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EuGH 23.05.2019 - C-634/17
EuGH 23.05.2019 - C-634/17 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 23. Mai 2019 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Verbringung von Abfällen innerhalb der Europäischen Union – Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 – Art. 1 Abs. 3 Buchst. d – Geltungsbereich – Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 – Verbringung tierischer Nebenprodukte“
Leitsatz
In der Rechtssache C-634/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Oldenburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 7. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2017, in dem Verfahren
ReFood GmbH & Co. KG
gegen
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter C. Lycourgos (Berichterstatter), E. Juhász, M. Ilešič und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der ReFood GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt J. T. Gruber,
der niederländischen Regierung, vertreten durch M. H. S. Gijzen und M. K. Bulterman als Bevollmächtigte,
der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Farrell, M. Noll-Ehlers, E. Sanfrutos Cano und L. Haasbeek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Januar 2019
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1, Berichtigungen ABl. 2008, L 318, S. 15 und ABl. 2013, L 334, S. 46).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ReFood GmbH & Co. KG und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Deutschland) über die Rechtmäßigkeit einer Verbringung tierischer Nebenprodukte aus den Niederlanden nach Deutschland.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1013/2006
Der elfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 lautet:
„Redundanz mit der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte [(ABl. 2002, L 273, S. 1]), die bereits Bestimmungen zur gesamten Sendung, Kanalisierung und Verbringung (Einsammlung, Beförderung, Behandlung, Verarbeitung, Nutzung, Verwertung oder Beseitigung, Aufzeichnungen, Begleitpapiere und Rückverfolgbarkeit) von tierischen Nebenprodukten in der, in die und aus der Gemeinschaft enthält, muss vermieden werden.“
Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor:
„(1) In dieser Verordnung werden Verfahren und Kontrollregelungen für die Verbringung von Abfällen festgelegt, die von dem Ursprung, der Bestimmung, dem Transportweg, der Art der verbrachten Abfälle und der Behandlung der verbrachten Abfälle am Bestimmungsort abhängen.
(2) Diese Verordnung gilt für die Verbringung von Abfällen:
zwischen Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft …
…
(3) Diese Verordnung gilt nicht für
…
Verbringungen, die unter die Zulassungsanforderungen der Verordnung … Nr. 1774/2002 fallen;
…“
Art. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
‚Abfälle‘ Abfälle im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2006/12/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle (ABl. 2006, L 114, S. 9)];
…“
Art. 3 („Allgemeiner Verfahrensrahmen“) dieser Verordnung sieht vor:
„(1) Die Verbringung folgender Abfälle unterliegt dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung im Sinne der Bestimmungen dieses Titels:
falls zur Beseitigung bestimmt:
alle Abfälle;
falls zur Verwertung bestimmt:
in Anhang IV aufgeführte Abfälle, einschließlich u. a. der in den Anhängen II und VIII des Basler Übereinkommens aufgeführten Abfälle;
in Anhang IVA aufgeführte Abfälle;
nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfälle;
nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfallgemische, sofern sie nicht in Anhang IIIA aufgeführt sind.
(2) Die Verbringung folgender zur Verwertung bestimmter Abfälle unterliegt den allgemeinen Informationspflichten gemäß Artikel 18, sofern die verbrachte Abfallmenge mehr als 20 kg beträgt:
im Anhang III oder IIIB aufgeführte Abfälle;
nicht als Einzeleintrag in Anhang III eingestufte Gemische aus zwei oder mehr in Anhang III aufgeführten Abfällen, sofern die Zusammensetzung dieser Gemische ihre umweltgerechte Verwertung nicht erschwert und solche Gemische gemäß Artikel 58 in Anhang IIIA aufgeführt sind.
…“
Richtlinie 2008/98/EG
In den Erwägungsgründen 12 und 13 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3), mit der u. a. die Richtlinie 2006/12 aufgehoben wurde, heißt es:
Die Verordnung [Nr. 1774/2002] sieht unter anderem verhältnismäßige Kontrollen bezüglich der Abholung und Sammlung, Beförderung, Verarbeitung, Verwendung und Beseitigung aller tierischen Nebenprodukte einschließlich Abfalls tierischen Ursprungs vor und verhindert, dass dieser ein Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellt. Deshalb ist es notwendig, die Verknüpfung mit dieser Verordnung klarzustellen und Doppelregelungen zu vermeiden, indem tierische Nebenprodukte vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen werden, soweit sie für Verwendungen vorgesehen sind, die nicht als Abfallbewirtschaftung angesehen werden.
