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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BSG 27.06.2024 - B 9 V 1/24 B
BSG 27.06.2024 - B 9 V 1/24 B
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Januar 2024 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über den Umfang der dem Kläger zustehenden Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Der 1981 geborene Kläger, ein in den Ruhestand versetzter Polizeibeamter, wurde 2007 von einem damaligen Kollegen unter Vorhalten der Dienstwaffe mit dem Tod bedroht. Als Folgen dieser Bedrohungssituation wurden von dem Beklagten eine Posttraumatische Belastungsstörung, eine andauernde Persönlichkeitsänderung und eine depressive Störung anerkannt sowie ein Grad der Schädigungsfolgen von 100 festgestellt. Mit den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen wurden dem Kläger zwar dem Grunde nach Versorgungsleistungen zuerkannt, aber deren Ruhen wegen anzurechnender Leistungen aus der Beamtenversorgung und der privaten Dienstunfähigkeitsversicherung des Klägers verfügt.
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Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat sich auf die Ruhensvorschrift des § 65 BVG gestützt und diese für mit höherrangigem Recht vereinbar gehalten (Urteil vom 25.1.2024).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel geltend.
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II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 18.6.2018 - B 9 V 1/18 B - juris RdNr 4 mwN). Diesen Anforderungen wird die Begründung des Klägers nicht gerecht.
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Der Kläger misst folgender Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei:
"Verstoßen § 65 Abs. 1 und 2 BVG sowie § 8 Abs. 3 S. 2 SGB XIV, soweit auch die Grundrente (§§ 30, 31 BVG) bzw. die monatliche Entschädigungszahlung (§ 83 SGB XIV) ruht, gegen Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/80 in der Auslegung des Urteils des EuGH vom 16.07.2020 zu Aktenzeichen C-129/19?"
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Die Beschwerdebegründung lässt aber die Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht erkennen.
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Klärungsfähigkeit ist gegeben, wenn das Revisionsgericht nach und aufgrund der Zulassung der Revision in der Lage ist, über die klärungsbedürftige Rechtsfrage auch sachlich entscheiden zu können (BSG Beschluss vom 10.8.2021 - B 5 R 154/21 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a V 7/06 B - SozR 4-2600 § 118 Nr 3 RdNr 5). Hingegen ist Klärungsfähigkeit im Sinne von Entscheidungserheblichkeit zu verneinen, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (stRspr; zB BSG Beschluss vom 12.8.2020 - B 1 KR 46/19 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 13.1.2017 - B 12 R 23/16 B - juris RdNr 20). Zur Darlegung der Klärungsfähigkeit ist daher vom Beschwerdeführer darzutun, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste (siehe zum Ganzen zB BSG Beschluss vom 8.8.2023 - B 9 V 7/23 B - juris RdNr 7). Das wird in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend aufgezeigt.
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Sie lässt schon nicht erkennen, inwieweit die Beantwortung der Frage für den vorliegenden Rechtsstreit relevant wäre. Dafür fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den Folgen des behaupteten Verstoßes der entschädigungsrechtlichen Ruhensvorschriften gegen Art 12 Abs 2 der Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (Amtsbl EU L 261/15). Richtlinien der Europäischen Union binden zunächst nur die nationalen Gesetzgeber (vgl § 288 Abs 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Die klägerische Annahme, der deutsche Gesetzgeber habe die Richtlinie nicht hinreichend in Bundesrecht umgesetzt, würde daher zunächst keinen Versorgungsanspruch gegen den Beklagten begründen, sondern könnte allenfalls zu staatshaftungsrechtlichen Ansprüchen gegen die Bundesrepublik Deutschland führen.
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Unabhängig davon ist zwar in Rechtsprechung und Schrifttum das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung nationalen Rechts anerkannt (vgl hierzu zB BAG Urteil vom 25.10.2018 - 8 AZR 562/16 - juris RdNr 40 f; BFH Urteil vom 9.5.2012 - I R 73/10 - BFHE 238, 1 - juris RdNr 19; Wendel in Kahl/Ludwigs, Handbuch des Verwaltungsrechts, Band II, 2021, § 51, jeweils mwN). Diese vermag indes die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 2 GG) nicht zu modifizieren. Die Gerichte dürfen sich daher nicht aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben, sondern müssen auch in diesem Fall die allgemeinen Grenzen der richterlichen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung beachten (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 26.9.2011 - 2 BvR 2216/06 ua - BVerfGK 19, 89 - juris RdNr 43 ff). Diese richten sich nach der jeweiligen mitgliedstaatlichen Methodenlehre (EuGH Urteil vom 4.7.2006 - C-212/04 - juris RdNr 110, wonach das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf). Derartige Auslegungsspielräume zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Der Kläger, der ausdrücklich eine vollständige Nichtanwendung der einschlägigen Ruhensvorschriften anstrebt, geht nicht darauf ein, wie sich das gewünschte Ergebnis methodengerecht erreichen ließe.
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2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), müssen für seine Bezeichnung die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Der Kläger macht mit seiner Rüge, das LSG habe das Verfahren antragsgemäß aussetzen und dem EuGH die Frage vorlegen müssen, "ob § 65 BVG mit Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/80 vereinbar ist", ausdrücklich eine Verletzung "seines Grundrechts auf den gesetzlichen Richter" geltend. Er geht aber nicht auf die Anforderungen ein, die das BVerfG an einen solchen Verstoß stellt. Danach stellt nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG dar; vielmehr ist zu prüfen, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art 267 AEUV bei verständiger Würdigung der das GG bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (so BVerfG <Kammer> Beschluss vom 20.4.2022 - 2 BvR 1713/21 - juris RdNr 44). Dazu verhält sich die Beschwerdebegründung indes nicht.
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Im Hinblick auf Art 267 Abs 3 AEUV lässt sie schon nicht erkennen, warum das LSG in den Anwendungsbereich der Norm fallen sollte, der nur Gerichte umfasst, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung nur nach vorheriger Zulassungserklärung durch das oberste Gericht geprüft werden kann oder dass die Art der Rechtsmittelgründe beschränkt ist (vgl EuGH Urteil vom 16.12.2008 - C-210/06 - juris RdNr 76 f; EuGH Urteil vom 4.6.2002 - C-99/00 - juris RdNr 16). Zu den Rechtsmitteln iS des Art 267 Abs 3 AEUV zählt daher auch die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG (BSG Beschluss vom 27.10.2023 - B 1 KR 69/22 B - juris RdNr 7 mwN).
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Im Hinblick auf Art 267 Abs 2 AEUV zeigt die Beschwerde schließlich nicht auf, warum sich der im Anwendungsbereich dieser Norm bestehende Ermessensspielraum im Sinne einer Vorlagepflicht des LSG verengt haben sollte (vgl BSG Beschluss vom 25.8.2004 - B 10 KG 3/03 B - juris RdNr 7).
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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4. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Kaltenstein
Othmer
B. Schmidt
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