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BFH 12.09.2013 - III R 32/11
BFH 12.09.2013 - III R 32/11 - Anspruch auf (Differenz-)Kindergeld bei Erwerbstätigkeit in der Schweiz
Normen
§§ 62ff EStG 2002, Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71, Art 10 Abs 1 Buchst a EWGV 574/72, § 62 EStG 2002, § 65 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, Art 8 EGFreizügAbk CHE, Anh 2 Abschn A EGFreizügAbk CHE, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 24. März 2011, Az: 3 K 715/10, Urteil
Leitsatz
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Wohnen Eltern mit ihren Kindern in Deutschland, arbeiten aber beide in der Schweiz, entfällt der nach den §§ 62 ff. EStG bestehende Kindergeldanspruch des nach dem EStG (vorrangig) Anspruchsberechtigten nicht dadurch, dass er gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt. Es ist ein Anspruch nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 574/72 auf die Differenz zwischen dem in der Schweiz gezahlten und einem höheren deutschen Kindergeld gegeben.
Tatbestand
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I. Es ist streitig, ob die gegenüber dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) zugunsten seiner im Streitzeitraum minderjährigen Tochter (T) bestehende Festsetzung von deutschem Differenzkindergeld zu Recht ab Januar 2003 aufgehoben wurde.
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Der Kläger wohnte mit T und seiner Ehefrau (E) --der Kindsmutter-- in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). E war in der Schweiz als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig erwerbstätig und erhielt jedenfalls seit Juni 2002 in der Schweiz Kinderzulagen. Der Kläger erklärte ursprünglich gegenüber der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse), ausschließlich in Deutschland eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Der Kläger bezog aufgrund dieser Angaben seit Juni 2002 deutsches Differenzkindergeld für T. Die Familienkasse setzte das Kindergeld mit Bescheid vom 22. Februar 2005 ab Januar 2005 und mit Bescheid vom 2. September 2005 ab September 2005 jeweils vorläufig fest, weil der Kläger der Familienkasse die Höhe der schweizerischen Kinderzulagen nicht nachgewiesen hatte. Im September 2007 wurde der Familienkasse bekannt, dass auch der Kläger in der Schweiz als Arbeitnehmer geringfügig tätig war. Im August 2008 erfuhr sie, dass der Kläger die genannte --in der Schweiz versicherungspflichtige-- Tätigkeit bereits seit 2002 ausübte und hierfür spätestens seit 2003 Beiträge zur Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zahlte.
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Daraufhin hob die Familienkasse mit Bescheid vom 27. November 2008 die Kindergeldfestsetzung für T ab Januar 2003 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 2003 bis Februar 2007 gezahlte Differenzkindergeld in Höhe von insgesamt 5.230,67 € zurück. Der Einspruch blieb erfolglos. Nach Ansicht der Familienkasse war der Kindergeldanspruch des Klägers nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (EStG) ausgeschlossen.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1441 veröffentlichten Urteil ab.
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Der Kläger macht mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Aufhebungsbescheid verstoße bereits gegen das Bestimmtheitsgebot, weil er nicht die der Aufhebung zugrundeliegenden Festsetzungsbescheide bezeichne. Daneben verstoße die Vorentscheidung gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Insbesondere sei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00 (BVerfGE 110, 412), wonach die im Inland wohnenden Grenzgänger keinen Anspruch auf deutsches Differenzkindergeld hätten, nicht auf den Streitfall übertragbar. Schließlich widerspreche die Vorentscheidung dem Unionsrecht. Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 20. Mai 2008 C-352/06 in der Rechtssache Bosmann (Slg. 2008, I-3827) ergebe sich, dass der Wohnstaat nicht daran gehindert sei, Personen, die nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats unterlägen, Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats zu gewähren.
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Im Streitfall sei die gegebene Kumulierung der Ansprüche im Wohn- und Beschäftigungsstaat nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72), aufzulösen. Dies deshalb, weil der Anspruch auf Familienleistungen im Wohnstaat der Kinder (Deutschland) nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhänge. Danach ruhe der deutsche Kindergeldanspruch bis zur Höhe der schweizerischen Kinderzulage. Im Übrigen schulde der Wohnstaat den Differenzbetrag.
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Welcher Elternteil die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen erfülle, sei unerheblich. Anderenfalls verlöre der Kläger seinen Anspruch auf Differenzkindergeld nur deshalb, weil er nicht im Wohnstaat, sondern als Wanderarbeitnehmer in einem anderen Staat tätig sei.
