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EuGH 09.09.2021 - C-605/18
EuGH 09.09.2021 - C-605/18 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 9. September 2021 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Wertpapiere, die zum Handel an einem in einem Mitgliedstaat gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind – Transparenzgebot – Mitteilung ‚bedeutender Beteiligungen‘, die von ‚gemeinsam handelnden Personen‘ am Kapital von Gesellschaften erworben wurden – Richtlinie 2004/109/EG – Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 – Begriff ‚strengere Anforderungen‘ – Richtlinie 2004/25/EG – ‚Beaufsichtigung‘ durch eine gemäß Art. 4 dieser Richtlinie benannte Stelle“
Leitsatz
In der Rechtssache C-605/18
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Österreich) mit Entscheidung vom 25. September 2018, beim Gerichtshof am selben Tag eingegangen, in dem Verfahren
Adler Real Estate AG,
Petrus Advisers LLP,
GM
gegen
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Adler Real Estate AG, vertreten durch Rechtsanwalt S. Hödl,
von GM, vertreten durch Rechtsanwälte M. Gall und W. Eigner,
der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), vertreten durch P. Wanek und D. Wagner als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, H. Støvlbæk und H. Krämer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. März 2021
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. 2004, L 390, S. 38) in der durch die Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 294, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2004/109) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Adler Real Estate AG (im Folgenden: Adler), der Petrus Advisers LLP (im Folgenden: Petrus) und GM auf der einen Seite und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (Österreich) (im Folgenden: FMA) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsstrafen, die die FMA gegen sie verhängte, weil sie gegen die Pflicht verstoßen hatten, die bedeutenden Beteiligungen an Wertpapieren eines Emittenten, dessen Aktien zum Handel an einem in Österreich gelegenen geregelten Markt zugelassen waren, mitzuteilen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2004/25/EG
Die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. 2004, L 142, S. 12) enthält, wie aus ihrem Art. 1 Abs. 1 hervorgeht, Maßnahmen zur Koordinierung aller Instrumente der Mitgliedstaaten, die Übernahmeangebote für die Wertpapiere einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Gesellschaft betreffen, wenn diese Wertpapiere ganz oder teilweise zum Handel auf einem geregelten Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind.
In Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2004/25 heißt es:
„(1) Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
…
‚Gemeinsam handelnde Personen‘ sind natürliche oder juristische Personen, die mit dem Bieter oder der Zielgesellschaft auf der Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder schriftlich getroffenen Vereinbarung zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erhalten bzw. den Erfolg des Übernahmeangebots zu vereiteln.“
Art. 4 („Aufsichtsstelle und anwendbares Recht“) Abs. 1 der Richtlinie 2004/25 sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten benennen eine Stelle oder mehrere Stellen, die für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zuständig sind, soweit er durch gemäß dieser Richtlinie erlassene oder eingeführte Vorschriften geregelt wird. Als Aufsichtsstelle muss entweder eine Behörde benannt werden oder aber eine Vereinigung oder eine private Einrichtung, die nach den nationalen Rechtsvorschriften oder von den Behörden, die dazu nach den nationalen Rechtsvorschriften ausdrücklich befugt sind, anerkannt ist. Die Mitgliedstaaten teilen der [Europäischen] Kommission die von ihnen benannten Aufsichtsstellen und gegebenenfalls jede besondere Aufgabenverteilung mit. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsstellen ihre Aufgaben unparteiisch und unabhängig von allen Parteien des Angebots erfüllen.“
Art. 5 („Schutz der Minderheitsaktionäre, Pflichtangebot und angemessener Preis“) Abs. 1 der Richtlinie 2004/25 bestimmt:
„Hält eine natürliche oder juristische Person infolge ihres alleinigen Erwerbs oder des Erwerbs durch gemeinsam mit ihr handelnde Personen Wertpapiere einer Gesellschaft im Sinne des Artikels 1 Absatz 1, die ihr bei Hinzuzählung zu etwaigen von ihr bereits mittels solcher Wertpapiere gehaltenen Beteiligungen und den Beteiligungen der gemeinsam mit ihr handelnden Personen unmittelbar oder mittelbar einen bestimmten, die Kontrolle begründenden Anteil an den Stimmrechten dieser Gesellschaft verschaffen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Person zum Schutz der Minderheitsaktionäre dieser Gesellschaft zur Abgabe eines Angebots verpflichtet ist. Dieses Angebot wird unverzüglich allen Wertpapierinhabern für alle ihre Wertpapiere zu einem im Sinne des Absatzes 4 angemessenen Preis unterbreitet.“
Art. 10 („Information über die Gesellschaften im Sinne von Artikel 1 Absatz 1“) Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/25 lautet:
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gesellschaften im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 im Einzelnen folgende Angaben offen legen:
…
