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BSG 08.05.2019 - B 14 AS 13/18 R
BSG 08.05.2019 - B 14 AS 13/18 R - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Bildung und Teilhabe - Kosten für Schulbücher - kein persönlicher Schulbedarf - Regelbedarfsanteil übersteigende Kosten - fehlende Lernmittelfreiheit - Mehrbedarf wegen unabweisbarem laufendem besonderem Bedarf - verfassungskonforme Auslegung
Normen
§ 21 Abs 6 S 1 SGB 2, § 21 Abs 6 S 2 SGB 2, § 28 Abs 3 SGB 2, § 24 Abs 1 SGB 2, § 20 Abs 1 SGB 2, § 6 RBEG, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Hildesheim, 4. September 2015, Az: S 37 AS 661/14, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 11. Dezember 2017, Az: L 11 AS 1503/15, Urteil
Leitsatz
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Kosten für Schulbücher, die Schüler mangels Lernmittelfreiheit selbst kaufen müssen, sind durch das Jobcenter als Härtefallmehrbedarf zu übernehmen.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
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Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit ist der Anspruch der Klägerin im September 2013 auf zuschussweise Leistungen nach dem SGB II zur Übernahme von Kosten für Schulbücher.
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Die 1997 geborene Klägerin lebte zusammen mit ihrer Mutter und bezog mit dieser im streitigen Monat vom beklagten Jobcenter Alg II (Bescheid vom 18.4.2013, Änderungsbescheide vom 13.9.2013 und 1.4.2014). Der Beklagte leistete ihr für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf 70 Euro zum 1.8.2013 und 30 Euro zum 1.2.2014. Die Klägerin besuchte ab dem Schuljahr 2013/2014 die 11. Klasse eines Gymnasiums (Oberstufe). Sie beantragte die Übernahme der Kosten für die im September und November 2013 erfolgte Beschaffung von Schulbüchern, die sie selbst habe kaufen müssen, da ab der 11. Klasse in ihrem Gymnasium eine Ausleihe von Schulbüchern nicht mehr möglich sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil Schulbücher vom Regelbedarf umfasst seien; ein grundsätzlich mögliches Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II werde nicht begehrt (Bescheid vom 5.12.2013; Widerspruchsbescheid vom 26.3.2014).
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Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin insgesamt 214,40 Euro für Schulbücher zu zahlen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 4.9.2015). Das LSG hat das Urteil des SG geändert und die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 202,90 Euro für September 2013 zurückgewiesen; im Übrigen - hinsichtlich 11,50 Euro für November 2013 - hat es auf die Berufung des Beklagten die Klage mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin abgewiesen (Urteil vom 11.12.2017): Diese habe Anspruch auf die begehrten Leistungen im September 2013, weil der Regelbedarf zwar den Bedarf für Schulbücher umfasse, die mangels Lernmittelfreiheit in Niedersachsen anfallenden Kosten aber nicht abdecke. Die so entstehende evidente Bedarfsunterdeckung sei wegen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des SGB II durch eine analoge Anwendung des Härtefallmehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II zu beheben.
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Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 21 Abs 6 SGB II. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor und eine analoge Anwendung scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Vorrang habe vielmehr ein Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2017 zu ändern und das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 4. September 2015 aufzuheben sowie die Klage insgesamt abzuweisen.
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Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der streitigen Kosten für Schulbücher auf der Grundlage des Härtefallmehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II zugesprochen, der hier entgegen der Auffassung des LSG unmittelbar zur Anwendung kommt.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid des Beklagten vom 5.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2014, durch den der Anspruch der Klägerin auf weitere zuschussweise Leistungen für Schulbücher im September 2013 und damit auf höhere Leistungen nach dem SGB II abgelehnt worden ist, als ihr für diesen Monat - zunächst durch Bescheid vom 18.4.2013 und Änderungsbescheid vom 13.9.2013, zuletzt durch Bescheid vom 1.4.2014, der in der Sache an der zuvor getroffenen ablehnenden Regelung festhält - bewilligt worden sind (vgl zur prozessualen Lage BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 24 RdNr 10). Streitig sind Kosten für angeschaffte Schulbücher von 202,90 Euro aufgrund der Verurteilung des Beklagten durch das LSG zu deren Zahlung und der Revision nur des Beklagten, der die vollständige Abweisung der Klage auf höhere Leistungen erstrebt.
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Nicht Gegenstand des Verfahrens ist eine darlehensweise Leistungsgewährung (vgl § 24 Abs 1 SGB II), weil das Begehren der Klägerin sich ausschließlich auf eine zuschussweise Übernahme der Schulbuchkosten richtet, im Übrigen hat der Beklagte über ein solches Darlehen nicht entschieden (vgl zum Darlehen als aliud zur zuschussweisen Leistungsgewährung Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 42a RdNr 49).
