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BSG 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B
BSG 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Berufungsverfahren - Wert des Beschwerdegegenstandes - Beschränkung des Berufungsantrags
Normen
§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 151 Abs 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Magdeburg, 28. Juli 2011, Az: S 5 R 125/08
vorgehend Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, 10. Oktober 2012, Az: L 3 R 309/11, Urteil
Tenor
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Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Oktober 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Im Streit steht die Höhe von Übergangsgeld im Zeitraum vom 17.9.2007 bis zum 14.3.2008.
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Die im Jahre 1961 geborene Klägerin absolvierte eine Maßnahme zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierfür wurde ihr Übergangsgeld ab dem 17.9.2007 von kalendertäglich 30,97 Euro bewilligt (Bescheid vom 26.9.2007). Der mit einem höheren Stundenlohn begründete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008).
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Das Klageverfahren war teilweise erfolgreich. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.7.2011 verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld iHv 31,57 Euro kalendertäglich im Zeitraum vom 19.9.2007 bis zum 14.3.2008 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen dazu Folgendes ausgeführt:
"Die Berufung war für die Beklagte zuzulassen, da die zugrunde liegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. … Für die Klägerin ist die Berufung bei Erreichen des Werts des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 € (nämlich 817,42 € bei 4,59 € Differenzbetrag/Tag der Maßnahme) von Gesetzes wegen statthaft."
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Mit Schriftsatz vom 29.9.2011 hat die Klägerin zunächst fristwahrend Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 hat sie den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,67 Euro kalendertäglich zu zahlen. Wie mit Schriftsatz vom 2.10.2012 angekündigt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,95 Euro kalendertäglich zu zahlen.
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Mit Urteil vom 10.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei mit Schriftsatz vom 15.11.2011 auf die Summe von 729,80 Euro begrenzt worden. Dies entspreche einem Übergangsgeld iHv 35,67 Euro kalendertäglich. Die spätere Erhöhung des Berufungsantrags auf 35,95 Euro kalendertäglich, mithin einer Berufungssumme von mehr als 750 Euro, sei unbeachtlich. Maßgeblich sei hingegen die Beschwer bei Einlegung der Berufung gewesen. Daher komme es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag an.
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Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Sie rügt, dass das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern anstelle des Prozessurteils ein Sachurteil hätte erlassen müssen. Die Berufung sei nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert über 750 Euro liege.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
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Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) gerügt.
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Der Verfahrensmangel liegt auch vor. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG), sodass das LSG die Berufung mangels Erreichens der Berufungssumme nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen.
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Der Senat kann offenlassen, ob das SG die Berufung für die Klägerin wirksam zugelassen hat. Selbst wenn es eine solche Entscheidung nicht getroffen hätte, ist die Berufung bereits von Gesetzes wegen für die Klägerin statthaft.
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Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 2 RdNr 5). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist auf die Einlegung der Berufung abzustellen (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; BSGE 58, 291, 294 = SozR 1500 § 144 Nr 30).
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Die Klägerin hat ihre Berufung am 29.9.2011 unbeschränkt eingelegt und zu diesem Zeitpunkt noch keinen Berufungsantrag beziffert. Verstöße gegen die Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 SGG, wonach die Berufungsschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll, sind unschädlich (BSG SozR Nr 2 zu § 151 SGG). Daher hätte das LSG die Beschwer bezogen auf den Zeitpunkt der unbeschränkten Berufungseinlegung ermitteln müssen. Hierfür wäre eine überschlägige Berechnung ausreichend gewesen (vgl BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 11 mwN).
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Die Beschwer ist an dem vollen Umfang des Unterliegens vor dem SG zu messen. Wenn die Berufungssumme in diesem Zeitpunkt - wie hier - den Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG überschritten hat, so wird das Rechtsmittel aber nicht dadurch unzulässig, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung einen eingeschränkten Berufungsantrag angekündigt hat (vgl BGH vom 8.10.1982 - V ZB 9/82 - Juris RdNr 7). Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG, nach der eine Beschränkung des Berufungsantrags, durch die die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig macht (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 13). Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln (vgl BSG SozR 1500 § 144 Nr 24 S 40 f) der Klägerin sind nicht zu erkennen.
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Im Zeitpunkt der fristwahrend eingelegten Berufung war die Klägerin aber nach der zutreffenden Berechnung des SG mit einem Differenzbetrag von 4,59 Euro kalendertäglich unterlegen (vgl S 7 Entscheidungsgründe des SG-Urteils). Multipliziert mit 178 streitigen Tagen ergibt dies einen Betrag, der deutlich über dem Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro liegt (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG).
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Entgegen der Ansicht des LSG kommt es daher nicht auf den in der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 reduzierten Berufungsantrag an. Der Senat kann auch offenlassen, ob der mit Schriftsatz vom 2.10.2012 korrigierte Berufungsantrag, der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt worden ist, eine unzulässige Erweiterung der Berufung gewesen ist.
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Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 SGG macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
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Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
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