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BSG 20.01.2021 - B 1 KR 31/20 R
BSG 20.01.2021 - B 1 KR 31/20 R - Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Bestätigung der Abrechnung durch MDK und Bezahlung des Rechnungsbetrags - nachträgliche Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs aufgrund neuer Erkenntnisse durch BSG-Entscheidung - geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - Altersuntergrenze von mindestens 60 Jahren
Normen
§ 4 Abs 3 SGB 5, § 69 Abs 1 S 3 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 109 Abs 5 SGB 5 vom 11.12.2018, § 118a SGB 5, § 275 Abs 1c SGB 5 vom 26.03.2007, § 301 Abs 2 S 4 SGB 5 vom 11.12.2018, § 325 SGB 5 vom 11.12.2018, § 7 KHEntgG, § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG, § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG, § 17b Abs 2 KHG, § 19 Abs 7 KHG, Nr 8-550.1 OPS 2010, § 1 Abs 6 S 1 KFPVbg 2010, Anl 1 Teil a Nr B44A KFPVbg 2010, Anl 1 Teil a Nr B70D KFPVbg 2010, DKR 2010, § 133 BGB, § 242 BGB, § 366 Abs 2 BGB, § 388 S 1 BGB, § 389 BGB, § 390 BGB, § 396 Abs 1 S 2 BGB, § 814 BGB
Vorinstanz
vorgehend SG Neuruppin, 25. September 2017, Az: S 33 KR 417/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 26. August 2020, Az: L 9 KR 462/17, Urteil
Leitsatz
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Die Bestätigung einer Krankenhausabrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und die nachfolgende Bezahlung des Rechnungsbetrags nebst Aufwandspauschale schließen die nachträgliche Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs durch die Krankenkasse aufgrund neuer Erkenntnisse etwa durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht aus.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. August 2020 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 25. September 2017 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten in allen Rechtszügen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5548,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
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Die Klägerin ist Trägerin eines in den Krankenhausplan des Landes Brandenburg aufgenommenen Krankenhauses. Dort wurde in der Zeit vom 31.1. bis 22.2.2010 die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, am 15.3.1950 geborene A. (im Folgenden: Versicherte) nach einem erlittenen Schlaganfall vollstationär zunächst in der neurologischen und nachfolgend in der geriatrischen Abteilung behandelt. Das Krankenhaus stellte der Krankenkasse am 1.3.2010 für diese Behandlung 10 875,71 Euro auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Groups, <DRG>) B44A (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems mit schwerer motorischer Funktionseinschränkung, mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) in Rechnung. Hierzu gelangte das Krankenhaus, indem es unter anderem die Prozedur 8-550.1 (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung, mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten) des Operationen- und Prozedurenschlüssels 2010 (OPS) verschlüsselte. Die Krankenkasse veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), der die Richtigkeit der Abrechnung bestätigte. Am 15.7.2011 beglich die Krankenkasse den Rechnungsbetrag sowie die vom Krankenhaus ebenfalls in Rechnung gestellte Aufwandspauschale. Am 22.9.2015 forderte die Krankenkasse unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 23.6.2015 (B 1 KR 21/14 R) einen Betrag von 5548,52 Euro zurück, weil die Versicherte zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht 60 Jahre alt gewesen sei. In der Folge verrechnete die Krankenkasse am 5.10.2015 zunächst den gesamten Rechnungsbetrag mit anderen unstreitigen Vergütungsforderungen des Krankenhauses und zahlte stattdessen am 6.10.2015 einen Betrag von 5327,18 Euro.
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Das SG hat die Krankenkasse nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Zahlung von 5548,52 Euro nebst Zinsen verurteilt. Die Voraussetzungen des OPS 8-550.1 lägen vor. Die Kodierrichtlinien und der OPS sähen eine Altersbeschränkung für die Kodierung der geriatrischen Komplexbehandlungen nicht vor. Es sei nach dem medizinischen Fachverständnis auf das durch die individuellen Erkrankungen geprägte biologische Alter abzustellen. Die Versicherte habe die erforderliche altersspezifische Multimorbidität aufgewiesen. Die Aufrechnung der Krankenkasse mehr als vier Jahre nach der beanstandungslos durchgeführten MDK-Prüfung und der vorbehaltlosen Bezahlung der Schlussrechnung verstoße zudem gegen Treu und Glauben (Urteil vom 25.9.2017).
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Das LSG hat die Berufung der Krankenkasse zurückgewiesen. Der eingeklagte Vergütungsanspruch des Krankenhauses sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des OPS 8-550.1 im Fall der Versicherten erfüllt seien. Der Erstattungsforderung der Krankenkasse habe jedenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengestanden. Das Krankenhaus habe nicht damit rechnen müssen, dass die Krankenkasse ihre 2011 erfolgte Zahlung im Nachgang zu der Entscheidung des BSG vom 23.6.2015 zur Auslegung des OPS 8-550 erneut überprüfen werde. Der MDK habe die Richtigkeit der kodierten OPS bestätigt und die Krankenkasse mit der Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrages und auch der Aufwandspauschale beim Krankenhaus das schutzwürdige Vertrauen begründet, die Kodierprüfung sei damit endgültig abgeschlossen. Die beklagte Krankenkasse habe zudem bis zur Entscheidung des BSG in allen Fällen der Kodierung der frührehabilitativen geriatrischen Komplexbehandlung die Zahlung der Vergütung nicht von einem Mindestalter der Patienten abhängig gemacht. Auch auf diese langjährige Verwaltungspraxis habe das Krankenhaus vertrauen dürfen (Urteil vom 26.8.2020).
