass das FG daraus inhaltlich nicht den vom Kläger gewünschten Schluss gezogen hat, ist eine materielle Rüge, die mit einer Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision nicht geltend gemacht werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2009 X B 142/08, BFH/NV 2010, 456, unter 2.a aa).
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