bedeutende direkte oder indirekte Beteiligungen am Kapital (beispielsweise durch Pyramidenstrukturen oder wechselseitige Beteiligungen) im Sinne von Artikel 85 der Richtlinie 2001/34/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (ABl. 2001, L 184, S. 1)].“
Richtlinie 2004/109
In den Erwägungsgründen 2 und 28 der Richtlinie 2004/109 heißt es:
… Wertpapieremittenten [sollten] durch regelmäßige Informationen ein angemessenes Maß an Transparenz für die Anleger gewährleisten. Aus dem gleichen Grund sollten auch Aktionäre sowie natürliche oder juristische Personen, die Stimmrechte oder Finanzinstrumente halten, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, bestehende mit Stimmrechten ausgestattete Aktien zu erwerben, die Emittenten über den Erwerb von oder andere Veränderungen in bedeutenden Beteiligungen informieren, damit diese die Öffentlichkeit laufend informieren können.
…
In jedem Mitgliedstaat sollte eine einzige zuständige Behörde benannt werden, die in letzter Instanz für die Überwachung der Einhaltung der nach dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen sowie für die internationale Zusammenarbeit verantwortlich ist. …“
Die Richtlinie 2004/109 legt ihrem Art. 1 Abs. 1 zufolge „Anforderungen für die Veröffentlichung regelmäßiger und laufender Informationen über Emittenten fest, deren Wertpapiere bereits zum Handel an einem in einem Mitgliedstaat gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind“.
Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 der Richtlinie 2004/109 bestimmt:
„Der Herkunftsmitgliedstaat darf für Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne der Artikel 10 oder 13 keine strengeren Anforderungen vorsehen als die in dieser Richtlinie festgelegten, es sei denn,
er legt Mitteilungsschwellen fest, die niedriger als jene gemäß Artikel 9 Absatz 1 sind oder jene ergänzen, und schreibt gleichwertige Mitteilungen in Bezug auf Kapitalanteilsschwellen vor;
er wendet strengere Anforderungen als diejenigen nach Artikel 12 an; oder
er wendet Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an, die im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten, Zusammenschlüssen und anderen Transaktionen stehen, die die Eigentumsverhältnisse oder die Kontrolle von Unternehmen betreffen, und von den Behörden, die gemäß Artikel 4 der Richtlinie [2004/25] von den Mitgliedstaaten benannt wurden, beaufsichtigt werden.“
Art. 9 („Mitteilung des Erwerbs oder der Veräußerung bedeutender Beteiligungen“) Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/109 sieht vor:
„Der Herkunftsmitgliedstaat stellt sicher, dass ein Aktionär einem Emittenten mitteilt, welchen Anteil an den Stimmrechten des Emittenten er hält, wenn er durch Erwerb oder Veräußerung von Aktien des Emittenten, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und an die Stimmrechte geknüpft sind, die Schwelle von 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % erreicht, über- oder unterschreitet.“
Art. 10 („Erwerb oder Veräußerung bedeutender Anteile an Stimmrechten“) der Richtlinie 2004/109 bestimmt:
„Die Mitteilungspflicht nach Artikel 9 Absätze 1 und 2 gilt auch für eine natürliche oder juristische Person, sofern sie in einem oder mehreren der folgenden Fälle zum Erwerb, zur Veräußerung oder zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt ist:
Stimmrechte, die von einem Dritten gehalten werden, mit dem diese natürliche oder juristische Person eine Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig eine gemeinsame Politik bezüglich der Geschäftsführung des betreffenden Emittenten zu verfolgen, indem sie die von ihnen gehaltenen Stimmrechte einvernehmlich ausüben;
…“
Art. 24 („Zuständige Behörden und ihre Befugnisse“) Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Jeder Mitgliedstaat benennt die zentrale Behörde im Sinne von Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 2003/71/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. 2003, L 345, S. 64)] als zentrale zuständige Verwaltungsbehörde, die für die Wahrnehmung der Verpflichtungen aufgrund dieser Richtlinie zuständig ist und sicherstellt, dass die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen angewandt werden. …“
Richtlinie 2013/50
In Art. 3 der Richtlinie 2004/109 wurde durch die Richtlinie 2013/50 ein Abs. 1a eingefügt. Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/50 heißt es:
„Eine harmonisierte Regelung für die Mitteilung bedeutender Stimmrechtsanteile, insbesondere in Bezug auf die Zusammenrechnung gehaltener Aktien und gehaltener Finanzinstrumente, dürfte die Rechtssicherheit verbessern, die Transparenz steigern und den Verwaltungsaufwand für grenzüberschreitend tätige Anleger verringern. … Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten auch in der Lage sein, weiterhin Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten, Zusammenschlüssen und anderen Transaktionen erlassen wurden, die die Eigentumsverhältnisse oder die Kontrolle von Unternehmen betreffen und die durch die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 der Richtlinie [2004/25] benannten Behörden beaufsichtigt werden, die strengere Offenlegungsanforderungen als die der Richtlinie [2004/109] vorsehen.“
Österreichisches Recht
ÜbG
Die Richtlinie 2004/25 wurde durch das Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote (BGBl. I Nr. 127/1998, im Folgenden: ÜbG) in österreichisches Recht umgesetzt.
