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BSG 14.12.2021 - B 14 AS 61/20 R
BSG 14.12.2021 - B 14 AS 61/20 R - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsleistungen - berufliche Weiterbildung - Weiterbildungskosten - Kinderbetreuungskosten - Kosten für die Verpflegung der Kinder in einer Kindertagesstätte während der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme
Normen
§ 16 Abs 1 S 2 Nr 4 Alt 1 SGB 2 vom 13.03.2013, § 81 Abs 1 S 1 SGB 3, § 83 Abs 1 Nr 4 SGB 3, § 87 SGB 3 vom 08.07.2019, § 87 SGB 3 vom 20.12.2011, § 85 SGB 3 vom 10.12.2001, § 64 Abs 3 SGB 3, § 8 Abs 2 SGB 3, § 3 Abs 5 TagEinrKostBetG BE 2010
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 15. August 2018, Az: S 99 AS 22900/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 18. Juni 2020, Az: L 34 AS 1703/18, Urteil
Leitsatz
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Weiterbildungskosten sind auch die in funktionalem Zusammenhang mit der Kinderbetreuung durch Dritte stehenden Kosten für die Verpflegung der Kinder.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2020 und des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2018 sowie der Bescheid vom 8. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2015 geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 26. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2014 zu ändern und verurteilt, der Klägerin für ihr Kind L für die Zeit vom 18. Juni 2014 bis 31. Dezember 2014 monatlich 35 Euro und vom 1. Januar 2015 bis 31. Juli 2015 monatlich 40 Euro sowie für ihr Kind T für die Zeit vom 1. August 2014 bis 31. Dezember 2014 monatlich 35 Euro und vom 1. Januar 2015 bis 17. Juni 2016 monatlich 40 Euro zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
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Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/3.
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Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme von Kosten für die Verpflegung der Kinder der Klägerin in einer Kindertagesstätte während ihrer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme.
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Die 1985 geborene Klägerin absolvierte nach Erhalt eines Bildungsgutscheins vom beklagten Jobcenter vom 18.6.2014 bis 17.6.2016 eine Weiterbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen (IHK) in Teilzeit (täglich 9 Uhr bis 14:15 Uhr). Sie ist die Mutter der im Juli 2009 geborenen L und des im Mai 2011 geborenen T. Die Kinder besuchten bis zu ihrer Einschulung von Januar 2011 bis 31.7.2015 (L) bzw September 2012 bis 31.7.2017 (T) eine Kindertagesstätte. Nach Maßgabe des im streitbefangenen Zeitraums geltenden Berliner Landesrechts (Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetz - TKBG) waren in den letzten drei Jahren vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht, mit Ausnahme der Beteiligung an den Kosten für in einem Angebot enthaltene Verpflegung, Kosten nicht zu erheben. Für beide Kinder zahlte die Klägerin auf Rechnung der Kindertagesstätte im streitbefangenen Zeitraum monatliche Verpflegungsbeiträge in Höhe von je 23 Euro, zudem 12 Euro monatlich (ab 1.1.2015 17 Euro monatlich) für die "restliche Vollverpflegung". Eine schriftliche oder eine ausdrückliche mündliche Vereinbarung bestand insoweit nicht.
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Der Beklagte bewilligte Leistungen für die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme nach § 16 SGB II iVm §§ 81, 83 bis 87 SGB III in Form von Lehrgangs- und Fahrkosten, zudem für die Zeit vom 18.6. bis 31.7.2014 für T Betreuungskosten in Höhe von 260 Euro (bestandskräftiger Bescheid vom 26.6.2014; Widerspruchsbescheid vom 21.8.2014). Die Übernahme der Kosten für T über den 31.7.2014 hinaus und für L bereits dem Grunde nach lehnte der Beklagte ab, weil nach Maßgabe der Regelungen im TKBG der Besuch einer Kindertagesstätte in den letzten drei Jahren vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht mit Ausnahme des Mittagessens kostenfrei sei. Daher fielen für T ab dem 1.8.2014 und für L im gesamten Zeitraum keine Betreuungs- sondern nur Kosten für die im Angebot enthaltene Verpflegung an. Der Verpflegungsbedarf der Kinder sei Bestandteil des Regelbedarfs und könne nicht gesondert übernommen werden. Nach Maßgabe des TKBG könne die Klägerin zudem einen Betreuungsplatz verlangen, der über die vom TKBG erfassten Kosten hinaus keine weiteren Zahlungspflichten begründe.
