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BFH 22.08.2012 - I B 86, 87/11, I B 86/11, I B 87/11
BFH 22.08.2012 - I B 86, 87/11, I B 86/11, I B 87/11 - Tatsächliche Verständigung über den Ort der Geschäftsleitung
Normen
§ 2 AO, § 10 AO, § 20a AO, § 21 Abs 1 AO, § 85 AO, § 88ff AO, § 90ff AO, § 127 AO, § 96 Abs 2 FGO, § 105 Abs 2 Nr 4 FGO, § 105 Abs 3 S 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 Nr 4 DBA FRA, Art 2 Abs 1 Nr 5 DBA FRA, § 88 AO, § 90 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 20. April 2011, Az: 2 K 1197/06, Urteil
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 20. April 2011, Az: 2 K 1198/06, Urteil
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 26. August 2009, Az: 1 K 1197/06, Urteil
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 26. August 2009, Az: 1 K 1198/06, Urteil
vorgehend BFH, 10. Juni 2010, Az: I B 185/09, Beschluss
vorgehend BFH, 10. Juni 2010, Az: I B 186/09, Beschluss
Leitsatz
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NV: Das FA kann im Steuerfestsetzungsverfahren einer GmbH bei bestehender tatsächlicher Unsicherheit mit der Gesellschaft eine bindende tatsächliche Verständigung darüber treffen, wo in der Vergangenheit deren "Ort der Geschäftsleitung" i.S. von § 10 AO bzw. des einschlägigen DBA (hier: Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c DBA-Frankreich) gewesen ist.
Tatbestand
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I. Die Sachen befinden sich im zweiten Rechtsgang. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, hatte für das Streitjahr (2002) keine vollständigen Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen abgegeben. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ den Körperschaftsteuer- und den Gewerbesteuermessbescheid deshalb auf der Grundlage einer Schätzung gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO). Am 18. Januar 2005 trafen die Beteiligten vor dem Finanzgericht (FG) des Saarlandes folgende Verständigung:
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"1. Die Beteiligten gehen angesichts der bestehenden tatsächlichen Unsicherheiten davon aus, dass der Ort der Geschäftsleitung bis einschließlich 1998 nicht in Deutschland gewesen ist und von 1999 bis 2002 (bis zur statutarischen Sitzverlegung) in R (Deutschland) gewesen ist. Die Klägerin wird für die Jahre vor 1999 bezüglich der Umsatzsteuer nicht die Unzuständigkeit des Beklagten geltend machen.
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2. Der Beklagte sieht für die Jahre 1994 bis einschließlich 1998 von der Erhebung etwaiger Ertragsteuern (Körperschaftsteuern, Gewerbesteuern) sowie der Lohnsteuer ab."
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Bei der Ermittlung des Gewinns hatte das FA für das Streitjahr aufgrund einer Verlegung des Orts der Geschäftsleitung nach Frankreich einen auf 100.000 € geschätzten "Aufgabegewinn" berücksichtigt.
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Nachdem das FG die Klagen im ersten Rechtsgang abgewiesen hatte (Urteile vom 26. August 2009 1 K 1197/06, juris --betreffend die Festsetzung der Körperschaftsteuer-- und 1 K 1198/06 --betreffend die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags--), hat der Senat die Verfahren auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin hin an das FG zurückverwiesen, weil die Vorinstanz sich nicht mit den Einwänden der Klägerin gegen die Berücksichtigung des "Aufgabegewinns" befasst hatte (Senatsbeschlüsse vom 10. Juni 2010 I B 185/09 und I B 186/09, BFH/NV 2010, 1864). Während der abermaligen Anhängigkeit der Sache vor dem FG änderte das FA die angefochtenen Bescheide am 30. November 2010 dahingehend ab, dass es den "Aufgabegewinn" nicht mehr berücksichtigte.
