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BFH 14.07.2011 - II B 27/11
BFH 14.07.2011 - II B 27/11 - (Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens - Verfassungsmäßigkeit und Auslegung der Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG - Begünstigter Personenkreis)
Normen
§ 27 Abs 1 ErbStG 1997, Art 6 GG, Art 14 Abs 1 S 1 GG
Vorinstanz
vorgehend FG München, 7. März 2011, Az: 4 K 3466/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Steuerermäßigung des § 27 Abs. 1 ErbStG wird nur gewährt, wenn der Letzterwerb von Todes wegen nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser der Steuerklasse I unterfällt. Nicht begünstigt sind Erwerbe von Todes wegen, in denen die Voraussetzungen der Steuerklasse I lediglich im Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Vermögensinhaber und dem Letzterwerber erfüllt sind .
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, ob der Kreis der nach § 27 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) begünstigten Erwerber auch solche umfasst, die lediglich im Verhältnis zu einem ursprünglichen Vermögensinhaber in die Steuerklasse I fallen, ist nicht klärungsbedürftig. Diese Rechtsfrage ist mit dem Finanzgericht offensichtlich dahin zu beantworten, dass sowohl der frühere als auch der nachfolgende Erwerb aus der Sicht des jeweiligen Erwerbers jeweils der Steuerklasse I unterliegen muss.
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a) § 27 Abs. 1 ErbStG gewährt unter näheren Voraussetzungen eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer bei einem mehrfachen Erwerb desselben Vermögens. Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn Personen der Steuerklasse I von Todes wegen Vermögen anfällt, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs. 1 ErbStG muss der Letzterwerb von Todes wegen nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser der Steuerklasse I unterfallen. Für die Bestimmung des Angehörigkeitsverhältnisses ist der Zeitpunkt des Erwerbs entscheidend, für den die Ermäßigung in Anspruch genommen wird (Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 27 Rz 6; Moench in Moench/ Weinmann, § 27 ErbStG Rz 4). Im Streitfall ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil der Erwerb des Klägers (als Letzterwerber) nach seinem persönlichen Verhältnis zu seinem Bruder (Erblasser) der Steuerklasse II unterfällt. Dem Umstand, dass der Letzterwerber nach seinem persönlichen Verhältnis zu dem ursprünglichen Vermögensinhaber --im Streitfall der gemeinsamen Mutter des Klägers und seines Bruders-- die Merkmale der Steuerklasse I erfüllt, kommt keine Bedeutung zu. Über diese im Wortlaut des § 27 Abs. 1 ErbStG angelegte tatbestandliche Beschränkung besteht auch im Schrifttum Einigkeit (z.B. Meincke, a.a.O., § 27 Rz 7; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 27 Rz 4; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 27 ErbStG Rz 4; Pahlke in Fischer/Jüptner/Pahlke/ Wachter, ErbStG, Kommentar, 3. Aufl., § 27 Rz 4; Moench, a.a.O., § 27 ErbStG Rz 4; Geck in Kapp/Ebeling, § 27 ErbStG Rz 4).
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b) Entgegen der Meinung des Klägers rechtfertigt auch der Gesetzeszweck des § 27 Abs. 1 ErbStG keine Anwendung auf solche Erwerbe von Todes wegen, in denen die Voraussetzungen der Steuerklasse I lediglich im Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Vermögensinhaber und dem Letzterwerber erfüllt sind. Der Grundgedanke des § 27 ErbStG besteht darin, bei mehrmaligem Übergang desselben Vermögens innerhalb von zehn Jahren auf den begünstigten Erwerberkreis die auf dieses Vermögen entfallende Steuer, soweit das Vermögen beim Vorerwerber der Besteuerung unterlag, bis höchstens 50 v.H. zu ermäßigen (BTDrucks 13/4839, S. 71). Diesen Grundgedanken hat der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 ErbStG dahin beschränkt, dass der Letzterwerb im Verhältnis zum Erblasser in die Steuerklasse I fallen muss.
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c) Die erweiternde Anwendung des § 27 Abs. 1 ErbStG auf Fallgestaltungen, in denen die Voraussetzungen der Steuerklasse I lediglich im Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Vermögensinhaber und dem Letzterwerber erfüllt sind, ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (Beschluss vom 21. Juli 2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, unter B.I.3.a cc (2) b, m.w.N.) ergibt sich zwar aus dem Verwandtenerbrecht (Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) und der Erbrechtsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), dass die familiäre Verbundenheit der nächsten Angehörigen zum Erblasser erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen und der steuerliche Zugriff bei Familienangehörigen, also insbesondere bei Ehegatten und Kindern, derart zu mäßigen ist, dass diesen der jeweils überkommene Nachlass zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei zugute kommt. Diesem Schutzziel des im Verfassungsrecht verankerten Familienprinzips trägt aber § 27 ErbStG für die im Streitfall maßgebenden Fälle ausreichend Rechnung, in denen Vermögen innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens mehrfach einem Erbgang in der Steuerklasse I unterliegen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 400). Weder aus dem verfassungsrechtlichen Familienprinzip noch aus dem § 27 ErbStG zugrunde liegenden Gesetzeszweck kann jedoch das Verfassungsgebot abgeleitet werden, Letzterwerber der Steuerklasse II solchen der Steuerklasse I allein deswegen gleichzustellen, weil für den Letzterwerber im Verhältnis zum ursprünglichen Vermögensinhaber die Voraussetzungen der Steuerklasse I vorlagen. Vielmehr konnte der Gesetzgeber die Vergünstigung ohne Verfassungsverstoß auf Erwerber der Steuerklasse I --und damit auf solche Erwerbe, bei denen der familiäre Bezug der nächsten Familienangehörigen zum Nachlass besonders ausgeprägt ist-- beschränken. Das vom Kläger erstrebte Auslegungsergebnis kann auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 27 ErbStG erreicht werden, weil einem --wie hier-- nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht im Auslegungswege ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden darf (Jarass in Jarass/ Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 11. Aufl., Art. 20 Rz 34, m.w.N.).
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