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Den Überprüfungsantrag der Klägerin lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 8.7.2015; Widerspruchsbescheid vom 8.10.2015). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 15.8.2018; Urteil des LSG vom 18.6.2020). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, bei den Verpflegungskosten handle es sich nicht um Kinderbetreuungskosten iS des § 16 Abs 1 SGB II iVm §§ 83 Abs 1 Nr 4, 87 SGB III. Dies ergebe sich bereits daraus, dass § 83 Abs 1 Nr 3 SGB III die Anerkennung von Verpflegungskosten als Weiterbildungskosten nur für den Maßnahmeteilnehmer vorsehe und insoweit abschließend zu verstehen sei. Darüber hinaus handle es sich bei den Verpflegungskosten um solche des allgemeinen Lebensunterhalts, der vom Regelbedarf erfasst werde. Zuletzt fehle es an einem unmittelbaren kausalen Zusammenhang zwischen den Verpflegungskosten und der Maßnahmeteilnahme. § 87 SGB III diene nicht der Sicherung des Lebensunterhalts der Kinder, sondern der Entlastung der Eltern von ihrer Betreuungspflicht während der Maßnahme. Aufwendungen für das Essen seien nicht "für" die Betreuung angefallen. Daran ändere nichts, dass nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB VIII die Gemeinschaftsverpflegung in einer Kindertagesstätte unmittelbar zu deren gesetzlichem Auftrag zähle; denn die Kosten für das Essen selbst seien vom Regelbedarf abgedeckt.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision und rügt eine Verletzung der § 16 Abs 1 SGB II iVm §§ 83 Abs 1 Nr 4, 87 SGB III. Die Kosten für die Verpflegung der Kinder seien wie die Betreuung selbst unmittelbar mit der Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme verknüpft. Die angeführten Regelungen verfolgten das Ziel einer Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was bedinge, dass während der Teilnahme an der Maßnahme bestimmte Aufgaben der Eltern, zB die Sorge für ausreichende Nahrung, an die Betreuungseinrichtung delegiert werden könnten. Der Förderauftrag einer Kinderbetreuungseinrichtung umfasse auch die körperliche und soziale Entwicklung der Kinder durch regelmäßige Mahlzeiten in Gemeinschaft. Bei dem im Gesetz als Kosten der Kinderbetreuung aufgeführten Betrag von 130 Euro handle es sich um eine Pauschale je Kind und Monat, die also auch dann zu zahlen sei, wenn die tatsächlichen Kosten darunter liegen würden.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2020 und des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2018 aufzuheben, den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 8. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2015 zu verpflichten, den Bescheid vom 26. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Betreuungskosten für das Kind L in Höhe von 130 Euro monatlich für den Zeitraum vom 18. Juni 2014 bis 31. Juli 2015 sowie für das Kind T in Höhe von 130 Euro monatlich für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis 17. Juni 2016 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat zwar Anspruch auf Übernahme der Verpflegungskosten für ihre Kinder als Kosten der Kinderbetreuung während der Weiterbildungsmaßnahme, aber lediglich in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten, die geringer sind als der geltend gemachte Betrag von monatlich 130 Euro.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.7.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2015, mit dem es der Beklagte im Überprüfungsverfahren abgelehnt hat, den Bescheid vom 26.6.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2014 zu ändern und weitere Kinderbetreuungskosten zu zahlen. Der Sachentscheidung des Senats entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht.
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Der Antrag der Klägerin ist beschränkt auf die Zeit vom 18.6.2014 bis 31.7.2015 bezogen auf L und auf die Zeit vom 1.8.2014 bis 17.6.2016 bezogen auf T; der Höhe nach hat die Klägerin ihren Antrag nicht auf die tatsächlichen Kosten beschränkt, sondern macht die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 130 Euro je Kind und Monat geltend.
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Zutreffend verfolgt die Klägerin ihr Begehren im Wege der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 iVm § 56 SGG), gerichtet auf die Aufhebung des die Überprüfung der Übernahme von Kinderbetreuungskosten für die streitbefangenen Zeiträume ablehnenden Bescheids, auf Erteilung eines Änderungsbescheids sowie auf Zahlung höherer Leistungen.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Übernahme von Verpflegungskosten als Kinderbetreuungskosten sind in sozialverwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht § 40 Abs 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X und materiell-rechtlich § 16 Abs 1 Satz 2 Nr 4 1. Alt SGB II iVm § 83 Abs 1 Nr 4 und § 87 SGB III.
