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BSG 03.04.2014 - B 5 R 5/13 R
BSG 03.04.2014 - B 5 R 5/13 R - Satzung der Seemannskasse - nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erbringende Leistungen - Ermessen der Verwaltung als Satzungsgeber - richterliche Nachprüfbarkeit
Normen
§ 31 SGB 1, § 29 SGB 4, §§ 29ff SGB 4, § 34 SGB 4, § 137a SGB 6 vom 30.10.2008, § 137b Abs 1 S 2 SGB 6 vom 30.10.2008, § 137c SGB 6 vom 30.10.2008, § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB 7 vom 30.10.2008, § 9 Nr 7 SeemKSa, § 10 SeemKSa, § 17 S 1 SeemKSa, § 17 S 3 SeemKSa, UVMG, Art 20 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Stade, 18. November 2011, Az: S 5 R 32/10, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 20. Juni 2012, Az: L 2 R 825/11, Urteil
Leitsatz
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Auch bei Überzeugung von der Nichtigkeit einer Satzung darf das Gericht sein Ermessen grundsätzlich nicht an die Stelle des Ermessens der Verwaltung als Normgeber setzen.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufgehoben.
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Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 wird zurückgewiesen.
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Für den Rechtsstreit sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus der Seemannskasse, die seit dem 1.1.2009 anstelle der See-Berufsgenossenschaft (See-BG) von der Beklagten geführt wird.
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Der am 1942 geborene Kläger ist zur See gefahren. Zum 31.12.2007 schied er aus der seemännischen Beschäftigung aus und bezieht seit dem 1.1.2008 eine Altersrente. Ende 2007 plante die Seemannskasse die Einführung einer Leistung, die sie als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" bezeichnen wollte. Die Leistung sollte an den Eintritt der Regelaltersgrenze anknüpfen und neben der Altersvollrente erbracht werden. Am 6.11.2007 beschloss die Vertreterversammlung der See-BG eine entsprechende Änderung der Satzung mit Wirkung zum 1.1.2008. Die betroffenen Versicherten wurden ab Ende März 2008 mit der ihnen übersandten Zeitschrift See und Sicherheit Nr. 1/2008 über eine geplante "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" informiert. Im Juni 2008 wurden auch die Versicherten der Geburtsjahrgänge 1937 bis 1942 persönlich angeschrieben. Das Bundesversicherungsamt (BVA) hatte die Genehmigung zur Änderung der Seemannskasse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der neuen Leistung zunächst versagt. Die Genehmigung der "von der Vertreterversammlung der See-Berufsgenossenschaft am 6. November 2007 beschlossenen Neufassung der Satzung der Seemannskasse" erfolgte gemäß § 34 Abs 1 S 2 SGB IV iVm § 143 Abs 1 SGB VII unter dem 6.11.2008, nachdem ua § 143 SGB VII geändert worden war. Mit Schreiben vom selben Tag hatte das BVA die Beklagte außerdem darauf hingewiesen, dass "die textliche Angleichung der Satzung an den Wortlaut des durch Artikel 1 Nr. 18 geänderten § 143 SGB VII in den §§ 9, 17, 20 Abs. 1 Satz 3 und § 21 Abs. 6 als redaktionelle Änderungen im Rahmen der Drucklegung erfolgen" könne. Unter anderem in § 9 Nr 5 und § 17 der in der Zeitschrift HANSA vom Dezember 2008 veröffentlichten Neufassung der Satzung wurde die neue Leistung aus der Seemannskasse daraufhin als "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" bezeichnet. Die veröffentlichte Neufassung enthält - ohne Hinweis auf die dort vorgenommenen Textänderungen - am Schluss eine wörtliche Wiedergabe der Genehmigung des BVA vom 6.11.2008.
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Die Beklagte lehnte den am 10.9.2009 gestellten Antrag auf Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze ab. Der Kläger habe bereits vor dem 1.1.2008 die Regelaltersgrenze erreicht und sei auch vor diesem Tag aus der Seefahrt ausgeschieden (Bescheid vom 6.10.2009, Widerspruchsbescheid vom 21.1.2010).