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Aber selbst wenn § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anwendbar sein sollte, wäre der unionsrechtliche Vorrang des Art. 39 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union), jedenfalls der im Verhältnis zur Schweiz unmittelbar anwendbare Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 zu beachten.
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Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid vom 27. November 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2010 der Familienkasse aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung, der Aufhebungsbescheid vom 27. November 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2010 sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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1. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... --Familienkasse-- eingetreten (s. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, unter II.1.).
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2. Die Familienkasse war nicht befugt, die Festsetzung des deutschen Differenzkindergeldes aufzuheben. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch zu.
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a) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) lagen die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch des Klägers nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG vor. Es bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Kindergeldanspruch nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG mangels Aufnahme der T in den Haushalt des Klägers ausgeschlossen war.
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b) Dem Kläger stand ab Juni 2002 ein Anspruch auf deutsches Differenzkindergeld zu. Es lag eine Konstellation vor, die von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 erfasst wird.
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aa) Nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 --Freizügigkeitsabkommen-- (BGBl II 2001, 810 ff.), das am 2. September 2001 als Gesetz beschlossen worden ist (BGBl II 2001, 810), gelten seit dem In-Kraft-Treten am 1. Juni 2002 (BGBl II 2002, 1692) im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz die VO Nr. 1408/71 und die VO Nr. 574/72 (Anhang II, BGBl II 2001, 822). Danach sind die --dem § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorgehenden-- Antikumulierungsregeln des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und des Art. 10 der VO Nr. 574/72 zu beachten. Sie regeln Fälle, in denen eine Kumulierung der Ansprüche auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats mit den Ansprüchen des Beschäftigungsstaats eintreten kann (z.B. EuGH-Urteil vom 7. Juni 2005 C-543/03, Dodl und Oberhollenzer, Slg. 2005, I-5049 Rdnr. 49). Ist der Kindergeldanspruch --wie hier-- im Wohnstaat des Kindes (Deutschland) nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängig, kommt allein eine Anwendung des Art. 10 der VO Nr. 574/72 in Betracht.
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bb) Unerheblich für die Anwendung des Art. 10 der VO Nr. 574/72 ist, ob der Kläger als der nach deutschem Recht Kindergeldberechtigte selbst die Voraussetzungen des Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 erfüllt. Ausreichend ist vielmehr, wenn das Kind als Familienangehöriger des Elternteils, der Arbeitnehmer ist, von dem persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 erfasst wird (EuGH-Urteil vom 4. Juli 1985 C-104/84, Kromhout, Slg. 1985, 2205 Rdnr. 15; vgl. auch EuGH-Urteil vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Schwemmer, Slg. 2010, I-9717 Rdnr. 38; Senatsurteil vom 26. Juli 2012 III R 97/08, BFHE 238, 120, BStBl II 2013, 24).
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cc) Eine solche Konstellation ist im Streitfall ab Juni 2002 gegeben. E hat in der Schweiz eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin i.S. von Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 ausgeübt. Ebenso ist T eine Familienangehörige von E nach Art. 1 Buchst. f Ziff. i der VO Nr. 1408/71, so dass sowohl E als auch T in den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen.
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Nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 wird die Kumulierung der Ansprüche des Klägers im Wohnstaat (Deutschland) mit den Ansprüchen der E im Beschäftigungsstaat (Schweiz) dadurch beseitigt, dass der deutsche Kindergeldanspruch in Höhe der schweizerischen Kinderzulagen ruht. Ein weiter gehender deutscher Kindergeldanspruch wird nicht ausgeschlossen (vgl. EuGH-Urteil Kromhout in Slg. 1985, 2205 Rdnr. 23). Danach stand dem Kläger zunächst deutsches Differenzkindergeld zu.
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Eine --die "Prioritätenumkehr" auslösende-- Berufstätigkeit des Klägers in Deutschland i.S. des Art. 10 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der VO Nr. 574/72 ist vom FG nicht festgestellt worden, im Übrigen auch nicht entscheidungserheblich, weil der Kläger lediglich deutsches Differenzkindergeld begehrt.
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c) Dieser Anspruch auf Differenzkindergeld ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger eine nichtselbständige Tätigkeit in der Schweiz ausgeübt hat, für die er spätestens ab 2003 Beiträge in die AHV entrichtet hat.