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Auch nach Unanfechtbarkeit ist nach § 40 Abs 1 SGB II (idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) iVm § 44 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGB X ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat zu Unrecht die Übernahme von Kosten für die Verpflegung der Kinder während des Besuchs der Kindertagesstätte als Kinderbetreuungskosten abgelehnt.
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Nach § 16 Abs 1 Satz 2 Nr 4 1. Alt SGB II (idF des Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege vom 13.3.2013, BGBl I 446) erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 SGB III und kann ua als Leistung des Dritten Kapitels SGB III Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt erbringen. Übt ein Leistungsträger sein Ermessen dergestalt aus, dass er eine der Leistungen nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II erbringt, ist er nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II hinsichtlich des Leistungsumfangs und des Rechtsgrunds grundsätzlich an die Regelungen im SGB III, hier also die des Vierten Abschnittes des Dritten Kapitels SGB III, gebunden (vgl zur Klarstellungsfunktion der Regelung in Bezug auf die in Abs 1 enthaltene Rechtsgrundverweisung BT-Drucks 15/2997 S 24). Ein Ermessen steht dem Leistungsträger also nur dann zu, wenn auch das SGB III ein solches vorsieht (BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 117/10 R - BSGE 108, 80 = SozR 4-4200 § 16 Nr 6, RdNr 14 mwN).
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Nach § 81 Abs 1 Satz 1 SGB III iVm § 83 Abs 1 Nr 4 SGB III (in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854) sind Weiterbildungskosten ua die durch die Weiterbildung unmittelbar entstehenden Kosten für die Betreuung von Kindern. Diese können in Höhe von 130 Euro monatlich je Kind übernommen werden (§ 87 SGB III ebenfalls idF des Gesetzes vom 20.12.2011).
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Ein Entschließungsermessen hinsichtlich des "Ob" der Kostenübernahme räumt § 87 SGB III trotz der verwendeten Formulierung "Kann" nicht ein. Denn bereits § 83 SGB III bestimmt, welches dem Grunde nach übernahmefähige Weiterbildungskosten sind. Sind diese iS des § 83 SGB III unmittelbar durch die Weiterbildung entstanden (dazu gleich), verbleibt in § 87 SGB III schon aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit § 83 SGB III kein Raum für eine weitere Ermessenentscheidung im Hinblick auf die Frage der Übernahme der Kinderbetreuungskosten dem Grunde nach (so auch Hassel in Brand, SGB III, 9. Aufl 2021, § 87a RdNr 2a; Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB III, K § 83 RdNr 43, Stand Juni 2021; B. Schmidt in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 83 RdNr 36, Stand Mai 2015; beim Bildungsgutschein nach § 77 SGB III aF ein Entschließungsermessen verneinend BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 22/09 R - SozR 4-4300 § 77 Nr 5 RdNr 10; ein Entschließungsermessen, zugleich unter Annahme einer regelmäßigen Ermessensreduktion auf Null bejaht Burkiczak in Schönefelder ua, SGB III, 3. Aufl 2021, § 87 RdNr 8).
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Anders als das LSG meint, sind auch die Verpflegungskosten der Kinder während des Besuchs der Kindertagesstätte wegen ihres funktionalen Zusammenhangs mit der Kinderbetreuung unmittelbar durch die Weiterbildung entstandene Kosten der Kinderbetreuung.
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Unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie und nach Sinn und Zweck der Regelung entstehen unmittelbar durch die Weiterbildung Kinderbetreuungskosten bereits dann, wenn während der Weiterbildung die Beaufsichtigung der Kinder sichergestellt werden muss, eine Teilnahme an der Maßnahme ohne die Betreuung der Kinder nicht möglich ist (so im Ergebnis auch Reichel in jurisPK-SGB III, 2. Aufl 2019, § 87 RdNr 17 mwN; B. Schmidt in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 87 RdNr 30, Stand Oktober 2020). Der Kausalzusammenhang in § 83 Abs 1 Nr 4 SGB III ist mithin nicht eng im Sinne einer "conditio sine qua non" zu verstehen (aA Burkiczak in Schönefelder ua, SGB III, § 87 RdNr 4, Stand April 2021). Ob die Kinder bereits vor Aufnahme der Weiterbildung durch Dritte betreut worden sind, ist deshalb ohne Belang (so auch zu § 45 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes - AFKG - vom 22.12.1981; BSG vom 16.9.1998 - B 11 AL 19/98 R - juris RdNr 17 f; aA noch zu § 45 AFG aF BSG vom 12.5.1982 - 7 RAr 17/81 - juris).
