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BAG 19.08.2015 - 5 AZR 450/14
BAG 19.08.2015 - 5 AZR 450/14 - Pausenvergütung - Auslegung einer Gesamtzusage - Zwischenfeststellungsklage
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Dortmund, 5. September 2013, Az: 6 Ca 2906/13, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 7. Mai 2014, Az: 3 Sa 1716/13, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Mai 2014 - 3 Sa 1716/13 - aufgehoben.
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2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 5. September 2013 - 6 Ca 2906/13 - wird zurückgewiesen.
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3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Vergütung von Pausenzeiten.
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Der Kläger ist als geringfügig beschäftigter Servicemitarbeiter bei der Beklagten, die ein Kino betreibt, angestellt. Bis 31. Dezember 2012 erhielt der Kläger Lohn iHv. 6,83 Euro brutto/Stunde. Seit 1. Januar 2013 finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit ein zwischen der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und der Beklagten sowie weiteren Unternehmen abgeschlossener Manteltarifvertrag und ein Entgelttarifvertrag Anwendung. Der Entgelttarifvertrag sieht ab 1. Januar 2013 einen Stundenlohn von 9,00 Euro brutto vor. Der Manteltarifvertrag enthält keine Regelung zu Pausen bzw. deren Vergütung.
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Der Kläger erhielt - ebenso wie eine Reihe anderer Mitarbeiter - bei Aufnahme seiner Beschäftigung ein „Willkommensschreiben“, in dem es ua. heißt:
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„Pausen
Da in diesem Betrieb eine feste Pausenregelung schwierig ist, werden die Pausen nicht, wie normalerweise üblich, von der Arbeitszeit abgezogen. Zudem steht Mitarbeiter/innen gesetzlich erst ab einer Arbeitszeit von 6 Stunden eine Pause zu (siehe unten). Um ein wenig Kontrolle und auch Gerechtigkeit walten zu lassen, gilt folgende Regelung:
Mitarbeiter/innen, die in die Pause gehen, müssen sich bei der Ebenenleitung abmelden und nach der Pause wieder anmelden.
…
(Arbeitszeitgesetz - § 4 Ruhepausen)
Die Arbeit ist durch Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.“
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Vor Inkrafttreten der Tarifverträge existierte bei der Beklagten keine klare Pausenregelung. Pausen wurden häufig nicht angetreten oder Arbeitsleistungen während genommener Pausen erbracht. Die Beklagte plante weder Pausen im Dienstplan ein noch kontrollierte sie deren Inanspruchnahme. Die Beklagte vergütete die in Arbeitszeiterfassungsbögen ausgewiesene Anwesenheitszeit der Mitarbeiter vollständig, dh. auch die Arbeitspausen. Seit Inkrafttreten der Tarifverträge regelt die Beklagte die Pausenzeiten in Dienstplänen und vergütet diese nicht mehr.
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Der Kläger fordert Vergütung für 1,5 Stunden im April 2013 genommene Pausen iHv. 13,50 Euro netto. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung einer Pflicht der Beklagten zur Vergütung von Pausen. Der Kläger meint, Pausen seien mit dem jeweiligen Stundenlohn zu vergüten. Diese Pflicht ergebe sich aus dem Willkommensschreiben der Beklagten. Es sei eine betriebliche Übung entstanden. Die Tarifverträge hätten diesen Anspruch nicht verdrängt.
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Der Kläger hat beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13,50 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2013 zu zahlen,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gemäß Dienstplan festgesetzte Ruhepausen mit dem jeweils aktuellen Stundenlohn des Klägers, derzeit 9,00 Euro netto, zu vergüten.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das Willkommensschreiben enthalte keine Willenserklärung, sondern lediglich eine Zusammenfassung von Hinweisen und Informationen für neu eingestellte Mitarbeiter.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist sowohl im Zahlungs- als auch im Feststellungsantrag unbegründet.