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Die beklagte Krankenkasse rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm dem in § 242 BGB verankerten Grundsatz von Treu und Glauben. Die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung infolge Vertrauensschutzes lägen nicht vor. Es fehle bereits an der Etablierung einer praktischen und einvernehmlichen Verfahrensweise zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen bezogen auf die Auslegung des Merkmals "geriatrisch" in OPS 8-550, auf die die klagende Krankenhausträgerin hätte vertrauen können. Zudem liege kein Fall höchstrichterlicher Billigung vor.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. August 2020 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 25. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der beklagten Krankenkasse, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG), ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht hat das SG der Klage stattgegeben und das LSG die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Die von der klagenden Krankenhausträgerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (stRspr; vgl zB BSG vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN), jedoch unbegründet. Das Krankenhaus hat keinen Anspruch auf Zahlung von 5548,52 Euro und dementsprechend keinen Zinsanspruch. Der Anspruch stand dem Krankenhaus aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zwar zu (dazu 1). Er erlosch jedoch infolge wirksamer Aufrechnung mit dem in derselben Höhe entstandenen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Vergütung für die Behandlung der Versicherten (dazu 2). Der Krankenkasse stand ein Anspruch auf Erstattung eines ohne Rechtsgrund an das Krankenhaus gezahlten Betrags von 5548,52 Euro zu (dazu 3). Diesem standen auch keine Einwendungen oder Einreden entgegen (dazu 4). Die Krankenkasse hat schließlich auch wirksam die Aufrechnung erklärt (dazu 5).
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1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass das Krankenhaus aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Krankenkasse zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 5548,52 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG vom 6.3.2012 - B 1 KR 14/11 R - SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 3.7.2012 - B 1 KR 16/11 R - SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 57/12 R - SozR 45562 § 9 Nr 4 RdNr 8).
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2. Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Krankenkasse wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten die Aufrechnung erklärte (vgl zur Aufrechnung BSG vom 28.9.2010 - B 1 KR 4/10 R - SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16; BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R - SozR 4-5562 § 11 Nr 2; BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R - SozR 4-7610 § 366 Nr 1).
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3. Die Krankenkasse hatte einen Anspruch auf Erstattung von 5548,52 Euro.
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Zahlungen ohne Rechtsgrund begründen einen Erstattungsanspruch des Zahlenden gegenüber dem Zahlungsempfänger (vgl dazu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 11 mwN; zur Alternativität der Rechtsgrundlagen vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - juris RdNr 10). Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt. Die Bezahlung des Rechnungsbetrags von insgesamt 10 875,71 Euro war in Höhe von 5548,52 Euro ohne Rechtsgrund erfolgt. Dem Krankenhaus stand die Vergütung, die die Krankenkasse für die Krankenhausbehandlung der Versicherten bezahlt hatte, nicht in voller Höhe zu. Denn die Versicherte war im konkreten Fall aufgrund ihres Alters von seinerzeit nur 59 Jahren nicht geriatrisch frührehabilitativ zu behandeln. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest: Danach ist für die Kodierung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung regelmäßig ein Alter von 70 Jahren erforderlich, zumindest aber ein Alter von 60 Jahren in Verbindung mit plausibilisierenden Angaben (so BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46). Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 17.12.2020 (B 1 KR 21/20 R) klargestellt.
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a) Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der klagenden Krankenhausträgerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für die Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, FPV) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG. Maßgeblich sind hier die für das Jahr 2010 geltende FPV einschließlich ihres Fallpauschalenkatalogs.
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b) Das Krankenhaus durfte auf dieser Grundlage für die Behandlung der Versicherten einen Rechnungsbetrag von nur 5327,18 Euro berechnen. Sie hat dagegen keinen Anspruch auf Zahlung des höheren Gesamtbetrags von 10 875,71 Euro, der sich auf der Grundlage einer Kodierung der DRG B44A (in der hier maßgeblichen Fassung von 2010) ergäbe.
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aa) Die Beteiligten ziehen zu Recht nicht in Zweifel, dass das Krankenhaus die DRG (2010) B44A (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems mit schwerer motorischer Funktionseinschränkung, mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) nur abrechnen durfte, falls sie zulässig OPS 8-550.1 kodiert hat. Anderenfalls richtet sich die Kodierung nach DRG (2010) B70D (Apoplexie ohne komplexen zerebrovaskulären Vasospasmus, ohne komplizierende Diagnose oder systemische Thrombolyse, mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls bis 72 Std oder mit anderer neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls bis 72 Std). Dies wird durch die Beteiligten ebenso wenig wie der sich dann ergebende Vergütungsbetrag von 5327,18 Euro in Zweifel gezogen und vom Senat daher ohne Weiteres zugrunde gelegt (stRspr; vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG vom 26.5.2020 - B 1 KR 26/18 R - juris RdNr 11 mwN).
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bb) Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2011 sind zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus - zertifiziert worden sind.
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Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu Letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2010 nach Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 2.9.2009, BAnz 2009, 3885). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (stRSpr; vgl nur BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).
