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BSG 16.07.2014 - B 3 KS 3/14 B
BSG 16.07.2014 - B 3 KS 3/14 B - Künstlersozialversicherung - Künstlersozialabgabepflicht - Auftrag eines Eigenwerbung betreibenden Unternehmens an selbstständig künstlerischen Fotografen - Erwerb von Nutzungsrechten - Teilanerkenntnis - laufender Rechtszug - keine Streitwertminderung - "nicht nur gelegentliche" Auftragserteilung
Normen
§ 24 Abs 1 S 2 KSVG, § 24 Abs 2 S 2 KSVG, § 25 Abs 2 S 2 Nr 1 KSVG, § 40 GKG 2004
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 16. Mai 2013, Az: S 16 KR 6133/08
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 19. März 2014, Az: L 5 KR 2839/13, Urteil
Leitsatz
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1. Der "Auftrag" eines Eigenwerbung betreibenden Unternehmens an einen selbstständigen künstlerischen Fotografen kann auch im Erwerb von Nutzungsrechten an bereits erstellten Fotografien (Zweitverwertung) bestehen.
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2. Ein Teilanerkenntnis wirkt sich im laufenden Rechtszug nicht streitwertmindernd aus.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 2014 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5935,40 Euro festgesetzt.
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Die Streitwertfestsetzung im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 2014 wird geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 6063,40 Euro festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5935,40 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die klagende Gesellschaft betreibt ein Unternehmen, das Sportartikel entwickelt, produziert und vertreibt. Das Unternehmen unterhält eine Marketingabteilung, gibt jährlich zwei Produktkataloge heraus und verfügt über einen Internetauftritt mit Onlineshop. Die beklagte Künstlersozialkasse hat die grundsätzliche Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Künstlersozialabgabe (KSA) gemäß § 24 Abs 1 S 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) festgestellt, weil sie Eigenwerbung betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler erteile (Erfassungsbescheid vom 8.11.2006). Die Abgabeschuld wurde für das Jahr 2004 auf 257,14 Euro (Bemessungsentgelt 5980 Euro), für das Jahr 2005 auf 426,76 Euro (Bemessungsentgelt 7358 Euro) und für das Jahr 2006 auf 379,50 Euro (Bemessungsentgelt 6900 Euro) festgesetzt (Abgabebescheid vom 3.9.2007). Dabei berücksichtigte die Beklagte Entgeltzahlungen an die selbstständig tätigen Werbefotografen B und M R (Fa L) und den selbstständig tätigen Fotodesigner H B für den Erwerb von Nutzungsrechten an Werbe-, Sport- und Modefotografien, auf denen Produkte der Klägerin abgebildet sind. Die Einwände der Klägerin blieben erfolglos (gemeinsamer Widerspruchsbescheid vom 8.8.2008). Sie hatte ua geltend gemacht, der Erwerb von reinen Nutzungsrechten an Fotografien, die sie nicht selbst in Auftrag gegeben habe, sondern entweder aus dem Fundus der auf Sponsoring und Produktplacement spezialisierten Fa L stammten oder von Kooperationspartnern aus der Sportmodebranche beim Fotodesigner B in Auftrag gegeben worden seien, falle nicht unter das Tatbestandsmerkmal "Erteilung von Aufträgen an selbstständige Künstler" in § 24 Abs 1 S 2 KSVG.
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Nachdem die Beklagte das Bemessungsentgelt für das Jahr 2004 auf 3000 Euro abgesenkt hatte (vgl angenommenes Teilanerkenntnis vom 16.5.2013) und sich dadurch die KSA auf 129 Euro reduziert hatte (4,3 % von 3000 Euro = 129 Euro), hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.5.2013). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19.3.2014): Der Abgabetatbestand des § 24 Abs 1 S 2 KSVG erfasse auch reine Nutzungsrechte an Fotografien. Bei jährlich zwei bis vier Nutzungsverträgen erfolge die Auftragserteilung auch "nicht nur gelegentlich".
