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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 21.08.2014 - 8 AZR 629/13
BAG 21.08.2014 - 8 AZR 629/13
Vorinstanz
vorgehend ArbG Gera, 21. Mai 2012, Az: 1 Ca 114/12, Urteil
vorgehend Thüringer Landesarbeitsgericht, 23. Mai 2013, Az: 2 Sa 190/12, Urteil
nachgehend BVerfG, 23. März 2016, Az: 1 BvR 3440/14, Beschluss
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. Mai 2013 - 2 Sa 190/12 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 21. Mai 2012 - 1 Ca 114/12 - abgeändert.
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3. Die Klage wird abgewiesen.
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4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis nach mehreren Betriebsübergängen und einem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses besteht.
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Der Kläger ist seit 1991 bei der Beklagten, einem bundesweit tätigen Telekommunikationsunternehmen, und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Bei der Beklagten arbeitete er zuletzt als Kundenberater im Callcenter G; seine monatliche Bruttovergütung betrug damals ca. 3.000,00 Euro.
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Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers ging am 1. September 2007 von der Beklagten auf die „V GmbH“ (V) über. Darüber war der Kläger durch ein Unterrichtungsschreiben der V vom 26. Juli 2007 informiert worden. Der Kläger erhob damals keinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Er arbeitete nach dem Betriebsübergang für die V, mit der er weder einen neuen Arbeitsvertrag noch andere Vereinbarungen geschlossen hat.
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Am 1. Dezember 2008 erfolgte ein weiterer Betriebsübergang, von der V auf die T G GmbH (T). Mit Schreiben vom 25. Oktober 2008 wurde der Kläger darüber unterrichtet. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Er arbeitete forthin für die T; den von der T angebotenen Entwurf eines neuen Arbeitsvertrags unterschrieb der Kläger nicht.
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Mit Urteil vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) entschied der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der V, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, dass die Unterrichtung fehlerhaft war.
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten an die Beklagte vom 23. Januar 2012 widersprach der Kläger nunmehr dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V.
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Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. August 2013 wurde die T umfirmiert in „T O GmbH“, was am 3. September 2013 in das Handelsregister eingetragen wurde (HRB des Amtsgerichts H). Über deren Vermögen wurde nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter dem 10. Oktober 2013 am 16. Januar 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG H). Der Kläger hat gegen die T Kündigungsschutzklage erhoben.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, wegen der fehlerhaften Unterrichtung vom 26. Juli 2007 über den ersten Betriebsübergang von der Beklagten auf die V habe die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen. Sein Widerspruch vom 23. Januar 2012 sei rechtzeitig erfolgt.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht am 31. August 2007 beendet worden ist.
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Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte vor allem damit begründet, das Widerspruchsrecht des Klägers sei verwirkt.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Abweisung der Klage (§ 563 Abs. 3 ZPO). Einen Widerspruch gegen den früheren Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V konnte der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis mittlerweile mit T besteht, nicht mehr einlegen, § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Selbst wenn angenommen werde, dass nach 4,5 Jahren das Zeitmoment erfüllt sein könne, sei jedoch das Umstandsmoment nicht gegeben, weil der Kläger mit keinem der Betriebsübernehmer einen neuen Vertrag geschlossen und daher nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert habe.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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I. Das Widerspruchsrecht bezüglich des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübergang ist zwar in der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) nicht ausdrücklich geregelt, jedoch in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt (ua. EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 30 ff. mwN, Slg. 1992, I - 6577). Der Inhalt jenes Rechts ist unionsrechtlich nicht ausgestaltet; die Rechtsfolgen eines Widerspruchs für das Arbeitsverhältnis richten sich nach nationalem Recht (ua. EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 37, aaO).
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II. Der Widerspruch vom 23. Januar 2012 gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2007 erfolgte nicht gemäß § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB gegenüber dem „neuen Inhaber“ (im Januar 2012 die T) oder „dem bisherigen Arbeitgeber“ (im Januar 2012 die V), sondern gegenüber der Beklagten als einer früheren Arbeitgeberin. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit besteht nach dem Gesetz nicht. Auf die Frage einer Verwirkung kommt es nach allem nicht an.
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1. Nach dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB ist der Widerspruch gegenüber zwei Personen möglich: gegenüber dem „bisherigen Arbeitgeber“ oder dem „neuen Inhaber“. Ein Widerspruchsrecht gegenüber einem ehemaligen Arbeitgeber ist danach nicht gegeben (vgl. auch BAG 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 -). „Bisheriger“ Arbeitgeber in der Situation, in der sich der Kläger im Januar 2012 nach zwei Betriebsübergängen befand, wäre im Sinne des Gesetzes die V gewesen. „Bisher/ig“ bedeutet: „bis jetzt“ (Brockhaus-Wahrig Deutsches Wörterbuch S. 703 [1980]); „von einem unbestimmten Zeitpunkt an bis zum heutigen Tag“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. S. 607); „bislang/bis jetzt/bis heute/bis dato/bis zum heutigen Tage/bis zur jetzigen Stunde“ (Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter S. 116). Bezogen auf einen Betriebsübergang ist der „bisherige Arbeitgeber“ derjenige, der vor dem aktuellen Arbeitgeber den Betrieb innehatte. Die derzeitige Arbeitgeberin des Kläger, die T, ist „neue Inhaberin“ iSd. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB, da sie beim letzten Betriebsübergang den Betrieb erworben hat. Zur Beklagten steht der Kläger im Zeitpunkt der Erklärung seines Widerspruchs nicht mehr in einer, auch nicht in einer durch § 613a Abs. 6 BGB vermittelten arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertragsrechtlichen Beziehung. Die Beklagte war bei Zugang des Widerspruchs nicht „bisherige“ Arbeitgeberin, sondern hatte diese Eigenschaft lange vor dem Widerspruch am 1. Dezember 2008 durch den Betriebsübergang von V auf T (an V) verloren. V verlor durch diesen weiteren Betriebsübergang ihren Status als „neue Inhaberin“ und wurde zur „bisherigen Arbeitgeberin“. Die Erklärung im Januar 2012 gegenüber der Beklagten als einer früheren Arbeitgeberin ging damit ins Leere.
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Auch systematische Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch nur gegenüber dem „bisherigen“ Arbeitgeber oder „dem neuen Inhaber“, den letzten Übergang des Arbeitsverhältnisses betreffend, erklärt werden kann (näher BAG 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 - Rn. 19 ff.).
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2. Dies entspricht der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/7760 S. 20) für das Widerspruchsrecht. Mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 1, 2 und 12 GG) wäre es unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet würde, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92 -; ebenso zu der Richtlinie 2001/23/EG: EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 32, Slg. 1992, I - 6577).
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Ist „das“ Arbeitsverhältnis (es handelt sich immer um das eine, nicht um mehrere Arbeitsverhältnisse) mittlerweile vom Ersterwerber (bisheriger Arbeitgeber) auf einen Zweiterwerber (neuer Inhaber) übergegangen und dagegen ein Widerspruch nicht erhoben worden, stellt sich die Frage einer Verpflichtung, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt worden ist, nur noch in Bezug auf den Zweiterwerber (neuer Inhaber). Bezogen auf den Widerspruch vom 23. Januar 2012 gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2007 von der Beklagten zur V kann es insofern nur auf eine Arbeitspflicht des Klägers für die V ankommen. Eine solche bestand jedoch am 23. Januar 2012 nicht mehr, da das Arbeitsverhältnis infolge des weiteren Betriebsübergangs seit dem 1. Dezember 2008 mit der T besteht.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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