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Das SG Stade hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18.11.2011). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung des Klägers die Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 20.6.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Entscheidung auf Satzungsbestimmungen gestützt, die mit höherrangigem Recht unvereinbar seien. Der Beklagten obliege es, die entsprechenden Bestimmungen ihrer Satzung neu zu fassen und sodann das Begehren des Klägers neu zu prüfen.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die angegriffene Entscheidung beruhe auf einer völligen Verkennung der "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" und einer Missachtung des im Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG - vom 30.10.2008, BGBl I 2130) und in den Vorschriften des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII aF und § 137b Abs 1 S 2 SGB VI zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens. Bei dieser Leistung handele es sich um eine neue, vom Überbrückungsgeld unabhängige Leistung, die arbeitsmarktpolitischen und versichertenbezogenen Zwecken diene und von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Selbst wenn § 17 S 3 der Satzung der Seemannskasse (zukünftig: Satzung) eine Stichtagsregelung sei, stelle die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine neue Leistung dar, weshalb es sachgerecht sei, den Tag für den frühesten Erhalt der Leistung auf den Tag des Inkrafttretens der Neuregelung der Satzung zu legen. Die zeitliche Abgrenzung berücksichtige ferner die zukunftsgerichtete Zwecksetzung und den Umstand, dass die zu erbringenden Leistungen von den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln gedeckt sein müssten.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 18. November 2011 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das LSG hat gegen Bundesrecht verstoßen, indem es den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
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Die Revision ist zulässig. Beteiligtenfähig (§ 70 SGG) ist die Beklagte, nicht aber die Seemannskasse. Die Seemannskasse wird mit Wirkung vom 1.1.2009 unter ihrem Namen durch die Beklagte als Träger der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 137b bis 137e SGB VI weitergeführt (§ 137a SGB VI). Ihr Vermögen ist zum 1.1.2009 mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen (§ 137c Abs 1 SGB VI). Zu diesem Zeitpunkt ist die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl BT-Drucks 16/9154 S 43) in die Rechte und Pflichten der See-BG bzw - soweit die Seemannskasse teilrechtsfähig war (vgl dazu Waibel, WzS 2003, 238, 243) - der Seemannskasse eingetreten. Damit ist die Seemannskasse selbst jedenfalls seit dem 1.1.2009 weder Trägerin von Rechten und Pflichten noch über § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig.
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Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Selbst wenn das LSG (zu Recht) von der Nichtigkeit der im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers inzident überprüften Satzung der Beklagten überzeugt gewesen wäre, hätte es die Beklagte nicht verurteilen dürfen. Auch dann hätte es grundsätzlich und in aller Regel dem Ermessen der Beklagten als Normgeber überlassen bleiben müssen, wie die sich ergebende Lücke zu schließen ist. Andernfalls griffe das LSG in die dem Normgeber (Satzungsgeber) vorbehaltene Gestaltungsfreiheit ein, die ihm trotz zustehender Kontroll- und Verwerfungskompetenz über untergesetzliche Normen nicht zusteht (vgl BVerfGE 115, 81, 93 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 45 sowie BVerwGE 102, 113, 117 f). Eine Rechtsschutzmöglichkeit, um den Erlass untergesetzlicher Normen durchzusetzen, gibt es daher grundsätzlich nicht. Dem Berufungsgericht war es folglich verwehrt, das Begehren des Klägers abweichend von seinem Antrag im Sinne einer von ihm angenommenen kombinierten Anfechtungs- und Verbescheidungsklage zu verstehen. Eine zusätzliche Feststellungsklage, um effektiven Rechtsschutz iS von Art 19 Abs 4 GG zu erlangen, hat der Kläger vor den Instanzgerichten nicht erhoben, obwohl ein derartiges Rechtsschutzbegehren grundsätzlich möglich gewesen wäre. Denn auch die Rechtsetzung der Exekutive in der Form von Rechtsverordnungen und Satzungen ist Ausübung öffentlicher Gewalt und daher in die Rechtsschutzgarantie einzubeziehen (vgl BVerfG, aaO, S 92 bzw RdNr 40). Die Erhebung einer Feststellungsklage vor dem BSG im Rahmen des Revisionsverfahrens ist nicht (mehr) möglich (vgl § 168 S 1 SGG sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 99 RdNr 12 und § 168 RdNr 2b).
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Das SG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Kläger auf der Grundlage des geltenden Bundesrechts keinen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Weder unmittelbar das geltende Gesetzesrecht noch eine der in Betracht kommenden Textfassungen der Satzung der Beklagten für Zeiten ab dem 1.1.2008 vermittelt denkbar ein entsprechendes Recht.
