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BSG 18.07.2013 - B 3 KR 6/12 R
BSG 18.07.2013 - B 3 KR 6/12 R - Krankenversicherung - Krankenhausleistung - Abrechnung - Vorliegen von Komplikationen bei Wiederaufnahme innerhalb der oberen Grenzverweildauer - Nebenwirkungen von Medikamenten - Chemotherapie - Fallzusammenführung nur bei Zusammenhang mit der durchgeführten Krankenhausbehandlung - Auslegung der Begrifflichkeiten in Abrechnungsbestimmungen
Normen
§ 109 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 23.04.2002, § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 15.12.2004, § 8 Abs 5 S 1 KHEntgG vom 15.12.2004, § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 23.04.2002, § 17b Abs 2 S 1 KHG, § 17b Abs 7 KHG vom 31.10.2006, § 2 Abs 3 S 1 KFPVbg 2007, § 4 Abs 13 AMG 1976 vom 12.12.2005
Vorinstanz
vorgehend SG Mainz, 25. Juni 2010, Az: S 7 KR 114/08, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 4. August 2011, Az: L 5 KR 200/10, Urteil
Leitsatz
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Zu den Komplikationen, die nach den Abrechnungsbestimmungen für Krankenhausleistungen bei Wiederaufnahme innerhalb der oberen Grenzverweildauer zu einer Fallzusammenführung und Neueinstufung führen, können auch Nebenwirkungen von Medikamenten gehören; entscheidend ist, ob sie im Zusammenhang mit der durchgeführten Krankenhausbehandlung stehen.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. August 2011 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1167,54 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Streitig ist, ob die behandlungsbedürftige Nebenwirkung einer Chemotherapie eine Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 S 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) rechtfertigen kann.
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Die Klägerin ist Trägergesellschaft eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, in dem die bei der Beklagten versicherte Patientin J in der Zeit vom 29. bis 30.3.2007 zur Durchführung des sechsten Zyklus einer Chemotherapie bei Mammakarzinom vollstationär behandelt wurde. Nach der Entlassung am Morgen des 30.3.2007 wurde die Patientin am Abend des 31.3.2007 wegen behandlungsbedürftiger Übelkeit und Kreislaufstörung erneut vollstationär aufgenommen und bis zum 2.4.2007 mit einer Infusionstherapie behandelt. Die Klägerin rechnete beide Behandlungen gesondert ab: Für die erste Behandlung forderte sie insgesamt einen Betrag von 707,31 Euro, der sich nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs, diagnosebezogene Fallgruppen) basierten Fallpauschalenkatalog der G-DRG-Version 2007 aus der Abrechnung der DRG J62B (bösartige Neubildungen der Mamma, ein Belegungstag oder ohne äußerst schwere CC) unter Berücksichtigung eines Abschlags für die Unterschreitung der Grenzverweildauer auf der Basis der Hauptdiagnose C50.4 (bösartige Neubildung: oberer äußerer Quadrant der Brustdrüse) mit weiteren Nebendiagnosen ergab. Die zweite Behandlung berechnete sie mit der DRG Z65Z (Beschwerden, Symptome, andere Anomalien und Nachbehandlung) auf der Basis der Hauptdiagnose R53 (Unwohlsein und Ermüdung) ua mit der Nebendiagnose C50.4 mit insgesamt 2133,56 Euro.
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Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Rechnungsprüfung und berechnete auf der Basis zweier MDK-Gutachten vom 11. und 22.6.2007 die Krankenhausbehandlung nach einer Fallzusammenführung auf der Grundlage der DRG J62B neu; sodann setzte sie - nachdem sie beide Rechnungen zunächst vollständig beglichen hatte - im August 2007 einen Betrag in Höhe von 1167,54 Euro von unstreitigen Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen ab. Zur Begründung führte sie aus, die beiden Krankenhausfälle seien zusammenzuführen, weil die behandlungsbedürftige Übelkeit der Versicherten im Zusammenhang mit der im ersten Krankenhausaufenthalt durchgeführten Chemotherapie gestanden habe und daher als Komplikation der Chemotherapie anzusehen sei.