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Die nunmehr gegen die Änderungsbescheide gerichteten Klagen, mit denen die Klägerin u.a. geltend gemacht hat, sie habe den Ort ihrer Geschäftsleitung entgegen der tatsächlichen Verständigung mit dem FA --welche sie für unwirksam hält-- im Streitjahr nicht in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), sondern in Frankreich gehabt, blieben ohne Erfolg. Das FG hat sie mit Urteilen vom 20. April 2011 2 K 1197/06 und 2 K 1198/06 abgewiesen.
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Die Klägerin beantragt mit ihren Beschwerden die Zulassung der Revision gegen die FG-Urteile.
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Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerden zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen --soweit sie hinreichend dargetan worden sind-- nicht vor.
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1. Beschwerdebegründungen vom 18. August 2011
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a) Die FG-Urteile weichen in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit der tatsächlichen Verständigung nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Nach dem Vorbringen der Klägerin basiert das angefochtene Urteil insoweit auf der Annahme, eine tatsächliche Verständigung könne sich auch unmittelbar auf den Tatbestandsbereich einer Rechtsnorm (hier Ort der Geschäftsleitung gemäß § 10 AO) beziehen. Aus den BFH-Urteilen vom 1. Februar 2001 IV R 3/00 (BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520) und vom 8. Oktober 2008 I R 63/07 (BFHE 223, 194, BStBl II 2009, 121), folge demgegenüber, dass eine tatsächliche Verständigung, die unmittelbar den Tatbestandsbereich einer Norm erfasse, nicht zulässig sei.
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Aus den genannten BFH-Urteilen folgt indessen nicht, dass Steuerpflichtiger und Finanzverwaltung keine tatsächliche Verständigung darüber treffen könnten, wo in der Vergangenheit der Ort der Geschäftsleitung eines Unternehmens i.S. von § 10 AO bzw. der Definition des jeweils einschlägigen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (hier: Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959, BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343 --DBA-Frankreich--) gelegen hat.
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Das Urteil des IV. Senats des BFH in BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520 besagt, dass eine Einigung über eine reine Rechtsfrage (im Urteilsfall die Frage, ob eine Darlehensrückzahlung an eine Personengesellschaft zu den Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter gehört) nicht Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung sein kann. Der Begriff des Orts der Geschäftsleitung mag zwar interpretationsfähig sein, ist jedoch gleichwohl primär eine Tatsachen- und keine Rechtsfrage, so dass der Streitfall nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar ist, über den der IV. Senat des BFH entschieden hat.
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Nach dem Senatsurteil in BFHE 223, 194, BStBl II 2009, 121 führt es nicht insgesamt zur Unwirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung, wenn diese auch rechtliche Beurteilungen enthält; soweit sich die Verständigung auch auf tatsächliche Gesichtspunkte bezieht, ist sie zulässig (s. auch Senatsbeschluss vom 13. August 1997 I R 12/97, BFH/NV 1998, 498). Auch diese Entscheidung lässt keinen Schluss dahingehend zu, dass die Verständigung über einen bestimmten Ort der Geschäftsleitung eines Unternehmens als Einigung über eine Rechts- und nicht über eine Tatsachenfrage zu beurteilen ist. Soweit es in dem Senatsurteil heißt, es schade nicht, wenn die Verständigung "mittelbar auch den Tatbestandsbereich einer Rechtsnorm erfasst", bedeutet das nicht, dass tatsächliche Verständigungen über das Vorliegen von dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Tatbestandsmerkmalen einer Norm nicht zulässig wären.
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b) Die Verfahrensrügen der Klägerin rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
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aa) Die Klägerin rügt, der Tatbestand des angefochtenen Urteils genüge nicht den Anforderungen des § 105 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 FGO, weil er keine Feststellungen zum Zustandekommen und zum Inhalt der tatsächlichen Verständigung vom 18. Januar 2005 enthalte (Zulassungsgrund des Verfahrensmangels, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Jedoch bezieht sich das FG in den Entscheidungsgründen (Gliederungspunkt 2.2) hinsichtlich des Inhalts der tatsächlichen Verständigung ausdrücklich und unter Angabe der konkreten Aktenseite auf die Gerichtsakte, was gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO zulässig ist. Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 14. März 1991 IV R 104/89 (BFH/NV 1992, 47) besagt nichts Gegenteiliges.
