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BSG 05.06.2020 - B 9 V 4/20 B
BSG 05.06.2020 - B 9 V 4/20 B
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. November 2019 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Anerkennung und Entschädigung eines Impfschadens nach einer Hepatitis-A-Impfung am 26.11.2007. Das LSG hat den geltend gemachten Anspruch verneint. Anders als notwendig seien bereits Impfkomplikationen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung weder vorgetragen noch dokumentiert. Zwar sei vom Vorliegen einer Akuten demyelisierenden/disseminierten Enzephalomyelitis (ADEM) auszugehen. Ein Zusammenhang zwischen der ADEM-Erkrankung und der Hepatitis-Impfung sei jedoch nicht wahrscheinlich. Insoweit sei insbesondere den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 20.11.2015 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.6.2016 zu folgen (Urteil vom 26.11.2019).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz geltend.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Er hat in seiner Beschwerdebegründung die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gesetzlich geforderten Weise dargetan (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 9.12.2019 - B 9 SB 48/19 B - juris RdNr 4 mwN).
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Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Gilt bei der Anerkennung eines Impfschadens gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 Infektionsschutzgesetz im Hinblick auf die Kausalitätsbeurteilung eine Beweislastumkehr zugunsten der Antragsteller, wenn erste bekannte Reaktionen auf die Impfung in kurzem zeitlichen Zusammenhang nach der durchgeführten Impfung auftreten, bereits mehrfach Meldungen der aufgetretenen Krankheit beim Paul Ehrlich Institut als fragliche Impfnebenwirkung vorliegen?"
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Der Kläger hat jedoch bereits die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der von ihm bezeichneten Fragestellung in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht dargestellt. Das BSG hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, deren Feststellungen es nach § 163 SGG binden. Nur auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht beurteilen, ob eine Rechtsfrage überhaupt entscheidungserheblich und damit klärungsfähig ist (vgl BSG Beschluss vom 6.4.2020 - B 10 EG 17/19 B - juris RdNr 6 mwN). Dies hat der Kläger jedoch nicht aufgezeigt. Vielmehr ergibt sich aus dem angefochtenen LSG-Urteil, dass das Berufungsgericht - insbesondere gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. - festgestellt hat, dass "Impfkomplikationen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung am 26.11.2007 weder vorgetragen noch dokumentiert" sind. Hierauf hat auch der Beklagte in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen. Eine Sachaufklärungsrüge (§ 103 SGG) gegen diese Feststellungen des LSG hat der Kläger in seiner Beschwerde nicht erhoben. Im Übrigen hat der Kläger auch die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragestellung nicht dargelegt. Denn er setzt sich - anders als geboten - nicht mit der bereits ergangenen Rechtsprechung des Senats zur Frage einer Beweislastumkehr im Impfschadensrecht auseinander. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt im Impfschadensrecht eine Beweislastumkehr in der Regel nicht in Betracht (vgl Senatsurteil vom 27.8.1998 - B 9 VJ 2/97 R - juris RdNr 17; Senatsbeschluss vom 4.6.2018 - B 9 V 61/17 B - juris RdNr 5). Allein die Darstellung der eigenen Rechtsansicht reicht für eine Grundsatzrüge nicht aus.
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2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zum Ganzen BSG Beschluss vom 1.10.2019 - B 13 R 360/17 B - juris RdNr 4 mwN).
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Auch diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger rügt eine Abweichung von den Entscheidungen des BSG vom 24.2.1988 (2 RU 30/87 - juris), vom 30.1.2007 (B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr 22) und vom 17.2.2009 (B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31). In dem das LSG "die vom Sachverständigen vermutete, aber nicht im Vollbeweis gesicherte (…) akute CMV-Virusinfektion als wesentliche Konkurrenzursache im Rahmen der Gesamtwürdigung betrachtet und vom Kläger und Beschwerdeführer den differenzialdiagnostischen Ausschluss anderer Ursachen fordert", stelle es einen Rechtssatz auf, der von den vom BSG entwickelten Rechtsgrundsätzen abweiche. So habe das BSG in seinem Urteil vom 24.2.1988 (aaO) den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, "dass ebenso wie die nur gute Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung und dem Unfall die haftungsbegründende Kausalität nicht zu begründen vermag, reicht auch die nur gute Möglichkeit des Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfall und einer inneren Ursache nicht aus, um die haftungsbegründende Kausalität zu verneinen". In den Entscheidungen vom 30.1.2007 (aaO) und 17.2.2009 (aaO) führe das BSG vertiefend dazu aus, "dass die ursächliche Verknüpfung nur anhand der gegebenen Tatsachen zu beurteilen ist. Hypothetische Ereignisse kommen als Ursachen nicht in Betracht. Insoweit ist zu beachten, dass für die Feststellungen eines Arbeitsunfalls der volle Beweis für das Vorliegen sowohl einer versicherten, als auch einer inneren nicht versicherten Ursache geführt sein muss". Von diesen vom BSG "aufgestellten Rechtssätzen" sei das LSG abgewichen.