Vor dem Hintergrund der mit der Anwendung der Verordnung … Nr. 1774/2002 gewonnenen Erfahrungen ist es angebracht, den Anwendungsbereich des Abfallrechts und seiner Vorschriften für gefährliche Abfälle bezüglich tierischer Nebenprodukte im Sinne der Verordnung … Nr. 1774/2002 klarzustellen. Soweit tierische Nebenprodukte potenzielle Gesundheitsrisiken darstellen, ist die Verordnung … Nr. 1774/2002 das geeignete Rechtsinstrument, um auf diese Risiken einzugehen; unnötige Überschneidungen mit der Abfallgesetzgebung sollten vermieden werden.“
Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98 bestimmt:
„Folgendes ist aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen, soweit es bereits von anderen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften abgedeckt ist:
…
tierische Nebenprodukte einschließlich verarbeitete Erzeugnisse, die unter die Verordnung … Nr. 1774/2002 fallen, mit Ausnahme derjenigen, die zur Verbrennung, Lagerung auf einer Deponie oder Verwendung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind;
…“
Art. 13 („Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt“) der Richtlinie 2008/98 lautet:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt und insbesondere
ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen,
ohne Verursachung von Geräusch- oder Geruchsbelästigungen und
ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse.“
Vorschriften über tierische Nebenprodukte
– Verordnung Nr. 1774/2002
Art. 8 („Versendung von tierischen Nebenprodukten und verarbeiteten Erzeugnissen in andere Mitgliedstaaten“) der Verordnung Nr. 1774/2002 bestimmte in Abs. 2, dass die Annahme von Material der Kategorien 1 und 2, von verarbeiteten Erzeugnissen aus diesem Material und von verarbeitetem tierischem Eiweiß vom Bestimmungsmitgliedstaat genehmigt werden musste.
Die Art. 10 bis 15, 17 und 18 dieser Verordnung sahen ein Verfahren zur Zulassung von Zwischenbehandlungsbetrieben für Material der Kategorien 1 bis 3, Lagerbetrieben, Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen, Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorien 1 und 2, Fettverarbeitungsbetrieben für Material der Kategorien 2 und 3, Biogasanlagen und Kompostieranlagen, Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorie 3 sowie Heimtierfutterbetrieben und technischen Anlagen vor.
– Verordnung (EG) Nr. 1069/2009
In den Erwägungsgründen 5, 6, 29, 57 und 58 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. 2009, L 300, S. 1) heißt es:
Die Hygienevorschriften der Gemeinschaft bezüglich der Sammlung, des Transports, der Handhabung, der Behandlung, der Umwandlung, der Verarbeitung, der Lagerung, des Inverkehrbringens, des Vertriebs, der Verwendung und der Beseitigung tierischer Nebenprodukte sollten in einem kohärenten und umfassenden Rahmen festgelegt werden.
Diese allgemeinen Vorschriften sollten dem Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier angemessen sein, das tierische Nebenprodukte, wenn sie während ihres Lebenszyklus von der Sammlung bis zu ihrer Verwendung oder Beseitigung von den Unternehmen behandelt werden, bergen. In den Vorschriften sollten die dabei entstehenden Risiken für die Umwelt ebenfalls Berücksichtigung finden. Der gemeinschaftliche Rechtsrahmen sollte gegebenenfalls Vorschriften über das Inverkehrbringen einschließlich der Einfuhr tierischer Nebenprodukte sowie des innergemeinschaftlichen Handels mit diesen enthalten.
…
Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte sollten auf der Grundlage von Risikobewertungen in drei Kategorien eingeteilt werden, die ihre Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier widerspiegeln. Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte mit hohem Risiko sollten nur für Zwecke außerhalb der Futtermittelkette verwendet werden, deren Nutzung sollte bei geringerem Risiko unter sicheren Bedingungen erlaubt werden.
…
Damit die Kohärenz der Gemeinschaftsvorschriften sichergestellt wird, ist es erforderlich, das Zusammenspiel zwischen den Vorschriften dieser Verordnung und den Gemeinschaftsvorschriften über Abfälle zu klären. …
Ferner sollte gewährleistet werden, dass tierische Nebenprodukte, die mit gefährlichen Abfällen gemäß der Entscheidung 2000/532/EG der Kommission vom 3. Mai 2000 zur Ersetzung der Entscheidung 94/3/EG über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle und der Entscheidung 94/904/EG des Rates über ein Verzeichnis gefährlicher Abfälle im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle [(ABl. 2000, L 226, S. 3)] vermischt oder kontaminiert sind, nur gemäß der Verordnung … Nr. 1013/2006 … zwischen den Mitgliedstaaten versandt werden. …“
Art. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 sieht vor:
„Mit dieser Verordnung werden Hygiene- und Tiergesundheitsvorschriften für tierische Nebenprodukte und ihre Folgeprodukte festgelegt, mit deren Hilfe die Risiken, die sich aus diesen Produkten für die Gesundheit von Mensch und Tier ergeben, verhindert beziehungsweise möglichst gering gehalten werden sollen und speziell die Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette geschützt werden soll.“
Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung bestimmt:
„Diese Verordnung gilt nicht für folgende tierische Nebenprodukte:
…
Küchen- und Speiseabfälle, es sei denn,
…
sie sind zur Drucksterilisation oder zur Verarbeitung mittels Methoden gemäß Artikel 15 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b oder zur Umwandlung in Biogas oder zur Kompostierung bestimmt;
…“
Art. 3 dieser Verordnung sieht vor:
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
…
‚Unternehmer‘: die natürlichen oder juristischen Personen, unter deren effektiver Kontrolle sich ein tierisches Nebenprodukt oder ein Folgeprodukt befindet; dies schließt Beförderungsunternehmen, Händler und Verwender ein;
…“
In Art. 8 („Material der Kategorie 1“) der Verordnung Nr. 1069/2009 heißt es:
„Material der Kategorie 1 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
…
Küchenabfälle von international eingesetzten Verkehrsmitteln;
…“
In Art. 10 („Material der Kategorie 3“) dieser Verordnung heißt es:
„Material der Kategorie 3 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
…
andere Küchen- und Speiseabfälle als die in Artikel 8 Buchstabe f genannten.“
Art. 21 („Sammlung und Kennzeichnung der Kategorie und Transport“) der Verordnung Nr. 1069/2009 sieht vor:
„(1) Die Unternehmer sammeln ein, kennzeichnen und transportieren tierische Nebenprodukte unverzüglich unter Bedingungen, die Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier verhindern.
