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BFH 31.08.2010 - VIII R 36/08
BFH 31.08.2010 - VIII R 36/08 - Wirkungsloser Verzicht auf mündliche Verhandlung - Auslegung und Wirkung der Verzichtserklärung
Normen
§ 90 Abs 2 FGO, § 119 Nr 4 FGO, § 4 Abs 4 EStG 1997
Vorinstanz
vorgehend FG Bremen, 16. März 2007, Az: 1 K 422/02 (3), Urteil
Leitsatz
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1. Ein vom Kläger erklärter Verzicht auf mündliche Verhandlung wird wirkungslos, wenn das FG einen Erörterungstermin anberaumt und das persönliche Erscheinen des Klägers anordnet. Das FG darf danach nur dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Beteiligten erneut darauf verzichten .
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2. Bittet der Kläger wegen fehlender finanzieller Mittel für die Anreise um Entscheidung im schriftlichen Verfahren und beantragt er zugleich die Gewährung von PKH, so handelt es sich nicht um einen unbedingten Verzicht auf mündliche Verhandlung i.S. von § 90 Abs. 2 FGO .
Tatbestand
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I. In seiner Einkommensteuererklärung für 1997 machte der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit als Lehrbeauftragter mehrerer privat- und öffentlich-rechtlicher Bildungsträger u.a. Betriebsausgaben für Bewerbungskosten (30 Bewerbungen x 50 DM), Fahrtkosten in Höhe von 28.149,16 DM sowie Kosten der Rückmeldung für die Einschreibung als Student der Rechtswissenschaften an der Universität ... (306 DM) geltend.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte von den erklärten Aufwendungen nur die Kosten der Rückmeldung als Sonderausgaben, weil die Aufwendungen für Bewerbungs- und Fahrtkosten nicht nachgewiesen worden seien.
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Mit der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrte der Kläger den Abzug der Bewerbungskosten, der Fahrtkosten zu den Fortbildungsstätten Universität ... und Industrie- und Handelskammer ... sowie zu dem Messebesuch ... (ganztägiger Besuch mit einem von ihm betreuten Lehrgang von Jugendlichen), der Rückmeldungskosten für sein Studium an der Universität ..., der sonstigen Aufwendungen für Arbeitsmittel als Betriebsausgaben sowie den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für 252 Tage. Auch die bis dahin nicht geltend gemachten Aufwendungen für den Tagesausweis der ... Messe (28 DM) seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
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Auf Anforderung des Finanzgerichts (FG) legte er zur Erläuterung der Bewerbungsaufwendungen eine detaillierte Kostenaufstellung für eine einzelne Bewerbung (Kosten für Bewerbungsmappe, Sichthüllen, Kopien, Bewerbungsfoto, Material für Lebenslauf, Briefumschlag, Porto) vor und machte geltend, der sich daraus ergebende Gesamtaufwand von 52,45 DM sei für jede der bereits mit Schriftsatz vom 1. September 2000 konkret bezeichneten 30 Bewerbungen entstanden. Auch zu den übrigen Streitpunkten trug er mehrfach umfangreich vor.
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Abschließend hat der vor dem FG unvertretene Kläger in seinen schriftlichen Stellungnahmen um gerichtlichen Hinweis gebeten, soweit das Gericht weiteren Vortrag oder die Vorlage weiterer Unterlagen für erforderlich halte.
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Auf die schriftlichen Stellungnahmen des Klägers hat das FA während des Klageverfahrens die Steuer durch --zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen-- Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2004 unter Ansatz eines Teils der streitigen Betriebsausgaben (Bewerbungs-, Fahrt- und Arbeitsmittelaufwendungen) herabgesetzt. Zugleich berücksichtigte es die Aufwendungen für das Studium nicht mehr als Sonderausgabe in Höhe von 306 DM, sondern nur im Umfang des Sonderausgaben-Pauschbetrags von 108 DM.
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Mit Verfügung vom 16. November 2000 bat das FG die Beteiligten u.a. um Mitteilung, ob sie
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- mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--)
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- mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO)
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einverstanden seien.
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Eine entsprechende Einverständniserklärung gab der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2000 ab. Das FA verzichtete ebenfalls auf mündliche Verhandlung.