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2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung zulässig, nachdem das SG sie in seinem Urteil zugelassen hat (vgl § 144 SGG). Die Klägerin verfolgt ihr Leistungsbegehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).
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3. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf höhere Leistungen ist §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in der Fassung, die das SGB II für den streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) erhalten hat, denn in Rechtsstreitigkeiten über abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip; vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f), und hierbei ausgehend vom Leistungsbegehren der Klägerin der Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II.
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4. Die Klägerin erfüllte nach den Feststellungen des LSG im September 2013 die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II; ein Ausschlusstatbestand lag nicht vor.
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Zusätzlich zu dem ihr für diesen Monat bewilligten Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB II und dem Kopfteil an den Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hat sie Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schulbücher auf der Grundlage des Härtefallmehrbedarfs nach § 21 Abs 6 SGB II, dessen Leistungsvoraussetzungen bei deren verfassungskonformer Auslegung erfüllt sind (dazu 5.). Anderes folgt nicht aus der Kultushoheit der Länder (dazu 6.).
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5. Kosten für Schulbücher, die Schüler mangels Lernmittelfreiheit selbst kaufen müssen, sind durch das Jobcenter als Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II zu übernehmen. Diese Rechtsgrundlage findet in dieser Sondersituation unmittelbare Anwendung, ohne dass es einer Analogie bedarf.
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a) Der Annahme eines Härtefallmehrbedarfs steht nicht bereits entgegen, dass die Klägerin für das Schuljahr 2013/2014 Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II erhalten hat. Zwar sind in § 28 SGB II neben dem Regelbedarf gesondert zu berücksichtigende Bedarfe für Bildung und Teilhabe bestimmt worden. Doch die nach § 28 Abs 3 SGB II zu leistende Pauschale für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf erfasst nach der ihr zugrunde liegenden Regelungskonzeption des Gesetzgebers nicht die Ausstattung mit Schulbüchern (BT-Drucks 17/3404 S 104 f zu § 28 Abs 3), sondern für diese Bedarfslage verweisen die Gesetzesmaterialien auf den Regelbedarf (BT-Drucks 17/3404 S 104 zu § 28: "Die Leistungen für Bildung und Teilhabe ergänzen den Regelbedarf, der weitergehende typische Bedarfslagen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch abdeckt. So ist insbesondere die Anschaffung von Schulbüchern vom Regelbedarf umfasst, soweit die Länder nicht ohnehin Lehrmittelfreiheit gewähren.").
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b) Einem Härtefallmehrbedarf steht indes auch nicht entgegen, dass der Bedarf für Schulbücher bei der Ermittlung des Regelbedarfs der Art nach Berücksichtigung gefunden hat. Denn dieser Bedarf ist im Regelbedarf der Höhe nach strukturell unzutreffend erfasst für Schüler, die mangels Lernmittelfreiheit in ihrem Bundesland ihre Schulbücher selbst kaufen müssen.
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Der aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG) in das SGB II eingeführte zusätzliche Anspruch auf einen Härtefallmehrbedarf soll ua Sondersituationen Rechnung tragen, in denen ein seiner Art oder Höhe nach auftretender Bedarf von der Statistik nicht aussagekräftig erfasst wird und sich der Regelbedarf als unzureichend erweist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 206 ff, 220; vgl aus der Rechtsprechung des Senats zuletzt BSG vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4, RdNr 13 ff und BSG vom 28.11.2018 - B 14 AS 47/17 R - vorgesehen für SozR 4 RdNr 14 ff). So liegt es hier.
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aa) Mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) sind auf der Grundlage der Bedarfsermittlung für Familienhaushalte Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche bestimmt worden (§ 6 RBEG 2011, § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 1 und § 23 Nr 1 SGB II; zum Verfahren der Regelbedarfsermittlung vgl zuletzt BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 24 RdNr 17 ff <Passbeschaffungskosten>). Den Gesetzesmaterialien hierzu (BT-Drucks 17/3404 S 85) und den Ausfüllhinweisen zur der Regelbedarfsermittlung zugrunde liegenden bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 (Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen, Fachserie 15 Heft 7, 2013, Anlage: Erhebungsunterlagen der EVS 2008 - Haushaltsbuch, S 50 f, 56, 60) ist zu entnehmen, dass bei der Regelbedarfsermittlung für Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren Kosten für die Anschaffung von Schulbüchern Berücksichtigung gefunden haben (Abteilung 09 - Freizeit, Unterhaltung, Kultur; hierin Code 0951 000 - Bücher und Broschüren mit einem - geklammerten - Wert von 2,82 Euro; hierin Schulbücher als eine Ausgabeposition von weiteren Positionen).
