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BSG 31.08.2021 - B 4 AS 204/21 B
BSG 31.08.2021 - B 4 AS 204/21 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionszulassung - grundsätzliche Bedeutung - Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - Klagerücknahmefiktion - Untätigkeit des Klägers - Betreibensaufforderung - Frage der Nachrangigkeit im Verhältnis zur Fristsetzung
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 102 Abs 2 SGG, § 106a SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Magdeburg, 18. November 2019, Az: S 21 AS 847/18 WA, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 1. Juni 2021, Az: L 5 AS 2/20, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 1. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
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1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
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Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin misst der Frage, ob "§ 102 Abs. 2 SGG für die Sozialgerichte eine zusätzliche Möglichkeit verschaffen [sollte], Verfahren beschleunigt zu beenden oder [...] ein Vorgehen nach § 102 Abs. 2 SGG im Verhältnis zu anderen Maßnahmen insbesondere einer Fristsetzung nach § 106a SGG subsidiär [ist]", grundsätzliche Bedeutung zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin damit eine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert hat (so bereits BSG vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 6 zur identisch formulierten Frage). Die Klägerin legt jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dar, weil sie sich nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG auseinandergesetzt hat. Es hätte einer Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer Klagerücknahmefiktion unter Auswertung dieser Rechtsprechung bedurft (BSG vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 6). Hierzu hätte schon deswegen besonderer Anlass bestanden, weil das BSG in seinen bisherigen Entscheidungen, in denen es das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Betreibensaufforderung bejaht hat, dies nicht davon abhängig gemacht hat, dass zuvor eine Fristsetzung nach § 106a SGG erfolgt war (vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 105/16 B - SozR 4-1500 § 156 Nr 1 RdNr 4 ff; BSG vom 4.4.2017 - B 4 AS 2/16 R - BSGE 123, 62 = SozR 4-1500 § 102 Nr 3, RdNr 18 ff; BSG vom 8.12.2020 - B 4 AS 280/20 B - juris RdNr 10 ff).
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2. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 119).
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Eine solche Divergenz hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie entnimmt Entscheidungen des BVerfG und des BVerwG - Entscheidungen des BVerwG können im sozialgerichtlichen Verfahren im Übrigen keine Divergenz begründen - den Rechtssatz, dass eine Rücknahmefiktion nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vorkomme und eine Gesamtwürdigung von Betreibensaufforderung und Verhalten des Klägers erforderlich sei. Die Klägerin macht insofern aber nur geltend, dass die Entscheidung des LSG diesen Maßstäben nicht genüge (sog bloße Subsumtionsrüge; vgl etwa BSG vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 11; BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 93/20 B - juris RdNr 15), behauptet also nur eine Subsumtionsabweichung, aber keine Abweichung im Grundsätzlichen. Eine solche ist auch nicht dadurch dargetan, dass sie der Entscheidung des LSG den Rechtssatz entnimmt, dass das Fehlen einer Klagebegründung im Zusammenhang mit weiteren konkreten Umständen des Einzelfalles auf einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses hindeuten könne. Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, inwiefern zwischen diesem Satz und den von der Klägerin den Entscheidungen des BVerfG entnommenen Formulierungen ein Widerspruch liegen soll.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
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