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EuGH 15.04.2021 - C-593/19
EuGH 15.04.2021 - C-593/19 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 15. April 2021 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Bestimmung des Ortes von Telekommunikationsdienstleistungen – Roaming von Drittstaatsangehörigen in Mobilfunknetzen in der Europäischen Union – Art. 59a Abs. 1 Buchst. b – Möglichkeit der Mitgliedstaaten, den Ort der Telekommunikationsdienstleistungen in ihr Gebiet zu verlagern“
Leitsatz
In der Rechtssache C-593/19
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzgericht (Österreich) mit Entscheidung vom 29. Juli 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 5. August 2019, in dem Verfahren
SK Telecom Co. Ltd
gegen
Finanzamt Graz-Stadt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter) sowie der Richter M. Ilešič, E. Juhász, C. Lycourgos und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der SK Telecom Co. Ltd, vertreten durch Steuerberater J. Fischer,
der österreichischen Regierung, vertreten durch F. Koppensteiner als Bevollmächtigten,
der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und L. Mantl als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Oktober 2020
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 (ABl. 2008, L 44, S. 11) mit Wirkung vom 1. Januar 2010 geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SK Telecom Co. Ltd und dem Finanzamt Graz-Stadt (Österreich) (im Folgenden: Finanzamt) über die Erstattung der Vorsteuer, die SK Telecom für das Steuerjahr 2011 für Telekommunikationsdienstleistungen gezahlt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Der 22. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Sämtliche Telekommunikationsdienstleistungen, die in der [Europäischen Union] in Anspruch genommen werden, sollten besteuert werden, um Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich vorzubeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Telekommunikationsdienstleistungen, die an in der [Union] ansässige Steuerpflichtige oder an in Drittländern ansässige Dienstleistungsempfänger erbracht werden, grundsätzlich an dem Ort besteuert werden, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist. Damit Telekommunikationsdienstleistungen, die von in Drittgebieten oder Drittländern ansässigen Steuerpflichtigen an in der [Union] ansässige Nichtsteuerpflichtige erbracht und in der [Union] tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden, einheitlich besteuert werden, sollten die Mitgliedstaaten jedoch festlegen, dass sich der Ort der Dienstleistungen in der [Union] befindet.“
Art. 1 Abs. 2 in Titel I („Zielsetzung und Anwendungsbereich“) der Richtlinie lautet:
„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.
Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird bis zur Einzelhandelsstufe, diese eingeschlossen, angewandt.“
Art. 24 Abs. 2 in Titel IV („Steuerbarer Umsatz“) Kapitel 3 („Dienstleistungen“) der Richtlinie bestimmt:
„Als ‚Telekommunikationsdienstleistung‘ gelten Dienstleistungen zum Zweck der Übertragung, Ausstrahlung oder des Empfangs von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder andere elektromagnetische Medien, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung oder Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang, einschließlich der Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen.“
Titel V („Ort des steuerbaren Umsatzes“) dieser Richtlinie enthält ein Kapitel 3 („Ort der Dienstleistung“), das wiederum einen Abschnitt 3 („Besondere Bestimmungen“) enthält. In Abschnitt 3 Unterabschnitt 9 („Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige außerhalb der [Union]“) bestimmte Art. 59:
„Als Ort der folgenden Dienstleistungen an einen Nichtsteuerpflichtigen, der außerhalb der [Union] ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der [Union] hat, gilt der Ort, an dem dieser Nichtsteuerpflichtige ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat:
…
Telekommunikationsdienstleistungen;
…“
Abschnitt 3 Unterabschnitt 10 („Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung“) enthielt die Art. 59a und 59b der Mehrwertsteuerrichtlinie.
