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BAG 25.08.2022 - 2 AZN 234/22
BAG 25.08.2022 - 2 AZN 234/22 - Nichtzulassungsbeschwerde - Einreichung von Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg - Anforderungen an eine ausreichende einfache Signatur
Normen
§ 46c Abs 3 S 1 Alt 2 ArbGG, § 46c Abs 4 S 1 Nr 2 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 3 Alt 2 ArbGG, § 72 Abs 6 ArbGG, § 72a Abs 7 ArbGG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Bonn, 2. Februar 2021, Az: 6 Ca 1996/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 18. Januar 2022, Az: 4 Sa 329/21, Urteil
Tenor
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1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Januar 2022 - 4 Sa 329/21 - aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
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3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 21.416,64 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG gestützte Beschwerde hat Erfolg.
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I. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeeinlegung und -begründung genügen entgegen der Auffassung des Klägers den sich aus § 72 Abs. 6, § 46c Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ArbGG ergebenden Anforderungen an die Einreichung von elektronischen Dokumenten beim Bundesarbeitsgericht. Nach den Angaben im Transfervermerk sind beide Schriftsätze als elektronisches Dokument aus dem besonderen Anwaltspostfach von Rechtsanwalt W und damit auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 46c Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ArbGG) übermittelt worden. Sie weisen auch eine ausreichende einfache Signatur auf. Bei einem nach dem Briefkopf als solcher ausgewiesenen Einzelanwalt ist zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreichend. Hierdurch wird ohne Weiteres erkennbar, dass der Kanzleiinhaber - vorliegend Rechtsanwalt W - Urheber der schriftlichen Prozesshandlung ist und die inhaltliche Verantwortung für das betreffende Dokument übernimmt. Weitere Rechtsanwälte sind im Briefkopf der Schriftsätze nicht aufgeführt. Insofern unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem Sachverhalt, der der von dem Kläger herangezogenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. Februar 2022 (- B 5 R 198/21 B - Rn. 9) zugrunde lag. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob die darüber geleistete - mit den Schriftsätzen eingescannte - Unterschrift entzifferbar ist.
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II. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag betreffend die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG). Das führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung seines Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht (§ 72a Abs. 7 ArbGG), ohne dass es auf die Zulässigkeit und Begründetheit der weiteren von der Beklagten erhobenen Rügen ankäme.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat zwar wiedergegeben und damit zur Kenntnis genommen, dass die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 auch auf den Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers stützt (vgl. Seite 13, erster Absatz des Berufungsurteils). Es hat dieses Vorbringen jedoch bei der Urteilsfindung wieder aus den Augen verloren und deshalb nicht in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG 27. Mai 1970 - 2 BvR 578/69 - zu III der Gründe, BVerfGE 28, 378). Die Entscheidungsgründe des Urteils beschäftigen sich an keiner Stelle mit einer „Verdachtskündigung“ und ihren Voraussetzungen.
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2. Der darin liegende Gehörsverstoß ist für die Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag betreffend die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 erheblich. Hierfür genügt es, dass das Landesarbeitsgericht bei Prüfung der Voraussetzungen einer Verdachtskündigung möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Das kann nicht ausgeschlossen werden.
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3. Die Zurückverweisung umfasst die weiteren Kündigungsschutzanträge gegen die außerordentliche Kündigung vom 26. Oktober 2020 sowie die ordentlichen Kündigungen vom 17. September 2020, 15. Oktober 2020 und 26. Oktober 2020 sowie den Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung.
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4. Demgegenüber verbleibt es bei der Abweisung seines Auflösungsantrags auf der Basis der bis zum ersten Berufungsurteil vermeintlich eingetretenen Auflösungsgründe. Allerdings ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit - wie der als unechter Hilfsantrag angebrachte Auflösungsantrag selbst - auflösend bedingt durch die Abweisung eines der Kündigungsschutzanträge im fortgesetzten Berufungsverfahren. Überdies könnte der Kläger einen neu angebrachten Auflösungsantrag nach der Zurückverweisung (nur) auf Gründe stützen, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Berufungsverfahren entstanden sind.
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5. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass dem Landesarbeitsgericht die Schriftsätze aus dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht vorliegen.
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III. Von einer weiteren Begründung wird nach § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.
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