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Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich auch des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. In Streitfällen sind daher die Gerichte zur Auslegung der Vorschriften nach diesen Maßstäben berufen.
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Anderes folgt - entgegen der Rechtsauffassung des Krankenhauses - auch nicht aus der Neuregelung des § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz vom 11.12.2018 (PpSG, BGBl I 2394), jetzt Satz 6. Darin wird das DIMDI (jetzt das BfArM) ermächtigt, bei Auslegungsfragen zu den Diagnoseschlüsseln (ICD-10-GM) und den Prozedurenschlüsseln (OPS) Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vorzunehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen. Unabhängig davon, welche Bedeutung diese Regelung innerhalb einer Vergütungsstreitigkeit zukommt und wie sie verfassungsrechtlich zu bewerten ist (vgl dazu Bockholdt, jurisPR-SozR 21/2020 Anm 1), hat das DIMDI bzw jetzt BfArM in Bezug auf die vorliegend streitige Frage, wann eine geriatrische Behandlung iS von OPS 8-550 vorliegt, eine Klarstellung nicht getroffen. Die rückwirkende Änderung des OPS 8-550 in dem Corrigendum des DIMDI vom 6.12.2018 (abrufbar unter www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/ops/kode-suche/opshtml2019/zusatz-10-anh-klarstellungen.pdf) betrifft allein das Mindestmerkmal der wöchentlichen Teambesprechung. Schon der Umstand, dass - auch jetzt - keine Klarstellung erfolgt ist, führt gerade zum Erfordernis einer Auslegung durch den erkennenden Senat. Dass Gerichte ganz grundlegend und von Verfassungs wegen nicht mehr zur Auslegung von Regelungen des OPS berechtigt sein sollen, weil das DIMDI bzw BfArM insoweit (ggf auch) definitorische Vorgaben machen dürfe, lässt sich weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 19/5593 S 105) oder Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Dagegen sprechen im Übrigen auch die Regelungen des § 19 KHG, die die letztverbindliche Klärung grundsätzlich bedeutsamer Kodier- und Abrechnungsfragen durch die Sozialgerichte explizit vorsehen (vgl § 19 Abs 7 KHG).
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Die Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 11/09 R - BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32, RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).
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cc) Die Vergütung der Behandlung des Versicherten richtet sich vorliegend nicht nach DRG (2010) B44A. Diese wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn zusätzlich zu den zwischen den Beteiligten unstreitigen Parametern, nämlich der Hauptdiagnose I63.5 (Hirninfarkt durch nicht näher bezeichneten Verschluss oder Stenose zerebraler Arterien) sowie der Nebendiagnose U50.40 (Schwere motorische Funktionseinschränkung: Barthel-Index: 20-35, jeweils ICD-10-GM Version 2010), sowie dem OPS 8-981.0 (Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls: Mindestens 24 bis höchstens 72 Stunden) Prozeduren nach OPS 8-550 zu kodieren sind. Der Senat hält aufgrund der nachstehenden Erwägungen an seiner Rechtsprechung zum Kodierungsbereich geriatrischer frührehabilitativer Komplexbehandlung fest. Danach ist für diese neben der typischen Multimorbidität regelmäßig ein Alter von 70 Jahren zu fordern, zumindest aber ein Alter von 60 Jahren in Verbindung mit plausibilisierenden Angaben (so BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 20). Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 17.12.2020 (B 1 KR 21/20 R) klargestellt. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn die Versicherte war im konkreten Fall nur 59 Jahre alt.
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Alle OPS 8-550, die sich im Weiteren nur anhand der Behandlungsdauer und der Anzahl der therapeutischen Einheiten unterscheiden, sind überschrieben als "geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen". Sie formulieren nach dem einleitenden "Hinweis" als Exclusivum die "Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (8-552 ff.), Fachübergreifende und andere Frührehabilitation (8-559 ff.) und die Physikalisch-medizinische Komplexbehandlung (8-563 ff.)" und setzen ua eine "Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich 'Klinische Geriatrie' erforderlich)" voraus.
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Schon anhand des Wortlauts der konkreten OPS-Bezeichnung selbst, aber auch aus der Definition für ein geriatrisches Behandlungsteam folgt, dass es um eine geriatrische Behandlung der Patienten geht. Wann eine geriatrische Behandlung vorliegt, wird für den Bereich der Krankenhausvergütung nach wie vor weder durch den OPS noch an anderer Stelle durch normative Vorgaben ausdrücklich definiert (vgl zum 2005 geltenden Recht schon ausführlich BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 17). Aus der Begriffswahl "geriatrisch" folgt aber zwingend, dass das Alter des Patienten maßstabsbildend ist. Konkretere Angaben dazu, wer im Sinne der OPS (2010) 8-550 alt ist, ist jedoch dem OPS nicht zu entnehmen. Dies ergibt sich auch nicht anhand eines vom OPS ausdrücklich oder implizit in Bezug genommenen, normativ determinierten Begriffsverständnisses (dazu 1) oder anhand eines faktisch bestehenden, einheitlichen wissenschaftlich-medizinischen Sprachgebrauchs (dazu 2). Ergeben sich danach keine eindeutigen Ergebnisse, ist der allgemeinsprachliche Begriffskern maßgeblich (dazu 3). Der Lösungsansatz des Krankenhauses von einem "vorgealterten Menschen", der sich insoweit den Maßstab des Sachverständigen in erster Instanz zu eigen macht, führt zu einem vom OPS-Wortlaut nicht gedeckten, völlig eigenständigen und damit unzutreffenden Maßstab (dazu 4).