In Art. 59a dieser Richtlinie hieß es:
„Um Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich gemäß den Artikeln 44, 45, 56 und 59 bestimmt,
den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der in ihrem Gebiet liegt, so behandeln, als läge er außerhalb der [Union], wenn die tatsächliche Nutzung oder Auswertung außerhalb der [Union] erfolgt;
den Ort einer oder aller dieser Dienstleistungen, der außerhalb der [Union] liegt, so behandeln, als läge er in ihrem Gebiet, wenn in ihrem Gebiet die tatsächliche Nutzung oder Auswertung erfolgt.
…“
In Art. 59b dieser Richtlinie hieß es:
„Die Mitgliedstaaten wenden Artikel 59a [Absatz 1] Buchstabe b auf Telekommunikationsdienstleistungen und auf die in Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe j genannten Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an, die von einem Steuerpflichtigen, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der [Union] hat, an Nichtsteuerpflichtige erbracht werden, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind oder dort ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben.“
Titel XIV („Verschiedenes“) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält ein Kapitel 2, dessen einziger Art. 398 einen „Mehrwertsteuerausschuss“ genannten beratenden Ausschuss betrifft.
Österreichisches Recht
UStG
§ 3a des Umsatzsteuergesetzes vom 23. August 1994 (BGBl. Nr. 663/1994) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: UStG 1994) bestimmt:
„Sonstige Leistung
§ 3a. (1) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.
…
Ort der sonstigen Leistung
…
(5) Für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a gilt
1. als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;
2. eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer;
3. eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.
(6) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.
(7) Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
…
(13) Die im Abs. 14 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:
Ist der Empfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im [Union]sgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Drittlandsgebiet ausgeführt;
…
(14) Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 13 sind:
…
12. die Telekommunikationsdienste;
…
(16) Der Bundesminister für Finanzen kann, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich nach Abs. 6, 7, 12 oder 13 lit. a bestimmt, der Ort der sonstigen Leistung danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach
1. statt im Inland als im Drittlandsgebiet gelegen und
2. statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden. Das gilt nicht für Leistungen im Sinne des Abs. 14 Z 14, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, der keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im [Union]sgebiet hat.“
Verlagerungsverordnung
In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen (BGBl. II Nr. 383/2003) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Verlagerungsverordnung) heißt es:
„Auf Grund des § 3a Abs. 10 Z 13 und 14 sowie Abs. 13 des [UStG] 1994 … in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wird verordnet:
§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des [UStG] 1994 … in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des [UStG] 1994 außerhalb des [Union]sgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.
§ 2. Als Telekommunikationsdienste gelten solche Dienstleistungen, mit denen Übertragung, Ausstrahlung oder Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien gewährleistet werden; dazu gehören auch die Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang.“
Erstattungsverordnung
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (BGBl. Nr. 279/1995) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Erstattungsverordnung) sieht ein vereinfachtes Erstattungsverfahren gemäß ihrem Art. I vor, der bestimmt:
„§ 1. (1) Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, ist abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994), ausgeführt hat;
weiters, wenn der Unternehmer nur Umsätze gemäß § 3a Abs. 13 lit. b UStG 1994 ausgeführt und von der Regelung des § 25a UStG 1994 oder in einem anderen Mitgliedstaat von der Regelung der Art. 357 bis 369 [der Mehrwertsteuerrichtlinie] Gebrauch gemacht hat.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Umsätzen im Inland zuzurechnen sind.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
SK Telecom ist eine in Südkorea ansässige Gesellschaft, die im Jahr 2011 an ihre Kunden, die ebenfalls in Südkorea ansässig waren bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten, Mobilfunkdienstleistungen in Form von Roamingleistungen für die Nutzung des österreichischen Mobilfunknetzes erbrachte.
Zu diesem Zweck stellte ein österreichischer Mobilfunknetzbetreiber SK Telecom sein Netz gegen Verrechnung von Benutzungsgebühren plus österreichische Mehrwertsteuer (20 %) zur Verfügung. SK Telecom wiederum verrechnete ihren Kunden für die Nutzung des österreichischen Mobilfunknetzes während ihrer vorübergehenden Aufenthalte in Österreich Roaminggebühren.