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Nach der in der Zeitschrift HANSA im Dezember 2008 veröffentlichten Fassung erhält ein Versicherter auf Antrag eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze", wenn er auf Dauer als Seemann nicht mehr tätig ist und die Wartezeit sowie die Halbbelegung erfüllt (vgl § 9 Nr 7, § 10 Abs 1 bis Abs 3 der Satzung). Ein Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Versicherte die Regelaltersgrenze noch vor dem 1.1.2008 erreicht hat und aus der Seefahrt ausgeschieden ist (vgl § 17 S 3 iVm S 1 der Satzung). Vorliegend hat der am 1942 geborene Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG die Regelaltersgrenze am 2007 erreicht und ist vor dem 1.1.2008, hier zum 31.12.2007, aus der Seefahrt ausgeschieden. Ein Anspruch scheidet damit nach § 17 S 3 der Satzung aus.
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Die Beklagte konnte sich für den Erlass einer so gefassten Satzung und des hierauf gestützten (ablehnenden) Verwaltungsakts auf die Ermächtigung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII (in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) bzw auf § 137b Abs 1 S 2 SGB VI (in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des UVMG vom 30.10.2008, aaO) stützen. Die Gesetzgebungskompetenz für diese Regelungen beruht auf Art 74 Nr 12 GG.
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Nicht einschlägig ist demgegenüber § 143 Abs 1 SGB VII (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407). Nach dieser Vorschrift konnte die See-BG unter ihrer Haftung mit Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt an Seeleute sowie Küstenschiffer und Küstenfischer, die nach § 2 Abs 1 Nr 7 SGB VII versichert sind, eine Seemannskasse mit eigenem Haushalt einrichten (Satz 1). Die Mittel für die Seemannskasse waren im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert waren oder die bei ihr Versicherte beschäftigten (Satz 2). Das Nähere, insbesondere über die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen sowie die Festsetzung und die Zahlung der Beiträge, bestimmte die Satzung; die Satzung konnte auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen (Satz 3). Die Satzung bedurfte der Genehmigung des BVA (Satz 4).
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Durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) wurden in § 143 Abs 1 S 3 SGB VII die Worte "die Satzung kann auch eine Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorsehen" durch die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" ersetzt. Die Möglichkeit, in der Satzung die Beteiligung der Seeleute an der Aufbringung der Mittel vorzusehen, wurde in dem neu eingefügten § 143 Abs 1 S 4 SGB VII geregelt. Die Änderungen des § 143 SGB VII traten gemäß Art 13 Abs 3 UVMG rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft. Gemäß Art 2 Nr 2 iVm Art 13 Abs 3 UVMG wurde § 143 SGB VII zum 1.1.2009 aufgehoben. Gleichzeitig traten die Regelungen der §§ 137a ff SGB VI in Kraft (Art 5 iVm Art 13 Abs 4 UVMG). Nach § 137b Abs 1 S 1 SGB VI ist Aufgabe der Seemannskasse die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres an die bei ihr versicherten Seeleute sowie an Küstenschiffer und Küstenfischer, die aus der Seefahrt ausgeschieden sind. Nach S 2 dieser Regelung kann die Satzung ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen.
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Mit der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage zur Einführung einer ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze als zugelassene Aufgabe (§ 30 Abs 1 SGB IV) hat der Gesetzgeber einen Anreiz für ältere Berufsseeleute bezweckt, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine, wenn auch geringere Leistung in Anspruch nehmen zu können. Ein weiteres Ziel war die Deckung des Bedarfs an qualifiziertem Personal, der aufgrund der im Rahmen des "maritimen Bündnisses" zugesagten Rückflaggungen entstanden war (BT-Drucks 16/9154 S 29). Dieses weitere Ziel macht die Leistung aber - anders als das LSG meint - nicht etwa zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die vom Bund finanziert werden müsste (vgl BSGE 81, 276, 285 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1). Der verfassungsrechtliche weite Gattungsbegriff der "Sozialversicherung" schließt eine zur Grundversorgung hinzutretende Zusatzversorgung ein (BVerfGE 63, 1, 36). Die Beschränkung auf eine Notlage gehört hingegen nicht zu ihren konstituierenden Merkmalen. Außer dem Bedürfnis nach Ausgleich besonderer Lasten ist (nur) die Art und Weise kennzeichnend, wie die Aufgabe organisatorisch bewältigt wird. Die hierzu berufenen Träger der Sozialversicherung sind selbständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfGE 11, 105, 113).
