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BFH 11.08.2010 - VI B 143/09
BFH 11.08.2010 - VI B 143/09 - (Zustimmung zur Fortsetzung eines Verwaltungsverfahrens nach Zuständigkeitswechsel - Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO - Rechtsschutz gegen behördeninterne Vorbereitungsmaßnahmen)
Normen
Art 19 GG, Art 103 GG, § 26 AO, § 42e EStG 2002, § 115 Abs 2 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 41 FGO, § 118 S 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 7. Oktober 2009, Az: 4 K 119/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Zustimmung des zuständigen Finanzamtes zur Fortsetzung eines Verwaltungsverfahrens durch das bisher zuständige Finanzamt nach § 26 Satz 2 AO ist kein Verwaltungsakt (hier Lohnsteuer-Außenprüfung) und damit nicht rechtsbehelfsfähig .
Tatbestand
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I. Streitig war im finanzgerichtlichen Ausgangsverfahren, ob die Zustimmung des zuständigen Finanzamts zur Fortführung einer Lohnsteueraußenprüfung durch das bisher zuständige Finanzamt ein Verwaltungsakt ist.
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Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater und betreibt in A, in B und in C selbständige Steuerberaterpraxen. Das Finanzamt B erließ im März 2006 eine Prüfungsanordnung für eine Lohnsteuer-Außenprüfung in der lohnsteuerrechtlichen Betriebsstätte in B. Klage und Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Prüfungsanordnung blieben erfolglos.
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Ab Frühjahr 2007 war aufgrund von Organisationsmaßnahmen des Klägers nur noch A lohnsteuerrechtliche Betriebsstätte. Auf die Bitte des Finanzamts B als bisher zuständiges Finanzamt stimmte das nunmehr zuständig gewordene Finanzamt (FA) A, der Durchführung bzw. Fortsetzung der angeordneten Lohnsteuer-Außenprüfung zu (§ 26 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--). Gegen diese Zustimmung legte der Kläger Einspruch ein, welcher vom FA als unzulässig verworfen wurde. Die daraufhin erhobene Klage blieb ebenfalls erfolglos. Die Revision ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
Entscheidungsgründe
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II. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde den Begründungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, denn sie ist jedenfalls unbegründet. Weder liegen Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor, noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu. Darüber hinaus ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
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1. Soweit der Kläger rügt, dass das FG-Urteil unter grundsätzlichen Verfahrensmängeln leide, ist seine Beschwerde unbegründet. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Keine Verfahrensfehler im Sinne dieser Zulassungsnorm sind hingegen Fehler, die dem FA im Besteuerungsverfahren oder im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren unterlaufen sind (BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 2003 III B 135/03, BFH/NV 2004, 339; vom 21. Juni 2001 XI B 26/01, BFH/NV 2001, 1444).
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Dem FG sind demnach keine Verfahrensfehler in diesem Sinne unterlaufen. Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen mögliche Fehler des FA. Das FG selbst hat dem Kläger rechtliches Gehör vor Erlass des Urteils gewährt. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch, der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222). Selbst wenn also das FA verpflichtet gewesen sein sollte, den Kläger vor Erteilung der Zustimmung anzuhören, führt dies jedenfalls nicht zu einem Verfahrensfehler des FG.
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2. Macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage auch klärungsbedürftig sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Letzteres trifft nur dann zu, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es hingegen, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und der Sinnhaftigkeit des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O.).
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Nach diesen Maßstäben ist die Klärungsbedürftigkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen zu verneinen.
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Die Klägerin hält nachfolgende Fragestellungen für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig:
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- "Stellt die Erteilung einer Zustimmung eines Finanzamtes gemäß § 26 AO einen Verwaltungsakt dar, und rechtfertigt damit auch einen Einspruch gemäß § 347 Abs. 1 S. 2 AO, analog der Entscheidung des BFH zur Anrufungsauskunft (BFH vom 30.04.2009, VI R 54/07, DStR 2009 S. 1582), die einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt darstellt?
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- Liegt eine Bindungswirkung der Zustimmungserklärung des Finanzamtes analog der Rechtsprechungsänderung zur Anrufungsauskunft gemäß § 42 e EStG vor (BFH vom 30.04.2009, VI R 54/07, DStR 2009 S. 1582)?