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Die Klägerin hat den noch offenen Zahlungsanspruch im Klagewege weiterverfolgt, weil eine Fallzusammenführung nicht gerechtfertigt sei. Das Auftreten von Übelkeit gehöre als einzukalkulierende und gut evaluierte Folge einer Chemotherapie zu deren klassischen Nebenwirkungen und sei daher nicht als Komplikation der Chemotherapie zu werten. Im Bereich der Onkologie habe es bereits vor Einführung der DRG-Fallpauschalen aus medizinischen und ökonomischen Gründen Intervallbehandlungen gegeben, bei denen die Wiederaufnahme als neuer Behandlungsfall gesondert abzurechnen gewesen sei. Die Patientin sei bei Wohlbefinden entlassen worden, sodass die erneute Aufnahme nach über 24 Stunden aus gynäkologisch/onkologischer Sicht einen neuen Fall darstelle. Komplikationen und Nebenwirkungen seien begrifflich voneinander zu trennen, wie in § 2 Abs 3 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2008 nunmehr klargestellt worden sei.
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Das SG hat die zunächst in Höhe von 1186,03 Euro erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 25.6.2010). Das LSG hat die dagegen gerichtete und auf 1167,54 Euro korrigierte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 4.8.2011) und zur Begründung ausgeführt, bei der gebotenen wortlautorientierten Auslegung der Vergütungsregelungen seien Nebenwirkungen von Medikamenten als Komplikation iS von § 2 Abs 3 FPV 2007 zu werten, da es einen Überschneidungsbereich der beiden Begrifflichkeiten gebe. Bei dem jährlich weiterzuentwickelnden "lernenden" Vergütungssystem seien Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen durch die Vertragspartner im Wege der Vertragsänderung mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen, wie hier im Jahre 2008 offensichtlich geschehen.
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Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2007). Sie ist der Auffassung, die Instanzgerichte hätten insbesondere die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 3 FPV 2007 nicht hinreichend berücksichtigt und die Begriffe "Komplikation" und "Nebenwirkung" falsch bewertet.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 4. August 2011 sowie des SG Mainz vom 25. Juni 2010 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1167,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. August 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht für die beiden vollstationären Krankenhausbehandlungen der Versicherten J kein über 1673,33 Euro hinausgehender Vergütungsanspruch zu. Da beide Behandlungen nach § 8 Abs 5 KHEntgG (hier idF des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes 2. FPÄndG> vom 15.12.2004) iVm § 2 Abs 3 FPV 2007 nach einer Fallzusammenführung zu berechnen sind, durfte die Beklagte gegen den überzahlten Betrag in Höhe von 1167,54 Euro mit unstreitigen Forderungen der Klägerin aufrechnen.
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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, weil die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) erhoben worden ist. Da sich Krankenhausträger und Krankenkasse bei der Frage, wie die stationäre Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht. Es war auch keine Klagefrist zu beachten (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12).
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2. Dem von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch steht die Aufrechnung der Beklagten mit Ansprüchen aus späteren - unstreitigen - Vergütungsansprüchen des Krankenhauses entgegen. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche (Hauptforderung) die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten der Beklagten in Höhe von weiteren 1167,54 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).
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Der Beklagten steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 1167,54 Euro zu, den sie gegen die Hauptforderung der Klägerin aufrechnen konnte. Denn in dieser Höhe hat sie die stationäre Behandlung der Versicherten J im März/April 2007 ohne Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit kein Entgeltanspruch zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).
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a) Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Jahr 2007 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V (hier idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF des 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG - hier idF der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2007 sowie dem zwischen der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 19.11.1999 - und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2007. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 8 Abs 5 KHEntgG (idF des 2. FPÄndG) iVm § 2 Abs 3 FPV 2007. Hiernach durfte die Klägerin nur einen Behandlungsfall mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 1673,33 Euro abrechnen.