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG, wobei sie ausschließlich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung den Formerfordernissen des § 160a Abs 2 S 1 SGG in vollem Umfang genügt. Die von der Klägerin zur Auslegung des § 24 Abs 1 S 2 KSVG aufgeworfenen Rechtsfragen rechtfertigen jedenfalls die Zulassung der Revision nicht, weil sie entweder bereits höchstrichterlich geklärt sind oder sich die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz ableiten lässt.
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1. Die Klägerin hat die Rechtsfrage gestellt, "ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abgabepflicht bei Eigenwerbung betreibenden Unternehmen auch dann bestehen, wenn ein Werk oder eine Leistung von dem Künstler nicht nach einer Auftragserteilung geschaffen bzw. erbracht wird, sondern wenn bereits erschaffene Werke oder Leistungen, für die in der Regel bereits Abgaben bezahlt wurden, von einem werbenden Unternehmen - im Rahmen einer Mehrfachverwertung - genutzt werden".
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Dazu hat der Senat bereits im Jahre 2001 entschieden: "Das Tatbestandsmerkmal der "Erteilung von Aufträgen" in § 24 Abs 2 KSVG beschränkt sich nicht - wie es der Wortlaut zunächst nahe legt - auf die Fälle, in denen ein Werk oder eine Leistung von dem Künstler nach Auftragserteilung erst geschaffen bzw erbracht wird. Dies ist nur der typische Fall, den der Gesetzgeber bei der Formulierung des Tatbestandes vor Augen hatte. Der Wortlaut ist ungenau und untechnisch zu verstehen. Rechtlich geht es nicht um "Aufträge", sondern um den Abschluss von entgeltlichen Verträgen, in der Regel um Werkverträge. Wenn § 24 KSVG den Zweck hat, alle Unternehmen der Abgabepflicht zu unterwerfen, die aus wirtschaftlichen Gründen künstlerische Werke und Leistungen zu eigenen Zwecken verwerten, kann es allein darauf ankommen, ob ein Vertrag über die "Verwertung" eines künstlerischen Werkes geschlossen wird, und zwar unabhängig davon, ob das Werk schon erstellt worden ist oder erst noch geschaffen werden muss" (BSG Urteil vom 30.1.2001 - B 3 KR 1/00 R - SozR 3-5425 § 2 Nr 11).
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Nach dieser Rechtsprechung, die - soweit ersichtlich - weder in der Literatur zum KSVG noch von anderen Gerichten in Zweifel gezogen worden ist, erfasst der Begriff "Aufträge" also alle entgeltlichen Verträge mit selbstständigen Künstlern über die Verwertung bzw Vermarktung ihrer künstlerischen Werke oder Leistungen. Dass hierzu auch Verträge über reine Nutzungsrechte an Werken der bildenden Kunst (einschließlich der dazu zählenden Werbe-, Mode- und Sportfotografie, vgl BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 3 und 6) gehören, ergibt sich ohne Weiteres aus § 25 Abs 2 KSVG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift zählt zum Entgelt im Sinne der Bemessungsgrundlage der KSA (§ 25 Abs 1 KSVG) alles, was der nach § 24 KSVG zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu "nutzen", abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift ausgewiesenen Umsatzsteuer. Dass diese Werknutzung auch in Form des Erwerbs reiner Nutzungsrechte erfolgen kann, erschließt sich aus § 25 Abs 2 S 2 Nr 1 KSVG, wonach in die Bemessungsgrundlage der KSA keine Entgelte einfließen, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden. Zahlungen an die Künstler selbst, die für die vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten an ihren Werken entrichtet werden, sind also in die Bemessungsgrundlage der KSA einzubeziehen, und das Gesetz differenziert insoweit auch nicht zwischen der Erst-, Zweit- oder Drittverwertung. Die Ansicht der Klägerin, die - hier überwiegend vorliegende - Nach- oder Zweitnutzung bereits hergestellten Fotomaterials sei abgaberechtlich irrelevant, findet im Gesetz keine Stütze und ist auch wirtschaftlich nicht plausibel. Das Honorar für eine künstlerische bzw kommerziell nutzbare Fotografie ist regelmäßig höher, wenn alle Rechte auf den Erwerber bzw Auftraggeber übergehen, und fällt entsprechend niedriger aus, wenn sich der Fotograf - wie hier - urheberrechtliche Nutzungsrechte zur weiteren Verwertung seines Werkes vorbehält. Von einem "doppelten" Anfall der KSA kann daher keine Rede sein.