Der Begriff „gemeinsam vorgehende Rechtsträger“ wird in § 1 Z 6 ÜbG definiert als „natürliche oder juristische Personen, die mit dem Bieter auf der Grundlage einer Absprache zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erlangen oder auszuüben, insbesondere durch Koordination der Stimmrechte, oder die aufgrund einer Absprache mit der Zielgesellschaft zusammenarbeiten, um den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern. Hält ein Rechtsträger eine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung (§ 22 Abs. 2 und 3) an einem oder mehreren anderen Rechtsträgern, so wird vermutet, dass alle diese Rechtsträger gemeinsam vorgehen; …“
§ 22 Abs. 1 ÜbG lautet:
„Wer eine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung an einer Zielgesellschaft erlangt, muss dies der Übernahmekommission [(Österreich)] unverzüglich mitteilen und innerhalb von 20 Börsetagen ab Kontrollerlangung ein den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechendes Angebot für alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft anzeigen.“
Gemäß § 22a Z 1 ÜbG besteht die „Angebotspflicht nach § 22 Abs. 1 … auch, wenn … eine Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger begründet wird, die zusammen eine kontrollierende Beteiligung erlangen“.
§ 23 („Hinzurechnung von Beteiligungen und Erstreckung der Bieterpflichten“) Abs. 1 ÜbG sieht vor, dass „[g]emeinsam vorgehenden Rechtsträgern“ im Sinne von § 1 Z 6 bei der Anwendung der §§ 22 bis 22b die von ihnen gehaltenen Beteiligungen wechselseitig zuzurechnen sind.
BörseG 1989
Mit den §§ 91 ff. des Bundesgesetzes über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen und über die Abänderung des Börsesensale-Gesetzes 1949 und der Börsegesetz-Novelle 1903 (Börsegesetz 1989 – BörseG) vom 8. November 1989 (BGBl. Nr. 555/1989 in der Fassung des BGBl. Nr. 558/1990 [DFB]) (im Folgenden: BörseG 1989) wurden die Verpflichtungen zur Mitteilung „bedeutender Beteiligungen“ im Sinne von Kapitel III Abschnitt I („Informationen über bedeutende Beteiligungen“) der Richtlinie 2004/109, und insbesondere deren Art. 9 Abs. 1, umgesetzt.
Gemäß § 92 Z 7 BörseG 1989 erstreckt sich die Mitteilungspflicht nach § 91 insbesondere auf „Stimmrechte, die der Person gemäß § 23 Abs. 1 oder 2 ÜbG zuzurechnen sind“.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Mit Entscheidungen vom 29. Juni 2018 verhängte die FMA als „zentrale zuständige Verwaltungsbehörde“ im Sinne von Art. 24 der Richtlinie 2004/109 gegen Adler, Petrus und GM Verwaltungsgeldstrafen wegen Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht, die nach § 92 Z 7 BörseG 1989 für natürliche oder juristische Personen gilt, die – einzeln oder gemeinsam – an der „Zielgesellschaft“ eine Beteiligung von mindestens 30 % erlangen. Diesen Entscheidungen zufolge sind Adler, Petrus und GM beim Erwerb der Aktien der Conwert Immobilien SE im Sinne von § 1 Z 6 ÜbG „gemeinsam vorgegangen“, weshalb ihnen die auf ihre Beteiligungen an Conwert entfallenden Stimmrechte erstmals am 29. September 2015 wechselseitig zuzurechnen gewesen seien.
