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BAG 21.03.2024 - 6 AZR 45/23
BAG 21.03.2024 - 6 AZR 45/23 - Nichtigkeitsklage - Verletzung Vorlagepflicht
Normen
§ 579 Abs 1 Nr 1 ZPO & ZPO, Art 267 Abs 3 AEUV, Art 94 Abs 2 S 2 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 79 S 1 ArbGG, Art 19 Abs 1 UAbs 2 EUVtr 2010
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 21. Juni 2021, Az: 23 Ca 14289/20, Urteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 9. Dezember 2021, Az: 5 Sa 981/21, Urteil
Leitsatz
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Verletzt ein letztinstanzliches Gericht seine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union, liegt kein Besetzungsmangel iSd. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor. Eine Nichtigkeitsklage ist in diesen Fällen nicht statthaft.
Tenor
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Die Nichtigkeitsklage gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. November 2022 - 6 AZR 16/22 - wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig abgewiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Revisionsverfahrens unter Aufhebung des Senatsurteils vom 8. November 2022 (- 6 AZR 16/22 -).
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Die Parteien haben im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit zweier mit Schreiben vom 27. August 2020 sowie 28. Januar 2021 ausgesprochener, ordentlicher betriebsbedingter Kündigungen des Arbeitsverhältnisses der seit dem 1. Dezember 2016 als Flugbegleiterin bei der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG, der jetzigen Insolvenzschuldnerin, beschäftigten Klägerin gestritten. Bereits zuvor hatte der Beklagte als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2018 gekündigt. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage war aufgrund der Revisionsrücknahme des Beklagten gegen das klagestattgebende Berufungsurteil erfolgreich.
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Der Senat hat in dem mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage angefochtenen Urteil die Kündigung vom 27. August 2020 für wirksam erachtet. Bezüglich der von der Klägerin als fehlerhaft gerügten Massenentlassungsanzeige hat der Senat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Gerichtshof) angenommen, dass für die Fragen des Vorliegens einer Massenentlassung sowie der örtlichen Zuständigkeit der Agentur für Arbeit auch bei den Nachkündigungen auf die frühere Station Düsseldorf abzustellen ist. Diese sei ungeachtet des Umstands, dass sie als „unterscheidbare Einheit“ im Zeitpunkt des Kündigungszugangs nicht mehr existiert habe, der nach der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG (MERL) maßgebliche Betrieb geblieben. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Verfassungsbeschwerde eingelegt.
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Mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage verlangt die Klägerin unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2021 (- 1 BvR 2731/19 -) die Wiederaufnahme des Ausgangsverfahrens. In diesem Beschluss habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass bei einer auf die Verletzung des Verfahrensgrundrechts aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten Verfassungsbeschwerde der Rechtsweg iSd. § 90 Abs. 2 BVerfGG nur dann erschöpft sei, wenn auch die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Hilfe einer Nichtigkeitsklage, soweit diese nach Auffassung des zuständigen Revisionsgerichts statthaft sei, erfolglos geblieben sei.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der erkennende Senat sei für die Entscheidung über die auch in der vorliegenden Konstellation statthafte Nichtigkeitsklage unzuständig. In diesem Zusammenhang regt die Klägerin an, dem Gerichtshof Fragen zum Verständnis der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV vorzulegen. In der Sache führt die Klägerin zur Begründung der Nichtigkeitsklage aus, das angefochtene Urteil sei unter Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zustande gekommen. Der Senat habe im Ausgangsverfahren gegen seine Pflicht verstoßen, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV den Gerichtshof zur Vorabentscheidung anzurufen und von diesem klären zu lassen, ob es nach der MERL bei einer Nachkündigung nach Stilllegung des Betriebs auf die Betriebsstrukturen im Zeitpunkt der ursprünglichen Massenentlassung oder auf die im Zeitpunkt der Nachkündigung bestehenden Strukturen ankomme.