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Diese wesentlichen Strukturmerkmale der klassischen Sozialversicherung sind vorliegend erfüllt. Die Leistungen werden aus den Mitteln der Seemannskasse erbracht, die grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen sind, wobei die gesetzlichen Regelungen auch eine Beteiligung der Seeleute ermöglichen. Träger der Leistungen sind eigenständige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die auszugleichende besondere Last liegt in der Bereitschaft, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in der Seefahrt tätig zu sein, obwohl nach dem 71. Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) - das die Bundesrepublik zwar nicht ratifiziert hat, dessen Grundanliegen der Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für Seeleute aber schon bei der Entstehung des § 891a RVO Berücksichtigung fand (vgl die Ausführungen des Abgeordneten Orgaß in der 197. Sitzung der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 11650 A) - das System der Rentenversicherung für Seeleute so zu gestalten ist, dass Altersrenten bereits bei Erreichung des 55. oder 60. Lebensjahres zu gewähren sind.
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Existenz erlangt eine Satzung erst mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung. Gemäß § 34 Abs 2 SGB IV ist die Satzung, die sich ein Versicherungsträger gibt, öffentlich bekannt zu machen. Sie tritt, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und erlangt damit rechtliche Geltung. Nach der Grundregel des § 34 Abs 2 S 2 SGB IV iVm § 33 der Satzung wäre die Änderung der Satzung erst am Tag nach der Bekanntmachung in der Dezemberausgabe 2008 der "HANSA", Zeitschrift für Schifffahrt, Schiffbau, Hafen in Hamburg in Kraft getreten. Abweichend hiervon bestimmt § 34 der Satzung im Einklang mit der entsprechenden Ermächtigung in § 34 Abs 2 S 2 SGB IV das Inkrafttreten der Satzungsänderung spezialgesetzlich mit Wirkung vom 1.1.2008. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung lag damit vor dem der Bekanntmachung in der Vergangenheit. Das ist grundsätzlich zulässig (Finkenbusch, WzS 1992, 1, 10; aA Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 35), zumal Satzungsänderungen nicht vor Erteilung der Genehmigung durch das BVA bekannt gemacht werden dürfen (Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 34 RdNr 83), sodass die wirksame Wahrnehmung der Selbstverwaltungskompetenz bei einer Abhängigkeit des Zeitpunkts des Inkrafttretens von dem Datum der Genehmigung behindert werden könnte.
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Die Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung bedurfte einer gesetzlichen Ermächtigung, die bis zur Neufassung des § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII durch das UVMG vom 30.10.2008 (aaO) zum 1.1.2008 nicht vorlag.
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Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfGE 10, 20, 49 f). Der Gesetzgeber begibt sich mit der Verleihung dieser Autonomie innerhalb eines von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereichs seiner Regelungsbefugnis und ermächtigt einen bestimmten Kreis von Bürgern, durch demokratisch gebildete Organe ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Er darf sich aber seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen völlig preisgeben (BVerfGE 33, 125, 158). Der Gesetzesvorbehalt aus Art 20 Abs 3 GG verlangt, dass staatliches Handeln durch förmliches Gesetz legitimiert ist. Im Rahmen einer demokratisch-parlamentarischen Staatsverfassung, wie sie das GG ist, liegt es nahe anzunehmen, dass die Entscheidung aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen muss, und zwar losgelöst von dem in der Praxis fließenden Abgrenzungsmerkmal des "Eingriffs" (BVerfGE 40, 237, 249).
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Unabhängig von verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber mit dem allgemeinen einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt in § 31 SGB I bestimmt, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 37).
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Nicht maßgeblich ist insofern, ob die Satzungsregelung den Bürger belastet und ihm Pflichten auferlegt oder ob er aus ihr Rechte herleiten kann. Der Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I gilt bereits seinem ausdrücklichen Wortlaut nach ("Rechte") auch für begünstigende Handlungen und macht somit selbst bei der Leistungsgewährung eine gesetzliche Grundlage erforderlich (Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 31 RdNr 9). Infolgedessen kann der Gesetzgeber die Satzungsautonomie insoweit einschränken, als Satzungsregelungen über zu gewährende Leistungen nur zulässig sind, soweit das Gesetz solche Leistungen zulässt (BSG SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 18). Ergänzend bestimmt § 30 Abs 1 SGB IV, dass Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen.