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Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2020 zu den Punkten (1) bis (3) bereits grundlegend entschieden und dort wie folgt ausgeführt:
"(1) Geriatrie ist in einem allgemeinen Begriffsverständnis die Lehre von den Krankheiten des alternden Menschen (vgl Wikipedia, unter "http://de.wikipedia.org/wiki/ Geriatrie"; vgl griechisch γέρων <geron>, Substantiv: der Alte, der Greis, Adjektiv: bejahrt, betagt, www.gottwein.de/GrWk/Gr01.php% CE%B3%CE%AD%CF%81%CF%89%CE%BD&ab=Hui; beide abgerufen am 16.12.2020). Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) übersetzt den Begriff der Geriatrie daher auch mit "Altersmedizin“ (vgl die Ausführungen zu "Was ist Geriatrie" der Internetseite der DGG, abrufbar unter www.dggeriatrie.de/nachwuchs/91-was-ist-geriatrie.html, abgerufen am 16.12.2020; so im Übrigen auch Wikipedia, de.wikipedia.org/wiki/Geriatrie).
Für das Krankenhausvergütungsrecht gibt es aber - nach wie vor und so auch im hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum 2011 - keine normative Festlegung auf die Eingrenzung geriatrischer Behandlung (vgl anders im vertragsärztlichen Bereich die Vereinbarung nach § 118a SGB V [Geriatrische Institutsambulanzen - GIA] idF aus der Sitzung des erweiterten Bundesschiedsamtes gemäß § 118a SGB V vom 15.07.2015, dort § 2; dazu noch später). OPS (2011) 8550 setzt den Begriff der Geriatrie voraus, ohne ihn zu konkretisieren.
Soweit dort auf die Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung "Klinische Geriatrie" abgestellt wird, können auch die Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern maßstabsbildend herangezogen werden, die jedoch ebenfalls keine Konkretisierung des Geriatriebegriffs enthalten: Die Zusatz-Weiterbildung Geriatrie umfasst nach der Muster-Weiterbildungsordnung 2003 der Bundesärztekammer in der 2011 maßgeblichen Fassung "in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Vorbeugung, Erkennung, konservative und interventionelle Behandlung und Rehabilitation körperlicher und seelischer Erkrankungen im biologisch fortgeschrittenen Lebensalter mit dem Ziel der Erhaltung und Wiederherstellung größtmöglicher Selbstständigkeit". Weiterbildungsinhalt ist ua der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Symptomatologie und funktionellen Bedeutung von Altersveränderungen sowie Erkrankungen und Behinderungen des höheren Lebensalters. Entsprechend sind auch die landesrechtlichen Weiterbildungsordnungen ausgestaltet (vgl nur die Regelungen der Weiterbildungsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen vom 21.02.2005, hier in der maßgeblichen Fassung vom 1.9.2008). Entsprechendes gilt im Übrigen auch mit Blick auf die Weiterbildungsordnungen derjenigen Bundesländer, die mittlerweile einen Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie eingerichtet haben.
Systematisch lässt sich OPS (2011) 8-550 darüber hinaus entnehmen, dass die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung von den anderen frührehabilitativen Komplexbehandlungen (insbesondere der neurologisch-neurochirurgisch bedingten Frührehabilitation) abzugrenzen ist. Daraus lässt sich jedoch unmittelbar ebenfalls nur ableiten, dass die Komplexbehandlung nach Maßgabe von OPS (2011) 8-550 altersbedingt erfolgen muss, ohne im Weiteren Abgrenzungskriterien vorzugeben (vgl entsprechend schon BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 16). Konkretisierungen lassen sich im Übrigen weder der FPV entnehmen, noch ergibt sich anhand des 2011 geltenden ICD-10-GM-Katalogs eine Eingrenzung geriatrischer Behandlungsfälle. Schließlich legt auch das landesrechtliche Krankenhausplanungsrecht für das hier maßgebliche Jahr 2011 keine präzisen, bundeseinheitliche Vorgaben für begründende Grenzen zugrunde.