SK Telecom stellte gemäß dem vereinfachten Erstattungsverfahren nach Art. I der Erstattungsverordnung beim Finanzamt einen Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer, die ihr vom österreichischen Mobilfunknetzbetreiber für das Jahr 2011 in Rechnung gestellt worden war.
Das Finanzamt versagte die Erstattung mit der Begründung, dass die den Kunden von SK Telecom verrechneten Roaminggebühren nach der Verlagerungsverordnung, die sich auf Art. 59a der Mehrwertsteuerrichtlinie stütze, in Österreich steuerbar seien, weil die erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen im Drittland keiner der inländischen Umsatzsteuer vergleichbaren Steuerbelastung unterlägen. Da SK Telecom in Österreich steuerpflichtige Umsätze durchgeführt habe, stehe ihr die Erstattung der bezahlten Mehrwertsteuer im vereinfachten Erstattungsverfahren nicht zu.
Die von SK Telecom gegen den Bescheid des Finanzamts eingebrachte Beschwerde wurde von diesem abgewiesen und in der Folge dem Bundesfinanzgericht (Österreich) vorgelegt. Dieses gab ihrem Antrag auf Erstattung der Mehrwertsteuer mit der Begründung statt, dass die Verlagerungsverordnung zu weit gefasst sei. Aus den Art. 59a und 59b der Mehrwertsteuerrichtlinie ergebe sich nämlich, dass die Mitgliedstaaten den Ort von Telekommunikationsdienstleistungen nur dann so behandeln könnten, als läge er in ihrem Gebiet, wenn es sich um Dienstleistungen handle, die an Nichtsteuerpflichtige erbracht würden, die in der Union ansässig seien bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Das Bundesfinanzgericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die Verlagerungsverordnung mit dem Unionsrecht unvereinbar sei, ohne sich hierbei jedoch auf das Vorbringen von SK Telecom zu stützen, wonach ihre Roamingumsätze an ihre Kunden im Drittland einer der österreichischen Umsatzsteuer vergleichbaren Abgabe unterlägen, deren Steuersatz 10 % betrage.
Das Bundesfinanzgericht ging somit davon aus, dass in dem von dem Antrag auf Mehrwertsteuererstattung erfassten Zeitraum die Tatsache, dass SK Telecom ihren in einem Drittland ansässigen Kunden das Telefonieren in Österreich unter Benutzung des österreichischen Mobilfunknetzes ermöglicht habe, keine im Inland steuerpflichtige Leistung darstellte, weil der Leistungsort im Drittland lag. SK Telecom könne daher die ihr vom österreichischen Mobilfunknetzbetreiber in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge unter Anwendung des vereinfachten Erstattungsverfahrens nach Art. I der Erstattungsverordnung geltend machen.
Auf die ordentliche Revision des Finanzamts hob der Verwaltungsgerichtshof (Österreich) die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts mit Erkenntnis vom 13. September 2018 auf.
Der Verwaltungsgerichtshof stellte im Wesentlichen fest, dass der Zweck der Art. 59a und 59b der Mehrwertsteuerrichtlinie darin bestehe, Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Insbesondere sehe die erstgenannte Bestimmung eine allgemeine, fakultative Möglichkeit der Mitgliedstaaten vor, den Ort der Erbringung bestimmter Dienstleistungen zum Zweck der Mehrwertsteuererhebung zu verlagern. Nach der letztgenannten Bestimmung seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Leistungsort zu verlagern, wenn ein in einem Drittland ansässiges Unternehmen Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringe, die in einem Mitgliedstaat ansässig seien bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten.