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Zur Einführung einer Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze war die See-BG erst seit dem 1.1.2008 durch § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) ermächtigt. Die Einführung einer Ermächtigungsnorm für die Gewährung ergänzender Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze - die grundsätzlich dazu führt, dass eine Vollrente bezogen werden kann - war nicht bereits durch die Ermächtigung zur Gewährung eines Überbrückungsgelds gedeckt. Weil die ergänzende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine andere Zielrichtung als das Überbrückungsgeld verfolgt, handelt es sich bei der Ermächtigung zu ihrer Regelung auch nicht um eine gesetzgeberische "Klarstellung", sondern nach Wortlaut und Inhalt um die erstmalige Einführung einer besonderen Ermächtigungsgrundlage.
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Zweck der Gewährung eines Überbrückungsgelds ist es, ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Seefahrt zu ermöglichen oder zu erleichtern. Mit dem Überbrückungsgeld wird den besonderen Belastungen der Seeschifffahrt Rechnung getragen und dem Seemann vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine Versorgung gewährleistet, die die Lücke in der Zeit zwischen der Aufgabe der Seeschifffahrt und dem Beginn der allgemeinen Altersversorgung schließt (vgl Göttsch in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 3, 4. Aufl, Stand April 2009, § 143 aF SGB VII RdNr 2). Nähert sich der Seemann beim Ausscheiden aus der Seefahrt dem Rentenalter, wird durch das Überbrückungsgeld de facto das Rentenalter für Seeleute vorgezogen (Orgelmann, Die Seemannskasse in § 891a RVO - Geschichte, Struktur und Funktion - Diss Bremen 1980, S 147). Ist die Regelaltersgrenze erreicht, kommt dem Zweck des Überbrückungsgelds keine Bedeutung mehr zu. Daher ist der Anspruch auf Überbrückungsgeld ausdrücklich an die negative Tatbestandsvoraussetzung geknüpft, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Vollrente wegen Alters nach den Vorschriften der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorliegen (§ 10 Abs 1 S 2 der Satzung). Von einer derartigen Beschränkung gingen auch frühere Fassungen der Satzung aus (vgl BSG vom 14.11.1984 - 1 RS 4/83 - SozR 2200 § 891a Nr 4 S 6; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 11.5.2001 - L 3 RJ 78/00 - Juris RdNr 39; LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.12.2004 - L 1 RA 40/04 - Juris RdNr 29) aus.
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Demgegenüber verfolgt die vorliegend in Frage stehende Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen anderen - demjenigen des Überbrückungsgelds entgegengesetzten - Zweck. Durch die Ergänzung des § 143 S 3 SGB VII (idF ab 1.1.2008) um die Worte "die Satzung kann ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen" sollte die Aufgabenstellung der Seemannskasse erweitert werden. Alleinige Aufgabe der Seemannskasse war es bis zum 31.12.2007, eine zusätzliche soziale Sicherung für Berufsseeleute zu schaffen, die ihnen in der Zeit ab der Vollendung des 55. Lebensjahres durch Zahlung eines Überbrückungsgelds das Ausscheiden aus der Seefahrt und ggf die Aufnahme einer Beschäftigung an Land erleichterte. Durch die Erweiterung der Vorschrift sollte den veränderten Beschäftigungsbedingungen in der deutschen Seeschifffahrt Rechnung getragen werden. Dazu wurde die Möglichkeit geschaffen, einen Anreiz für ältere Berufsseeleute zu setzen, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden und dennoch eine Leistung in Anspruch nehmen zu können (vgl BT-Drucks 16/9154 S 29). Der Versicherte, dem trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen in der Seefahrt eine Tätigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglich ist, soll hiervon nicht durch den "Fehlanreiz" eines Überbrückungsgelds bei vorzeitigem Ausscheiden abgehalten werden. Im Ergebnis geht es darum, die Versicherten zu einer Tätigkeit in der Seefahrt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze anzuhalten, indem den durch das Überbrückungsgeld geschaffenen finanziellen Anreizen durch Setzung eines finanziellen Gegenanreizes entgegengewirkt wird. Insofern wird den Versicherten entgegen der Ansicht des LSG kein finanzieller Nachteil bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Seefahrt, sondern im Vergleich mit der Rechtslage vor dem 1.1.2008 ein finanzieller Vorteil bei Verbleib in der Seefahrt in Aussicht gestellt.