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2. Die Klägerin hat mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal der "nicht nur gelegentlichen" Auftragserteilung ferner die Rechtsfrage aufgeworfen, ob in Anlehnung an den Tatbestand des § 24 Abs 2 KSVG bei nicht mehr als drei Werbeaufträgen pro Kalenderjahr eine Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG begründet werden kann.
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Hierzu hat der Senat ebenfalls bereits Stellung genommen: "Die Regelung des § 24 Abs 2 Satz 2 KSVG, wonach eine nicht nur gelegentliche Auftragserteilung nicht schon dann vorliegt, wenn jährlich in der Regel nicht mehr als zwei Veranstaltungen durchgeführt werden, gibt nur eine Auslegungshilfe für einen bestimmten Sachverhalt. Nach Sinn und Zweck der Regelung, die Verwertung künstlerischer Leistungen über den Kreis der typischen Kunstverwerter in § 24 Abs 1 KSVG hinaus auch bei solchen Unternehmen zu erfassen, die derartige Leistungen in vergleichbarem Maße in Anspruch nehmen, muss es genügen, wenn dies mit einer gewissen Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit und in nicht unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß erfolgt" (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 17 und § 2 Nr 11). "Davon ist auszugehen, wenn Werbemaßnahmen laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr anfallen und entsprechende Werbeaufträge laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr erteilt werden - wenn also durchgehend (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich) ohne größere Unterbrechungen Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt werden bzw deren Vergabe absehbar ist oder Phasen projektgebundener Aufträge vorliegen und absehbar ist, dass entsprechende Folgeaufträge erteilt werden" (BSG Urteil vom 7.7.2005 - B 3 KR 29/04 R - SozR 4-5425 § 24 Nr 7, RdNr 15).
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Bedenken gegen diese Auslegung des Gesetzes sind in der Literatur und in den Entscheidungen der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - soweit ersichtlich - nicht erhoben worden. Damit fehlt es insgesamt an der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2 (für den Erfassungsbescheid) und Abs 3 (für den Abgabebescheid), § 47 Abs 3 GKG. Die Änderung der Streitwertfestsetzung des LSG für die Vorinstanzen beruht auf § 63 Abs 3 S 1 GKG. Dabei war der Streitwert für die Klage gegen den Abgabebescheid, der entsprechend der festgesetzten KSA zunächst 1063,40 Euro betrug, für das Berufungsverfahren auf 935,40 Euro zu verringern, nachdem die Beklagte sich durch das angenommene Teilanerkenntnis verpflichtet hatte, das Bemessungsentgelt für das Jahr 2004 auf 3000 Euro zu reduzieren, woraus sich eine KSA für jenes Jahr von 129 Euro (statt der festgesetzten 257,14 Euro) ergab. Obgleich das Teilanerkenntnis vor dem SG am 16.5.2013 abgegeben worden ist, musste der Streitwert für das Klageverfahren unverändert bleiben (6063,40 Euro), weil nach § 40 GKG für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend ist, die den Rechtszug einleitet. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift vom 11.9.2008 betrug die Abgabeforderung noch 1063,40 Euro. Die Reduzierung der Abgabeforderung auf 935,40 Euro konnte sich deshalb nur auf die Streitwertfestsetzung für das Berufungs- und Beschwerdeverfahren auswirken.
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