(2) Die Unternehmer stellen sicher, dass tierische Nebenprodukte und daraus gewonnene Produkte beim Transport von einem Handelspapier begleitet werden oder, sofern von dieser Verordnung oder einer gemäß Absatz 6 getroffenen Maßnahme vorgeschrieben, durch eine Gesundheitsbescheinigung.
…
(3) Die Handelspapiere und Gesundheitsbescheinigungen, die tierische Nebenprodukte oder daraus gewonnene Produkte während des Transports begleiten, enthalten zumindest Angaben über den Ursprung, die Bestimmung und die Menge dieser Produkte und eine Beschreibung der tierischen Nebenprodukte oder daraus gewonnenen Produkte und ihre Kennzeichnung, sofern diese in dieser Verordnung vorgeschrieben ist.
…
(4) Die Unternehmer sammeln ein, transportieren und entsorgen Küchenabfälle der Kategorie 3 im Einklang mit den einzelstaatlichen Maßnahmen gemäß Artikel 13 der Richtlinie [2008/98].
…“
Art. 22 („Rückverfolgbarkeit“) dieser Verordnung bestimmt:
„(1) Unternehmer, die tierische Nebenprodukte oder daraus gewonnene Produkte versenden, transportieren oder in Empfang nehmen, führen Aufzeichnungen über die Sendungen und die damit zusammenhängenden Handelspapiere oder Gesundheitsbescheinigungen.
…
(2) Die in Absatz 1 genannten Unternehmer richten Systeme und Verfahren zur Feststellung der folgenden Akteure ein:
der anderen Unternehmer, an die ihre tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte geliefert wurden, und
der Unternehmer, von denen sie beliefert wurden.
…“
Art. 23 („Registrierung von Unternehmern, Anlagen oder Betrieben“) dieser Verordnung sieht in den Abs. 1 und 2 vor:
„(1) Die Unternehmer:
informieren vor Aufnahme der Tätigkeit die zuständige Behörde im Hinblick auf die Registrierung über alle Anlagen oder Betriebe, die ihrer Kontrolle unterliegen und die, auf einer der Stufen der Erzeugung, des Transports, der Handhabung, der Verarbeitung, der Lagerung, des Inverkehrbringens, des Vertriebs, der Verwendung oder der Beseitigung von tierischen Nebenprodukten und Folgeprodukten aktiv sind;
übermitteln der zuständigen Behörde im Hinblick auf die Registrierung Informationen zur:
Kategorie der verwendeten tierischen Nebenprodukte oder ihrer Folgeprodukte, die ihrer Kontrolle unterliegen;
Art der Tätigkeiten[,] bei denen tierische Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte als Ausgangsmaterial verwendet werden.
(2) Die Unternehmer stellen der zuständigen Behörde aktuelle Informationen über alle gemäß Absatz 1 Buchstabe a unter ihrer Kontrolle stehenden Anlagen oder Betriebe zur Verfügung, einschließlich über alle wichtigen Veränderungen bei den Tätigkeiten wie Schließungen von Anlagen oder Betrieben.“
In Art. 24 („Zulassung von Anlagen oder Betrieben“) Abs. 1 dieser Verordnung heißt es:
„Die Unternehmer sorgen dafür, dass die ihrer Kontrolle unterstehenden Anlagen oder Betriebe von der zuständigen Behörde zugelassen werden, wenn diese Anlagen oder Betriebe eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten ausüben:
…“
Art. 41 („Einfuhr und Durchfuhr“) der Verordnung Nr. 1069/2009 sieht in Abs. 2 vor:
„Abweichend von Absatz 1
…
[dürfen] tierische Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte, die mit Abfall vermischt oder kontaminiert sind, der in der Entscheidung [2000/532] als gefährlich eingestuft wird, … nur gemäß den Anforderungen der Verordnung … Nr. 1013/2006 ausgeführt werden.
…“
Art. 43 („Ausfuhr“) der Verordnung Nr. 1069/2009 bestimmt in Abs. 5:
„Abweichend von den Absätzen 3 und 4
…
dürfen tierische Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte, die mit Abfall vermischt oder kontaminiert sind, der in der Entscheidung [2000/532] als gefährlich eingestuft wird, nur gemäß den Anforderungen der Verordnung … Nr. 1013/2006 ausgeführt werden.“
Art. 48 („Kontrollen der Versendung in andere Mitgliedstaaten“) der Verordnung Nr. 1069/2009 sieht vor:
„(1) Beabsichtigt ein Unternehmer, Material der Kategorie 1, Material der Kategorie 2 und Fleisch- und Knochenmehl oder aus Material der Kategorie 1 oder 2 gewonnenes tierisches Fett in einen anderen Mitgliedstaat zu versenden, informiert er die zuständige Behörde des Ursprungsmitgliedstaats und die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats darüber.
Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats entscheidet auf Antrag des Unternehmers innerhalb eines festgesetzten Zeitraums darüber,
ob sie den Erhalt der Sendung verweigert,
die Sendung bedingungslos annimmt oder
den Empfang der Sendung folgenden Bedingungen unterwirft:
[F]alls die Folgeprodukte noch nicht drucksterilisiert wurden, … müssen sie dieser Behandlung unterzogen werden oder
die tierischen Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte … müssen die Bedingungen für die Versendung erfüllen, die zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gerechtfertigt sind, damit sichergestellt ist, dass tierische Nebenprodukte und ihre Folgeprodukte gemäß dieser Verordnung gehandhabt werden.
(2) Formate für Anträge auf Zulassung für Unternehmer gemäß Absatz 1 können nach dem in Artikel 52 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle angenommen werden.
…
(6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 5 dürfen die dort aufgeführten tierischen Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte, die mit Abfall vermischt oder kontaminiert wurden, der in der Entscheidung [2000/532] als gefährlich eingestuft ist, nur unter Einhaltung der Anforderungen der Verordnung … Nr. 1013/2006 in andere Mitgliedstaaten versandt werden.
…“
In Art. 54 der Verordnung Nr. 1069/2009 heißt es:
„Die Verordnung … Nr. 1774/2002 wird mit Wirkung vom 4. März 2011 aufgehoben.
Bezugnahmen auf die Verordnung … Nr. 1774/2002 gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung …“
– Verordnung (EU) Nr. 142/2011
Mit der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission vom 25. Februar 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 1069/2009 sowie zur Durchführung der Richtlinie 97/78/EG des Rates hinsichtlich bestimmter gemäß der genannten Richtlinie von Veterinärkontrollen an der Grenze befreiter Proben und Waren (ABl. 2011, L 54, S. 1) werden detaillierte Vorschriften u. a. über die Verwendung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte und Folgeprodukte, die Sammlung, den Transport, die Identifizierung und die Rückverfolgbarkeit dieser Nebenprodukte und Produkte, die Registrierung und Zulassung von Betrieben und Anlagen, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr dieser Nebenprodukte und Produkte sowie die Verfahren der amtlichen Kontrolle festgelegt.
Deutsches Recht
Das Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen und des Basler Übereinkommens vom 19. Juli 2007 (BGBl. 2007 I S. 1462) sieht in § 13 vor, dass die zuständige Behörde bei illegaler Verbringung, für die keine Notifizierung gemäß der Verordnung Nr. 1013/2006 eingereicht wurde, die erforderlichen Anordnungen zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung nach Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. b dieser Verordnung treffen kann, um sicherzustellen, dass die betreffenden Abfälle von der Person, die zur Notifizierung gemäß Art. 2 Nr. 15 dieser Verordnung verpflichtet gewesen wäre, zurückgenommen werden.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
ReFood ist in Deutschland in der Verbringung von Lebensmittel- und Speiseresten einschließlich tierischer Nebenprodukte tätig.
Am 7. April 2014 wurde ein Lkw, der von einem Mitarbeiter von ReFood geführt wurde und in den Niederlanden eingesammelte tierische Nebenprodukte der Kategorie 3 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009 geladen hatte, von der deutschen Polizei kontrolliert. Diese Nebenprodukte sollten in eine Niederlassung von ReFood in Deutschland befördert werden, wo sie weiterverarbeitet und anschließend in einer ebenfalls in Deutschland befindlichen Biogasanlage verwertet werden sollten.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ordnete gegenüber ReFood die Zurückweisung des Transports in die Niederlande an, weil ReFood nicht das Notifizierungsverfahren nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1013/2006 durchgeführt habe.
ReFood erhob am 16. Juli 2014 Klage beim vorlegenden Gericht, mit der sie die Rechtmäßigkeit der Verfügung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen bestritt. Die vorgenommene Verbringung tierischer Nebenprodukte falle nämlich nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1013/2006, so dass sie nicht der darin vorgesehenen Notifizierungspflicht unterliege.
Das vorlegende Gericht fragt sich, ob diese Verbringung in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1013/2006 fällt oder nach deren Art. 1 Abs. 3 Buchst. d davon ausgenommen ist. Weder die Rechtsprechung des Gerichtshofs noch die Vorarbeiten zu dieser Verordnung gäben eine Antwort auf diese Frage. Somit kämen mehrere Auslegungen dieser Bestimmung in Betracht.
Erstens könnte Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006, wie ReFood geltend mache und entgegen dem, was der Wortlaut dieser Bestimmung nahelege, dahin ausgelegt werden, dass er vom Geltungsbereich dieser Verordnung jede Verbringung, die von der Verordnung Nr. 1069/2009, mit der die Verordnung Nr. 1774/2002 aufgehoben und ersetzt worden sei, erfasst werde, voraussetzungslos ausschließe. Sollte einer solchen Auslegung gefolgt werden, wären allerdings eine gleichmäßige Behandlung und Entsorgung der tierischen Nebenprodukte und eine Harmonierung der Kontrollen innerhalb der Europäischen Union nicht gewährleistet, da die Mitgliedstaaten nach der Verordnung Nr. 1069/2009 nur verpflichtet wären, Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier zu vermeiden und ein funktionsfähiges Sammlungs- und Beseitigungssystem für tierische Nebenprodukte zu gewährleisten.