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Ebenfalls entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begrenzt die so verstandene Ermächtigung zur Einführung "ergänzender Leistungen" die Satzungsbefugnis logisch und rechtlich nicht auf weitere Leistungen, die ihrer grundsätzlichen Zielrichtung nach das mit dem Überbrückungsgeld als "Hauptleistung" verfolgte Ziel erreichen können.
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Die Satzung kann "ergänzende Leistungen für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze" vorsehen. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Überbrückungsgeld nach der gesetzlichen Ermächtigung an Versicherte ab der Vollendung des 55. Lebensjahres gezahlt werden kann, dagegen die ab dem 1.1.2008 neu eingeführte Leistung aber das Erreichen der Regelaltersgrenze voraussetzt und sich daher an unterschiedliche Zielgruppen richtet. Ist die Zielgruppe nicht identisch, kann die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze nur die Gesamtkonzeption der Leistungen der Seemannskasse als Vorruhestands- und Zusatzversorgungskasse (vgl BT-Drucks 16/9154 S 42) ergänzen, nicht aber die - kontradiktorische - Leistung des Überbrückungsgelds. Dessen Anwendungsbereich entfällt vielmehr notwendig, sobald die Regelaltersrente beansprucht werden kann, deren Fehlen es kompensieren sollte, während es sich umgekehrt bei einer neben der Regelaltersrente zu erbringenden Leistung nur um ein aliud gegenüber dem Überbrückungsgeld handeln kann.
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Abermals entgegen der Ansicht des LSG ist eine "enge" Auslegung des Begriffs der ergänzenden Leistung für Versicherte nach Erreichen der Regelaltersgrenze aus § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VI (idF ab 1.1.2008) bzw § 137b Abs 1 S 2 SGB VI (idF ab 1.1.2009) auch aus sonstigen Gründen nicht geboten. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus einer vermeintlich erhöhten Beitragsbelastung der Mitglieder. Der Normgeber hat diesem Aspekt bereits dadurch ausreichend Beachtung geschenkt, dass er durch die Wahl einer Stichtagsregelung einen Eingriff in bereits abgeschlossene Rentenbiographien vermieden und durch die Beschränkung der begünstigenden Neuregelung auf Rentenneuzugänge eine erst allmählich zunehmende Belastung der Finanzierungsgemeinschaft sichergestellt hat (vgl zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise in der Sozialversicherung BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90 und 1 BvR 761/91 - BVerfGE 87, 1, 43 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Der Kläger ist zu keinem Zeitpunkt mit der Finanzierung der neuen Leistung belastet worden, kann sich aber auch umgekehrt nicht denkbar darauf berufen, er habe durch von ihm getragene Beiträge bereits entsprechende Anwartschaften erworben. Zudem wird schließlich gemäß § 19 Abs 5 S 1 der Satzung die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze um alle nach § 9 Nr 1 bis 6 der Satzung zuvor gewährten Überbrückungsgelder vermindert und auch auf diese Weise eine Begrenzung der durch die neue Leistung verursachten Kosten erreicht.
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Dass der Regelung über die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine echte Rückwirkung zukommt, macht die Satzung nicht unwirksam. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 11, 139, 145 f; 101, 239, 263) oder wenn der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfGE 63, 343, 353; zu alledem BVerfGE 126, 369, 391 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 71). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines (materiellen) Gesetzes mit rückwirkender Kraft ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl BSG vom 29.8.2006 - B 13 RJ 47/04 R - Juris RdNr 70 f). Eine solche Belastung fehlt, wenn die streitige Satzungsnorm erstmalig Ansprüche der Versicherten der Seemannskasse regelt, für die es zuvor keine Anspruchsgrundlage gegeben hat (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 24). Dies ist hier der Fall. Gemäß § 143 SGB VII (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) konnte die See-BG unter ihrer Haftung die Seemannskasse lediglich für die Gewährung eines Überbrückungsgelds nach Vollendung des 55. Lebensjahres sowie eines Überbrückungsgelds auf Zeit bei einem früheren Ausscheiden aus der Seefahrt einrichten. Nur für diese beiden Leistungen als zugelassene Aufgaben iS des § 30 Abs 1 SGB IV durfte die Seemannskasse ihre Mittel verwenden. Dem folgten die Regelungen der Satzung. Erst im Zuge der Schaffung der gesetzlichen Ermächtigung in § 143 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB VII zum 1.1.2008 wurde ein Anspruch auf Leistungen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in der Satzung - begünstigend - geregelt.
