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BFH 20.09.2012 - X S 22/12
BFH 20.09.2012 - X S 22/12 - Darlegungserfordernisse bei Anhörungsrüge wegen Nichtzulassung der Revision - Schlüssige Rüge eines behaupteten Verfahrensmangels - Nichtberücksichtigung eines Gutachtens
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 133a FGO, § 120 Abs 3 Nr 2 Buchst b FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend BFH, 11. April 2012, Az: X B 59/11, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Bei einer Anhörungsrüge muss der Rügeführer schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sachfragen oder Rechtsfragen er sich im abgeschlossenen Verfahren nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe .
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2. NV: Zur schlüssigen Rüge des behaupteten Verfahrensmangels, das FG habe ein vom Kläger während des Verwaltungsverfahrens vorgelegtes Gutachten nicht berücksichtigt, gehört die Vorlage dieses Gutachtens an das Rechtsmittelgericht .
Gründe
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Die Anhörungsrüge ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.
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Bei einer Anhörungsrüge muss der Rügeführer insbesondere schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (hier: Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren X B 59/11) nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. April 2010 VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467, m.w.N.). Zudem muss er vortragen, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsversagung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß vor dem Gericht gerügt hat und inwiefern durch sein Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts anders hätte ausfallen können (Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2010 X S 24/10, BFH/NV 2011, 279, m.w.N.).
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Daran fehlt es im Streitfall.
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1. Der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) verkennt --wie bereits bei Abfassung der Begründung seiner der Anhörungsrüge vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerde--, dass das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung auf eine Doppelbegründung gestützt hat. Es hat auf Bl. 7 seiner Entscheidung zunächst ausgeführt, die vom Kläger begehrte Teilwertabschreibung sei schon deshalb nicht vorzunehmen gewesen, weil nicht feststellbar sei, dass eine etwaige Wertminderung --wie von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorausgesetzt-- zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 als "voraussichtlich dauernd" anzusehen gewesen sei. Dies sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Grundstücken nur dann der Fall, wenn die Wertminderung mindestens während der Hälfte der Restnutzungsdauer andauere. Ein solcher Sachverhalt sei im Streitfall nicht feststellbar gewesen, weil weder die Verteilung der Gesamtwerte auf die Einzelwirtschaftsgüter "Grund und Boden" einerseits bzw. "Gebäude" andererseits noch die Anschaffungszeitpunkte der Objekte bekannt seien.
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Diese rechtliche Begründung trägt die Entscheidung des FG. Alle weiteren Ausführungen im finanzgerichtlichen Urteil --sei es zur Höhe der Teilwerte der einzelnen Grundstücke, sei es zur Frage, ob der Kläger diese entgeltlich oder unentgeltlich erworben habe-- stellen nur Zusatzbegründungen dar. Dies kommt auch aus der Formulierung des FG im Obersatz zum Gliederungspunkt II.2. seiner Entscheidung (Bl. 8 des FG-Urteils) eindeutig zum Ausdruck.
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Bereits die mit der Nichtzulassungsbeschwerde vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen bezogen sich --mit einer Ausnahme-- sämtlich auf die Zusatzbegründungen des FG-Urteils und waren daher nicht entscheidungserheblich. Einzige Ausnahme stellte die Rüge dar, in den von ihm vorgelegten Wertgutachten seien getrennte Ausführungen zu den Werten der Wirtschaftsgüter "Grund und Boden" einerseits und "Gebäude" andererseits enthalten. Diese Rüge hatte indes vor dem erkennenden Senat schon deshalb ohne Erfolg bleiben müssen, weil der Kläger diese Wertgutachten, die nicht Bestandteil der finanzgerichtlichen Akten waren, dem Beschwerdegericht nicht vorgelegt hatte, was für die Erhebung einer schlüssigen Verfahrensrüge aber erforderlich gewesen wäre.
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2. Mit seiner Anhörungsrüge wiederholt der Kläger zunächst seine Behauptung, für jedes bebaute Grundstück ein Gutachten vorgelegt zu haben, aus dem sich der von ihm angenommene Teilwert ergeben habe.
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Es mag sein, dass der Kläger solche Gutachten im Verwaltungs- oder Klageverfahren --der Kläger hat seine Behauptung insoweit nicht näher konkretisiert-- vorgelegt hatte. Die Rüge eines Verfahrensmangels setzt indes die genaue Bezeichnung der Tatsachen voraus, aus denen sich nach Ansicht des Klägers der behauptete Verfahrensverstoß ergibt (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2000 II B 41/99, BFH/NV 2000, 1102). Insoweit ist die --unmittelbar nur für das Revisionsverfahren geltende-- Vorschrift des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO entsprechend anzuwenden, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt wird (BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2003 I B 122/03, BFH/NV 2004, 810, unter II.3.). Zur genauen Bezeichnung der für den gerügten Verfahrensmangel erheblichen Tatsachen hätte hier die Vorlage der Gutachten gehört, auf deren --vom FG angeblich übergangenen-- Inhalt sich der Kläger im Rechtsmittelverfahren beruft. Da derartige Tatsachenangaben fehlten, war die Verfahrensrüge nicht schlüssig erhoben.
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3. Unzutreffend ist die weitere Behauptung des Klägers, "dass nach den Gründen des finanzgerichtlichen Urteils nicht nur eine Teilwertberichtigung in Höhe von ca. … Mio. € unstreitig war, sondern dass das Finanzgericht darüber hinaus sogar eine Teilwertberichtigung in Höhe von … Mio. € für richtig hielt".
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Wie aus den Gründen des angefochtenen Urteils eindeutig hervorgeht, hielt das FG die Voraussetzungen einer "Teilwertberichtigung" für nicht nachgewiesen, weil der Eintritt einer voraussichtlich dauernden Wertminderung nicht feststellbar gewesen sei. Es kann daher nicht die Rede davon sein, das FG habe eine Teilwertberichtigung --gleich welcher Höhe-- "für richtig gehalten". Dies --und damit die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG-- übersieht der Kläger erneut. Auf die exakte Höhe des zum Stichtag aktuellen Teilwerts kam es für das FG nicht an, weil auch bei einem unstreitig gesunkenen Teilwert einkommensteuerrechtlich die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung so lange nicht vorliegen, wie nicht nachgewiesen ist, dass die Wertminderung als "voraussichtlich dauernd" anzusehen ist.
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Aus demselben Grund gehen auch die Ausführungen des Klägers zum Teilwert des Grundstücks D sowie des unbebauten Grundstücks ins Leere.
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4. Ferner rügt der Kläger, der Zeitpunkt der Anschaffung der Grundstücke sei dem FG bekannt gewesen, weil es den Vertrag vom 28. April 2001 erwähnt habe. Aus diesem Vertrag ergibt sich indes nur der Zeitpunkt der Anschaffung durch den Kläger. In seinen --die vorinstanzliche Entscheidung tragenden-- Ausführungen auf Bl. 7 des Urteils hat das FG indes formuliert, ihm seien zwar die Buchwerte der Wirtschaftsgüter bei der KG bzw. beim Kläger bekannt, "nicht jedoch die Zeitpunkte der jeweiligen Anschaffung". Damit sind vor allem die Zeitpunkte der Anschaffung der Grundstücke durch die KG gemeint. Dass das FG für eine Beurteilung der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung auch Feststellungen zu diesen Zeitpunkten hat treffen wollen, ist auf der Grundlage der eigenen Rechtsauffassung des Klägers, der stets vertreten hatte, er habe von der KG unentgeltlich erworben, folgerichtig.
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