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BFH 24.03.2011 - VI R 11/10
BFH 24.03.2011 - VI R 11/10 - Kein Zufluss durch Einbehaltung von Tagegeldern - Bewertung der unentgeltlichen Gemeinschaftsverpflegung für Soldaten in Kasernen mit Sachbezugswert
Normen
§ 3 Nr 13 EStG 2002, § 3c EStG 2002, § 4 Abs 5 S 1 Nr 5 EStG 2002, § 8 Abs 2 EStG 2002, § 9 Abs 5 EStG 2002, § 40 EStG 2002, § 12 BRKG, § 3 TGV
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 2. September 2009, Az: 7 K 303/06, Urteil
Leitsatz
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1. Steuerfreie Erstattungen für Reisekostenvergütungen oder Trennungsgelder stehen dem Abzug von Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten nur insoweit entgegen, als sie dem Steuerpflichtigen tatsächlich ausgezahlt wurden .
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2. Soweit der Arbeitgeber entsprechend den reisekostenrechtlichen Bestimmungen von seinem Einbehaltungsrecht Gebrauch macht oder die Vergütungen gekürzt hat, kommt § 3c EStG nicht zur Anwendung .
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3. Die unentgeltliche Gemeinschaftsverpflegung in der Kaserne für Soldaten während einer Dienstreise ist regelmäßig steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn und mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden im Streitjahr (2004) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, der als Soldat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, unternahm u.a. im Streitjahr eine Dienstreise nach ... vom 15. bis 25. Juni 2004. Während dieser Dienstreise nahm der Kläger an der angebotenen Gemeinschaftsverpflegung teil. Er entrichtete dafür kein gesondertes Entgelt. Der Dienstherr erstattete dem Kläger für die Dienstreise ein Trennungsreisegeld in Höhe von 2,40 € pro Tag. Die Differenz zum Höchstbetrag von 24 € pro Tag behielt der Dienstherr wegen der Teilnahme des Klägers an der Gemeinschaftsverpflegung ein.
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An den zwei An- und Abreisetagen war der Kläger jeweils mehr als 14 Stunden, an den restlichen neun Tagen jeweils 24 Stunden von seiner regelmäßigen Arbeitsstätte und seiner Wohnung abwesend.
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Der Kläger machte ursprünglich im Rahmen der Steuererklärung für 2004 Verpflegungsmehraufwand für die o.g. Dienstreise in Höhe von 156,60 € geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte für diese Reise keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten. Der von den Klägern eingelegte Einspruch blieb in diesem Punkt erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage auf die Berücksichtigung von 198 € Verpflegungsmehraufwand für die Reise nach ... mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 716 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der Revision rügen die Kläger die unzutreffende Anwendung des § 3c i.V.m. § 8 Abs. 1 sowie des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
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das Urteil des Niedersächsischen FG vom 2. September 2009 7 K 303/06 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2004 in der Weise zu ändern, dass weitere Werbungskosten für Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 198 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG nicht abziehbare Werbungskosten. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen. Auf die konkrete Verpflegungssituation kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob dem Kläger überhaupt ein Mehraufwand bei seiner Verpflegung entstanden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Dezember 2007 VI R 73/06, BFH/NV 2008, 936).
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2. Nach § 3c EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Zu diesen steuerfreien Einnahmen gehören dem Grunde nach auch Reisekostenvergütungen und Trennungsgelder i.S. des § 3 Nr. 13 EStG. Der Abzug der Werbungskosten ist nach § 3c EStG aber nur insoweit ausgeschlossen, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer steuerfreie Reisekostenvergütungen tatsächlich gewährt, d.h. ausgezahlt hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 936).
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3. Nach diesen Grundsätzen sind Verpflegungsmehraufwendungen des Klägers in Höhe von 213,60 € als Werbungskosten mindernd zu berücksichtigen. Denn den gesetzlichen Pauschalen in Höhe von 240 € (2 x 12 € für die An- und Abreisetage sowie 9 x 24 € für die verbleibenden Tage) stehen steuerfreie Einnahmen in Höhe von 26,40 € (2,40 € x 11 Tage) gegenüber. Lediglich in dieser Höhe hat der Kläger steuerfreie Reisekostenvergütungen von seinem Dienstherrn erhalten.
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Weitergehende steuerfreie Einnahmen sind dem Kläger nicht zugeflossen. Dies gilt insbesondere für den einbehaltenen Teil des Trennungsreisegeldes. Denn entgegen der Auffassungen des FG und des FA ordnet § 12 Abs. 1, 2 des Bundesreisekostengesetzes i.V.m. § 3 Abs. 1 der Trennungsgeldverordnung jeweils in der im Streitjahr gültigen Fassung nicht die Verrechnung von Ansprüchen an. Die Vorschrift wirkt vielmehr einer Doppelabfindung (Natural- und Geldleistung) durch einseitige Kürzung des Tagegeldanspruchs entgegen.
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Auch die dem Kläger gewährte Gemeinschaftsverpflegung steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen. Die unentgeltliche Verpflegung ist keine steuerfreie, sondern regelmäßig mangels einer Steuerbefreiungsnorm eine steuerbare und steuerpflichtige Einnahme.
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4. Der Senat kann mangels Feststellungen des FG jedoch nicht beurteilen, ob die bereitgestellte Gemeinschaftsverpflegung beim Kläger zutreffend behandelt worden ist. Das FG hat bisher weder festgestellt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Dienstherr des Klägers die Mahlzeitengestellung als Sachbezug der Lohnsteuer unterworfen, noch ob der Dienstherr die Sachbezüge eventuell selbst pauschal versteuert hat.
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5. Im zweiten Rechtsgang hat das FG die entsprechenden Feststellungen nachzuholen. Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Mahlzeiten noch (teilweise) versteuern muss, so ist der Bruttoarbeitslohn um den Sachbezugswert zu erhöhen. Dieser ist vorliegend mit den amtlichen Werten der Sachbezugsverordnung zu bewerten (§ 8 Abs. 2 Sätze 6, 7 EStG). Denn die Truppenverpflegung ist als Art der Verköstigung durch die Sachbezugsverordnung sowie die ihr zu Grunde liegende Verordnungsermächtigung erfasst (vgl. BFH-Urteile vom 19. August 2004 VI R 33/97, BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076; vom 6. Februar 1987 VI R 24/84, BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355). Die Kosten einer Truppenverpflegung sind --anders als die Kosten für Hotel- oder Gaststättenbesuche (s. dazu BFH-Urteil vom 19. November 2008 VI R 80/06, BFHE 223, 410, BStBl II 2009, 547)-- vergleichbar mit denen, die das Statistische Bundesamt zur Ermittlung der amtlichen Sachbezugswerte als Kosten für Nahrungs- und Genussmittel ermittelt hat (BRDrucks 509/77, S. 6).
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