Der Blick in die vertragsärztlichen Vergütungsregelungen führt ebenfalls nicht weiter. Dabei bleibt dahingestellt, ob und inwieweit überhaupt die unterschiedlichen Regelungskreise in diesem Zusammenhang eine gegenseitige Maßstabsbildung erlauben (vgl zur grundsätzlich bereichsspezifischen Ausgestaltung der Regelungen zB BSG vom 29.6.2017 - B 3 KR 16/16 R - BSGE 123, 268 = SozR 4-2500 § 129 Nr 12, RdNr 18). Denn der für das vorliegende Abrechnungsjahr 2011 relevante EBM enthielt ohnehin nur in 03240 (Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment) eine einzelne Ausgestaltung geriatrischer Behandlung. Dieser waren jedoch keinerlei definitorische Ansätze, sondern nur Behandlungsformen zu entnehmen. Soweit mittlerweile sowohl für die hausärztliche ambulante Behandlung als auch für die hinzugetretenen geriatrischen Institutsambulanzen nach § 118a SGB V (GIA) Eingrenzungskriterien für die Abrechenbarkeit einer geriatrischen Behandlung existieren, sind diese für den hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum nicht relevant. Zudem sind sie nicht einheitlich konzipiert. Die Vereinbarung nach § 118a SGB V zur GIA (idF aus der Sitzung des erweiterten Bundesschiedsamtes vom 15.07.2015) gibt in "§ 2 Patientengruppe" vor, dass nur Patienten in Betracht kommen, die "aufgrund ihrer geriatrietypischen Multimorbidität einen dringenden ambulanten Versorgungsbedarf haben (…) und die die folgenden Kriterien erfüllen: 1. ein höheres Lebensalter (ab vollendetem 70. Lebensjahr) und 2. geriatrietypische Morbidität (…)." Dagegen ist die Definition in Ziffer "3.2.4 Hausärztliche geriatrische Versorgung" weiter gefasst. Voraussetzung für die Abrechenbarkeit der Gebührenordnungspositionen 03360 und 03362 ist danach, dass Patienten entweder ein „Höheres Lebensalter (ab vollendetem 70. Lebensjahr) (haben) und "geriatrietypische Morbidität (…) und/oder (…) einen Pflegegrad" aufweisen, oder - "auch bei Patienten, die das 70. Lebensjahr noch nicht vollendet haben"- an bestimmten Krankheiten (Demenz, Alzheimer, Parkinson) erkrankt sind. Schon aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansätze könnte aus diesen Vorgaben kein Maßstab für das Krankenhausvergütungsrecht gewonnen werden. Vor allem aber wird deutlich, dass der Begriff der Geriatrie in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlichen Definitionen zugänglich ist und solche definitorischen Vorgaben auch geschaffen worden sind, an denen es für den Bereich der Krankenhausvergütung aber gerade fehlt.
(2) Der mangels normativer definitorischer Vorgaben maßgebliche Grundsatz, dass medizinische Begriffe im Sinne ihres medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauchs zu verstehen sind (vgl BSG vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 18; BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 18), führt ebenfalls nicht zu einem klaren Maßstab.
Der vom DIMDI herausgegebene OPS ist dadurch charakterisiert, dass er Operationen und Prozeduren unter Verwendung medizinischer Begriffe definiert und strukturiert. Die Inkorporierung dieser Klassifikation in die Vergütungsvorschriften bedeutet, dass den medizinischen Begriffen des OPS der Sinngehalt zukommt, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird. Anderes gilt nur, soweit die Vertragsparteien etwas anderes ausdrücklich bestimmen, was hier nicht erfolgt ist. Dieser den Regelungsgehalt determinierende Sprachgebrauch kann wie eine Tatsache als Vorfrage für die Auslegung im gerichtlichen Verfahren durch Beweiserhebung ermittelt werden (vgl BSG vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 18; BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46 RdNr 18).
Eine klare medizinisch-wissenschaftliche Übereinkunft darüber, an welches Verständnis vom Alter eine geriatrische Behandlung gebunden ist, ist von vornherein nicht erkennbar. Nach der WHO ist Geriatrie der Zweig der Medizin, der sich mit der Gesundheit im Alter sowie den präventiven, klinischen, rehabilitativen und sozialen Aspekten von Krankheiten "beim älteren Menschen" beschäftigt (vgl WHO, Health oft the Elderly, 1989). Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Geriatrischer Einrichtungen (BAG) haben 2007 gemeinsam eine Definition des geriatrischen Patienten ausgearbeitet, die auf eine "geriatrietypische Multimorbidität" und "ein höheres Lebensalter (überwiegend 70 Jahre oder älter)" oder "auf ein Alter größer oder gleich 80 Jahren" und eine "alterstypisch erhöhte Vulnerabilität" abstellt (vgl die Ausführungen zu "Was ist Geriatrie" der Internetseite der DGG, www.dggeriatrie.de/nachwuchs/91-was-ist-geriatrie.html, abgerufen am 16.12.2020; vgl dazu auch "Was ist Geriatrie" der Expertenkommission der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, 1991). Einen etwas anderen Schwerpunkt setzt die Definition der Geriatric Medicine Section der Union Européenne des Médicins Spécialistes (UEMS; vgl die am 3.5.2008 in Malta formulierte und am 6.9.2008 in Kopenhagen konsentierte Definition: www.uemsgeriatricmedicine.org/documents/important_documents/geriatric_medicine_definition_english_and_french.pdf; abgerufen am 16.12.2020). Danach ist Geriatrie die medizinische Spezialdisziplin, die sich mit physischen, psychischen, funktionellen und sozialen Aspekten bei der medizinischen Betreuung älterer Menschen befasst. Hauptziel der Behandlung sei die Optimierung des funktionellen Status des älteren Patienten mit Verbesserung der Lebensqualität und Autonomie. Die geriatrische Medizin sei zwar nicht spezifisch altersdefiniert; sie konzentriere sich jedoch auf typische bei älteren Patienten gefundene Erkrankungen. Die meisten Patienten seien über 65 Jahre alt. Patienten, die am meisten von der geriatrischen Spezialdisziplin profitierten, seien in der Regel 80-jährig und älter. Anhand dieser Definitionen wird ein Altersbezug deutlich, ohne diesen jedoch hinreichend zu konkretisieren (vgl insbes die UEMS: „nicht spezifisch altersdefiniert“).