Mit dem Erlass der Verlagerungsverordnung habe der österreichische Verordnungsgeber somit von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, das nach Art. 59a der Richtlinie für alle Fälle bestehe, die nicht von Art. 59b der Richtlinie erfasst seien. Würden die Telekommunikationsdienstleistungen eines in einem Drittland ansässigen Unternehmens von einem Nichtunternehmer, der nicht in der Union ansässig sei bzw. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Union habe, in Österreich genutzt, verlagere sich der Leistungsort folglich nach der Verlagerungsverordnung nach Österreich.
Das aufgrund Zurückverweisung durch den Verwaltungsgerichtshof befasste Bundesfinanzgericht stellt sich weiterhin die Frage nach der Unionsrechtskonformität einer nationalen Bestimmung, nach der bei Roamingleistungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Sinne von Art. 59a der Mehrwertsteuerrichtlinie im Gebiet des Mitgliedstaats erfolge, was es erlaube, den Ort der Roamingleistungen so zu behandeln, als läge er im Gebiet des Mitgliedstaats, obwohl die Roamingleistungen an nicht steuerpflichtige Kunden erbracht würden, die sich dort nur vorübergehend aufhielten.
Außerdem führt das vorlegende Gericht aus, für den Fall, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie dahin auszulegen sein sollte, dass bei Roamingleistungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet des Mitgliedstaats erfolgt, sei das Ziel der Vermeidung der Nichtbesteuerung, das mit der in dieser Bestimmung vorgesehenen Möglichkeit der Verlagerung des Ortes der Dienstleistung verfolgt werde, zu klären.
Insbesondere sei zu klären, ob der Begriff „Nichtbesteuerung“ im Sinne dieser Bestimmung dahin auszulegen sei, dass ein Mitgliedstaat den Ort der betreffenden Dienstleistungen nur dann so behandeln könne, als läge er in seinem Gebiet, wenn im Drittland eine mit der unionsrechtlich vorgesehenen Mehrwertsteuer vergleichbare Steuer bestehe.
Unter diesen Umständen hat das Bundesfinanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass die Inanspruchnahme von Roaming in einem Mitgliedstaat in Form des Zugriffs auf das inländische Mobilfunknetz zur Herstellung von ein- und ausgehenden Verbindungen durch einen sich vorübergehend im Inland aufhaltenden „nicht steuerpflichtigen Endkunden“ ein „Nutzen und Verwerten“ im Inland darstellt, das zur Verlagerung des Leistungsorts aus dem Drittland in diesen Mitgliedstaat berechtigt, obwohl sowohl der leistende Mobilfunkbetreiber als auch der Endkunde nicht im Unionsgebiet ansässig sind und der Endkunde auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Unionsgebiet hat?
Ist Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass der Ort von Telekommunikationsdienstleistungen wie in Frage 1 beschrieben, die nach Art. 59 dieser Richtlinie außerhalb der Union liegen, in das Gebiet eines Mitgliedstaats verlagert werden kann, obwohl sowohl der leistende Mobilfunkbetreiber als auch der Endkunde nicht im Unionsgebiet ansässig sind und der Endkunde auch keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Unionsgebiet hat, nur weil die Telekommunikationsdienstleistungen im Drittland keiner der unionsrechtlichen Mehrwertsteuer vergleichbaren Abgabe unterliegen?
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn die Roamingleistungen im Drittland keiner der Mehrwertsteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erhebung nach den Überlegungen, die den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie über den Ort der Dienstleistung zugrunde liegen, nach Möglichkeit an dem Ort erfolgen soll, an dem die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2019, Srf konsulterna, C-647/17, EU:C:2019:195, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Insoweit gilt nach Art. 59 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie angesichts dessen, dass Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, bei denen es sich unbestritten um Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von Art. 24 Abs. 2 dieser Richtlinie handelt, an nicht steuerpflichtige Personen erbracht werden, die außerhalb der Union ansässig sind bzw. ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Union haben, als Ort dieser Roamingleistungen der Ort, an dem diese Personen ansässig sind bzw. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Allerdings können die Mitgliedstaaten davon abweichend nach Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie bei Dienstleistungen, deren Erbringungsort sich u. a. gemäß Art. 59 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt, diesen Ort, der grundsätzlich außerhalb der Union liegt, so behandeln, als läge er in ihrem Gebiet, wenn in ihrem Gebiet die tatsächliche Nutzung oder Auswertung der Dienstleistungen erfolgt.