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Sind danach Kosten für Schulbücher vom RBEG 2011 durch statistische Berechnung auf der Grundlage der bundesweiten EVS 2008 der Art nach erfasst, ist der Bedarf für Schulbücher grundsätzlich vom Regelbedarf umfasst. Dies folgt aus dem Konzept des Regelbedarfs als monatlicher Pauschalbetrag zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Ermittlung des Regelbedarfs aufgrund des durchschnittlichen Verbrauchsverhaltens der maßgeblichen Referenzgruppe (vgl BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 24 RdNr 16, 36 <Passbeschaffungskosten>).
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bb) Der Bedarf für Schulbücher ist im Regelbedarf aufgrund der Lernmittelfreiheit in der Mehrzahl der Bundesländer strukturell nicht realitätsgerecht und der Höhe nach zu niedrig erfasst, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht.
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In der Mehrzahl der Länder sehen deren schulrechtliche Bestimmungen eine vollständige Lernmittelfreiheit durch unentgeltliche Ausleihe von Schulbüchern vor (zur Lehr- und Lernmittelfreiheit mit Nachweisen vgl letztens Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 8 - 3000 - 141/18 vom 7.1.2019). Soweit Länder für Schulbücher eine entgeltliche Ausleihe vorsehen, regeln zudem einige von diesen eine (teilweise) Befreiung von den Kosten bei Hilfebedürftigkeit. In die statistische Berechnung des Regelbedarfs aufgrund der bundesweiten EVS haben auch Haushalte dieser Länder Eingang gefunden, in denen Ausgaben für Schulbücher nicht oder zumindest in signifikant geringerer Höhe anfallen. Die Ermittlung des Regelbedarfs aufgrund des bundesweiten durchschnittlichen Verbrauchsverhaltens ist insoweit strukturell unzutreffend für Haushalte in den Ländern, in denen keine Lernmittelfreiheit besteht. Das Ergebnis der Regelbedarfsermittlung für Schulbücher ist folglich nicht auf Schüler übertragbar, soweit für diese anders als in den meisten Bundesländern keine Lernmittelfreiheit gilt.
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Diese strukturell unzutreffende Erfassung des Bedarfs für Schulbücher im Rahmen der bundesweiten EVS schließt es aus, dass dieser Bedarf in einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügenden Weise vom Regelbedarf umfasst ist, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht. Insoweit unterscheidet sich die Regelbedarfsermittlung für die Anschaffung von Schulbüchern von der für Passbeschaffungskosten, die auch für ausländische Alg II-Bezieher grundsätzlich vom Regelbedarf umfasst sind (BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 24). Die Gruppe von Schülerinnen und Schülern, in deren Ländern keine Lernmittelfreiheit besteht, ist hierüber von vornherein bestimmt definiert, während die Gruppe von Ausländerinnen und Ausländern, deren Bedarf für die Beschaffung eines ausländischen Passes mit der Bemessung nach den Kosten eines deutschen Personalausweises unzureichend erfasst ist, einzelfallabhängig und vielgestaltig ist und unbestimmt bleibt. Insoweit kommen zusätzliche Ansprüche oder die verfassungskonforme Auslegung bestehender Regelungen nur im Einzelfall bei extrem hohen Kosten in Betracht (BSG, ebenda, RdNr 35 ff, insbesondere RdNr 40).
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cc) Zur Deckung des Bedarfs für Schulbücher kann danach weder auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II und die mit ihm verbundene Ansparkonzeption verwiesen werden noch auf ein Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II, denn auch die Verweisung hierauf setzt voraus, dass ein Bedarf bei der Ermittlung des Regelbedarfs in strukturell realitätsgerechter Weise zutreffend erfasst worden ist und nicht bloß ein individuell vom Regelbedarf abweichender Bedarf im Streit steht. Hieran fehlt es aufgrund der aufgezeigten strukturell zu niedrigen Regelbedarfsermittlung für Schulbücher bei fehlender Lernmittelfreiheit.
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c) Für eine solche Sondersituation sieht das SGB II zur Bedarfsdeckung den Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II vor, dessen Voraussetzungen bei verfassungskonformer Auslegung erfüllt sind.
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Fehlt es aufgrund der Berechnung des Regelbedarfs an einer Deckung existenzsichernder Bedarfe, sind die einschlägigen Regelungen über gesondert neben dem Regelbedarf zu erbringende Leistungen, zu denen § 21 Abs 6 SGB II gehört, verfassungskonform auszulegen (BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20, RdNr 116, 125).
