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BFH 03.11.2010 - X S 28/10
BFH 03.11.2010 - X S 28/10 - Wirkungen der Aufteilung einer Steuerschuld - Anforderungen an die Begründung einer Anhörungsrüge - Rechtliches Gehör - Keine mündliche Verhandlung im NZB-Verfahren
Normen
§ 133a Abs 2 S 5 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 268 AO, § 270 AO, §§ 268ff AO, § 44 Abs 1 AO, § 96 Abs 2 FGO, § 90 FGO, § 116 Abs 5 FGO, § 96 Abs 1 S 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend BFH, 19. Juli 2010, Az: X B 21/10, Beschluss
Leitsatz
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NV: Die Aufteilung einer Steuerschuld berührt weder den Einkommensteuerbescheid noch die Gesamtschuldnerschaft der zusammen veranlagten Ehegatten. Die Steuerschuld wird auch nicht in Teilschulden in der Weise aufgeteilt, dass nachträglich getrennte Veranlagungen durchgeführt und Teilsteuern festgesetzt werden. Vielmehr wird allein für Zwecke der Vollstreckung eine fiktive getrennte Veranlagung durchgeführt und so erreicht, dass jeder Gesamtschuldner nur noch mit dem Steuerbetrag in Anspruch genommen wird, der seinem Anteil am zusammen veranlagten Einkommen entspricht .
Tatbestand
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I. Mit Beschluss vom 19. Juli 2010 X B 21/10 hat der Senat die Beschwerde der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Rügeführer) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg 15 K 7377/05 B als unbegründet zurückgewiesen.
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Mit Schriftsätzen vom 30. August 2010 bzw. 3. September 2010 wenden sich die Rügeführer gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2010 mit einer Anhörungsrüge gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) und dem Antrag "das Verfahren fortzuführen".
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Die Rügeführer machen die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Sie tragen vor, der Senat habe nicht vorab dargelegt, dass er beabsichtige, von der ordnungsgemäßen Besetzung des erstinstanzlichen Gerichts auszugehen und dem Umstand, dass ein "Richter am Verwaltungsgericht" an der Entscheidung mitgewirkt habe, keinerlei Bedeutung beimesse, da es sich hierbei nur um einen Titel handele. Hätte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Überlegungen zuerst offengelegt, hätten die Rügeführer darauf hingewiesen, dass es sich nach deutschem Sprachgebrauch und dem Verständnis aller billig und gerecht Denkenden bei der Bezeichnung eines mitwirkenden Richters am Urteil des FG als Richter am Verwaltungsgericht nicht um den Hinweis auf einen Titel, sondern um eine Lüge handele. Damit stehe fest, dass das FG nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Zudem habe das FG die diversen Beweisanträge ohne vorherige Ankündigung ignoriert und der BFH habe daraus nicht die notwendigen Konsequenzen (Aufhebung des verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen FG-Urteils) gezogen, da auch von einem Rügeverzicht nicht ausgegangen werden könne. Zudem habe sich der BFH im Beschluss vom 19. Juli 2010 nicht zum Zustandekommen der tatsächlichen Verständigung bzw. deren Unzulässigkeit geäußert. Schließlich habe der Senat auch nicht andeutungsweise berücksichtigt, dass in den angefochtenen Steuerbescheiden die Rügeführer als Gesamtschuldner in Anspruch genommen worden seien, obwohl die Rügeführerin durch den Aufteilungsbescheid des Beklagten, Beschwerdegegners und Rügegegners (Finanzamt) aus der Haftung für die Schulden ihres Ehemannes entlassen worden sei. Zwischenzeitlich seien neue Einkommensteuerfestsetzungen ergangen, nach denen die Rügeführerin wiederum mithafte und gegen die deshalb vorsorglich erneut Klage erhoben werden müsse.
Entscheidungsgründe
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II. Die Anhörungsrüge führt nicht zum Erfolg.
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1. Die gemäß § 133a FGO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO entspricht.