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Die Klägerin beantragt,
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1.
das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. November 2022 - 6 AZR 16/22 - aufzuheben,
2.
auf die Revision der Klägerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2021 - 5 Sa 981/21 - aufzuheben und
a)
auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juni 2021 - 23 Ca 14289/20 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bzw. der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 27. August 2020 nicht aufgelöst worden ist;
hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2 a
b)
auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juni 2021 - 23 Ca 14289/20 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bzw. der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 28. Januar 2021 nicht aufgelöst worden ist.
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Der Beklagte beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen.
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Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 12. Januar 2024 bzw. 15. Januar 2024 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt.
Entscheidungsgründe
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Die Nichtigkeitsklage ist abzuweisen, weil sie unzulässig ist. Daher ist das Ausgangsverfahren nicht wieder aufzunehmen.
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I. Der Senat ist entgegen der von der Klägerin ausdrücklich erhobenen Rüge nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen (vgl. BAG 16. Oktober 2018 - 3 AZR 547/17 - Rn. 13, BAGE 164, 38; 21. September 2016 - 10 AZN 67/16 - Rn. 28, BAGE 156, 359; 22. August 2016 - 2 AZB 26/16 - Rn. 9) Geschäftsverteilungsplan des Bundesarbeitsgerichts für das Jahr 2024 (GVP 2024) für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zuständig.
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1. Nach Teil A Nr. 6 GVP 2024 bleibt es bei der früheren Senatszuständigkeit, wenn in einem Verfahren, das bereits rechtskräftig erledigt oder weggelegt wurde, noch etwas zu entscheiden ist (zB Anfragen, Anträge, Beschwerden, Anhörungsrügen oder Nichtigkeitsklagen). Streitgegenstand des durch Urteil vom 8. November 2022 - 6 AZR 16/22 - bereits rechtskräftig erledigten Verfahrens war die Wirksamkeit zweier durch den beklagten Insolvenzverwalter ausgesprochener Kündigungen. Nach Teil B Nr. 6.2.2 Geschäftsverteilungsplan des Bundesarbeitsgerichts für das Jahr 2022 war der Sechste Senat ua. zuständig für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daraus folgt seine Zuständigkeit für den Ausgangs- und damit gemäß Teil A Nr. 6 GVP 2024 auch für den vorliegenden Rechtsstreit.
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2. Die Geschäftsverteilung des Bundesarbeitsgerichts stellt für die Zuständigkeit auf die zu entscheidenden Rechtsfragen und nur ausnahmsweise auf den Streitgegenstand ab. Sie ist dabei, wie sich aus Teil A Nr. 6 GVP 2024 ergibt, von dem Gedanken getragen, dass ein Senat auch nach dem Abschluss eines Verfahrens für alle in diesem Verfahren noch zu treffenden Entscheidungen zuständig bleibt. Dieser Gedanke findet auch in der Regelung in Teil A Nr. 5 Satz 2 GVP 2024 Ausdruck. Danach bleibt ein Senat ungeachtet einer Änderung der Geschäftsverteilung für „Rückläufer“ vom Bundesverfassungsgericht oder Gerichtshof weiterhin zuständig. Ausgehend von diesem Regelungsplan entspricht die klarstellende Regelung des GVP 2024, die den Senat für zuständig erklärt, gegen dessen Entscheidung sich die Nichtigkeitsklage richtet, dem Sinn und Zweck der Nichtigkeitsklage. Diese dient - ähnlich wie die Anhörungsrüge im Hinblick auf die Verletzung rechtlichen Gehörs - der Selbstkorrektur schwerer Verfahrensfehler. Für diese Selbstkorrektur ist nach dem Regelungsplan des Geschäftsverteilungsplans des Bundesarbeitsgerichts der Senat zuständig, der die Ausgangsentscheidung getroffen hat. Dagegen ist in diesem Zusammenhang entgegen der Annahme der Klägerin unerheblich, wie die auf der Grundlage des Selbstorganisationsrechts erstellten Geschäftsverteilungspläne anderer (Bundes-)Gerichte ausgestaltet sind.
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II. Die Nichtigkeitsklage ist im vorliegenden Fall nicht statthaft.