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I. Die Klageanträge sind zulässig. Der Zahlungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat klargestellt, dass die Klage für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen ist (zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweise zulässigen abschließenden Gesamtklage vgl. BAG 19. März 2014 - 7 AZR 480/12 - Rn. 11, 12). Der Feststellungsantrag ist als Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
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II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung von Pausen, sofern diese dem Arbeitszeitrecht entsprechend gewährt werden. Damit steht ihm für April 2013 keine weitere Vergütung iHv. 13,50 Euro netto nebst Zinsen zu. Er kann diese Vergütung weder auf eine Gesamtzusage noch auf eine betriebliche Übung stützen. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.
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1. Der Vergütungsanspruch folgt nicht aus einer Gesamtzusage.
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a) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, bei den einzelnen Regelungen im Willkommensschreiben handele es sich - soweit diese über Gesetzeszitate hinausgehen - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Das von der Beklagten vorformulierte Willkommensschreiben findet unstreitig auf eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen Anwendung.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 22).
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b) Das Willkommensschreiben beinhaltet nicht lediglich Informationen für neue Mitarbeiter, die aus Sicht der Beklagten keinen rechtlich verbindlichen Charakter haben. Vielmehr gehen einzelne Regelungen über das Weisungsrecht der Beklagten hinaus, bedürfen somit einer vertraglichen Grundlage. Dies betrifft gerade und vor allem die Pausenregelung einschließlich der Vergütung tatsächlich genommener Pausen. Insofern liegt ein Angebot (= Antrag iSv. § 145 BGB) auf Zahlung von Lohn für Pausenzeiten vor, der ohne diese Regelung nicht geschuldet wäre (vgl. BAG 28. Januar 2015 - 5 AZR 536/13 - Rn. 17; 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 21).
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Die Verpflichtung zur Pausenvergütung hat die Beklagte vertraglich übernommen. Zwar enthält der Wortlaut des Willkommensschreibens nicht ausdrücklich ein Angebot auf Pausenvergütung. Doch formuliert die Regelung zu „Pausen“, dass diese nicht - wie normalerweise üblich - von der Arbeitszeit abgezogen werden. In diesem Kontext kann der Begriff der Arbeitszeit nur iSd. „vergütungspflichtigen Arbeitszeit“ verstanden werden. Nach dem Willkommensschreiben sollen Pausenzeiten entlohnt werden, weil sie wie „Arbeitszeit“ behandelt werden. Wird Pausenzeit nicht von der Arbeitszeit abgezogen, gehört sie nach dem erklärten Willen der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Die Empfänger des Willkommensschreibens konnten und durften dies dahingehend verstehen, dass die Beklagte durch Gesamtzusage ein Angebot auf Pausenvergütung als Abweichung von der grundsätzlich nicht bestehenden Vergütungspflicht unterbreitet hat.
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c) Das in der Gesamtzusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14). Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen.
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d) Die Beklagte hat die Pausenvergütung aber nicht uneingeschränkt zugesagt. Ihrer Gesamtzusage ist zu entnehmen, dass die Beklagte eine Pausenvergütung anbot, weil ihr eine feste Pausenregelung Schwierigkeiten bereitete. Damit brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass Pausen lediglich vergütet werden, wenn und solange keine dem Arbeitszeitrecht entsprechende Pausenregelung etabliert ist. Ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont gilt das Angebot nur, wenn und solange feste Pausenzeiten nicht geregelt werden. Doch seit Inkrafttreten der Tarifverträge zum 1. Januar 2013 regelt die Beklagte Pausen in den Dienstplänen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum hat bereits eine „feste Pausenregelung“ iSd. Willkommensschreibens bestanden. Für diese Situation hat sich die Beklagte zu keiner Pausenvergütung verpflichtet.
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2. Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.
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a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 43). Ob eine betriebliche Übung zustande gekommen ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17).
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b) Die Beklagte hat in der Frage der Pausenvergütung lediglich das im Willkommensschreiben angekündigte Verhalten praktiziert und damit keine über die Gesamtzusage hinausgehende betriebliche Übung begründet.
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III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
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