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BSG 10.10.2018 - B 13 R 63/18 B
BSG 10.10.2018 - B 13 R 63/18 B - (Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 307d SGB 6)
Normen
§ 307d Abs 2 S 1 SGB 6 vom 23.06.2014, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, GG
Vorinstanz
vorgehend SG Bayreuth, 21. Februar 2017, Az: S 16 R 409/16, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 14. März 2018, Az: L 19 R 134/17, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. März 2018 wird zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Frage, ob es die Beklagte im Überprüfungsverfahren zu Recht abgelehnt hat, weitere vier persönliche Entgeltpunkte wegen Kindererziehung bei der Regelaltersrente der Klägerin zu berücksichtigen.
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Die 1946 geborene Klägerin ist Mutter von vier Kindern (geboren 1970, 1974, 1981 und 1982), die sie jeweils im ersten Lebensjahr erzogen hat. Ab 1.5.2011 bezieht sie Regelaltersrente. Bei deren Berechnung wurden jeweils Kindererziehungszeiten (KEZ) für die ersten zwölf Monate nach der Geburt (§ 249 SGB VI idF bis 30.6.2014) berücksichtigt. Mit Bescheid vom 15.8.2014 wurde die Regelaltersrente neu berechnet, wobei ab 1.7.2014 ein Zuschlag von vier persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt wurde (§ 307d SGB VI). Den im Februar 2016 gestellten, auf die Gleichbehandlung mit Müttern von ab 1992 geborenen Kindern gerichteten Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte ab. Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben.
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Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.2.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.6.2016 sowie der Bescheid vom 15.8.2014 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines weiteren Zuschlags in Höhe von vier persönlichen Entgeltpunkten ab 1.7.2014. Denn die Beklagte sei bei Erlass des Bescheides vom 15.8.2014 von den zutreffenden Tatsachen ausgegangen und habe das geltende Recht richtig angewandt. Eine Überprüfung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen auf eine mögliche Unvereinbarkeit mit dem GG habe im Verfahren nach § 44 SGB X zu unterbleiben, sofern diese nicht bereits durch das BVerfG festgestellt worden sei. Aber selbst wenn man dem nicht folgen wolle, so sei bereits im (vom selben Prozessbevollmächtigten vor dem erkennenden LSG-Senat betriebenen) Verfahren L 19 R 218/16 (dieses war Gegenstand des Urteils des 5. Senats des BSG vom 28.6.2018 - B 5 R 12/17 R) festgestellt worden, dass § 307d SGB VI nicht gegen die Verfassung verstoße (Urteil vom 14.3.2018). Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
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Mit ihrer am 4.4.2018 beim BSG eingegangenen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Die Frage, ob § 307d SGB VI gegen die Verfassung verstoße, habe grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen wichen die Erwägungen des LSG zu § 44 SGB X von zwei Urteilen des BSG ab.
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II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
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Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
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das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
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bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
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Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
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Es kann dahinstehen, ob die umfangreiche Beschwerdebegründung der Klägerin den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG genügt und die erhobenen Rügen zumindest teilweise zulässig sind (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 17a). Die Beschwerde ist jedenfalls schon deshalb unbegründet, weil die Frage, ob § 307d SGB VI gegen die Verfassung verstößt, aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des BSG höchstrichterlich geklärt ist (hierzu 1.). Auf die Unzulässigkeit der Divergenzrüge (hierzu 2.), die sich ausschließlich gegen die Erwägungen des LSG zu § 44 SGB X wendet, kommt es deshalb nicht mehr entscheidend an. Denn ist ein LSG-Urteil - wie vorliegend - auf mehrere Erwägungen gestützt, die es jeweils selbstständig tragen, so kann die Beschwerde nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn Rügen bezüglich aller dieser Erwägungen durchgreifen (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.3.2010 - B 6 KA 23/09 B - Juris RdNr 18 mwN).
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1. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit sich die Klägerin mit der Grundsatzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) gegen die allein tragenden Erwägungen des LSG wendet, wonach § 307d SGB VI nicht gegen die Verfassung verstoße. Die von ihr formulierte Frage, ob § 307d SGB VI in der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes (RVLG) vom 23.6.2014 (BGBl I 787) "über die Berücksichtigung eines Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für Geburten vor dem 1.1.1992 gegen Verfassungsrecht verstößt", ist nicht (mehr) klärungsbedürftig. Dies ist aber Voraussetzung für die Zulassung der Revision (stRspr, zB BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - RdNr 12 mwN).