Für die Klärung der Frage, ob Adler, Petrus und GM unter den Begriff „gemeinsam vorgehende Rechtsträger“ im Sinne von § 1 Z 6 ÜbG fallen, ging die FMA davon aus, sie sei an eine Entscheidung der Übernahmekommission vom 22. November 2016 gebunden, bei der es sich um die nach Art. 4 der Richtlinie 2004/25 für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs benannte Stelle handele. Mit dieser inzwischen rechtskräftigen Entscheidung stellte die Übernahmekommission fest, dass Adler, Petrus und GM zu Unrecht kein Pflichtangebot abgegeben hätten, obwohl sie den Schwellenwert von 30 % der Stimmrechte an Conwert Immobilien erreicht hätten, was sie zur Abgabe eines Angebots als „gemeinsam vorgehende Rechtsträger“ verpflichtet habe.
Die FMA befand, dass im Verwaltungsstrafverfahren nur das Vorliegen des subjektiven Tatbestandsmerkmals der von Adler, Petrus und GM angeblich begangenen Verwaltungsübertretung untersucht werden könne.
Das vorlegende Gericht, bei dem eine Beschwerde gegen die Entscheidungen vom 29. Juni 2018 erhoben wurde, führt aus, dass das BörseG 1989, mit dem die Richtlinie 2004/109 in österreichisches Recht umgesetzt werde, Personen mit einer „bedeutenden Beteiligung“ in einer Größenordnung von mindestens 30 % an einem „Emittenten“ Mitteilungspflichten auferlege und dass diese Verpflichtungen strenger seien als die in dieser Richtlinie vorgesehenen. Deshalb falle die Mitteilungspflicht, die den „gemeinsam vorgehenden Rechtsträgern“ gemäß § 92 Z 7 BörseG 1989 auferlegt werde, unter den Begriff „strengere Anforderungen als die in [der] Richtlinie [2004/109] festgelegten“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 dieser Richtlinie.
Das vorlegende Gericht hat jedoch insofern Zweifel an der Vereinbarkeit dieser „strengeren“ Mitteilungspflichten mit Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109, als die fraglichen Pflichten nach dieser Bestimmung nicht nur in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften vorgesehen sein müssten, die insbesondere im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten stünden, sondern auch „von den Behörden, die gemäß Art. 4 der Richtlinie [2004/25] von den Mitgliedstaaten benannt wurden, beaufsichtigt“ werden müssten. Im vorliegenden Fall sei die „strengere“ Pflicht zur Mitteilung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden bedeutenden Beteiligungen aber von der gemäß Art. 24 der Richtlinie 2004/109 bestimmten nationalen Behörde beaufsichtigt worden.
Für das vorlegende Gericht ist es darüber hinaus fraglich, ob mit Art. 47 der Charta eine innerstaatliche Praxis vereinbar ist, nach der eine rechtskräftige Entscheidung wie jene vom 22. November 2016 in einem späteren Verwaltungsstrafverfahren wie demjenigen, das in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit von der FMA geführt wurde, Bindungswirkung entfaltet.
Daher hat das Bundesverwaltungsgericht (Österreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 dahin auszulegen, dass es eine Voraussetzung für die Zulässigkeit „strengerer Anforderungen“ für „Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen“ ist, dass die „Rechts- oder Verwaltungsvorschriften“, in denen strengere Anforderungen für die Beteiligungspublizität vorgesehen sind, von einer Behörde, die der Mitgliedstaat gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannt hat, „beaufsichtigt werden“, und dass diese Beaufsichtigung die Einhaltung der strengeren Anforderungen zur Beteiligungspublizität im Sinne der Richtlinie 2004/109 umfasst?