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Soweit die Klägerin das Fehlen von Feststellungen zum Inhalt des im Parallelverfahren vor dem FG von ihr gegen den auch am angefochtenen Urteil mitwirkenden Senatsvorsitzenden … gestellten Ablehnungsgesuchs wegen Besorgnis der Befangenheit und zum Gegenstand jenes Parallelverfahrens vermisst, ist nicht ersichtlich, inwiefern derartige Feststellungen für eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung erheblich sein könnten. Denn das FG hat die aus seiner Sicht bestehende Unmaßgeblichkeit des Befangenheitsgesuchs für das vorliegende Verfahren nicht nur mit dem fehlenden sachlichen Zusammenhang zum hiesigen Verfahren, sondern auch damit begründet, dass das Befangenheitsgesuch bereits am 23. Juni 2009 als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen worden ist.
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bb) Unter der Überschrift "Unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung durch Beweisantizipation" wiederholt die Klägerin in der Beschwerdebegründung lediglich ihre zuvor dargestellten Rügen zur aus ihrer Sicht gegebenen Mangelhaftigkeit des Urteilstatbestands. Insoweit fehlt es mithin an einer Begründung des geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
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cc) Unzureichend begründet ist die Rüge, das FG sei den von der Klägerin schriftsätzlich gestellten Beweisanträgen nicht nachgegangen. Zum einen fehlt es in der Beschwerdebegründung an einer konkreten Beschreibung der einzelnen Beweisanträge und -themen, denen das FG nicht nachgegangen sein soll. Zudem hat die Klägerin nicht dargelegt, inwiefern die Beweisaufnahme aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG für die Entscheidung des Streitfalls erheblich gewesen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 I B 83/09, BFH/NV 2010, 913). Und schließlich ist auch die Begründung der Klägerin dafür, dass sie als fachkundig vertretene Beteiligte das Übergehen der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht gerügt hat, nicht schlüssig. Denn sie hat von der Absicht des FG, die angebotenen Zeugenbeweise nicht erheben zu wollen, nicht erst durch die Urteilsbegründung, sondern bereits dadurch erfahren, dass das FG die Zeugen nicht zur mündlichen Verhandlung geladen hatte.
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dd) Die gerügte Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) infolge des Umstands, dass das FG "überraschend" von der BFH-Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung abgewichen sein soll, liegt schon deshalb nicht vor, weil die behauptete Abweichung der Sache nach nicht gegeben ist (s. oben II.1.).
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ee) Des Weiteren bemängelt die Klägerin, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es in dem angefochtenen Urteil nicht auf ihr Vorbringen eingegangen sei, bei der durch § 20a, § 21 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer geregelten Zentralzuständigkeit des FA Offenburg handele es sich nicht um eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 127 AO, sondern um eine Regelung über die sachliche Zuständigkeit, deren Verletzung zur Unwirksamkeit des Bescheids führe. Auch diese Rüge geht indessen fehl, weil nach der für die Prüfung auf Verfahrensmängel maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG wegen des bis zum Streitjahr noch im Inland befindlichen Orts der Geschäftsleitung eine Zuständigkeit des FA Offenburg für die Ertragsbesteuerung der Klägerin nach den vorstehend aufgeführten Vorschriften nicht begründet worden ist. Von diesem Standpunkt aus war es deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich, ob der Geltendmachung einer Zuständigkeitsverletzung die Vorschrift des § 127 AO entgegengestanden hätte oder nicht.
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ff) Ebenso wenig kann eine Gehörsverletzung darin erkannt werden, dass das FG nicht ausdrücklich erwähnt hat, nach Auffassung der Klägerin verstoße die tatsächliche Verständigung vom Januar 2005 gegen die nach § 2 AO vorrangige Regelung des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 DBA-Frankreich. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst die Verpflichtung des FG, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, in der Begründung seiner Entscheidung zu jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich Stellung zu nehmen; es muss sich nur mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinandersetzen. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Mai 1992 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133; vom 5. Dezember 1995 1 BvR 1463/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153; Senatsbeschluss vom 22. April 2009 I B 162/08, BFH/NV 2009, 1458, m.w.N.).