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1. Nach § 79 Satz 1 ArbGG iVm. § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und durch Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. Mit der Nichtigkeitsklage hat der Gesetzgeber neben der Restitutionsklage ein Mittel geschaffen, um eine Durchbrechung der Rechtskraft in Fällen zu ermöglichen, in denen schwerste Mängel des Verfahrens oder gravierende inhaltliche Fehler gegen den Bestand des Urteils sprechen und dadurch das Vertrauen der Parteien in die Urteilsgrundlage in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise erschüttert ist. Diesem Zweck entspricht es, die Nichtigkeitsklage auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken (BAG 28. Juli 2022 - 6 AZR 24/22 - Rn. 20 f. mwN, BAGE 178, 283; BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 14 mwN, BFHE 281, 503).
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2. In seiner Entscheidung vom 28. Juli 2022 (- 6 AZR 24/22 - Rn. 21 f., BAGE 178, 283) hat der Senat - im Gegensatz zur damaligen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH 4. September 2009 - IV K 1/09 -; 13. Juli 2016 - VIII K 1/16 - BFHE 254, 481 sowie 7. Februar 2018 - XI K 1/17 - BFHE 260, 410) - Zweifel an der Statthaftigkeit einer Nichtigkeitsklage geäußert, soweit mit ihr eine Verletzung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) wegen einer unterlassenen Vorlage an den Gerichtshof gerügt wird. Der Senat hat dies damit begründet, dass die Nichtigkeitsklage nicht dazu diene, eine im Ausgangsverfahren vom Gericht in Kenntnis der Problematik bereits beantwortete Rechtsfrage erneut zur Überprüfung zu stellen. Daher dürfte die Nichtigkeitsklage nur hinsichtlich solcher Wiederaufnahmegründe statthaft sein, die im Ausgangsverfahren übersehen bzw. unerkannt geblieben seien (BAG 28. Juli 2022 - 6 AZR 24/22 - Rn. 21 f. mwN, aaO; so jetzt auch BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 14, 21, BFHE 281, 503). Im Ergebnis konnte der Senat diese Frage aber offenlassen, da die Nichtigkeitsklage aus anderen Gründen keinen Erfolg hatte.
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3. Mit Urteil vom 10. Oktober 2023 (- IX K 1/21 -) hat der Neunte Senat des Bundesfinanzhofs, nachdem dessen Vierter, Achter und Elfter Senat auf Anfrage mitgeteilt hatten, an ihrer bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten, entschieden, dass die Nichtigkeitsklage gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nach dessen klaren Wortlaut nur stattfinde, wenn das erkennende Gericht personell nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Die Fragen, ob der richtige Spruchkörper oder das richtige Gericht entschieden hätten, fielen dagegen nicht mehr in den Anwendungsbereich dieser Norm. Daher sei eine Nichtigkeitsklage nicht statthaft, wenn sie lediglich darauf gestützt werde, dass im Ausgangsverfahren das erkennende Gericht seine Vorlageverpflichtung verkannt habe. Das gelte auch dann, wenn die Beurteilung der Vorlageverpflichtung durch das Ausgangsgericht rechtlich unzutreffend gewesen sei (ausführlich BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 15 f., BFHE 281, 503).
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4. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Die Verkennung einer Vorlageverpflichtung (durch das vorschriftsmäßig besetzte Gericht) ist eine materiell-rechtliche Frage. Sie betrifft weder die Konstituierung noch die vorschriftsmäßige Besetzung des Spruchkörpers, sondern dessen Entscheidungsfindung (BeckOK ZPO/Fleck Stand 1. März 2024 ZPO § 579 Rn. 3a.1). Sie ist damit kein Besetzungsmangel iSd. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2022 (- 6 AZR 24/22 - Rn. 25, BAGE 178, 283) in seiner Hilfsbegründung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs noch angenommen hat, es liege ein Nichtigkeitsgrund vor, wenn ein zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtetes Gericht diese Pflicht willkürlich verletze, hält er hieran nicht mehr fest. Ebenso wie der Neunte Senat des Bundesfinanzhofs geht er davon aus, dass der Vorwurf der willkürlichen Verletzung der Vorlagepflicht nicht die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts iSv. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO betrifft. Eine solche Verletzung ist deshalb (unmittelbar) mit der Verfassungsbeschwerde gegen die letztinstanzliche Entscheidung geltend zu machen (BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 17, BFHE 281, 503; vgl. auch BVerfG 8. November 2023 - 2 BvR 1079/20 - Rn. 63; BGH Dienstgericht des Bundes 16. November 2023 - RiSt 1/21 - Rn. 13).