Nach Art. 59b dieser Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten deren Art. 59a Abs. 1 Buchst. b auf Telekommunikationsdienstleistungen anzuwenden, die von einem Steuerpflichtigen, der wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Mobilfunkbetreiber den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit außerhalb der Union hatte, an Nichtsteuerpflichtige erbracht wurden, die in einem Mitgliedstaat ansässig waren bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
Die in Art. 59b der Richtlinie vorgesehene Verpflichtung hat jedoch nicht zur Folge, dass unter anderen als den in dieser Bestimmung genannten Umständen die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, bei Telekommunikationsdienstleistungen von der ihnen nach Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie eingeräumten allgemeinen Befugnis Gebrauch zu machen, beschränkt wäre.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie keine Voraussetzung in Bezug auf die Dauer des Aufenthalts im Gebiet der Mitgliedstaaten für Personen enthält, die in einem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, insbesondere nicht im Sinne eines nur vorübergehenden Aufenthalts im Mitgliedstaat.
Somit ist für die Ausübung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befugnis zu prüfen, ob Roamingleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Gebiet des Mitgliedstaats, der ihren Erbringungsort dorthin verlagern möchte, tatsächlich genutzt oder ausgewertet werden.
Eine Roamingleistung besteht im Wesentlichen in der Leistung eines Anbieters von Mobilfunkdienstleistungen an seine Kunden, die es ihnen ermöglicht, ihr mobiles Gerät in einem anderen Mobilfunknetz als dem dieses Anbieters zu nutzen, und zwar aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Betreibern dieser Netze. Im vorliegenden Fall sollen die Kunden von SK Telecom, auch wenn sie sich außerhalb der Reichweite des von SK Telecom betriebenen Mobilfunknetzes befinden, durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen die Möglichkeit erhalten, Mobilfunkdienstleistungen über das Mobilfunknetz eines österreichischen Betreibers zu nutzen.
Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der sich aus Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt, dass jeder Umsatz in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist, und ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf (Urteil vom 4. September 2019, KPC Herning, C-71/18, EU:C:2019:660, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wie der Generalanwalt in Nr. 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, handelt es sich bei Roamingleistungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die an Personen erbracht werden, die sich vorübergehend im Gebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, im Verhältnis zu den anderen von diesen Personen empfangenen Mobilfunkdienstleistungen um eigene, selbständige Leistungen.
Wie im Übrigen sowohl aus den Angaben des vorlegenden Gerichts als auch aus den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen hervorgeht, werden diese Roamingleistungen von SK Telecom getrennt ausgewiesen und den Kunden, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, zusätzlich, nämlich in Form von Roaminggebühren, in Rechnung gestellt.
Bereits aus der Natur der Roamingleistungen ergibt sich somit, dass ihre tatsächliche Nutzung oder Auswertung notwendigerweise im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats erfolgt, wenn sich die Kunden von SK Telecom dort vorübergehend aufhalten.
Doch selbst wenn die Voraussetzung der tatsächlichen Nutzung oder Auswertung der betreffenden Dienstleistungen im Gebiet eines Mitgliedstaats unter Umständen wie jenen des Ausgangsverfahrens erfüllt ist, kann dieser Mitgliedstaat von der ihm durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eingeräumten Möglichkeit, den Ort der Dienstleistungen, der außerhalb der Union liegt, so zu behandeln, als läge er in seinem Gebiet, nur dann Gebrauch machen, wenn dadurch Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.