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Nur ein solches Kausalverständnis vermag es, den mit der Qualifizierung von Kinderbetreuungskosten als Weiterbildungskosten verbundenen Beitrag zur programmatischen Umsetzung des in § 8 Abs 2 SGB III verankerten Gebots zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinreichend rechtssicher auszugestalten. Denn soll eine berufliche Weiterbildung nicht an fehlenden finanziellen Mitteln zur Sicherstellung der Kinderbetreuung scheitern (vgl nur Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 22, Stand Juni 2021; B. Schmidt in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 87 RdNr 1, 3, Stand Oktober 2020), kann es nicht darauf ankommen, ob Erziehungsberechtigte ihre Kinder vor Aufnahme der Weiterbildung bereits durch Dritte betreuen ließen. Ein engeres Verständnis würde eine Kostenerstattung letztlich von Zufälligkeiten abhängig machen, weil der Zeitpunkt des Beginns der Kinderbetreuung durch Dritte nicht allein vom Beginn der Maßnahme, sondern zB von der Verfügbarkeit eines Betreuungsplatzes, fixen Eintrittsterminen, Wartezeiten etc abhängt (vgl BSG vom 16.9.1998 - B 11 AL 19/98 R - juris RdNr 18; Baar in Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, SGB III, 7. Aufl 2021, § 87 RdNr 6; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 51, Stand Juni 2021; Reichel in jurisPK-SGB III, 2. Aufl 2019, § 87 RdNr 17; B. Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 87 RdNr 30, Stand Oktober 2020).
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Sind in diesem Sinne Kosten für die Kinderbetreuung unmittelbar entstanden, erfassen diese auch die Verpflegung der Kinder während ihres Aufenthalts dort (so auch die fachlichen Weisungen der BA FbW S 34 zu § 87 SGB III). Ein normativer Ansatzpunkt, zwischen Kinderbetreuungskosten "im engeren Sinn", dh beschränkt auf die Dienstleistung Betreuung, und sonstigen Kosten wie der Verpflegung der Kinder zu differenzieren, findet sich weder in den §§ 83 ff SGB III noch in § 16 SGB II. Sie überzeugte auch in der Sache nicht, berücksichtigt man insbesondere die für den Betrieb einer Einrichtung entstehenden sonstigen Kosten und die komplexe Finanzierungsstruktur von Kindertageseinrichtungen (vgl insoweit nur §§ 22, 23 Kindertagesförderungsgesetz Berlin vom 23.6.2005). Denn bereits diese erlaubt keinen Schluss darauf, dass es sich bei anderen als Verpflegungskosten um "reine Betreuungskosten" handelt.
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Eine derartige Aufspaltung der Kosten widerspräche aber vor allem dem funktionalen Zusammenhang zwischen der von der Betreuungseinrichtung zu erbringenden Betreuungs- und Erziehungsleistung und gemeinschaftlichem Essen während der Betreuungszeit. Das gemeinschaftliche Essen ist insoweit notwendiger Bestandteil der Kinderbetreuung und wird nicht nur aus Anlass der Betreuung gewährt. Die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung in einer Kindertagesbetreuungseinrichtung ist insoweit ein wichtiges Element der sozialen Teilhabe von Kindern und verhindert Ausgrenzungsprozesse (BT-Drucks 17/3404 S 106 zur Einführung des Mehrbedarfs für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung nach § 28 Abs 6 SGB II; zur sozialintegrativen Funktion des gemeinschaftlichen Mittagessens in einer Werkstatt für behinderte Menschen ebenso BSG vom 9.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R - BSGE 102, 126 = SozR 4-3500 § 54 Nr 3, RdNr 18 mwN; zum gleichen Verständnis im Rahmen der Förderung in einer Tageseinrichtung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB VIII vgl nur OVG Bremen vom 23.1.2013 - 2 A 288/10 - juris RdNr 36). Deshalb rechtfertigt der Umstand, dass aufgrund landesrechtlicher Regelungen zur Finanzierung von Kinderbetreuungsangeboten den Eltern nur Verpflegungskosten in Rechnung gestellt werden, ein einengendes Verständnis der bundesrechtlichen Regelung des § 87 SGB III nicht. Sind also auch Verpflegungskosten Kinderbetreuungskosten, ist schon aus systematischen Gründen die weitere Prüfung ausgeschlossen, ob die Übernahme von Verpflegungskosten der Förderung der Weiterbildung oder lediglich der finanziellen Entlastung der Teilnehmenden von Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt dient. Denn die Kausalitätsprüfung bezieht sich ausschließlich auf die Entstehung von Kosten für die Kinderbetreuung.