(3) In einer solchen Konstellation ist es vornehmlich Aufgabe des DIMDI, bzw jetzt des BfArM, Klassifikationen, die funktionsbedingt einen hohen fachsprachlichen Grad aufweisen müssen, so präzise zu formulieren, dass ihre Bedeutung für den jeweiligen Fachkreis ohne Weiteres ersichtlich ist. Daneben bleibt es den Vertragsparteien unbenommen, auch jenseits des § 19 KHG Auslegungsprobleme vertraglich verbindlich zu regeln, wenn der Klassifikationsgeber diesen Anforderungen nicht entsprochen hat.
Solange es daran aber fehlt und sich wie hier kein eindeutiges fachliches Verständnis des verwendeten Wortes ermitteln lässt, ist der Begriffskern des Wortes maßgeblich, wie er sich nach allgemeinem Sprachgebrauch ergibt. Dies gebietet der Vorrang der engen Wortlautauslegung. Der Senat verbleibt unter diesem Gesichtspunkt bei seiner Rechtsauffassung, dass die geriatrische Behandlung eine Altersuntergrenze von mindestens 60 Jahren zwingend voraussetzt. Ihrem Begriffskern nach kann eine "Altersbehandlung" ("geron": der Alte, der Greis, bejahrt, betagt, s oben) nur Personen betreffen, die in einem gesamtgesellschaftlichen Konsens als "alt" angesehen werden können. Dies gilt frühestens für jemanden, der das „letzte Drittel“ seines Lebens beginnt (vgl mit diesem Konsens auch die Vereinten Nationen, Problems of the Elderly and the Aged, Dokument A 35/130, 1980). Unter der Mindestgrenze von 60 Jahren ist nach einem einfachen Wortkernverständnis von einer “Altersbehandlung“ demgegenüber nicht auszugehen.
Dass diese Grenze insgesamt einen zutreffenden Maßstab bildet, wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass bis jetzt eine dieses Normverständnis ändernde Definition weder durch das DIMDI formuliert noch durch die Vertragsparteien vereinbart worden ist. Sie entspricht einem allgemeinen Verständnis von Alter, das zugleich eine rechtssicher zu handhabende Abgrenzung im Vergütungskontext schafft. Angesichts neuerer Definitionen zB in § 2 der Vereinbarung nach § 118a SGB V (s zuvor) wird im Übrigen deutlich, dass die Anknüpfung an das Alter von mindestens 60 Jahren nicht zu eng gefasst ist."
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Diese Ausführungen beanspruchen auch im vorliegenden Fall Gültigkeit.
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(4) Demgegenüber ist etwa ein Abstellen auf das "biologische" Alter oder eine "Voralterung", wie das Krankenhaus es für richtig hält, wenn es die Auffassung des gerichtlichen Gutachters zitiert, nicht im eigentlichen Wortkern des "alten Menschen" angelegt. Auch der Sachverständige hat mit dem Abstellen auf das biologische Alter nämlich einen eigenen, freihändig gesetzten Maßstab zum Vorliegen eines geriatrischen Behandlungsfalls aufgestellt. Er hat jedoch in seinem Gutachten völlig zutreffend ausgeführt, dass die Auslegung des Geriatriebegriffs eine juristische, keine tatsächliche sei. Auch der Maßstab der Voralterung führte zudem nicht zum Wegfall notwendiger Konkretisierungen, sondern zöge das Bedürfnis nach weiteren Kriterien nach sich, die noch weniger in einem einfachen Wortverständnis angelegt sind. Es wäre dann insbesondere zu klären, wie geriatrische zu anderen frührehabilitativen Komplexbehandlungen abzugrenzen sind, ob man die Voralterung an spezifischen Krankheitsbildern festmachen muss und ob im Ergebnis nicht doch auch unter Einbeziehung starker Voralterung eine irgendwie festzulegende Altersgrenze erforderlich ist, um beispielsweise infolge Drogenkonsums stark vorgealterte Jugendliche oder junge Erwachsene von der Behandlung auszuschließen. Solche Folgefragen wären "freischöpfend" zu beantworten, ohne dass sich hierfür Maßstäbe aus dem OPS ergäben (vgl BSG vom 17.12.2020 - B 1 KR 21/20 R; vgl mit diesem Einwand unklarer Folgefragen auch BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 12/20 R - "Verlegung").
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4. Einwendungen und Einreden gegen den daher bestehenden Erstattungsanspruch greifen nicht durch. Die Krankenkasse leistete nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld (dazu a). Ihr kann nicht das prüfrechtliche Beschleunigungsgebot (dazu b) entgegengehalten werden. Ihre Forderung war auch weder verjährt (dazu c), noch stand ihr der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen (dazu d).
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a) Die Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Krankenhausvergütung ist nicht in entsprechender Anwendung des § 814 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift im Verhältnis zwischen Krankenhäusern und KKn überhaupt anwendbar ist (vgl dazu zuletzt BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - juris RdNr 31 f), fehlte es hier ohnehin an den erforderlichen Voraussetzungen. Die Krankenkasse zahlte die Krankenhausvergütung nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld. Diese erlangte sie vielmehr erst durch die Entscheidung des BSG vom 23.6.2015.