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Danach liegt eine Gehörsverletzung nicht vor. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils geht hervor, dass nach Auffassung des FG die tatsächliche Verständigung der Beteiligten mit der Regel des Art. 2 Nr. 5 DBA-Frankreich konform geht. Dass die Klägerin demgegenüber offenbar der Meinung ist, die Bestimmung des § 2 AO stehe tatsächlichen Verständigungen im Bereich von DBA-Tatbeständen entgegen, obwohl es dort ausschließlich um das Verhältnis von innerstaatlichen Steuergesetzen (d.h. von Rechtsnormen) zu in innerstaatliches Recht transformierten völkerrechtlichen Vereinbarungen geht, musste das FG nicht ausdrücklich hervorheben.
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2. Beschwerdebegründungen vom 12. August 2011
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a) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sieht die Klägerin auch darin, dass das FG sich nicht mit wesentlichen Einwendungen gegen die Annahme einer Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung befasst habe. Das FG habe nur die Frage der tatsächlichen Unsicherheit des Orts der Geschäftsleitung behandelt. Es fehlten aber Ausführungen zu der von der Klägerin vertretenen Auffassung, zumindest in Bezug auf die Ziff. 2 der Vereinbarung habe es sich um eine unzulässige Verständigung über eine Rechtsfrage gehandelt, was nach der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 20. September 2007 IV R 20/05, BFH/NV 2008, 532) zur Folge habe, dass die Vereinbarung insgesamt keine Bindungswirkung entfalte. Auch insoweit ist indessen davon auszugehen, dass das FG die Einwendung zur Kenntnis genommen, aber für unbegründet erachtet hat. Denn damit, dass die Beteiligten in Ziff. 2 der Vereinbarung vom 18. Januar 2005 niedergelegt haben, das FA sehe von einer Steuererhebung für 1994 bis 1998 ab, sollte offenkundig nur die rechtliche Konsequenz aus der in Ziff. 1 geregelten tatsächlichen Verständigung dargestellt werden, nach der die Klägerin in jenem Zeitraum den Ort ihrer Geschäftsleitung nicht im Inland gehabt hat. Es handelt sich insoweit also nicht, wie in dem Sachverhalt des BFH-Urteils in BFH/NV 2008, 532, um einen eigenständigen Regelungsgegenstand innerhalb einer Gesamtvereinbarung, von dem der eine Regelungsgegenstand nicht ohne den anderen vereinbart worden wäre. Im Übrigen ist das Streitjahr von der Regelung in Ziff. 2 nicht betroffen.
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b) Der weitere Einwand, das FG habe sich nicht mit dem Vorbringen der Klägerin befasst, die tatsächliche Verständigung habe zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis geführt, weil damit ein in Wirklichkeit nicht bestehender Ort der Geschäftsleitung im Inland fingiert worden sei, geht an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz vorbei. Danach hat zum Zeitpunkt des Abschlusses der tatsächlichen Verständigung zwischen den Beteiligten Unsicherheit darüber bestanden, ob sich der Ort der Geschäftsleitung in Deutschland (R) oder in Frankreich (…) befunden hat. Wenn sich die Beteiligten vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung für die einzelnen Jahre auf jeweils einen der beiden Orte festlegen, ist nicht ersichtlich, warum dieses Ergebnis "offensichtlich unzutreffend" sein sollte. Die Klägerin hat ihre gegenteilige Beurteilung damit begründet, dass nach ihrer (späteren) Sichtweise der Ort ihrer Geschäftsleitung im Streitjahr auch nach dem Kenntnisstand des FA eindeutig in Frankreich belegen war. Das ist indes mit dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nicht zu vereinbaren. Dass der Einwand der Klägerin auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen unbegründet war, verstand sich mithin von selbst und musste vom FG nicht näher ausgeführt werden.