Zweitens könnte Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin ausgelegt werden, dass danach nur die Verbringungen tierischer Nebenprodukte vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen wären, die unter vergleichbare oder strengere Verfahrensvorschriften als die in dieser Verordnung vorgesehenen fielen. Dies könnte in Anbetracht der Vorgaben der Verordnung Nr. 142/2011 daher bei der Verbringung von Küchenabfällen der Kategorie 3 gegeben sein.
Drittens könnte Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006, wie die Landwirtschaftskammer Niedersachsen geltend mache, dahin ausgelegt werden, dass danach vom Geltungsbereich dieser Verordnung nur die Verbringungen tierischer Nebenprodukte ausgenommen seien, die nach Art. 48 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 zustimmungsbedürftig seien. Eine solche Auslegung könnte jedoch zu einem nicht auszuräumenden Widerspruch führen. Die in diesem Art. 48 vorgesehenen Anforderungen beträfen nämlich im Wesentlichen nur Material der Kategorien 1 und 2, so dass der Ausschluss vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1013/2006, der in deren Art. 1 Abs. 3 Buchst. d vorgesehen sei, für Abfälle der Kategorie 3 nicht gelten würde. Dies würde dazu führen, dass für die grenzüberschreitende Verbringung dieser am wenigsten gefährlichen Nebenprodukte in der Regel die strengeren Anforderungen der Verordnung Nr. 1013/2006 gälten, während die Verbringung der gefährlicheren tierischen Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 außer in Ausnahmefällen nur unter die Verordnung Nr. 1069/2009 fiele.
Das vorlegende Gericht hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass Art. 48 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1069/2009 ausdrücklich nur die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 und bestimmter Folgeprodukte, die mit Abfall vermischt oder kontaminiert seien, der als gefährlich eingestuft sei, der Einhaltung der Verordnung Nr. 1013/2006, d. h. dem höchsten Anforderungsniveau, unterwerfe. Somit könnte es ungerechtfertigt erscheinen, die in der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehene Regelung auch auf den grenzüberschreitenden Transport tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 anzuwenden, die nicht mit gefährlichen Abfällen kontaminiert seien.
Unter diesen Umständen hat das Verwaltungsgericht Oldenburg (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 im Sinne eines Anwendungsausschlusses auszulegen, der für alle Verbringungen gilt, die gemäß Art. 2 der Verordnung Nr. 1069/2009 in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1069/2009 fallen?
Sollte die erste Frage verneint werden:
Ist die Vorschrift im Sinne eines Anwendungsausschlusses auszulegen, der für Verbringungen gilt, für die gemäß der Verordnung Nr. 1069/2009 – auch in Verbindung mit der Verordnung Nr. 142/2011 – Regelungen über Sammlung, Transport, Identifizierung und Rückverfolgbarkeit bestehen?
Sollte die zweite Frage verneint werden:
Ist die Vorschrift im Sinne eines Anwendungsausschlusses auszulegen, der nur für solche Verbringungen gilt, bei denen es sich um zustimmungsbedürftige Versendungen gemäß Art. 48 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 handelt?
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen drei Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass danach alle Verbringungen tierischer Nebenprodukte, die unter die Verordnung Nr. 1069/2009 fallen, vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind, oder dahin, dass nur bestimmte dieser Verbringungen, die spezielle, in der Verordnung Nr. 1069/2009 aufgestellte Voraussetzungen erfüllen, davon ausgenommen sind.
Zunächst ist hervorzuheben, dass es sich bei den tierischen Nebenprodukten, um die es im Ausgangsverfahren geht, um Küchenabfälle aus den Niederlanden handelt, die in Deutschland weiterverarbeitet und in einer Biogasanlage verwertet werden sollten. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. g Ziff. iii der Verordnung Nr. 1069/2009 fallen diese Nebenprodukte in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Sie stellen gemäß Art. 10 Buchst. p dieser Verordnung Material der Kategorie 3 dar, wobei, wie sich aus dem 29. Erwägungsgrund und einer Gesamtschau dieser Verordnung ergibt, die tierischen Nebenprodukte dieser Kategorie als am wenigsten gefährlich gelten. Zudem lässt sich der Vorlageentscheidung entnehmen, dass die im Ausgangsverfahren fraglichen tierischen Nebenprodukte auch Abfälle im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 – der auf die Definition in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/12, jetzt Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98, verweist – darstellen, die, wenn sie vom Geltungsbereich dieser Verordnung erfasst würden, unter die Abfallkategorien, die dem vorherigen Notifizierungs- und Zustimmungsverfahren nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung unterliegen, und nicht unter die in Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Kategorien, für die nur ein vorheriges Informationsverfahren vorgeschrieben ist, fallen würden. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu beachten, dass die Verordnung Nr. 1013/2006 die Verbringung von Abfällen aus einem Mitgliedstaat in einen anderen – außer bei den hier nicht relevanten Abfallkategorien des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung – Anforderungen unterwirft, die in der Regel strenger sind als die Verordnung Nr. 1069/2009, wie der Generalanwalt in Nr. 65 seiner Schlussanträge ausgeführt hat.