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b) Auch § 275 Abs 1c SGB V (idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-WSG> vom 26.3.2007, BGBl I 378; "prüfrechtliches Beschleunigungsgebot") steht der Geltendmachung einer Erstattung des zu Unrecht gezahlten Betrags nicht entgegen. Die Regelung findet hier keine Anwendung, weil es sich um eine sachlich-rechnerische Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung handelt, die einem eigenen Prüfregime unterliegt und nicht von § 275 Abs 1c SGB V erfasst ist (stRspr; vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - RdNr 11 ff; grundlegend in der Begründung: BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R - BSGE 122, 87 = SozR 4-2500 § 301 Nr 7). Die Krankenkasse durfte daher die Krankenhausbehandlung einer nur 59-Jährigen neu bewerten.
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c) Der Wirksamkeit der Aufrechnung stand auch nicht die Verjährung der Erstattungsforderung der Krankenkasse entgegen (vgl § 390 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V). Der Anspruch einer Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterlag nach Maßgabe des im konkreten Behandlungsfall noch gültigen Rechts einer vierjährigen Verjährung (stRspr, vgl zB BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 39; BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 12/06 R - BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25; zur Verjährung des Vergütungsanspruchs vgl ausführlich BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 11/15 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 10 RdNr 11 ff). Die Verjährung der streitigen Erstattungsforderung, die bereits im Augenblick der Überzahlung (hier im Anschluss an die MDK-Prüfung am 15.11.2011) entstanden ist (vgl zB BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 7/15 R - SozR 4-7610 § 242 Nr 8 RdNr 15; BSG vom 1.8.1991 - 6 RKa 9/89 - BSGE 69, 158, 163 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1), begann nach Ablauf des Jahres 2011 (§ 45 Abs 1 SGB I). Die Krankenkasse hat die Erstattungsforderung am 5.10.2015 mit anderen unstreitigen Forderungen verrechnet und damit vor Ablauf der Verjährung die Aufrechnung erklärt. Die mittlerweile geltende, verkürzte Verjährungsfrist von zwei Jahren nach Maßgabe von § 109 Abs 5 SGB V (idF durch Art 7 Nr 8a Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals <Pflegepersonal-Stärkungsgesetz - PpSG> vom 11.12.2018, BGBl I 2394, mWv 1.1.2019) findet vorliegend keine Anwendung. Die Krankenkasse hat die vor dem 1.1.2017 entstandene Forderung bereits vor dem 9.11.2018 (vgl § 325 SGB V) aufgerechnet und sie ist dadurch erloschen (§ 389 BGB; vgl entsprechend BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - BSGE 128, 65 = SozR 4-2500 § 129a Nr 2, RdNr 38).
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d) Dem Erstattungsanspruch stand nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen (§ 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm dem in § 242 BGB verankerten Grundsatz von Treu und Glauben).
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aa) Der Erstattungsanspruch der beklagten Krankenkasse war nicht verwirkt. Krankenkassen haben grundsätzlich Anspruch auf Erstattung innerhalb der Verjährungsfrist vorbehaltlos, aber zu Unrecht gezahlter Vergütungen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen (hier noch vierjährigen) Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG vom 12.11.2013 - B 1 KR 56/12 R - SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN; BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - juris RdNr 18). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
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Die vorbehaltslose Zahlung nach Rechnungstellung stellt eine solche Ausnahmekonstellation ebenso wenig dar wie der bloße Zeitablauf. Der Umstand, dass das Krankenhaus bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (stRspr, vgl nur BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 7/15 R - juris RdNr 19; BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R - BSGE 119, 150 = SozR 4-5560 § 17c Nr 3, RdNr 48). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.
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Schließlich lässt sich auch daraus, dass der MDK die Kodierung des OPS 8-550.1 in dem Gutachten vom 23.6.2011 ausdrücklich bestätigt und die Krankenkasse in der Folge sowohl den Rechnungsbetrag als auch die Aufwandspauschale bezahlt hat, kein die Verwirkung begründendes Umstandsmoment herleiten. Hiermit gab die Krankenkasse lediglich zu erkennen, dass sie im Zeitpunkt der Zahlung vom Bestehen der Vergütungsforderung ausgegangen ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dass der Fall damit "endgültig abgeschlossen" ist und die Krankenkasse von der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs auch für den Fall absehen werde, dass sich ihre auf das MDK-Gutachten gestützte Annahme aufgrund neuer Erkenntnisse - wie hier durch die Entscheidung des Senats vom 23.6.2015 - nachträglich als unrichtig herausstellt, wird dadurch nicht begründet.
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bb) Der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs steht auch nicht aus sonstigen, nicht im Verhalten der beklagten Krankenkasse wurzelnden Gründen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen (vgl mit diesem Gesichtspunkt BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - juris RdNr 21). Ein Vertrauen des Krankenhauses in die richtige Kodierung der DRG B44A konnte sich nicht bilden, weil es weder eine langjährige gemeinsame Praxis von Krankenhäusern und Krankenkassen zur Kodierung und Anerkennung des OPS 8-550 auch bei unter 60-Jährigen gab, noch eine solche Praxis durch höchstrichterliche Rechtsprechung gebilligt worden war (vgl BSG vom 17.12.2020 - B 1 KR 21/20 R).