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- Ist die Durchführung eines Einspruchsverfahrens deshalb, weil ein Verwaltungsakt vorliegt, zulässig?
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- Ist die Zustimmungserklärung nach § 26 S. 2 AO ein innerbetrieblicher Vorgang mit Außenwirkung und damit ein rechtsbehelfsfähiger Verwaltungsakt, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist?"
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Die o.a. Streitfragen sind nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes offenkundig im Sinne der von der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassung zu beantworten. Das FG hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die Zustimmung i.S. des § 26 Satz 2 AO kein Verwaltungsakt und damit nicht rechtsbehelfsfähig ist. Zu Recht verweist das FG auch auf die einhellige --den Verwaltungsakt verneinende-- Meinung in der Literatur. Es handelt sich um einen behördeninternen Vorgang, der keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen entfaltet. Er dient der Vorbereitung einer Sachentscheidung und hat selbst keinen Regelungsgehalt. Der Einspruch gegen die Zustimmung nach § 26 Satz 2 AO ist mangels Verwaltungsakts nicht statthaft (vgl. zum wortgleichen § 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 1985 8 C 25/84, BVerwGE 71, 63 (72)). Anders als bei der Anrufungsauskunft im Lohnsteuerverfahren ist der Steuerpflichtige zudem nicht Adressat der Erklärung. Dies ist das Finanzamt, welches ein Verwaltungsverfahren fortsetzen möchte. Eine Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Zustimmung ist auch nicht wegen Art. 19 GG geboten. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, Fehler der Zuständigkeit im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den folgenden Verwaltungsakt, wegen vermeintlicher Unzuständigkeit, geltend zu machen. Vorliegend kann der Kläger seine Einwände gegen die Zuständigkeit des FA gegen die aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung zu erlassenen Nachforderungs- oder Haftungsbescheide geltend machen (so auch FG München, Urteil vom 20. November 2002 1 K 5467/01, juris; FG Hamburg, Urteil vom 13. Februar 1984 VI 85/81, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, S. 3).
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3. Auch die Divergenzrüge des Klägers bleibt ohne Erfolg. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Für eine schlüssige Divergenzrüge ist überdies weiterhin auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, unter 2.a und b der Gründe, m.w.N.).
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Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Es fehlt sowohl am vergleichbaren Sachverhalt als auch an der identischen Rechtsfrage. In dem vom Kläger als Divergenzentscheidung benannten Urteil des BFH hat dieser entschieden, dass die einem Arbeitgeber erteilte Anrufungsauskunft nach § 42e des Einkommensteuergesetzes ein Verwaltungsakt ist. Die sich vorliegend stellende Frage betrifft den Zuständigkeitswechsel nach § 26 AO. Es sind daher unterschiedliche Rechtsfragen betroffen. Dies schließt eine mögliche Divergenz aus.
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4. Soweit der Kläger zahlreiche Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung relevant sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
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5. Im Hinblick auf die Rüge des Klägers, dass das FG ihm keinen Rechtsschutz nach § 41 FGO gewährt habe, ist kein Revisionszulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO benannt worden. Ob die Gehörsrüge in Betracht zu ziehen sein könnte, kann dahinstehen, da die Rüge in der Sache unbegründet ist. Die Klage vor dem FG wäre nicht als Feststellungsklage i.S. des § 41 FGO zulässig gewesen. Dem Kläger hätte das nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO erforderliche Feststellungsinteresse gefehlt. Wendet sich der Steuerpflichtige gegen eine behördeninterne Vorbereitungsmaßnahme zum Erlass eines Verwaltungsaktes, die nicht als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt anzusehen ist, so kann er seine Rechte im nachfolgenden Steuerfestsetzungsverfahren durch eine Anfechtungsklage verfolgen. Diese Möglichkeit schließt nach der Rechtsprechung des BFH das Feststellungsinteresse aus (vgl. Urteil vom 10. November 1998 VIII R 3/98 BFHE 187, 386, BStBl II 1999, 199, m.w.N.).
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