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Dass in der von den Kindern der Klägerin besuchten Kindertageseinrichtung außerdem Kosten für das Mittagessen und die sonstige Verpflegung getrennt ausgewiesen werden und nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) eine schriftliche Vereinbarung bzw ausdrückliche mündliche Abrede zwischen der Klägerin und der Einrichtung zumindest hinsichtlich der weiteren Verpflegung nicht besteht, ist nicht von Belang. Die Klägerin hat nach den weiteren Feststellungen des LSG, wie schon vor der Aufnahme der Weiterbildung, die von der Tageseinrichtung angebotene gemeinschaftliche Verpflegung in Anspruch genommen und dafür gezahlt. Damit ist zumindest eine wirksame mündliche Abrede über die Inanspruchnahme des Angebots getroffen worden. Anlass oder eine Verpflichtung, Teile einer (auch mündlich wirksamen) vertraglichen Vereinbarung zu kündigen oder gar einen anderen Kinderbetreuungsplatz ohne Inanspruchnahme von Verpflegung zu suchen, wie der Beklagte meint, bestand für die Klägerin nicht.
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Gegen das gefundene Verständnis spricht auch nicht, dass bei Weiterzubildenden und ihren Kindern, die im SGB II-Leistungsbezug stehen, Aufwendungen für Verpflegung vom Regelbedarf umfasst sind und die Kinder für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung nach § 28 Abs 6 SGB II Leistungen zur Bildung und Teilhabe beanspruchen könnten. Durch die in § 16 Abs 1 SGB II enthaltene Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften der §§ 81 ff SGB III folgt zwar einerseits der abschließende Charakter des insoweit in Bezug genommenen Leistungskatalogs; zugleich ist der Träger aber auch an die dortigen Leistungsvoraussetzungen und den Leistungsumfang gebunden. Soweit also das SGB II nichts Abweichendes regelt, ergeben sich die Leistungsvoraussetzungen der einzelnen Leistungen aus dem SGB III (BSG vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 14). Da weder § 16 SGB II noch § 83 Abs 1 Nr 4 SGB III oder § 87 SGB III die Erbringung von Kosten der Kinderbetreuung von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Teilnehmenden abhängig machen (anders zB § 90 Abs 4 SGB VIII) oder Sonderregelungen für Bezieher existenzsichernder Leistungen vorsehen, verbietet sich ein Verständnis, das die Auslegung des Begriffs der Betreuungskosten mit der Frage der Finanzierung des Lebensunterhalts des Teilnehmenden verbindet. Insoweit schafft § 83 Abs 1 Nr 4 SGB III einen von existenzsicherungsrechtlichen Bedarfszuordnungskriterien unabhängigen Anspruch von nach dem SGB II leistungsberechtigten Personen, die Leistungen zur beruflichen Weiterbildung erhalten. Nicht zuletzt sind die in Bezug genommenen aktiven Leistungen des SGB III vorrangig vor den passiven Leistungen nach dem SGB II, also auch gegenüber Leistungen der Mittagsverpflegung nach § 28 Abs 6 SGB II. Die Regelung des § 83 Abs 1 Nr 3 SGB III, wonach Weiterbildungskosten auch die durch die Weiterbildung unmittelbar entstehenden Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung sind, steht dem nicht entgegen. Denn sie betrifft nur die Verpflegung des Teilnehmers selbst bei auswärtiger Unterbringung, trifft also zur Frage der Verpflegungskosten Dritter keine Aussage.