Steht Art. 47 der Charta einer innerstaatlichen Praxis entgegen, nach der einer rechtskräftigen Entscheidung der Aufsichtsstelle gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25, mit der ein Verstoß einer Person gegen innerstaatliche Vorschriften, die in Umsetzung der Richtlinie 2004/25 ergangen sind, festgestellt wurde, Bindungswirkung auch im Rahmen eines gegen dieselbe Person geführten Strafverfahrens wegen Verletzung von daran anknüpfenden innerstaatlichen Normen in Umsetzung der Richtlinie 2004/25 zukommt, so dass diese Person gehindert ist, die bereits rechtskräftig festgestellte Rechtsverletzung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu bestreiten?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 dieser Richtlinie in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen Anforderungen erfüllen müssen, die im Sinne dieses Unterabs. 4 strenger als die in dieser Richtlinie vorgesehenen sind und die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, die insbesondere Übernahmeangebote betreffend erlassen wurden, ohne dass indessen die Befugnis für die Sicherstellung der Einhaltung solcher Anforderungen einer gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannten Stelle dieses Mitgliedstaats zugewiesen wurde.
Wie bereits aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 der Richtlinie 2004/109 hervorgeht, darf der Herkunftsmitgliedstaat für Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 dieser Richtlinie keine strengeren Anforderungen vorsehen als die in dieser Richtlinie festgelegten. Hiervon bestehen allerdings drei Ausnahmen, die in den Ziff. i bis iii dieses Unterabs. 4 enthalten sind.
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 29 bis 31 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wurde ein Abs. 1a durch die Richtlinie 2013/50 in Art. 3 der Richtlinie 2004/109 eingefügt, um dem uneinheitlichen Harmonisierungsniveau der Mitteilungspflichten abzuhelfen, die für natürliche und juristische Personen gelten, die mit Wertpapieren von Emittenten handeln, die auf dem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind. Vor ihrer Änderung durch die Richtlinie 2013/50 räumte die Richtlinie 2004/109 dem Herkunftsmitgliedstaat nämlich die Möglichkeit ein, Inhabern von Aktien oder anderen Finanzinstrumenten strengere als die in ihr vorgesehenen Mitteilungspflichten aufzuerlegen. Durch die Richtlinie 2013/50, die ausweislich ihres zwölften Erwägungsgrundes eine harmonisierte Regelung für die Mitteilung bedeutender Stimmrechtsanteile schaffen sollte, wurde also diese Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. i bis iii der Richtlinie 2004/109 vorgesehenen Ausnahmen aufgehoben.
Die in Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 enthaltene Ausnahme erlaubt es dem Herkunftsmitgliedstaat, auf Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 der Richtlinie 2004/109 „Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an[zuwenden], die im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten, Zusammenschlüssen und anderen Transaktionen stehen, die die Eigentumsverhältnisse oder die Kontrolle von Unternehmen betreffen, und von den Behörden, die gemäß Artikel 4 der Richtlinie [2004/25] von den Mitgliedstaaten benannt wurden, beaufsichtigt werden“.
Die erste in dieser Ziff. iii genannte Voraussetzung für die Anwendung strengerer Anforderungen als die in der Richtlinie 2004/109 aufgestellten besteht darin, dass solche Anforderungen, einschließlich jener in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen, in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften über die in der vorstehenden Randnummer aufgeführten Vorgänge vorgesehen sind.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2004/25 die Berechnung des Schwellenwerts für eine bedeutende Beteiligung einer natürlichen oder juristischen Person an einer Gesellschaft regeln, bei dessen Überschreitung diese Person verpflichtet ist, ein Übernahmeangebot abzugeben, um die Minderheitsaktionäre dieser Gesellschaft zu schützen. Diese Bestimmungen sehen für die Zusammenrechnung indirekter Beteiligungen strengere Anforderungen vor als diejenigen, die für die Berechnung der Schwellenwerte für bedeutende Beteiligungen gelten, die die Pflicht zur Mitteilung des Erwerbs oder der Veräußerung bedeutender Beteiligungen gemäß der Richtlinie 2004/109 auslösen. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/25 werden nämlich bei dieser Berechnung diejenigen Beteiligungen berücksichtigt, die von „gemeinsam handelnden Personen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie gehalten werden. Dieser Begriff umfasst „natürliche oder juristische Personen, die mit dem Bieter oder der Zielgesellschaft auf der Grundlage einer ausdrücklichen oder stillschweigenden, mündlich oder schriftlich getroffenen Vereinbarung zusammenarbeiten, um die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erhalten bzw. den Erfolg des Übernahmeangebots zu vereiteln“.
