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BFH 26.06.2013 - III B 5/13
BFH 26.06.2013 - III B 5/13 - Kindergeld bei Auslandsstudium - Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Normen
§ 8 AO, § 76 Abs 1 S 1 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend FG München, 20. November 2012, Az: 12 K 414/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass ein inländischer Wohnsitz eines im Ausland studierenden Kindes nicht allein deshalb verneint werden kann, weil das Kind nach Abschluss des Studiums möglicherweise eine berufliche Karriere im Ausland beginnen wird.
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2. NV: Ein rechtskundig vertretener Beteiligter kann eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht in der Regel dann nicht rügen, wenn er keine auf eine weitere Sachaufklärung gerichteten Anträge gestellt hat und sich dem FG eine weitere Sachaufklärung auch ohne Antrag nicht aufdrängen musste.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor, sofern sie überhaupt in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Weise dargelegt wurden.
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1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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a) Eine Rechtsfrage ist grundsätzlich bedeutsam, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (z.B. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2013 III B 222/11, BFH/NV 2013, 727).
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b) Die Klägerin hat folgende Rechtsfrage herausgestellt: "Ist die Anerkennung eines inländischen Wohnsitzes gem. § 8 AO eines im Ausland für begrenzte Zeit von 4 Jahren studierenden Kindes allein deshalb auszuschließen, weil das Kind während der gesamten Studienzeit zwar objektiv über eine eigene Wohnung in der inländischen Wohnung seiner Mutter und seine(s) Stiefvaters verfügt und diese auch während der Semesterferien nutzt, aber die ungewisse und vorwiegend nur in der Disposition von Dritten stehende Aussicht besteht, dass das Kind nach Abschluss seines Studiums im Falle eines entsprechenden Angebotes seine berufliche Karriere im Ausland fortsetzen wird?"
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c) Die so formulierte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Allein deshalb, weil ein im Ausland studierendes Kind nach dem Ende des Studiums dort möglicherweise eine berufliche Karriere beginnen wird, kann ein inländischer Wohnsitz i.S. des § 8 der Abgabenordnung während des Auslandsaufenthalts nicht verneint werden. Der BFH hat bereits mehrfach die Rechtsgrundsätze dargelegt, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich aus Schul- oder Studiengründen mehrere Jahre im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz beibehält (z.B. BFH-Urteile vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsbeschluss vom 31. Mai 2007 III B 50/07, BFH/NV 2007, 1907). Die Frage, ob im Einzelfall bei Anwendung dieser Grundsätze davon auszugehen ist, dass ein Kind seinen Wohnsitz im Inland hat, es dort einen weiteren Wohnsitz hat oder seine Aufenthalte lediglich Besuchscharakter haben, hat das Finanzgericht (FG) unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (vgl. z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1907).
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d) Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich nicht, dass das FG einen inländischen Wohnsitz des Sohnes (S) der Klägerin bereits deshalb verneint hat, weil dieser nach dem Studium möglicherweise in den USA eine Karriere als … beginnen werde. Es war der Ansicht, es liege bereits kein von vornherein auf die Dauer des Studiums beschränkter Auslandsaufenthalt vor. Darüber hinaus hat es in Übereinstimmung mit der zitierten BFH-Rechtsprechung darauf abgehoben, ob die zwischenzeitlichen Aufenthalte des S in Deutschland lediglich Besuchscharakter hatten und hat dies bejaht. In einem Revisionsverfahren, wie es von der Klägerin angestrebt wird, bestünde somit kein Anlass, die von ihr formulierte Rechtsfrage zu klären.
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2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel führen ebenso wenig zur Revisionszulassung.
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a) Soweit die Klägerin rügt, das FG hätte aufklären müssen, ob S den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in die USA verlegt habe, ob die Bindung zum Elternhaus fortbestanden habe, welche weiteren Anhaltspunkte für oder gegen die Beibehaltung der Lebensinteressen im Inland gesprochen hätten und ob die telefonischen Kontakte mit dem in den USA lebenden Vater der Annahme eines inländischen Wohnsitzes entgegenstehen könnten, macht sie eine Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung geltend (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Allerdings kann ein rechtskundig vertretener Beteiligter eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht in der Regel dann nicht rügen, wenn er keine auf eine weitere Sachaufklärung gerichteten Anträge gestellt hat und sich dem FG eine weitere Sachaufklärung auch ohne Antrag nicht aufdrängen musste (z.B. BFH-Beschluss vom 10. Januar 2007 X B 113/06, BFH/NV 2007, 935).
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Für die ordnungsgemäße Rüge fehlender Sachaufklärung sind u.a. Ausführungen dazu notwendig, aus welchen Gründen sich die Notwendigkeit einer Aufklärung auch ohne Beweisantrag hätte aufdrängen müssen (z.B. Senatsbeschluss vom 13. August 2007 III B 159/06, BFH/NV 2007, 2284). Bereits hieran fehlt es im Streitfall.
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b) Ebenso wenig hat das FG das rechtliche Gehör der Klägerin durch Erlass einer Überraschungsentscheidung verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).
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aa) Eine Überraschungsentscheidung kann vorliegen, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635). Einer umfassenden Erörterung der für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte bedarf es dabei nicht (BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235). Auch obliegt dem FG keine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne, dass es seine mögliche Beurteilung andeuten müsste (Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2012 III B 68/12, BFH/NV 2013, 362).
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bb) Im Streitfall konnte die Klägerin schon im Hinblick auf die einschlägige BFH-Rechtsprechung nicht davon überrascht sein, dass das FG bei der Beurteilung der Frage, ob ein im Ausland studierendes Kind seinen inländischen Wohnsitz der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils beibehält, die Dauer von Inlandsaufenthalten von Bedeutung sein würde.
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c) Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen Erfahrungssätze rügt, weil das FG allein aus der Dauer der Aufenthalte im Inland abgeleitet habe, dass diese Besuchscharakter hätten, macht sie keinen Verfahrensfehler geltend. Vielmehr stellen Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, auch dann, wenn sich diese Fehler auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken. Sie können damit nicht als Verfahrensmangel gerügt werden (Beschluss des BFH vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165).
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3. Von einer Wiedergabe des Sachverhalts und von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).
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