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b) § 8 Abs 5 KHEntgG (in der oa Fassung) lautete seit dem 21.12.2004: "Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder eine Rechtsverordnung nach § 17 Abs 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes." Diese Fassung der Vorschrift ist auf die Abrechnung der im März/April 2007 erfolgten beiden Krankenhausaufenthalte der Versicherten J anzuwenden. § 2 Abs 3 FPV 2007, den die damaligen Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Selbstverwaltungspartner nach § 17b Abs 2 KHG am 19.9.2006 mit Wirkung zum 1.1.2007 aufgrund der Ermächtigung in § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG vereinbart haben, lautete: "Werden Patienten oder Patientinnen, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts, wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. … Satz 1 ergänzt die Vorgaben nach § 8 Abs 5 des Krankenhausentgeltgesetzes."
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c) Die Selbstverwaltungspartner nach § 17b Abs 2 S 1 KHG sind nach § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG ermächtigt, Näheres oder sogar Abweichendes auch in Bezug auf den Begriff der "Komplikation" zu regeln. Sie haben diese Begrifflichkeit in der hier maßgeblichen Fassung der FPV für das Jahr 2007 indes unverändert gelassen. Es gilt daher lediglich die Einschränkung, dass nur solche Komplikationen beachtlich sind, die im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung stehen. Zur Auslegung dieser Regelung ist auf Inhalt und Reichweite des Begriffs der Komplikation nach dem allgemeinen und medizinischen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Denn Vergütungsregelungen sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen; nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung in zahlreichen Behandlungsfällen handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).
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d) Dem Wortsinn nach umfasst der Begriff der Komplikation iS von § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2007 alle negativen Folgen einer medizinischen Behandlung wie zB Nachblutungen, Hämatome, Thrombosen, Infektionen und auch deren unerwünschte Nebenwirkungen (so bereits Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 3 KR 18/11 R - BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 21, vgl auch RdNr 28), sofern nur der seit 22.7.2003 geforderte "Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung" gegeben ist. Unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten, hier einer Chemotherapie, werden davon ebenfalls erfasst. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Begriffs der Komplikation (dazu aa) und aus dem, was allgemein unter Nebenwirkungen von Medikamenten zu verstehen ist (dazu bb). Dieses Ergebnis wird durch die mit Wirkung zum 1.1.2008 vereinbarte Ausnahmeregelung in § 2 Abs 3 S 2 FPV 2008 zu unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen gestützt, die aber nicht rückwirkend für das Jahr 2007 angewandt werden kann (dazu cc).
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aa) Zur Auslegung der in den Abrechnungsbestimmungen verwendeten Begriffe kann nicht nur auf allgemeine und medizinische Wörterbücher zurückgegriffen werden. Der üblicherweise einem Wort innerhalb eines bestimmten Fachgebietes (hier der Medizin) zugemessene Sinngehalt erschließt sich daneben auch über fachspezifische Zusammenhänge, in denen das Wort mit einer bestimmten Bedeutung Verwendung findet.
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Nach dem Duden (Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 9. Aufl 2012) ist das Wort Komplikation auf die lateinischen Begriffe complicare, complicatum mit der Bedeutung "zusammenfalten, verwickeln, verwirren" zurückzuführen. Es wird übersetzt als "ungünstige Beeinflussung oder Verschlimmerung eines normalerweise überschaubaren Krankheitszustandes bzw eines chirurgischen Eingriffs oder eines biologischen Prozesses durch einen unvorhergesehenen Umstand". Eine fast identische Begriffsbestimmung enthält das medizinische Nachschlagewerk Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch 2012), während in der Ausgabe von 2002 eine Komplikation noch als Ereignis oder Umstand bezeichnet wird, wodurch der durchschnittliche Ablauf einer Erkrankung, eines ärztlichen Eingriffs oder natürlichen Vorgangs gestört werden kann; die Entwicklung zu einem eigenständigen diagnostischen oder therapeutischen Problem ist möglich. In anderen medizinischen Wörterbüchern finden sich ähnliche Ausführungen zum Begriff der Komplikation, etwa "unvorhergesehene Verschlimmerung einer Krankheit oder Verletzung durch ungünstige Einflüsse, zB durch das Hinzukommen einer weiteren Erkrankung oder einer Infektion; aber auch unvorhergesehene Zwischenfälle bei Operationen, Entbindungen oder bei der Durchführung therapeutischer Maßnahmen" (Hammerschmid-Gollwitzer, Wörterbuch der medizinischen Fachausdrücke, 1999), oder "unerwartetes Ereignis innerhalb eines Krankheitsverlaufs mit geringer Erwartungswahrscheinlichkeit, durch das der durchschnittliche Ablauf einer Erkrankung negativ beeinflusst wird" (Zetkin/Schaldach, Lexikon der Medizin, 16. Aufl 1998), oder "jedes außerordentliche - und meist mit besonderen Symptomen einhergehende - Krankheitsgeschehen, das im Verlauf einer Grundkrankheit auftritt und deren Verlauf ungünstig gestaltet" (Lexikon Medizin, Bearbeitet von der Lexikon-Redaktion des Verlages Urban & Schwarzenberg, 4. Aufl ca 2005).