Um zu ermitteln, ob die Verbringung der im Ausgangsverfahren fraglichen tierischen Nebenprodukte aus den Niederlanden nach Deutschland gemäß Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 von deren Geltungsbereich ausgenommen ist, ist darauf hinzuweisen, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Ausschluss für „Verbringungen, die unter die Zulassungsanforderungen der Verordnung … Nr. 1774/2002 fallen“, gilt, wobei der Verweis auf die Verordnung Nr. 1774/2002 gemäß Art. 54 der Verordnung Nr. 1069/2009 als Verweis auf diese letztgenannte Verordnung zu verstehen ist, mit der die Verordnung Nr. 1774/2002 aufgehoben wurde.
Im Hinblick auf die Auslegung von Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 ist erstens festzustellen, dass trotz seines Wortlauts der Transport oder die Verbringung tierischer Nebenprodukte nach keiner Bestimmung der Verordnung Nr. 1774/2002 einer „Zulassung“ bedurfte. So unterlag zum einen nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1774/2002 die Versendung von tierischen Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2, von verarbeiteten Erzeugnissen aus Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 und von verarbeitetem tierischem Eiweiß einer „Genehmigung“ des Bestimmungsmitgliedstaats, während für den Transport tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 eine solche Genehmigung nicht erforderlich war. Zum anderen betraf das in den Art. 10 bis 15, 17 und 18 der Verordnung Nr. 1774/2002 vorgesehene Zulassungserfordernis Zwischenbehandlungsbetriebe, Lagerbetriebe, Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen, Verarbeitungsbetriebe, Fettverarbeitungsbetriebe, Biogasanlagen und Kompostieranlagen, Heimtierfutterbetriebe und technische Anlagen.
Ferner sehen die Art. 21 bis 23 der Verordnung Nr. 1069/2009 zwar für die Beförderer tierischer Nebenprodukte eine Reihe spezieller Verpflichtungen, u. a. eine Pflicht zur Registrierung bei der zuständigen Behörde, vor, die Tätigkeit der Beförderung unterliegt jedoch keinem Zulassungsverfahren. So gilt Art. 24 dieser Verordnung, der von den Betreibern der Anlagen oder Betriebe, die eine der dort genannten Tätigkeiten ausüben, eine Zulassung verlangt, nicht für die Tätigkeit der Beförderung. Zudem setzt Art. 48 Abs. 1 dieser Verordnung für die Versendung von Material der Kategorien 1 und 2 sowie bestimmter Folgeprodukte dieses Materials von einem Mitgliedstaat in einen anderen zwar voraus, dass die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats die Sendung annimmt, sieht jedoch kein Verfahren der „Zulassung“ vor.
Was den letztgenannten Punkt betrifft, nimmt Art. 48 Abs. 2 dieser Verordnung in ihrer deutschen Sprachfassung zwar auf Anträge auf „Zulassung“ gemäß Abs. 1 dieses Artikels Bezug. In anderen Sprachfassungen dieses Art. 48 Abs. 2, u. a. der griechischen, der englischen, der französischen, der italienischen und der niederländischen, ist dagegen nur von „Formaten für Anträge“ gemäß Abs. 1 dieses Artikels die Rede. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen einer unionsrechtlichen Vorschrift voneinander ab, kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die in einer dieser Fassungen verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen Fassungen beanspruchen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2019, Balandin u. a., C-477/17, EU:C:2019:60, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass laut dem elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 der in ihrem Art. 1 Abs. 3 Buchst. d vorgesehene Ausschluss vom Geltungsbereich der Verordnung darauf abzielt, Redundanz mit der Verordnung Nr. 1774/2002 zu vermeiden, die bereits Bestimmungen zur gesamten Sendung, Kanalisierung und Verbringung einschließlich des Transports von tierischen Nebenprodukten in der, in die und aus der Union enthielt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. März 2007, KVZ retec, C-176/05, EU:C:2007:123, Rn. 47).
Dieser Erwägungsgrund ist unter Berücksichtigung der Entwicklungen der Unionsvorschriften zu lesen, die seit dem Erlass der Verordnung Nr. 1013/2006 für Abfälle und tierische Nebenprodukte gelten; mit diesen Entwicklungen ging eine gesteigerte Kohärenz zwischen den verschiedenen Vorschriften einher.
Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Richtlinie 2006/12, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 1013/2006 in Kraft war, durch die Richtlinie 2008/98 aufgehoben und ersetzt wurde. Wie im Wesentlichen aus den Erwägungsgründen 12 und 13 der Richtlinie 2008/98 hervorgeht, war der Unionsgesetzgeber der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 1774/2002 verhältnismäßige Kontrollen u. a. bezüglich der Beförderung aller tierischen Nebenprodukte einschließlich Abfalls tierischen Ursprungs vorsieht und verhindert, dass dieser Abfall ein Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellt. Vor dem Hintergrund der mit dieser Verordnung gewonnenen Erfahrungen hielt er, soweit tierische Nebenprodukte potenzielle Gesundheitsrisiken darstellen, die Verordnung grundsätzlich für das geeignete Rechtsinstrument, um auf diese Risiken einzugehen. Doppelregelungen und unnötige Überschneidungen mit der Abfallgesetzgebung sollten daher vermieden werden, indem tierische Nebenprodukte vom Geltungsbereich der Richtlinie 2008/98 ausgeschlossen werden, soweit sie für Verwendungen vorgesehen sind, die nicht als Abfallbewirtschaftung angesehen werden.