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Mit diesem und seinem weiteren Vorbringen hat der Kläger jedoch keine Divergenz bezeichnet. Er versäumt es bereits, abstrakte Rechtsätze des LSG aus der angefochtenen Entscheidung zu bezeichnen. Zudem legt der Kläger nicht dar, dass das BSG die von ihm (dem Kläger) formulierte Aussage "zu demselben Gegenstand", also in Anwendung (grundsätzlich) derselben Vorschrift bzw der gleichen Rechtsmaterie gemacht hat (vgl BSG Beschluss vom 1.10.2019 - B 13 R 360/17 B - juris RdNr 8 mwN). Dafür genügt es nicht, isoliert eine einzelne aus einer BSG-Entscheidung abgeleitete Passage zu referieren und - völlig losgelöst von ihrem Bezugsrahmen - zu behaupten, es handele sich um einen tragenden höchstrichterlichen Rechtssatz (vgl BSG Beschluss vom 1.10.2019, aaO). Stattdessen ist der tatsächliche und rechtliche Kontext darzustellen, in dem der herangezogene bundesgerichtliche Rechtssatz steht (vgl hierzu BSG Beschluss vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B - juris RdNr 10). Zum Kontext der herangezogenen Entscheidungen ist der Beschwerdebegründung aber lediglich zu entnehmen, dass sie zu Kausalzusammenhängen im Unfallversicherungsrecht ergangen sind. Eine konkrete Darstellung des tatsächlichen und rechtlichen Kontexts auch der herangezogenen BSG-Entscheidungen gehört aber zu den Mindestvoraussetzungen, um die Entscheidungserheblichkeit einer Divergenzrüge prüfen zu können. Denn eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung kann nur bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt vorliegen, auf den dieselben oder zumindest inhaltsgleichen Rechtsnormen anzuwenden sind. Der Kläger arbeitet aber nicht in substanzvoller Argumentation heraus, aus welchem Grund und inwieweit die ersichtlich zum Unfallversicherungsrecht getroffenen und vom Kläger zitierten Aussagen des BSG in den genannten Entscheidungen auch auf das hier allein einschlägige Impfschadensrecht nach dem Infektionsschutzgesetz und die diesem Gesetz zugrunde liegenden Kausalzusammenhänge zwischen Impfung, Impfkomplikation und Impfschaden übertragen werden können und sollen.
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Im Übrigen setzt die Bezeichnung einer Abweichung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG die Darlegung voraus, dass das LSG die Rechtsprechung des BSG im angefochtenen Urteil infrage stellt, was nicht der Fall ist, wenn es einen höchstrichterlichen Rechtssatz missverstanden oder übersehen und deshalb das Recht fehlerhaft angewendet haben sollte (stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.10.2019 - B 13 R 360/17 B - juris RdNr 9). Hier hätte der Kläger vertieft darauf eingehen müssen, dass das LSG im angefochtenen Urteil nicht lediglich die Tragweite der von ihm zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung verkannt, sondern dieser Rechtsprechung einen eigenen Rechtssatz entgegengesetzt hat (vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 23; Senatsbeschluss vom 1.6.2015 - B 9 SB 10/15 B - juris RdNr 6). Im Kern seines Vorbringens kritisiert der Kläger letztlich nur eine falsche Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall. Sein diesbezügliches Vorbringen geht über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus. Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 29.4.2019 - B 12 R 59/18 B - juris RdNr 14).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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