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Langzeitfolgen werden in der Regel von Komplikationen unterschieden (vgl hierzu Löppenberg, Standardisierte Berichterstattung von Komplikationen nach der offenen retropubischen radikalen Prostatektomie anhand der Martin Kriterien, Diss, 2011, S 9, 10). Der 9. Senat des BSG spricht von einer Impfkomplikation (im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung), wenn es zu einer über die übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung kommt, die bei Dauerhaftigkeit einen Impfschaden darstelle (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VJ 1/10 R - SozR 4-3851 § 60 Nr 4 RdNr 36, 38).
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Im ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision - WHO-Ausgabe - Version 2006 <erst 2013 durch eine neue Version ersetzt>) finden sich im Kapitel XX unter V01-Y98 "Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität" die Nummern Y40-Y84 "Komplikationen bei der medizinischen und chirurgischen Behandlung". Unter diesem Gliederungspunkt wird ua gefasst: "Indikationsgerecht angewendetes und in therapeutischer oder prophylaktischer Dosierung korrekt verabreichtes Arzneimittel als Ursache einer unerwünschten Nebenwirkung". Entsprechendes findet sich im ersten Unterpunkt (Y40-Y59) wieder, denn dieser lautet: "Unerwünschte Nebenwirkungen bei therapeutischer Anwendung von Arzneimitteln, Drogen oder biologisch aktiven Substanzen".
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Zusammengefasst folgt daraus, dass der Begriff der Komplikation allgemein sehr weit verstanden wird und alle Umstände einschließt, die eine Krankheit ungünstig beeinflussen, wobei sich die Störung des Krankheitsverlaufs (noch) nicht zu einer dauerhaften Krankheitsfolge verfestigt haben muss. Nicht entscheidend ist deshalb zunächst, ob ein unvorhergesehener, unerwarteter oder außerordentlicher Umstand eingetreten ist, denn es geht hier allein um die Abgrenzung zu einem störungsfreien Krankheitsverlauf. Das störungsfreie Krankheitsgeschehen entspricht einem vorhersehbaren, erwarteten bzw "ordentlichen" Verlauf der Krankheit, wie er sich ohne den ungünstigen Einfluss dargestellt hätte. Für eine solche Abgrenzung spricht vor allem auch die Tatsache, dass Komplikationen aufgrund der statistisch ermittelbaren Komplikationsrate bei allen medizinischen Vorgängen immer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch vorhersehbar bzw zu erwarten sind. Um beachtenswerte Komplikationen iS von § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2007 handelt es sich daher immer schon dann, wenn sie den herkömmlichen Ablauf der Krankheit stören oder nicht schon zu dem normalen Ablauf der Krankheit dazugehören.