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Die Einführung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze scheitert auch nicht an der Zweckbindung von Sozialversicherungsbeiträgen. Sozialversicherungsbeiträge zeichnen sich durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung aus. Eine unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft vermag die Auferlegung nur solcher Geldleistungspflichten zu rechtfertigen, die ihren Grund und ihre Grenze in den Aufgaben der Sozialversicherung finden. Die Kompetenzvorschrift des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG lässt nur solche Finanzierungsregelungen zu, die einen sachlich-gegenständlichen Bezug zur Sozialversicherung aufweisen. Die erhobenen Geldmittel dürfen daher allein zur Finanzierung der Aufgaben der Sozialversicherung eingesetzt werden. Zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staats und seiner Glieder stehen sie nicht zur Verfügung (vgl BVerfGE 75, 108, 148 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55).
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Diese Vorgaben sind bereits in den Regelungen der §§ 143 Abs 1 S 1 SGB VII (idF ab 1.1.2008) und 137c Abs 2 S 1 und 2 SGB VI (idF ab 1.1.2009) berücksichtigt, nach denen für die Seemannskasse (bis zum 31.12.2008) ein eigener Haushalt einzurichten war bzw (seit dem 1.1.2009) das Vermögen der Seemannskasse als Sondervermögen getrennt von dem sonstigen Vermögen der Beklagten zu verwalten ist, der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben dem Vermögen zuzuführen und ein etwaiger Fehlbetrag aus diesem zu decken ist.
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Der Einwand des LSG, finanzielle Anreize für einen möglichst langen aktiven Dienst der Seeleute müssten allein aus allgemeinen Steuermitteln oder von den betroffenen Unternehmen geleistet werden, verfängt nicht. Denn die Mittel für die Seemannskasse sind grundsätzlich im Wege der Umlage durch die Unternehmer aufzubringen, die bei ihr versichert sind oder die bei ihr Versicherte beschäftigen (§ 143 Abs 1 S 2 SGB VII bzw § 137c Abs 3 S 1 SGB VI). Darüber hinaus stellen die Regelungen des § 24 Abs 1 und 2 der Satzung sicher, dass die Unternehmer mindestens die Hälfte der Umlage aufbringen müssen.
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Die Anknüpfung des Anspruchs an einen Stichtag (1.1.2008) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Satzungen der Berufsgenossenschaften sind autonomes Recht (§ 34 SGB IV), wobei der Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung in ihrer besonderen Sachkunde und Sachnähe zu sehen ist. Von den Gerichten ist daher nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat (BSG vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R - Juris RdNr 17 f mwN).
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Die Wahl des Stichtages 1.1.2008 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Die Festlegung eines Stichtags für die Schaffung von Ansprüchen ist trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 73).
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Vorliegend orientiert sich der gewählte Stichtag an der Einführung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Gewährung der Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Eine solche Lösung erscheint sachgerecht. Zum einen werden mit ihr einzelfallbezogene Ermittlungen einer Anspruchsdauer über die Fragen nach bereits bezogenen Überbrückungsgelds hinaus vermieden. Zudem war zu berücksichtigen, dass eine Lenkung des Ausscheideverhaltens Versicherter im Wege der Normsetzung durch die Selbstverwaltungsorgane insofern beschränkt war, als eine Abschaffung des Überbrückungsgelds zum 1.1.2008 an höheren Anforderungen zu messen ist als die Einführung einer neuen Leistung. Seit dem 1.1.2009 ist der Beklagten die Abschaffung des Überbrückungsgelds gänzlich verwehrt, da die Gewährung eines Überbrückungsgelds gemäß § 137b Abs 1 S 1 SGB VI gesetzliche Pflichtaufgabe ist. Schließlich führt der neben der Gewährung eines Ausgleichs für die Nichtinanspruchnahme des Überbrückungsgelds verfolgte weitere Zweck der Personalbedarfsdeckung dazu, dass die in der Satzung erfolgte Stichtagsregelung sachgerecht ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass nur der zum Zeitpunkt der gesetzlichen Ermächtigung vorhandene Versichertenbestand durch die neu eingeführte Leistung veranlasst werden sollte, die Beschäftigung in der Seefahrt erst zum Beginn der Regelaltersgrenze bzw danach zu beenden. Eine am aktuellen Versichertenbestand orientierte Lösung ermöglicht eine bessere Planbarkeit der Ausgaben für die Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Zudem erscheint nicht absehbar, welche Maßnahmen für die erneute Heranführung von aus der Seefahrt bereits aufgrund Alters ausgeschiedener Seeleute ergriffen werden müssten, um den mit dem Ausscheiden aus der Seefahrt und dem Erwerbsleben einhergehenden Verlust von Kenntnissen und Fertigkeiten zu begegnen.