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Im Verhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhäusern sind Leistungen im Grundsatz so zu fordern und zu gewähren, wie es der materiellen Rechtslage nach der Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG entspricht. Dieser Grundsatz strikter Maßgeblichkeit der materiellen Rechtslage kann ausnahmsweise durch Grundsätze des Vertrauensschutzes modifiziert werden. Die Rechtsordnung sanktioniert widersprüchliches Verhalten eines Beteiligten nicht grundsätzlich mit einem automatischen Rechtsverlust. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl BSG vom 19.4.2016 - B 1 KR 33/15 R - BSGE 121, 101 = SozR 4-2500 § 109 Nr 57, RdNr 20 mwN). Dies kann auch im Verhältnis von Krankenhausträgern und KKn auftreten, da diese allgemein durch § 4 Abs 3 SGB V und besonders durch den dauerhaften Vertragsrahmen des Leistungserbringungssystems in der Grundsituation vertrauensvoller Zusammenarbeit und gegenseitiger Rücksichtnahme im Interesse der zu versorgenden GKV-Versicherten zu einer engen professionellen Kooperation verpflichtet sind (vgl BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 11/09 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 20; BSG vom 18.7.2013 - B 3 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 276 Nr 2 RdNr 25). In diesem Rahmen sind beide Seiten rechtlich verpflichtet und auch faktisch gezwungen, sich bei der konkretisierenden Umsetzung gesetzlicher und untergesetzlicher Normen einschließlich der Normenverträge miteinander abzustimmen. Der Schutz des Vertrauens von Krankenkassen und Krankenhäusern in von ihnen dabei eingeübte Verfahrensweisen ist dabei umso stärker, je länger und einvernehmlicher die Verfahrensweisen praktiziert werden, je bedeutsamer sie sind, und wenn sie zugleich bereits über längere Zeit eine höchstrichterliche Billigung erfahren haben (vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - juris RdNr 21).
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Ein schutzwürdiges Vertrauen des Krankenhauses dahingehend, dass auch für Patienten unter 60 Jahren der OPS 8-550 kodiert werden könne, bestand nicht. Ein solches Vertrauen hatte sich entgegen der Ansicht des LSG für Abrechnungsstreitigkeiten zu dieser Frage nicht gebildet. Die Entscheidung des BSG vom 23.6.2015 (B 1 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 46), in der das BSG erstmals entschieden hat, dass die Kodierung des OPS 8-550 einen mindestens 60-jährigen Patienten voraussetzt, ist die erste Entscheidung, die zu den Voraussetzungen einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung ergangen ist. Sie ist darüber hinaus auch die erste höchstrichterliche Entscheidung, die sich überhaupt mit dem Begriff der geriatrischen Behandlung auseinandersetzt. Eine Abkehr von gefestigter, anders lautender und daher ggf vertrauensbildender höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt daher nicht vor. Unabhängig davon enthielten bereits die ersten Auslegungshinweise des Kompetenz-Centrums Geriatrie des MDK zur Auslegung des Begriffs "geriatrisch" im OPS 8-550 (Version 2005) die Einschränkung, dass für die Anwendung einer geriatrischen Komplexbehandlung in der Regel ein Alter von 70 Jahren, zumindest jedoch ein Alter von 60 Jahren erforderlich sei. Auch wenn nicht alle Krankenkassen diese Auslegungshilfe offenbar berücksichtigt haben, zeigt dies jedoch, dass die Frage nach einem Mindestalter zur Kodierung der OPS 8-550 frühzeitig adressiert und aufgeworfen war (vgl entsprechend BSG vom 17.12.2020 - B 1 KR 21/20 R).
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5. Die Krankenkasse erklärte die Aufrechnung auch wirksam.
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Die Aufrechnung als empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Sie setzt voraus, dass sowohl die Hauptforderung (Passivforderung) als auch die Gegenforderung (Aktivforderung) - wenn auch im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) - hinreichend konkret bezeichnet werden. Die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden, es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens, selbst wenn der wirkliche Wille nur unvollkommen oder andeutungsweise aus der Erklärung erkennbar wird. Dabei ist auf den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Für den Fall nicht eindeutiger Erklärungen des Aufrechnenden schafft die Verweisung des § 396 Abs 1 Satz 2 BGB auf § 366 BGB eine Erleichterung, die die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung sichert (siehe zum Vorstehenden insgesamt BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R - SozR 4-5562 § 11 Nr 2, RdNr 29; BSG vom 30.7.2019 - B 1 KR 31/18 R - BSGE 129, 1 = SozR 4-7610 § 366 Nr 2, RdNr 16, jeweils mwN).
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Die Krankenkasse machte nach diesen Grundsätzen ihren Aufrechnungswillen hinreichend deutlich. Sie hat nach den bindenden Feststellungen des LSG zunächst angekündigt, mit welcher Forderung sie aufrechnen werde und im Rahmen der Ausgabe-Sammelanordnung mit der Auflistung der Rechnungsnummern und Rechnungsdaten die laufenden Vergütungsforderungen bezeichnet, gegen die sie mit dem Rechnungsbetrag aus der Rechnung vom 1.3.2010 aufrechnete. Dies genügte unter Berücksichtigung der sich aus § 396 Abs 1 Satz 2 iVm § 366 Abs 2 BGB ergebenden Tilgungsgrundsätze auch den Anforderungen an die von § 9 Satz 2 der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geschlossenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V, wonach der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen sind (vgl BSG, aaO, RdNr 19 ff).
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
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