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Regelmäßig nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die bereits höchstrichterlich entschieden ist (stRspr, zB BSG Beschluss vom 16.4.2013 - B 14 AS 206/12 B - RdNr 6 mwN; zu den - hier nicht in Betracht kommenden - Ausnahmen vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8b f). Aber auch wenn das BSG eine Frage noch nicht ausdrücklich entschieden hat, ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 Juris RdNr 6). Letztendlich kann dahinstehen, ob die von der Klägerin formulierte Frage möglicherweise bereits bei Beschwerdeeinlegung durch die Rechtsprechung zu § 249 SGB VI idF des RRG 1992 im vorstehenden Sinne geklärt war (vgl BVerfG Beschluss vom 29.3.1996 - 1 BvR 1238/95 - FamRZ 1996, 789; BVerfG Beschluss vom 21.10.2004 - 1 BvR 1596/01 - SozR 4-5761 Allg Nr 1; BSG Urteil vom 18.10.2005 - B 4 RA 56/04 R- Juris RdNr 14). Denn die formulierte Frage ist spätestens durch das Urteil des 5. Senats des BSG vom 28.6.2018 (B 5 R 12/17 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen) geklärt. Der 5. Senat hat sie dahingehend beantwortet, dass § 307d Abs 2 S 1 SGB VI in der - im vorliegenden Fall wie auch dort maßgeblichen - Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014 nicht gegen die Verfassung verstößt (BSG Urteil vom 28.6.2018 - B 5 R 12/17 R - Juris RdNr 10, 14 ff). Dem schließt sich der erkennende 13. Senat des BSG an.
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2. Der Klägerin ist kein Nachteil daraus erwachsen, dass ihre Rechtsfrage ggf erst nach Eingang ihrer Beschwerde durch das BSG (sicher) geklärt worden ist. Ihre Beschwerde konnte jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil auch ihre Divergenzrüge nicht durchgreift.
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Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21).
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Die Klägerin rügt die Abweichung des LSG von zwei Urteilen des BSG (Urteil vom 8.9.1988 - 11/7 RAr 61/87 - BSGE 64, 62 = SozR 4100 § 152 Nr 18, Juris RdNr 21, sowie Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 2/06 R - SozR 4-4300 § 330 Nr 4 RdNr 15). Die Beschwerdebegründung genügt jedoch nicht den vorstehend genannten Anforderungen, denn die Klägerin versäumt es schon, aus den von ihr wörtlich zitierten Auszügen der beiden BSG-Urteile Rechtssätze, also fallübergreifende Aussagen zur Auslegung revisiblen Rechts (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 13 mwN), herauszuarbeiten. Darüber hinaus legt sie nicht dar, dass der dem LSG zugeschriebene Rechtssatz sowie die zitierten Passagen der BSG-Urteile tatsächlich Aussagen zum selben Gegenstand enthalten. Dies wäre jedoch deutlich aufzuzeigen gewesen, denn der dem LSG zugeschriebene Rechtssatz hat - wohlwollend interpretiert - die Frage zum Gegenstand, ob im Verfahren nach § 44 SGB X eine den zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakt tragende - noch nicht für verfassungswidrig erklärte - Norm auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht zu untersuchen ist. Demgegenüber ist Gegenstand des Urteils vom 8.9.1988 (11/7 RAr 61/87 - BSGE 64, 62 = SozR 4100 § 152 Nr 18, Juris RdNr 21) die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 44 SGB X nach einer Nichtigkeitserklärung durch das BVerfG. Zugleich betrifft die zitierte Passage des BSG-Urteils vom 8.2.2007 (B 7a AL 2/06 R - SozR 4-4300 § 330 Nr 4 RdNr 15) nicht die Auslegung des § 44 SGB X, sondern des "§ 330 Abs 1 SGB III (idF, die § 330 durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente <Job-AQTIV-Gesetz> vom 10. Dezember 2001 - BGBl I 3443 - erhalten hat)", wie in RdNr 13 dieses Urteils ausgeführt.
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3. Die Beschwerde kann auch nicht deshalb erfolgreich sein, weil die im angegriffenen Urteil zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung des LSG im Widerspruch zur Praxis des BSG steht, in Verfahren aus Anlass eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X auch die Frage der Vereinbarkeit der dem Ausgangsverwaltungsakt zugrunde liegenden Normen mit dem GG zu untersuchen (vgl zB BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 91/11 R - SozR 4-2600 § 249b Nr 1; BSG Urteil vom 23.10.2013 - B 5 RS 6/12 R - Juris; BSG Vorlagebeschluss vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris). Eine Divergenz gegenüber einer dieser Entscheidungen hat die Klägerin nicht gerügt. Allein die von der Klägerin jedenfalls sinngemäß auch geltend gemachte inhaltliche Unrichtigkeit des angegriffenen LSG-Urteils kann - wie oben bereits ausgeführt - nicht zur Zulassung der Revision führen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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