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5. Auch der durch Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG im Verfassungsrecht verankerte Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (st. Rspr. seit BVerfG 30. Juni 1976 - 2 BvR 164/76 - zu B I 4 c der Gründe, BVerfGE 42, 243) bedingt keine andere Auslegung des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (ausführlich BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 18 f., BFHE 281, 503). Dieser Grundsatz wird nur im Rahmen und nach Maßgabe des einfachen Rechts ausgefüllt, ohne in das Rechtsmittelsystem der jeweiligen Prozessgesetze einzugreifen. Demgemäß ist die Zulassung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs verfassungsrechtlich nur dann geboten, wenn dies die Auslegung des jeweiligen Verfahrensrechts ermöglicht (BAG 21. Juli 1993 - 7 ABR 25/92 - zu B I 3 b dd der Gründe, BAGE 73, 378). Das ist vorliegend nicht der Fall. Zudem kommt bei der Beurteilung, ob die Vorlagepflicht verfassungswidrig verletzt worden ist, der fachgerichtlichen Fallanschauung als Zweck des Subsidiaritätsgrundsatzes (dazu BVerfG 11. Oktober 1988 - 1 BvR 777/85 ua. - zu B III der Gründe, BVerfGE 79, 1) kein Gewicht zu.
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6. Auch die Sicherstellung der Geltung und Durchsetzbarkeit unionsrechtlicher Regelungen im Rahmen eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV; vgl. dazu EuGH 27. Februar 2018 - C-64/16 - [Associação Sindical dos Juízes Portugueses] Rn. 31, 34, 37) führt nicht zur Statthaftigkeit einer Nichtigkeitsklage für den Fall der Vorlagepflichtverletzung durch das Ausgangsgericht. Im Rahmen des Kooperationsverhältnisses zwischen Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht (vgl. dazu BVerfG 14. Januar 2014 - 2 BvE 13/13 ua. - Rn. 27, BVerfGE 134, 366; 12. Oktober 1993 - 2 BvR 2134/92 ua. - Rn. 70, 80, BVerfGE 89, 155) prüft Letzteres in ständiger Rechtsprechung, ob eine Verletzung der Vorlageverpflichtung an den Gerichtshof zu einer Verletzung des gesetzlichen Richters iSd. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geführt hat (vgl. ua. BVerfG 4. März 2021 - 2 BvR 1161/19 - Rn. 52 ff.; 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 - zu C III der Gründe, BVerfGE 129, 78). Über die Einhaltung der Vorlageverpflichtung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV in diesen Fällen wacht das Bundesverfassungsgericht (ausführlich BFH 10. Oktober 2023 - IX K 1/21 - Rn. 20, BFHE 281, 503).
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III. Die vorstehende Rechtslage ist entgegen der Annahme der Klägerin unionsrechtlich geklärt. Einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es deshalb nicht.