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Für den Begriff der Komplikation iS der Vergütungsregelungen kann es nach der Rechtslage bis zum Jahresende 2007 vor allem nicht darauf ankommen, ob die Komplikation unerwartet eingetreten ist oder unvermeidbar war, denn mit der Fallpauschale wird grundsätzlich die Behandlung eines Patienten bis zur festgelegten oberen Grenzverweildauer vergütet. Bei der Wiederaufnahme eines Patienten wegen einer Komplikation in diesem Zeitraum muss das Krankenhaus daher seine Leistungen grundsätzlich ohne Abrechnung eines zweiten Behandlungsfalls erbringen, kann dann aber die Gesamtleistung durch die Fallzusammenführung meist nach einer höher vergüteten DRG abrechnen. Der Behandlungsauftrag des Krankenhauses erstreckt sich grundsätzlich auf den gesamten Behandlungsbedarf des Patienten - unabhängig davon, ob dieser sich als Folge einer Erkrankung oder deren Behandlung ergibt oder aus einer Komplikation resultiert. Das Krankenhaus trägt danach als Gegenleistung für die Fallpauschale grundsätzlich das Risiko von innerhalb der oberen Grenzverweildauer auftretenden Komplikationen, die im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung stehen. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob der Patient sich ununterbrochen in der Klinik aufgehalten oder ob er sie zwischenzeitlich verlassen hat. Denn mit dem Eintritt der Komplikation verwirklicht sich gerade das spezifische Gesundheitsrisiko des Behandlungsfalls, das zu bekämpfen das Krankenhaus gegen Zahlung der Fallpauschale beauftragt worden ist. Sind demnach mit der Fallpauschale grundsätzlich sogar unvorhersehbare, atypische Komplikationen bis zur oberen Grenzverweildauer abgegolten, so muss dies für absehbare Behandlungsauswirkungen oder sonstige typische Umstände erst recht gelten (ausführlich dazu Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 3 KR 18/11 R - BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4 ; vgl auch die Begründung zu § 8 Abs 5 S 1 KHEntgG, BT-Drucks 15/994 S 22 Zu Artikel 2 Nr 5a - neu -).
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Durch dieses weite Verständnis des Komplikationsbegriffs wird der Verantwortungsbereich des Krankenhauses nicht über Gebühr ausgedehnt. Eine Fallzusammenfassung und Neueinstufung ist nämlich nur bei Komplikationen gerechtfertigt, die im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung stehen. Eine Krankenhausbehandlung, die wegen einer unabhängig von der zuvor durchgeführten Krankenhausbehandlung eingetretenen Komplikation erforderlich wird, ist eigenständig abzurechnen. Besteht also zwischen der eingetretenen Störung des Krankheitsverlaufs und der vom Krankenhaus erbrachten Leistung kein hinreichender Zusammenhang, kommt eine Fallzusammenführung nicht in Betracht.
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bb) Unter Nebenwirkung wird allgemein eine zusätzliche, häufig unerwartete oder unerwünschte Wirkung verstanden (vgl ua Duden, Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 9. Aufl 2012). Nach den Ausführungen im Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch 2012) ist eine Nebenwirkung in Bezug auf Arzneimittel die Wirkung eines Pharmakons, die (neben der erwünschten Hauptwirkung) diesem Arzneimittel ebenfalls eigentümlich, aber nicht erwünscht ist. Nach der Begriffsbestimmung in § 4 Abs 13 Arzneimittelgesetz (<AMG> idF der Bekanntmachung der Neufassung des Arzneimittelgesetzes vom 12.12.2005, BGBl I 3394), die insoweit mit der über den Behandlungszeitraum der Versicherten J hinaus unverändert gebliebenen Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABI L 311 vom 28.11.2001, S 67) übereinstimmt, sind Nebenwirkungen die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Auswirkungen auf die Krankenhausabrechnung haben dabei nur solche schwerwiegende Nebenwirkungen, die eine stationäre Behandlung oder die Verlängerung der stationären Behandlung erforderlich machen.