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Der Klägerin stehen allerdings nur Betreuungskosten in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten zu, die unterhalb der pauschalierten 130 Euro monatlich liegen. Die Betragsregelung in § 87 SGB III ist als Obergrenze zu verstehen. Ein solches Normverständnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung, der von "Übernahme" von Kosten der Kinderbetreuung und nicht einem Pauschalbetrag spricht und wird gestützt durch systematische Überlegungen. Zum einen entspricht dieses Verständnis der Normstruktur dem ebenfalls als Kann-Vorschrift formulierten § 86 SGB III, der als pauschale Höchstbetragsregelung ausgestaltet ist. Zu einem anderen Verständnis zwingt auch nicht ein Vergleich mit § 64 Abs 3 SGB III. Denn § 64 Abs 3 SGB III bestimmt normativ einen Bedarf für Kosten der Kinderbetreuung und kann schon deshalb nicht mit der Kostenübernahmeregelung in § 87 SGB III gleichgesetzt werden. Mit dem Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes (vom 8.7.2019, BGBl I 1025) erfolgte zwar eine Anpassung des in § 87 SGB III genannten Betrags an den der Berufsausbildungsbeihilfe in § 64 Abs 3 Satz 1 SGB III bzw das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Zur Begründung wurde aber lediglich darauf verwiesen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drucks 19/10691 S 9), dass die Beträge, die für die Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder erstattet werden können, für die Auszubildenden in beruflicher Ausbildung und Teilnehmende an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in gleichem Umfang wie im BAföG jeweils zum 1.8.2019 und 1.8.2020 steigen sollen; die entsprechenden Änderungen in § 64 Abs 3 SGB III würden auch für die Kinderbetreuungskosten nach § 87 SGB III nachvollzogen, um einen Gleichlauf der Beträge für Auszubildende und für geförderte Teilnehmende an beruflicher Weiterbildung nach dem SGB III (§ 87 SGB III) und SGB II (§ 16 Abs 1 SGB II iVm § 87 SGB III) zu erreichen. Da der Wortlaut des § 87 SGB III im Übrigen unverändert geblieben ist, ist ein über die gewollte Angleichung der Beträge hinausgehender Wille des Gesetzgebers nicht anzunehmen.
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Der Umstand, dass mit dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) der Wortlaut des § 87 SGB III geändert wurde und seitdem Kinderbetreuungskosten "in Höhe von 130 Euro" (zuvor: "in Höhe von bis zu 130 Euro") übernommen werden können, zwingt nicht zu einem anderen Normverständnis. Denn zur Begründung hat der Gesetzgeber lediglich darauf hingewiesen, dass aus Gründen der Vereinfachung künftig "regelmäßig" Kinderbetreuungskosten in Höhe von 130 Euro je Kind übernommen werden sollen (BT-Drucks 15/25, 30). Dies lässt trotz des insoweit geänderten Wortlauts Raum für ein Normverständnis im Sinne einer Obergrenze (so im Ergebnis auch Burkiczak in Schönefelder ua SGB III, § 87 RdNr 10 f, Stand April 2021; 20; aA Hassel in Brand, SGB III, 9. Aufl 2021, § 87 RdNr 4; Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB III, K § 87 RdNr 44 f, Stand Juni 2021; Reichel in jurisPK-SGB III, § 87 RdNr 20, 2. Aufl 2019; B. Schmidt in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 87 RdNr 28, Stand Oktober 2020).
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Ob § 87 SGB III der Agentur für Arbeit Ermessen hinsichtlich der Höhe der Kostenübernahme einräumt, kann vorliegend offen bleiben, denn selbst ein Auswahlermessen unterstellt, fehlte es an Gründen für eine andere Entscheidung als die, die tatsächlich entstandenen Kosten in voller Höhe zu übernehmen (Ermessensreduktion auf Null).
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Die tatsächlichen Kosten für die Kinderbetreuung beliefen sich für L für die Zeit vom 18.6.2014 bis 31.12.2014 auf 35 Euro monatlich (23 Euro Mittagessen, 12 Euro sonstige Vollverpflegung) und vom 1.1.2015 bis 31.7.2015 auf monatlich 40 Euro (23 Euro Mittagessen und 17 Euro sonstige Vollverpflegung) sowie für T für die Zeit vom 1.8.2014 bis 31.12.2014 ebenfalls auf 35 Euro bzw vom 1.1.2015 bis 17.6.2016 auf monatlich 40 Euro; in diesem Umfang sind die im Verfahren nach § 44 SGB X zur Überprüfung gestellten Bescheide des Beklagten zu ändern und Leistungen zu zahlen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ergebnis des Verfahrens.
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