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1. Der Senat ist nicht verpflichtet, das vorliegende Verfahren auszusetzen und den Gerichtshof um Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zu der Frage zu ersuchen, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, wenn nach nationalem Recht eine Verletzung der Vorlageverpflichtung durch denjenigen Spruchkörper überprüft wird, der die Vorlagepflicht verletzt haben soll. Durch den Gerichtshof ist bereits geklärt, dass es gemäß Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV Sache der Mitgliedstaaten ist, ein System von Rechtsbehelfen vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann (EuGH 25. Juli 2002 - C-50/00 P - Rn. 41; vgl. auch EuGH 27. Februar 2018 - C-64/16 - [Associação Sindical dos Juízes Portugueses] Rn. 31 ff.; 6. März 2018 - C-284/16 - Rn. 34, 36; 5. November 2019 - C-192/18 - Rn. 99). Der Vollzug des Unionsrechts und seine gerichtliche Durchsetzung erfolgen dabei nach nationalem Gerichtsorganisations- und Prozessrecht, da die Mitgliedstaaten für die administrative Durchsetzung des Unionsrechts zuständig sind (Art. 291 Abs. 1 AEUV). Insofern ist es in den Grenzen des Effektivitätsgrundsatzes Sache der Mitgliedstaaten, durch welche verfahrensrechtlichen und gerichtsorganisatorischen Modalitäten sie ihrer Verpflichtung aus Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV nachkommen (Gaitanides in von der Groeben/Schwarze/Hatje Europäisches Unionsrecht 7. Aufl. Art. 19 EUV Rn. 60). Ein bestimmter Instanzenzug oder auch nur ein Rechtsbehelf wird von dieser Norm dabei nicht gewährleistet. Es muss nur sichergestellt sein, dass natürliche und juristische Personen die Rechtmäßigkeit jeder nationalen Entscheidung oder anderen Maßnahme, mit der eine Gemeinschaftshandlung allgemeiner Geltung auf sie angewandt wird, vor einem unabhängigen Gericht (dazu EuGH 5. November 2019 - C-192/18 - Rn. 105 f., 108 ff.) anfechten und sich dabei auf die Ungültigkeit dieser Handlung berufen können (EuGH 25. Juli 2002 - C-50/00 P - Rn. 41; vgl. auch EuGH 27. Februar 2018 - C-64/16 - [Associação Sindical dos Juízes Portugueses] Rn. 31, 34, 37). Das war vorliegend bereits durch die Kündigungsschutzklage sichergestellt. Eine Kontrolle auch der letztinstanzlichen Entscheidung gebietet Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV dagegen nicht. Unabhängig davon entscheidet auch der sich bei der Nichtigkeitsklage selbst kontrollierende Spruchkörper als unabhängiges Gericht in völliger Autonomie und Unparteilichkeit entsprechend der vom Gerichtshof bereits geklärten Anforderungen. Dessen Anrufung bedarf es daher nicht.
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2. Soweit die Klägerin meint, der Senat müsse dem Gerichtshof Fragen im Zusammenhang damit vorlegen, ob es mit Unionsrecht vereinbar sei, wenn die nationale Rechtsordnung keinen statthaften Rechtsbehelf vorsehe, der eine volle, nicht lediglich auf Willkür beschränkte Rechtsprüfung der Verletzung der Vorlageverpflichtung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ermögliche, fehlt es an deren Entscheidungserheblichkeit. Die Klägerin verkennt, dass sich die Fragen, ob der Senat in der Ausgangsentscheidung die Vorlageverpflichtung verletzt hat und welcher Prüfungsmaßstab bei einer Rüge der Verletzung des gesetzlichen Richters anzulegen ist, mangels Statthaftigkeit der Nichtigkeitsklage nicht stellen. Diese Fragen werden allenfalls im Verfahren der Verfassungsbeschwerde entscheidungserheblich.
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IV. Entsprechend der vorstehenden Maßstäbe ist die vorliegende Nichtigkeitsklage nicht statthaft. Die Klägerin wendet sich mit ihr nicht gegen die personelle Zusammensetzung des erkennenden Senats bei Erlass der Ausgangsentscheidung - 6 AZR 16/22 - am 8. November 2022. Sie rügt allein die Verletzung der Vorlageverpflichtung an den Gerichtshof und vertritt unter Ergänzung ihres bisherigen rechtlichen Vorbringens lediglich eine von der Ausgangsentscheidung abweichende Rechtsmeinung. Diese Rüge kann mit der Klage nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht erhoben werden.
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Spelge
Volk
Heinkel
Der ehrenamtliche Richter Stein
ist an der Beibringung seiner
Unterschrift verhindert.
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