Demnach schließt Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/98 tierische Nebenprodukte einschließlich verarbeiteter Erzeugnisse, die unter die Verordnung Nr. 1774/2002 fallen, mit Ausnahme derjenigen, die zur Verbrennung, Lagerung auf einer Deponie oder Verwendung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind, vom Anwendungsbereich der Richtlinie aus und spiegelt damit den Willen des Unionsgesetzgebers wider, tierische Nebenprodukte grundsätzlich vom Anwendungsbereich der abfallrechtlichen Vorschriften auszuschließen.
Zweitens wurde, wie in Rn. 40 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Verordnung Nr. 1774/2002 durch die Verordnung Nr. 1069/2009 aufgehoben und ersetzt.
Wie es in den Erwägungsgründen 5 und 6 der Verordnung Nr. 1069/2009 heißt, soll mit dieser zum einen ein kohärenter und umfassender Rahmen für die Hygienevorschriften u. a. bezüglich des Transports tierischer Nebenprodukte festgelegt werden, die dem Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier, das tierische Nebenprodukte bergen, wenn sie während ihres Lebenszyklus von der Sammlung bis zu ihrer Verwendung oder Beseitigung von den Unternehmen behandelt werden, angemessen sind und die dabei entstehenden Risiken für die Umwelt ebenfalls berücksichtigen. Zum anderen zielt die Verordnung Nr. 1069/2009, wie aus ihren Erwägungsgründen 57 und 58 hervorgeht, zur Sicherstellung der Kohärenz der Unionsvorschriften auch darauf ab, das Zusammenspiel zwischen den Vorschriften dieser Verordnung und den Unionsvorschriften über Abfälle, insbesondere der Verordnung Nr. 1013/2006, in Bezug auf die Ausfuhr, die Einfuhr und die Verbringung tierischer Nebenprodukte zwischen zwei Mitgliedstaaten zu klären.
In diesem Bemühen um Verhältnismäßigkeit und Kohärenz wurden mit der Verordnung Nr. 1069/2009 Regeln aufgestellt, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen, die der Transport der verschiedenen Kategorien von tierischen Nebenprodukten je nach deren Gefährlichkeit birgt, indem der Transport tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 in Anbetracht ihrer geringeren Gefährlichkeit weniger strengen Regeln unterworfen wird, und die Anwendung der in der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehenen strengeren Regeln wurde den Verbringungen der gefährlichsten Abfälle vorbehalten.
Daher sieht die Verordnung Nr. 1069/2009 hinsichtlich des Transports tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 von einem Mitgliedstaat in einen anderen – abgesehen von den allgemeinen Pflichten in Bezug auf Rückverfolgbarkeit der tierischen Nebenprodukte und Registrierung von Unternehmern nach den Art. 22 und 23 – im Wesentlichen lediglich in Art. 21 Abs. 2 vor, dass die Unternehmer sicherstellen, dass tierische Nebenprodukte und daraus gewonnene Produkte beim Transport von einem Handelspapier oder in bestimmten Fällen durch eine Gesundheitsbescheinigung begleitet werden. In Art. 21 Abs. 4 heißt es außerdem, dass die Unternehmer Küchenabfälle der Kategorie 3 im Einklang mit den einzelstaatlichen Maßnahmen gemäß Art. 13 der Richtlinie 2008/98 transportieren, der bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt erfolgt.
In Bezug auf Material der Kategorien 1 und 2 sowie bestimmter Nebenprodukte aus diesem Material sieht Art. 48 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 hingegen vor, dass die Versendung von einem Mitgliedstaat in einen anderen voraussetzt, dass die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats die Sendung annimmt.
Darüber hinaus dürfen gemäß Art. 48 Abs. 6 der Verordnung abweichend von den Abs. 1 bis 5 dieses Artikels die dort aufgeführten tierischen Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte – nämlich hauptsächlich Material der Kategorie 1 und Material der Kategorie 2 sowie bestimmte Nebenprodukte aus diesem Material –, die mit Abfall vermischt oder kontaminiert wurden, der in der Entscheidung 2000/532 als gefährlich eingestuft ist, nur unter Einhaltung der Anforderungen der Verordnung Nr. 1013/2006 in andere Mitgliedstaaten versandt werden.
Ebenso sehen Art. 41 Abs. 2 Buchst. b bzw. Art. 43 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 1069/2009 vor, dass tierische Nebenprodukte oder ihre Folgeprodukte, die mit gefährlichem Abfall gemischt oder kontaminiert sind, abweichend von dieser Verordnung nur entsprechend den Anforderungen der Verordnung Nr. 1013/2006 eingeführt und durchgeführt bzw. ausgeführt werden dürfen.
Aus Art. 41 Abs. 2 Buchst. b, Art. 43 Abs. 5 Buchst. b und Art. 48 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1069/2009 folgt daher im Umkehrschluss, dass die Verbringung tierischer Nebenprodukte – außer in den in diesen Bestimmungen ausdrücklich genannten Fällen – nicht unter die Verordnung Nr. 1013/2006 fällt. Dies gilt insbesondere für den Transport von Küchenabfällen der Kategorie 3 von einem Mitgliedstaat in einen anderen.