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Bei Leistungsberechtigten wird nach § 21 Abs 6 Satz 1 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 Satz 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
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Der Bedarf für Schulbücher ist ein besonderer Bedarf, denn er ist zwar der Art nach, aber der Höhe nach strukturell unzutreffend vom Regelbedarf erfasst, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht (dazu oben RdNr 16 ff). Nach den vom Beklagten nicht angegriffenen und revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des LSG zum einschlägigen Landesrecht besteht für die von der Klägerin besuchte gymnasiale Oberstufe keine Lernmittelfreiheit; an diese Auslegung ist der Senat gebunden (zur Bindung des Revisionsgerichts an die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von Landesrecht, dessen Geltungsbereich sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, vgl letztens BSG vom 12.9.2018 - B 14 AS 36/17 R - SozR 4-4200 § 11b Nr 11 RdNr 23).
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Der Bedarf für Schulbücher ist bei verfassungskonformer Auslegung ein existenznotwendiger Bedarf und als solcher auch unabweisbar, weil er seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht (zur Existenznotwendigkeit von Bildungsbedarfen vgl nur BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 192). Dass dieser Mehrbedarf vorliegend nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Klägerin gedeckt werden konnte, folgt aus den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG).
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Der Bedarf für Schulbücher ist zudem bei verfassungskonformer Auslegung prognostisch typischerweise ein laufender, nicht nur einmaliger Bedarf. Maßgeblich ist in dieser Perspektive nicht, ob der Bedarf erstmals geltend gemacht wird, und auch nicht, ob er retrospektiv nur einmal geltend gemacht worden ist, sondern ob der geltend gemachte Mehrbedarf prognostisch typischerweise nicht nur ein einmaliger Bedarf ist (vgl zu Anhaltspunkten hierfür bei Umgangskosten bereits BSG vom 11.2.2015 - B 4 AS 27/14 R - BSGE 118, 82 = SozR 4-4200 § 21 Nr 21, RdNr 19). Dies trifft auf den Bedarf für Schulbücher zu, die bei fehlender Lernmittelfreiheit typischerweise nicht nur überhaupt einmalig und auch nicht nur einmalig in einem Schuljahr anzuschaffen sind, sondern prognostisch laufend während des Schulbesuchs und je nach dessen Verlauf. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Mehrbedarf erstmals gegen Ende des Schulbesuchs einmalig geltend gemacht wird, etwa weil zuvor keine Hilfebedürftigkeit bestand; die konkrete Einzelfallgestaltung nimmt dem Bedarf nicht seine Gestalt, die er prognostisch typischerweise hat, und die für die Einordnung als laufender Bedarf maßgeblich ist (vgl zur Abgrenzung BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 24 RdNr 38 <Passbeschaffungskosten>: Bedarf hinsichtlich der Kosten des Passes nur im Zeitpunkt seiner Beschaffung).
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6. Aus der Kultushoheit der Länder folgt nichts anderes. Der Bundesgesetzgeber hat durch das SGB II von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG abschließend Gebrauch gemacht und trägt dementsprechend die Verantwortung für die Sicherstellung des gesamten menschenwürdigen Existenzminimums, wozu auch notwendige Aufwendungen für Schulbücher gehören (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 181 f, 192, 197). Mögliche Konflikte zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Finanzierung der Schulbildung von Schülern, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten, dürfen nach den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werden.
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Soweit das BSG in seiner früheren Rechtsprechung sich ablehnend oder zweifelnd zur Übernahme von Bedarfen für die Schulbildung im Rahmen des SGB II geäußert hat, lag den Entscheidungen zunächst die Rechtslage vor Einführung des § 21 Abs 6 SGB II zugrunde (BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 47/09 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 2 RdNr 12 ff; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 17) und sodann allgemein die Sorge vor der Rolle der Jobcenter als Ausfallbürgen für über §§ 20 und 28 SGB II hinausgehende Bildungsbedarfe (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 8 RdNr 27). In der Sondersituation des vom Regelbedarf nicht zutreffend erfassten Bedarfs für Schulbücher, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht, sind indes die Kosten durch die Jobcenter auf der Grundlage des § 21 Abs 6 SGB II bei dessen verfassungskonformer Auslegung zu übernehmen. Den Jobcentern kommt (auch) insoweit die Stellung als "Ausfallbürgen" zu (vgl dazu bereits BSG vom 25.4.2018 - B 4 AS 19/17 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 11 RdNr 22; vgl zuvor schon auf den Bund als Ausfallbürgen für das schulbezogene Existenzminimum hinweisend: Rixen, SGb 2010, 240, 244).
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7. Die Klägerin hat danach im September 2013 neben den ihr bereits erbrachten Leistungen nach dem SGB II zusätzlich Anspruch auf die Übernahme der streitigen Kosten für die von ihr beschafften Schulbücher als Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II, deren Höhe weder umstritten noch zu beanstanden ist. Einer gesonderten vorherigen Antragstellung der Klägerin bedurfte es insoweit nach § 37 Abs 1 SGB II nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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