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Nachdem die Beteiligten in der Folgezeit umfangreiche Schriftsätze ausgetauscht und über vorgelegte Belege des Klägers unterschiedliche Auffassungen geäußert hatten, lud der Berichterstatter des FG die Beteiligten zu einem Erörterungstermin am 16. Januar 2002 und ordnete das persönliche Erscheinen des Klägers an. Daraufhin bat der Kläger um Aufhebung des Termins und Entscheidung im schriftlichen Verfahren, weil er seit Oktober 2001 vom Sozialamt Hilfe zum Lebensunterhalt beziehe und deshalb nicht über die finanziellen Mittel für die Fahrtkosten und entstehenden Gerichtskosten im Zusammenhang mit dem Erörterungstermin verfüge. Zugleich beantragte er unter Vorlage des Sozialhilfebescheids Prozesskostenhilfe (PKH).
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Daraufhin hob der Berichterstatter des FG den Termin mit der Begründung auf, nach dem Vortrag des Klägers sei anzunehmen, dass dieser zum Termin nicht erscheinen werde. Zwei Jahre später teilte er dem FA mit, der Kläger habe auf erneute telefonische Anfrage erklärt, nicht zu einem Erörterungstermin bereit zu sein und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu erbitten.
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Nachdem der Kläger mit Schriftsätzen vom 16. November 2004, vom 24. November 2005 und vom 9. Februar 2006 um Beiordnung eines Fachanwalts für Steuerrecht zur Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme sowie um gerichtlichen Hinweis zur eventuellen Notwendigkeit weiteren Vortrags oder Beweisantritts gebeten hatte, lehnte das FG das PKH-Begehren mit Beschluss vom 16. März 2007 wegen fehlender Erfolgsaussichten der Klage im maßgeblichen Zeitpunkt des Antragseingangs ab. Zugleich wies es die Klage als unbegründet ab, soweit sie nicht nach Maßgabe des Änderungsbescheids vom 25. Oktober 2004 von den Beteiligten in der Hauptsache sinngemäß für erledigt erklärt worden war.
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Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des Verfahrensrechts.
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Das FG habe seine Hinweispflichten und im Übrigen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt.
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Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Das FA bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Gründe des FG-Urteils. Das angefochtene Urteil sei im Übrigen verfahrensfehlerfrei zustande gekommen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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1. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensfehler, weil der Kläger vor dem FG "nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war" (§ 119 Nr. 4 FGO).
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Verfahrensmangel im Sinne der vorgenannten Vorschrift u.a. dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Entscheidung des FG ohne mündliche Verhandlung nach § 90 Abs. 1 und 2 FGO nicht gegeben sind (vgl. BFH-Urteile vom 4. November 1992 X R 7/92, BFH/NV 1993, 372, und vom 5. Juli 1995 X R 39/93, BFHE 178, 301, BStBl II 1995, 842, jeweils m.w.N.). Das Fehlen dieser Voraussetzungen hat der Kläger im Streitfall zu Recht geltend gemacht.
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aa) Das angefochtene Urteil ist i.S. des § 119 Nr. 3 und Nr. 4 FGO verfahrensfehlerhaft, weil es im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an einem klar, eindeutig und vorbehaltlos erklärten Einverständnis des Klägers zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung fehlte (vgl. dazu BFH-Urteil vom 1. Oktober 1970 V R 115/67, BFHE 100, 432, BStBl II 1971, 113; BFH-Beschlüsse vom 6. April 2005 IX B 154/04, BFH/NV 2005, 1352; vom 9. Januar 2006 XI B 176/04, BFH/NV 2006, 1105).
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(1) Zum einen konnte das FG im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht mehr von einem Verzicht des Klägers auf mündliche Verhandlung auf der Grundlage seines vorbehaltlos erklärten Einverständnisses vom 22. Dezember 2000 ausgehen.
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Dieses Einverständnis hatte nämlich durch die Anberaumung des Erörterungstermins und die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers im Januar 2002 seine prozessrechtliche Wirkung verloren. Eine Verzichtserklärung wird wirkungslos, wenn das Gericht selbst den Beteiligten gegenüber zum Ausdruck bringt, dass es eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung allein durch den früher erklärten Verzicht nicht mehr für hinreichend legitimiert ansieht. So verbraucht sich der erklärte Verzicht durch eine erneute Anfrage des Gerichts und deren Ablehnung durch die Beteiligten (BFH-Urteil vom 29. April 1999 V R 102/98, BFH/NV 1999, 1480) ebenso wie durch einen sich an einen früheren Verzicht anschließenden Auflagebeschluss (BFH-Urteil vom 5. März 1986 I R 28/81, BFH/NV 1987, 651).