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c) Soweit sich die Klägerin abermals auf eine Gehörsverletzung wegen unterlassener Befassung mit der von der Klägerin geltend gemachten angeblichen Unvereinbarkeit der tatsächlichen Verständigung mit dem DBA-Frankreich rügt, wird auf die Ausführungen zu II.1.b ff Bezug genommen.
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d) Das FG-Urteil weicht weder von der BFH-Rechtsprechung ab, nach der eine Verständigung zwischen Steuerpflichtigem und FA über Rechtsfragen unzulässig ist (oben II.1.a), noch von jener BFH-Rechtsprechung, nach der tatsächliche Verständigungen nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen dürfen (oben II.2.b). Im Hinblick auf die des Weiteren geltend gemachte Divergenz zum BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 532 wird auf die Ausführungen unter II.2.a verwiesen.
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e) Grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) misst die Klägerin der Frage zu, ob im Rahmen der Tatbestandsermittlung für Zwecke einer DBA-Vorschrift auf eine tatsächliche Verständigung zurückgegriffen werden könne, die eine fiktive Regelung entgegen den festgestellten Tatsachen treffe. Auf der Grundlage der Feststellungen des FG stellt sich diese Frage indes nicht, weil danach das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung eben nicht den festgestellten Tatsachen widerspricht. Im Übrigen kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass tatsächliche Verständigungen auch im Hinblick auf Tatbestandselemente von DBA-Regelungen nur infrage kommen, soweit Unsicherheit über die tatsächlichen Verhältnisse besteht.
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f) Im Streitfall nicht klärungsfähig ist auch die von der Klägerin --mit Blick auf die Anwendbarkeit von § 127 AO-- zur Prüfung gestellte Frage, ob die Vorschrift des § 20a Abs. 1 AO neben der örtlichen Zuständigkeit auch die sachliche Zuständigkeit des nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AO zuständigen Finanzamts begründet. Wie die Klägerin selbst hervorhebt, könnte sich die Frage allenfalls dann stellen, wenn die Klägerin den Ort ihrer Geschäftsleitung im Streitjahr in Frankreich gehabt hätte. Nach den Feststellungen des FG war das aber nicht der Fall.
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g) Im Ansatz zu Recht rügt die Klägerin, dass sich das FG in Bezug auf die Schätzung des im Streitjahr von der Klägerin erzielten Gewinns nicht mit den von ihr im zweiten Rechtsgang vorgelegten Körperschaft- und Gewerbesteuerklärungen nebst Bilanz befasst hat. Da das FG in den Entscheidungsgründen zwar die im Jahr 2006 vorgelegte, vom FG als unzureichend angesehene "vorläufige" Bilanz, mit keinem Wort aber die im Januar 2011 eingereichten Steuererklärungen nebst Bilanz erwähnt hat, bleibt nur der Schluss, dass die Vorinstanz Letztere übersehen, d.h. nicht zur Kenntnis genommen und geprüft hat (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Jedoch beruht das angefochtene Urteil nicht auf dem Verfahrensmangel. Denn es erscheint ausgeschlossen, dass das Urteil bei Berücksichtigung der Steuererklärungen für die Klägerin günstiger ausgefallen wäre. Die vorgelegte (dreiseitige) Bilanz weist lediglich die Endbeträge der jeweiligen Bilanzpositionen aus, ohne dass anhand eines Bestandsverzeichnisses oder sonstiger Erläuterungen nachvollzogen werden könnte, auf welche einzelnen Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten die Beträge zurückzuführen sind. So ist auch der in der Bilanz ausgewiesene Jahresfehlbetrag von … € nicht verifizierbar. Die vorgelegte Bilanz ist somit nicht geeignet, die Schätzung entbehrlich zu machen und bietet auch keine Grundlage für eine punktuelle Korrektur zugunsten der Klägerin.
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