Dagegen findet sich der Begriff „gemeinsam handelnde Personen“ in der Richtlinie 2004/109 nicht und werden nach ihrem Art. 10 Buchst. a bei der Berechnung der Schwellenwerte für Beteiligungen, die die Pflicht zur Mitteilung bedeutender Beteiligungen auslösen, Vereinbarungen zwischen den betroffenen Personen berücksichtigt, die diese verpflichten, „langfristig eine gemeinsame Politik … zu verfolgen, indem sie die von ihnen gehaltenen Stimmrechte einvernehmlich ausüben“. Wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, erfordert diese Bestimmung ein hohes Maß an Engagement über einen gewissen Zeitraum, wobei das Engagement nicht von kurzer Dauer oder sporadisch sein darf, sondern einheitlich sein und auf die Geschäftsführung des betreffenden Unternehmens abzielen muss.
Daher enthalten die im Rahmen der Richtlinie 2004/25 erlassenen Bestimmungen eines Mitgliedstaats, die sich für die Berechnung des Schwellenwerts einer bedeutenden Beteiligung, die neben der Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots die damit verbundenen Offenlegungspflichten auslöst, auf den Begriff „gemeinsam handelnde Personen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d dieser Richtlinie stützen, eine „strengere Anforderung“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 der Richtlinie 2004/109 als die in dieser Richtlinie vorgesehenen und stellen „[Vorschriften], die im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten … stehen“, im Sinne der letztgenannten Bestimmung dar. Folglich erfüllen diese nationalen Bestimmungen die erste Voraussetzung, die in Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 für die Anwendung auf Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 dieser Richtlinie vorgesehen ist.
Die zweite Voraussetzung nach Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 für die Anwendung auf Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 der Richtlinie 2004/109 von Anforderungen, die strenger als die in dieser Richtlinie in Bezug auf die Mitteilung ihrer bedeutenden Beteiligungen an einer in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Gesellschaft aufgestellten sind, besteht in der Beaufsichtigung dieser strengeren Anforderungen durch die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannten Stellen.
Diese Behörden sind ausweislich dieses Art. 4 „für die Beaufsichtigung des Angebotsvorgangs zuständig …, soweit er durch gemäß [der] Richtlinie [2004/25] erlassene oder eingeführte Vorschriften geregelt wird“. Die Anforderungen, deren Einhaltung sie gewährleisten, müssen demnach in Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen sein, die spezifisch Übernahmeangebote betreffen und nur in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/25, nicht aber jenen der Richtlinie 2004/109 fallen können.
Unter diesen Umständen kann Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 nicht im Sinne der von der FMA in ihren schriftlichen Erklärungen vertretenen Auffassung ausgelegt werden, wonach die nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/109 benannte Behörde, die mit der Beaufsichtigung der Anwendung derjenigen nationalen Rechtsvorschriften betraut ist, mit denen diese Richtlinie umgesetzt wird, materiell dafür zuständig sei, die Einhaltung der in Rede stehenden strengeren Anforderungen zu beaufsichtigen, obwohl diese in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/25 fallen.
Wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann die mit der Richtlinie 2004/109 vorgenommene Harmonisierung nur im Anwendungsbereich dieser Richtlinie erfolgen. Eine zuständige Behörde, die nach Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie dafür zu sorgen hat, dass die gemäß dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen angewandt werden, kann folglich nicht über eine Zuständigkeit verfügen, die über die ihr nach dieser Bestimmung eingeräumte hinausgeht und sich auf einen Bereich bezieht, der nicht unter diese Harmonisierung fällt, nämlich den der Übernahmeangebote, der Zusammenschlüsse und der anderen Transaktionen, die die Eigentumsverhältnisse oder die Kontrolle von Unternehmen betreffen.
Zudem beruht die oben in Rn. 39 erwähnte Auslegung der FMA von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 auf einem weiten Verständnis der im genannten Unterabs. 4 enthaltenen Ausnahme, obwohl in Anbetracht des Zwecks dieses Art. 3 Abs. 1a – der darin besteht, eine harmonisierte Regelung für die Mitteilung des Besitzes bedeutender Anteile an Stimmrechten einzuführen – die Ausnahmen von dem für den Herkunftsmitgliedstaat geltenden Verbot, Inhabern von Aktien oder anderen Finanzinstrumenten strengere Mitteilungspflichten aufzuerlegen, eng auszulegen sind.