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Diese einschränkende Auslegung der Verzichtserklärung und die Beschränkung ihrer Wirkung bis zur nächsten, eine Sachentscheidung vorbereitenden Entscheidung des FG --wie hier der Anberaumung eines Erörterungstermins unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beteiligten--, ist aufgrund der besonderen Interessenlage der Beteiligten geboten (BFH-Urteil vom 9. August 1996 VI R 37/96, BFHE 181, 115, BStBl II 1997, 77). Denn der Verzicht hat für die Beteiligten weitreichende Folgen, weil er als Prozesshandlung nach der Rechtsprechung des BFH nicht wegen Irrtums anfechtbar und auch nicht frei widerrufbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juni 1967 II 73/63, BFHE 90, 82, BStBl III 1967, 794; vom 26. November 1970 IV R 131/69, BFHE 101, 61, BStBl II 1971, 241; vom 4. April 1974 V R 161/72, BFHE 112, 316, BStBl II 1974, 532; BFH-Beschluss vom 7. Februar 1990 III R 101/87, BFH/NV 1991, 402; für eine Zulässigkeit des Widerrufs bei wesentlicher Änderung der Prozesslage: BFH-Urteil vom 6. April 1990 III R 62/89, BFHE 160, 405, BStBl II 1990, 744).
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Danach ist die Einverständnis- oder Verzichtserklärung nur auf die nächste Sachentscheidung durch den Spruchkörper zu beziehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 115, BStBl II 1997, 77; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 128 Rz 60; Stelkens in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 6 Rz 10; Rößler, Deutsche Steuer-Zeitung 1996, 191). Für das weiter gehende Verfahren ist dann zum Schutz der Prozessbeteiligten entweder ein weiterer Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung einzuholen oder eine mündliche Verhandlung anzuberaumen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. März 2005 X B 182/03, BFH/NV 2005, 1068, m.w.N.; anderer Ansicht --kein Verbrauch des Verzichts-- Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 90 FGO Rz 64; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90 FGO Rz 13; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 90 Rz 15).
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Ist eine Verzichtserklärung nach den vorstehenden Maßstäben wirkungslos geworden, ist eine gleichwohl ohne mündliche Verhandlung ergehende Entscheidung als verfahrensfehlerhaft i.S. des § 119 Nr. 4 FGO aufzuheben (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1480; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1068).
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(2) Zum anderen kann in der Erklärung des Klägers anlässlich seiner Ladung zum Erörterungstermin vom 16. Januar 2002, er bitte um "Entscheidung im schriftlichen Verfahren", kein (erneuter) Verzicht auf mündliche Verhandlung gesehen werden.
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Insoweit fehlt es schon an einem vorbehaltlos erklärten Einverständnis des Klägers (vgl. dazu BFH-Entscheidungen in BFHE 100, 432, BStBl II 1971, 113; in BFH/NV 2005, 1352; in BFH/NV 2006, 1105). Vielmehr ergibt sich unmittelbar aus der Begründung für diese Bitte, dass sie ausschließlich durch die Mittellosigkeit des Klägers im Zusammenhang mit seiner Sozialhilfeabhängigkeit bedingt war.
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Der Kläger hat nämlich seine Bitte um "Entscheidung im schriftlichen Verfahren" ersichtlich mit seiner im Zeitpunkt des Verzichts gegebenen Einkommens- und Vermögenssituation und der sich daraus ergebenden Schwierigkeit verknüpft, die Kosten für eine Teilnahme an einer Verhandlung aufzubringen.
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Eine solche Verknüpfung mit bestimmten Umständen der für den Streitfall erheblichen Sach- und Rechtslage gilt nach der Rechtsprechung als Verzicht unter Vorbehalt und damit als unwirksame Verzichtserklärung i.S. des § 90 FGO (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1998 VIII R 67/96, BFH/NV 1999, 497 zu einem Verzicht "nach dem derzeitigen Verfahrensstand"). Für eine entsprechende Verknüpfung mit anderen Umständen, wie hier der fehlenden Fähigkeit, nach den persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Kosten einer Teilnahme an einer Erörterung oder mündlichen Verhandlung nicht tragen zu können, kann nichts anderes gelten.
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bb) Im Übrigen hätte das FG selbst bei unterstellter Wirksamkeit der Verzichtserklärung des Klägers von dem ihm zustehenden Ermessen bei der Entscheidung über die Durchführung oder Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung (BFH-Beschluss vom 8. Juni 1994 IV R 9/94, BFH/NV 1995, 129; BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1480) nach den Umständen des Streitfalles in der Weise Gebrauch machen müssen, dass es sein Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung getroffen hätte.