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Die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen, die so schwerwiegend sind, dass sie deshalb - weiterhin oder erneut - eine stationäre Behandlung erforderlich machen, führen regelmäßig zu einer Störung des Krankheitsverlaufs und stellen daher eine Komplikation im Sinne der Abrechnungsbestimmungen dar, wenn der erforderliche Zusammenhang zu der vom Krankenhaus erbrachten Leistung gegeben ist. Denn für den Begriff der Komplikation kommt es nicht darauf an, wodurch die Störung des Krankheitsverlaufs verursacht wurde, sondern nur darauf, ob ein Zusammenhang mit der erbrachten Krankenhausleistung gegeben ist. Entscheidend ist deshalb, ob erstens die beim Patienten auftretenden Symptome und gesundheitlichen Probleme die festgestellte Erkrankung ungünstig beeinflussen oder ihren Ablauf stören und ob sie zweitens im Zusammenhang mit der im Krankenhaus durchgeführten Leistung stehen. Insoweit gibt es zwischen den Begriffen der Komplikation und der Nebenwirkung einen Überschneidungsbereich. Unerheblich ist demgegenüber, ob es sich bei den aufgetretenen Symptomen/Problemen um Nebenwirkungen von Arzneimitteln handelt, ob oder inwieweit sie voraussehbar waren oder ob und inwieweit das Krankenhaus ihr Auftreten verursacht hat. Deshalb können nicht nur schwerwiegende unerwartete Nebenwirkungen im Sinne des AMG oder der Richtlinie 2001/83/EG zu Komplikationen führen, sondern auch schwerwiegende bekannte, typische oder sogar regelmäßig mit der Einnahme oder Applikation des Medikamentes verbundene Nebenwirkungen. Dies deckt sich insbesondere auch mit den Ausführungen im ICD-10.
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Besteht - wie vorliegend - die vom Krankenhaus erbrachte Leistung in der Durchführung des Intervalls einer Chemotherapie, ist beim Auftreten von Nebenwirkungen der Chemotherapie ein Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung gegeben. Denn bei der Krankenhausbehandlung handelte es sich um eine Arzneimittelgabe und gerade diese ist von der Patientin nicht vertragen worden mit der Folge, dass sie erneut stationär aufgenommen werden musste.
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Eine aufgrund solcher Nebenwirkungen erforderliche stationäre Behandlung ist nicht vergleichbar mit den im Bereich der Onkologie regelmäßig stattfindenden geplanten Intervallbehandlungen. Findet zB die (geplante) Wiederaufnahme zur Intervallbehandlung innerhalb der oberen Grenzverweildauer der vorherigen Behandlung statt, kann die nachfolgende stationäre Behandlung gleichwohl gesondert abgerechnet werden. Denn diese Intervallbehandlungen gehören zum regelmäßigen, störungsfreien Krankheitsverlauf; sie beruhen in aller Regel nicht auf einem die Krankheit ungünstig beeinflussenden Umstand oder Ereignis, sondern auf einem bestimmten Behandlungsschema. Die weitere stationäre (Intervall-)Behandlung erfolgt daher nicht wegen einer Komplikation.
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cc) Gestützt wird diese Auslegung des Komplikationsbegriffs durch die mit Wirkung zum 1.1.2008 vereinbarte Ausnahmeregelung des § 2 Abs 3 S 2 FPV 2008; dort heißt es nunmehr: "Eine Zusammenfassung und Neueinstufung wird nicht vorgenommen bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen." Wären die Vereinbarungsparteien davon ausgegangen, dass Nebenwirkungen schon begrifflich nicht von Komplikationen erfasst sind, hätte es dieser zusätzlichen Regelung nicht bedurft (so schon Urteil des Senats vom 12.7.2012 - B 3 KR 18/11 R - BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 28). Für stationäre Behandlungen indes, die - wie hier - vor Inkrafttreten dieser Ausnahmeregelung erbracht wurden, verbleibt es auch bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemo- oder Strahlentherapien im Bereich der Onkologie bei einer Fallzusammenfassung und Neueinstufung, soweit es sich um eine mit der Krankenhausbehandlung zusammenhängende Komplikation handelt. Denn der Begriff der Komplikation ist stets unverändert geblieben, die Regelung entfaltet keine Rückwirkung. Die streng am Wortlaut orientierte Auslegung der zwischen den Verhandlungspartnern vereinbarten Abrechnungsregelungen lässt es nicht zu, diese Ausnahmeregelung auch schon auf Behandlungen aus dem Jahr 2007 anzuwenden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
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