Als Erstes ist hierzu auszuführen, dass zwar, wie das vorlegende Gericht hervorgehoben hat, aus dem 22. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, dass die Besteuerung sämtlicher Telekommunikationsdienstleistungen, die in der Union in Anspruch genommen werden, dem Willen des Unionsgesetzgebers entspricht, Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Regeln der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach denen der Ort der Besteuerung von Dienstleistungen zu bestimmen ist, darin besteht, einerseits Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, und andererseits die Nichtbesteuerung von Einnahmen zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses, C-419/14, EU:C:2015:832, Rn. 41, und vom 13. März 2019, Srf konsulterna, C-647/17, EU:C:2019:195, Rn. 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Angesichts des Wortlauts von Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie und seiner Stellung in Titel V Kapitel 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 10 („Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung“) der Richtlinie ist davon auszugehen, dass sich die durch diese Bestimmung eröffnete Möglichkeit nicht nur in den Rahmen der Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen einfügt, sondern auch Doppelbesteuerung und Nichtbesteuerung vermeiden soll.
Folglich steht es den Mitgliedstaaten frei, von der durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, wenn dies lediglich dazu dient, einer Nichtbesteuerung innerhalb der Union abzuhelfen, was nach den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Roamingleistungen der Fall war.
Als Zweites ist entsprechend der Feststellung des Generalanwalts in Nr. 88 seiner Schlussanträge auszuführen, dass bei der Anwendung dieser Bestimmung etwaige Fälle von Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrung anhand der steuerlichen Behandlung der betreffenden Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten zu beurteilen sind, ohne dass die Steuerregelung zu berücksichtigen ist, der diese Dienstleistungen in dem betreffenden Drittland unterliegen.
Anderes könnte sich zwar aus einem einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen mit diesem Drittland ergeben. Im Vorabentscheidungsersuchen und in den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird jedoch kein derartiges Abkommen erwähnt.
Die umgekehrte Lösung gegenüber der in den Rn. 44 und 45 des vorliegenden Urteils dargestellten würde dazu führen, dass die Anwendung der Unionsvorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer vom nationalen Steuerrecht der Drittländer abhängig gemacht würde. Mangels eines entsprechenden Hinweises kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies die Absicht des Unionsgesetzgebers war.
Eine Auslegung, nach der die Mitgliedstaaten grundsätzlich von der durch Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen können, ohne die steuerliche Behandlung berücksichtigen zu müssen, der die Dienstleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des betreffenden Drittlands unterliegen, wird im Übrigen durch den Ansatz des Mehrwertsteuerausschusses bestätigt, eines nach Art. 398 dieser Richtlinie eingesetzten beratenden Ausschusses, dessen Leitlinien zwar nicht verbindlich sind, aber doch als Auslegungshilfe zur Mehrwertsteuerrichtlinie dienen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 8. Oktober 2020, Weindel Logistik Service, C-621/19, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:814, Rn. 48).
Aus den Leitlinien dieses Ausschusses (89. Sitzung vom 30. September 2009, Dokument B – taxud.d.1[2010]176579 – 645) geht nämlich hervor, dass dieser einstimmig der Auffassung war, dass die Inanspruchnahme der in Art. 59a Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihrem Gebiet tatsächlich genutzte und ausgewertete Dienstleistungen zu besteuern, nicht davon abhängt, welcher steuerlichen Behandlung diese Dienstleistungen außerhalb der Union unterliegen. Insbesondere soll die Tatsache, dass eine Dienstleistung in einem Drittland nach den dort gültigen Vorschriften besteuert wird, einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, diese Dienstleistung zu besteuern, wenn die tatsächliche Nutzung und Auswertung in seinem Gebiet erfolgt.
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 mit Wirkung vom 1. Januar 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren „tatsächliche Nutzung oder Auswertung “ im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen.
Regan
Ilešič
Juhász
Lycourgos
Jarukaitis
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. April 2021.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Fünften Kammer
E. Regan
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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