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(1) Allerdings kann das Gericht grundsätzlich nach seinem Ermessen uneingeschränkt auf der Grundlage eines Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, ohne allein dadurch Verfahrensrechte der Beteiligten zu verletzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 2001 III B 66/01, BFH/NV 2002, 517; vom 26. April 2004 VII B 36/04, juris; Stöcker in Beermann/Gosch, FGO § 90 Rz 46, m.w.N.).
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(2) Die Pflicht des FG, im Streitfall das ihm zustehende Ermessen bei der Entscheidung über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zugunsten einer solchen Verhandlung auszuüben, folgt indessen aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens als Ausfluss des Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 12. September 1991 X R 38/91, BFH/NV 1992, 50) wie auch aus seiner Pflicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 76 FGO) sowie gegenüber den Beteiligten, insbesondere wenn sie wie der Kläger unvertreten sind, unter Berücksichtigung ihrer Mitwirkungspflichten prozessfördernde Hinweise gemäß § 96 FGO zu geben.
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Nach ständiger Rechtsprechung entbindet nämlich der Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung das Gericht nicht von der im Einzelfall gebotenen Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2007 IV B 73/05, BFH/NV 2007, 1106, m.w.N.).
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Geht das Gericht wie im Streitfall ausweislich der Anberaumung des Erörterungstermins und Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers im Anschluss an einen intensiven und detailbezogenen Schriftsatzaustausch der Beteiligten zu den einzelnen Streitpunkten eines Verfahrens ersichtlich von der Notwendigkeit einer gerichtlichen Erörterung mit den Beteiligten aus, so reduziert sich sein Ermessen, über den Rechtsstreit aufgrund eines Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, auf Null.
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(3) Dem steht die Bitte des Klägers anlässlich der Ladung zum Erörterungstermin, wegen seiner Sozialhilfeabhängigkeit im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, nicht entgegen.
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Sie bedeutet nämlich keine Weigerung des Klägers, an der weiteren Sachaufklärung mitzuwirken, sondern beruhte ersichtlich auf den durch seine Sozialhilfeabhängigkeit bedingten Schwierigkeiten, die Kosten für die Teilnahme an einer Verhandlung vor dem FG aufzubringen.
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Dieses Hindernis hätte das FG im Übrigen durch Bewilligung der zeitgleich beantragten PKH nach Maßgabe des § 114 der Zivilprozessordnung i.V.m § 142 FGO ausräumen können. Die Auffassung des FG in seinem erst fünf Jahre nach Antragstellung --zeitgleich mit dem angefochtenen Urteil-- gefassten Ablehnungsbeschluss, im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife (vgl. Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 14. Juni 2006 2 BvR 626/06, 2 BvR 656/06, Kammerentscheidungen des BVerfG 8, 213) habe das Rechtsschutzbegehren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt, steht im Widerspruch dazu, dass für die "hinreichende Erfolgsaussicht" schon eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 2001 X B 122/00, BFH/NV 2001, 1598; vom 17. Januar 2006 VIII S 6/05 (PKH), BFH/NV 2006, 801) und deshalb bei der Prüfung der Erfolgsaussichten keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind.
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Dürfen danach im PKH-Verfahren keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- oder Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VII S 13/01, BFH/NV 2002, 692; ferner Kammerbeschlüsse des BVerfG vom 13. Juli 2005 1 BvR 175/05, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2005, 3489; vom 26. Juni 2003 1 BvR 1152/02, NJW 2003, 3190, jeweils m.w.N.), so hätte angesichts der Anberaumung des Erörterungstermins sowie der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers und damit angesichts des ersichtlich vom FG bejahten Aufklärungsbedarfs eine Bewilligung von PKH nahe gelegen.
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2. Aufgrund des Verfahrensfehlers ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Der Verfahrensfehler ist ein absoluter Revisionsgrund, bei dem gemäß § 119 Nr. 4 FGO davon auszugehen ist, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. Eine Sachentscheidung ist dem erkennenden Senat verwehrt (s. BFH-Urteile vom 5. November 1991 VII R 64/90, BFHE 166, 415, BStBl II 1992, 425, und vom 22. Juni 1993 VIII R 16/92, juris; vom 9. Januar 1997 VII R 17/96, BFH/NV 1997, 507; vom 18. Februar 1999 I R 127-129/97, BFH/NV 1999, 1464). Im Hinblick darauf kann der Senat dahinstehen lassen, ob die angefochtene Entscheidung im Übrigen verfahrensfehlerfrei ist.
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