Außerdem stellt sich, wie der Generalanwalt in den Nrn. 42 bis 46 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, bei der Abgrenzung der Zuständigkeit, über die die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannten Stellen nach Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 verfügen, die Frage, ob der Begriff „Beaufsichtigung“ die „Sicherstellung der Einhaltung“ dieser „strengeren“ Mitteilungspflichten beinhaltet. Eine Auslegung von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109, wonach diese Behörden, die für die Beaufsichtigung der dort aufgeführten Vorgänge zuständig sind, insoweit nicht befugt sein könnten, die Einhaltung der „strengeren Anforderungen“, die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zu diesen Vorgängen vorgesehen sind, in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen sicherzustellen, entspräche nicht dem üblichen Wortsinn des Begriffs „Beaufsichtigung“, der auf die „Kontrolle“ und damit auf die „Sicherstellung der Einhaltung“ bestimmter Normen oder Anforderungen verweist.
Im vorliegenden Fall betreffen die Zweifel des vorlegenden Gerichts im Wesentlichen die Frage, ob die nach § 92 Abs. 7 BörseG 1989 für „gemeinsam vorgehende Rechtsträger“ in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen geltende Anforderung, die strenger als die in der Richtlinie 2004/109 genannten Anforderungen ist, die oben in Rn. 37 genannte Voraussetzung der „Beaufsichtigung“ und damit der Kontrolle dieser Anforderung durch eine gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannte Stelle erfüllt.
Aus den Erklärungen der Parteien des Ausgangsverfahrens und den Antworten auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofs geht hervor, dass nach dem ÜbG – mit dem die Richtlinie 2004/25 in österreichisches Recht umgesetzt wurde – als zuständige Behörde gemäß Art. 4 dieser Richtlinie einzig die Übernahmekommission benannt worden ist. Im Ausgangsverfahren wurde die Einhaltung der „strengeren Anforderung“ in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen, die in § 92 Abs. 7 BörseG 1989 – der jedoch auf § 23 Abs. 1 oder 2 ÜbG verweist – ausdrücklich vorgesehen ist, aber durch die FMA „beaufsichtigt“. Vorbehaltlich der dem vorlegenden Gericht obliegenden Überprüfungen zeigt sich somit, dass mit der „Sicherstellung der Einhaltung“ der oben genannten „strengeren Anforderungen“ eine Behörde betraut ist, die nicht gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannt worden ist.
Nach alledem ist Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 dieser Richtlinie in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen Anforderungen erfüllen müssen, die im Sinne dieses Unterabs. 4 strenger als die in dieser Richtlinie vorgesehenen sind und die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, die insbesondere Übernahmeangebote betreffend erlassen wurden, ohne dass indessen die Befugnis für die Sicherstellung der Einhaltung solcher Anforderungen einer gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannten Stelle dieses Mitgliedstaats zugewiesen wurde.
Zur zweiten Frage
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass er einer Praxis eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die zentrale Verwaltungsbehörde im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/109, bei der ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist, an rechtskräftige Verwaltungsentscheidungen der gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannten Stelle dieses Mitgliedstaats, mit denen ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25 festgestellt wurde, gebunden ist, so dass die Person, gegen die das Verwaltungsstrafverfahren geführt wird, nicht mehr das Recht hat, den zuvor festgestellten Verstoß in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu bestreiten.
Aus der Prüfung der ersten Frage ergibt sich, dass Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die Sicherstellung der Einhaltung der in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen geltenden Anforderungen, die im Sinne dieses Unterabs. 4 strenger als die in dieser Richtlinie vorgesehenen sind und die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, die insbesondere Übernahmeangebote betreffend erlassen wurden, einer Behörde obliegt, die nicht gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25 benannt worden ist.
Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, Art. 47 der Charta auszulegen, um festzustellen, ob die dort verankerten Grundrechte einer innerstaatlichen Praxis wie jener entgegenstehen, die Gegenstand der vorliegenden Frage ist.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG in der durch die Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 der Richtlinie 2004/109 in der durch die Richtlinie 2013/50 geänderten Fassung in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen Anforderungen erfüllen müssen, die im Sinne dieses Unterabs. 4 strenger als die in der Richtlinie 2004/109 in der durch die Richtlinie 2013/50 geänderten Fassung vorgesehenen sind und die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, die insbesondere Übernahmeangebote betreffend erlassen wurden, ohne dass indessen die Befugnis für die Sicherstellung der Einhaltung solcher Anforderungen einer gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote benannten Stelle dieses Mitgliedstaats zugewiesen wurde.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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