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Auch aufgrund des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs steht dem Kläger kein Anspruch zu. Die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs sind hier nicht erfüllt. Dessen (im Wesentlichen dreigliedriger) Tatbestand fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1, RdNr 25; BSGE 96, 44 = SozR 4-1300 § 27 Nr 2, RdNr 28).
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Es kann vorliegend offenbleiben, ob eine Hinweispflicht des Versicherungsträgers schon vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung bestehen kann (vgl BSG vom 6.5.1992 - 12 BK 1/92). Das hier maßgebliche Gesetz (UVMG, aaO) ist am 30.10.2008 verabschiedet worden und mit Wirkung zum 1.1.2008 in Kraft getreten. Auch aufgrund eines Hinweises zu diesem Zeitpunkt bzw ab Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens (vgl Gesetzentwürfe vom 14.3.2008, BR-Drucks 113/08 bzw vom 8.5.2008, BT-Drucks 16/9154) wäre der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, die Voraussetzungen für eine "Leistung nach Erreichen der Regelaltersgrenze" (hier: keine Vollendung des 65. Lebensjahres vor dem 1.1.2008, kein Ausscheiden aus der Seefahrt vor dem 1.1.2008, vgl § 17 S 3 der Satzung) tatsächlich zu erfüllen.
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Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis ließe sich auch nicht aus der von der Vertreterversammlung der See-BG am 6.11.2007 beschlossenen und vom BVA am 6.11.2008 genehmigten - so aber nicht bekannt gemachten - Textfassung der Satzung ableiten. Die dort noch enthaltene Bezeichnung der neuen Leistung als "Überbrückungsgeld für langjährig Versicherte" ändert ungeachtet der vordergründigen und vom BVA schon deshalb beanstandeten Namensähnlichkeit nichts an ihren rechtlichen Unterschieden gegenüber dem hergebrachten, noch auf § 143 Abs 1 SGB VII in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung als Ermächtigungsgrundlage beruhenden Überbrückungsgeld.
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Unter diesen Umständen kann vorliegend offenbleiben, ob die in Frage stehende Fassung der Satzung mit der Folge der Nichtigkeit möglicherweise durchgreifenden formellen Bedenken begegnen könnte. Über die schlussendlich veröffentlichte Fassung hat nämlich weder die Vertreterversammlung der See-BG beschlossen noch ist sie vom BVA genehmigt worden. Das Vorliegen lediglich "redaktioneller Änderungen", die das BVA in seinem Begleitschreiben zur Genehmigung vom 6.11.2008 angenommen hat und die es nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Erlass von gemeindlichen Bebauungsplänen (vgl Beschluss vom 14.8.1989 - 4 NB 24/88 - DVBl 1989, 1105 f) erlauben könnten, von einem Rechtssetzungsbefehl in Form eines (erneuten) Satzungsbeschlusses zur Umsetzung der nur bedingt erteilten Genehmigung abzusehen, erscheint fraglich. Nachdem nämlich - wie dargelegt - erstmals zum 1.1.2008 die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Einführung einer neuen Leistung vorhanden war, konnte sich das zuständige Beschlussorgan der Rechtsvorgängerin der Beklagten hiermit am 6.11.2007 nicht befasst und die hierdurch eingetretene nachhaltige Änderung der Rechtslage nicht in seinen Willen aufgenommen haben. Ebenfalls offenbleiben kann, ob die Genehmigung anstelle ihres damaligen Trägers unmittelbar der Seemannskasse erteilt werden konnte und wie sich der Hinweis auf die für eine andere Fassung erteilte Genehmigung auf die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung der neugefassten Satzung im Dezember 2008 auswirkt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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