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Nach dieser Bestimmung muss in der Anhörungsrüge --und zwar innerhalb der Frist des § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO-- "dargelegt" werden, dass die Voraussetzungen des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO vorliegen. Eine Darlegung, die schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im Sinne von "erläutern" und "erklären" zu verstehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Januar 1968 V B 45/67, BFHE 90, 369, BStBl II 1968, 98; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 1995 9 B 362/95, Neue Juristische Wochenschrift 1996, 1554, m.w.N.), verlangt in diesem Zusammenhang die schlüssige, substantiierte und nachvollziehbare Darstellung, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen der Rügeführer sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (hier dem Beschwerdeverfahren X B 21/10) nicht habe äußern können, welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe und woraus der Rügeführer dies meint folgern zu können (z.B. BFH-Beschluss vom 26. November 2008 VII S 28/08, BFH/NV 2009, 409; vgl. auch z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 133a Rz 12, m.w.N.). Denn so wie das Darlegungserfordernis nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dazu führt, dass hinsichtlich aller Revisionszulassungsgründe auch Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit des Beschwerdevorbringens zu stellen sind (vgl. im Einzelnen BFH-Beschluss vom 23. Juli 2008 VI B 78/07, BFHE 222, 54, BStBl II 2008, 878), verlangt auch die in § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO geforderte Darlegung, dass derartige Mindestanforderungen an die Ausführungen zur Begründung einer Anhörungsrüge erfüllt werden (BFH-Beschluss vom 11. März 2009 VI S 2/09, BFH/NV 2009, 1131).
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Daran fehlt es im Streitfall. Die Rügeführer tragen zunächst vor, der Senat habe ihnen nicht vor der Beschlussfassung am 19. Juli 2010 mitgeteilt, dass er von einer ordnungsgemäßen Besetzung des erstinstanzlichen Gerichts ausgehe. Ein Gehörverstoß wird damit jedoch nicht behauptet. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen sich dabei jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung auseinanderzusetzen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt auch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder einen Hinweis auf seine Rechtsauffassung gibt (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2006 II S 13/06, BFH/NV 2007, 930). Im Übrigen ist es die Aufgabe der Rügeführer, sämtliche Zulassungsgründe innerhalb der Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 FGO umfassend darzulegen; im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 59). Auch das weitere Vorbringen der Rügeführer, der BFH habe verkannt, dass das FG zu Unrecht den Beweisanträgen nicht entsprochen habe, lässt nicht erkennen, welches Vorbringen der Rügeführer nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Das Gericht ist lediglich ihrer Rechtsansicht nicht gefolgt. Dadurch wird der Anspruch auf rechtliches Gehör jedoch nicht verletzt. Entsprechendes gilt für die Rüge im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verständigung.
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2. Die Anhörungsrüge wäre aber auch unbegründet, denn die Rügeführer zielen mit ihren Ausführungen im Kern gegen die Richtigkeit der Beschwerdeentscheidung. Mit diesem Vorbringen können sie im Rahmen des § 133a FGO jedoch nicht gehört werden. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die Richtigkeit einer Entscheidung im Revisionszulassungsverfahren zu überprüfen.
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3. Im Übrigen weist der Senat auf Folgendes hin: Die Aufteilung einer Steuerschuld berührt weder die streitigen Einkommensteuerbescheide noch die Gesamtschuldnerschaft der Rügeführer, die ausweislich der Feststellungen des FG, an die der angerufene Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, zusammen veranlagt wurden. Die Steuerschuld wird auch nicht in Teilschulden in der Weise aufgeteilt, dass nachträglich getrennte Veranlagungen durchgeführt und Teilsteuern festgesetzt werden (Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 268 AO Rz 4). Vielmehr wird hinsichtlich der rückständigen Steuer allein für Zwecke der Vollstreckung eine fiktive getrennte Veranlagung durchgeführt und so erreicht, dass jeder der Gesamtschuldner nur noch mit dem Steuerbetrag in Anspruch genommen wird, der seinem Anteil am zusammen veranlagten Einkommen entspricht.
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4. Die Gerichtskosten richten sich nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz i.d.F. des Anhörungsrügengesetzes (GKG) vom 9. Dezember 2004 --BGBl I 2004, 3220-- (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Es fällt eine Festgebühr von 50 € an.
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