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aa) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der BFH nach seiner früheren Rechtsprechung in einem Fall, in dem beide Kindergeldberechtigte als in Deutschland lebende Grenzgänger unter den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fielen und nach Art. 13 der VO Nr. 1408/71 ausschließlich den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates unterlagen, keinen Anspruch auf deutsches Differenzkindergeld zuerkannte (Senatsurteile vom 24. März 2006 III R 41/05, BFHE 212, 551, BStBl II 2008, 369; vom 24. März 2006 III R 42/05, BFH/NV 2006, 1639). Dem lag die Überlegung zugrunde, dass nach dem vorrangigen Grundsatz des Art. 13 der VO Nr. 1408/71 ausschließlich die Rechtsvorschriften des Beschäftigungslandes gelten sollten (Ausschließlichkeitsprinzip). Danach bestand für die Grenzgänger in deren Wohnstaat kein Anspruch auf Kindergeld (vgl. auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 412, unter A.I.2.a). Ein sich ggf. aus Art. 10 der VO Nr. 574/72 ergebender Anspruch auf Differenzkindergeld wurde daher abgelehnt, weil bei Grenzgängern mangels eines Anspruchs auf Familienleistungen im Wohnstaat nicht mehrere Ansprüche zusammentrafen. Vielmehr regelte Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 nach früherer Ansicht nur den Fall, dass ein Anspruchsberechtigter einen Anspruch in seinem Beschäftigungsstaat hat, während ein anderer Anspruchsberechtigter (insbesondere der andere Elternteil) für denselben Familienangehörigen einen Anspruch in dem Wohnstaat der Familie hat (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 110, 412, unter A.I.2.a).
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bb) Diese zum Ausschließlichkeitsprinzip ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ist zwischenzeitlich überholt.
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Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 (BFH/NV 2013, 1698) entschieden, dass die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 keine unionsrechtliche Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats entfalten. An seiner gegenteiligen Auffassung hat er mit Blick auf die EuGH-Urteile Bosmann in Slg. 2008, I-3827 Rdnr. 30 und vom 12. Juni 2012 C-611/10, C-612/10, Hudzinski und Wawrzyniak (Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht 2012, 475, Rdnr. 47) nicht mehr festgehalten. Zur weiteren Begründung wird auf die genannte Senatsentscheidung Bezug genommen. Nach dieser Rechtsprechung können auch Ansprüche auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats mit den Ansprüchen des Beschäftigungsstaats in einer Person zusammentreffen. Folgerichtig hat der Senat zwischenzeitlich in seinem Urteil vom 18. Juli 2013 III R 51/09 (juris) entschieden, dass Art. 10 der VO Nr. 574/72 auch im Fall einer Ein-Personen-Konkurrenz anwendbar sein kann, vorausgesetzt Wohn- und Beschäftigungsstaat fallen auseinander.
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Danach behielte der Kläger im Streitfall selbst dann seinen Kindergeldanspruch nach den §§ 62 ff. EStG, wenn er aufgrund seiner Tätigkeit in der Schweiz unter den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fiele und nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 ausschließlich den Rechtsvorschriften der Schweiz unterläge. Es wäre unverändert eine von Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 erfasste Konstellation in Gestalt einer Zwei-Personen-Konkurrenz gegeben. Der Kläger besäße einen Anspruch auf deutsches Kindergeld im Wohnstaat der Kinder, die E einen Anspruch auf Kinderzulagen in der Schweiz als Beschäftigungsstaat.
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Auch wenn die genannten Senatsurteile das Verhältnis Deutschlands zu anderen EU-Mitgliedstaaten (Polen und Niederlande) betreffen, kann infolge des genannten Freizügigkeitsabkommens und der darin in Art. 8 i.V.m. Anhang II, Abschn. A des Freizügigkeitsabkommens angeordneten Geltung der VO Nr. 1408/71 und der VO Nr. 574/72 nichts anderes im Verhältnis zur Schweiz gelten. Die Schweiz wird insoweit wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt. Demnach ist Deutschland auch im Verhältnis zur Schweiz als unzuständiger Mitgliedstaat nicht daran gehindert, nach seinem Recht Familienleistungen zu gewähren.
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3. Nach alledem wurde die Festsetzung von deutschem Differenzkindergeld zu Unrecht ab Januar 2003 aufgehoben.
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Mit der Aufhebung des Aufhebungsbescheids vom 27. November 2008 sind die den Streitzeitraum betreffenden Festsetzungsbescheide wieder wirksam.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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5. Der Antrag, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist daher das Gericht des ersten Rechtszugs, im Streitfall das FG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Mai 2009 IV R 47/07, BFHE 225, 116, BStBl II 2009, 900, m.w.N.).
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