Aus den in den Rn. 49 bis 55 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber mit der Verordnung Nr. 1069/2009, die nach der Verordnung Nr. 1013/2006 erlassen wurde, einen vollständigen Regelungsrahmen für den Transport tierischer Nebenprodukte schaffen und die Verbringung der erfassten tierischen Nebenprodukte der Anwendung der Verordnung Nr. 1013/2006 entziehen wollte, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.
Dagegen kann Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 zum einen nicht dahin ausgelegt werden, dass die Verbringungen tierischer Nebenprodukte nur dann vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind, wenn sie Verfahrensvorschriften unterliegen, die gleichwertig oder strenger sind als die in dieser Verordnung vorgesehenen.
Denn eine solche Auslegung würde, abgesehen davon, dass sie Rechtsunsicherheit für die Unternehmer schaffen könnte, da sich nur schwer mit Sicherheit feststellen lässt, ob die Verbringungen der betreffenden tierischen Nebenprodukte Gegenstand solcher Bestimmungen sind, dazu führen, dass der Transport aller tierischen Nebenprodukte Regeln unterworfen würde, die mindestens genauso streng sind wie die in der Verordnung Nr. 1013/2006 vorgesehenen. Diese Auslegung würde somit der Logik widersprechen, die der Verordnung Nr. 1069/2009 zugrunde liegt und, wie aus den Rn. 49 bis 55 des vorliegenden Urteils hervorgeht, darin besteht, Regeln festzulegen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen, die der Transport der verschiedenen Kategorien von tierischen Nebenprodukten je nach deren Gefährlichkeit birgt, und die – außer für die gefährlichsten Abfälle – nicht den Regeln der Verordnung Nr. 1013/2006 entsprechen und nicht so streng wie diese sind.
Im Übrigen entspricht diese Auslegung zwar dem ursprünglichen Wortlaut von Art.1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 in dem von der Kommission unterbreiteten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verbringung von Abfällen (KOM[2003] 379 endgültig), in dem es hieß, dass Verbringungen von Abfällen, die unter die Verordnung Nr. 1774/2002 fallen, nur dann vom Geltungsbereich dieses Vorschlags ausgenommen sind, wenn sie vergleichbaren oder strengeren Verfahrensvorschriften unterliegen, doch findet sich diese Formulierung im endgültigen Wortlaut dieser Bestimmung nicht wieder.
Zum anderen lässt sich Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 auch nicht dahin auslegen, dass danach nur die Verbringungen tierischer Nebenprodukte vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind, die dem Verfahren nach Art. 48 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 unterliegen, nämlich Material der Kategorie 1 und Material der Kategorie 2 sowie bestimmter Folgeprodukte dieses Materials unter Ausschluss der tierischen Nebenprodukte der Kategorie 3, die der Verordnung Nr. 1013/2006 unterliegen.
Über die diesen Art. 48 betreffenden Erwägungen in den Rn. 43, 53 und 55 des vorliegenden Urteils ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Auslegung auch die Systematik der Verordnung Nr. 1069/2009, in der Regeln festgelegt werden, die in einem angemessenen Verhältnis zur Gefährlichkeit stehen, die der Transport der verschiedenen Kategorien tierischer Nebenprodukte aufweist, verkennen und, wie das vorlegende Gericht und der Generalanwalt in den Nrn. 66 und 67 seiner Schlussanträge ausgeführt haben, zu einem paradoxen Ergebnis führen würde. Sie hätte nämlich zur Folge, dass für den Transport tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 – die die am wenigsten gefährlichen sind – zwischen zwei Mitgliedstaaten die Anforderungen der Verordnung Nr. 1013/2006 gelten würden, die strenger sind als die Anforderungen, die gemäß Art. 48 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 auf die Versendung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 von einem Mitgliedstaat in einen anderen gelten. Die Verbringung tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 von einem Mitgliedstaat in einen anderen würde damit Regeln unterliegen, die genauso streng wären wie die Regeln, die gemäß Art. 48 Abs. 6 dieser Verordnung für die Verbringung von Material der Kategorien 1 und 2 gelten, das mit Abfall vermischt oder kontaminiert wurde, der in der Entscheidung 2000/532 als gefährlich eingestuft ist.
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass Verbringungen tierischer Nebenprodukte, die unter die Verordnung Nr. 1069/2009 fallen, außer in den Fällen, in denen die Verordnung Nr. 1069/2009 ausdrücklich die Anwendung der Verordnung Nr. 1013/2006 vorsieht, vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1013/2006 ausgenommen sind.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 1 Abs. 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen ist dahin auszulegen, dass Verbringungen tierischer Nebenprodukte, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) fallen, außer in den Fällen, in denen die Verordnung Nr. 1069/2009 ausdrücklich die Anwendung der Verordnung Nr. 1013/2006 vorsieht, vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1013/2006 ausgenommen sind.
Regan
Lycourgos
Juhász
Ilešič
Jarukaitis
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Mai 2019.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Fünften Kammer
E. Regan
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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