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BSG 13.04.2011 - B 14 AS 123/10 B
BSG 13.04.2011 - B 14 AS 123/10 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Berufung gegen Gerichtsbescheid - Entscheidung durch Einzelrichter - keine Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 33 S 1 SGG, § 153 Abs 5 SGG, § 105 Abs 2 S 1 SGG, § 155 Abs 3 SGG, § 155 Abs 4 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Dresden, 27. Februar 2008, Az: S 12 AS 573/05, Gerichtsbescheid
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 18. Dezember 2009, Az: L 7 AS 64/08, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Kläger begehren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Das Sozialgericht (SG) hat ihre Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 27.2.2008), das Landessozialgericht (LSG) hat ihre Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 18.12.2009).
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG gerichtete Beschwerde der Kläger ist zurückzuweisen, weil sie zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet ist.
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Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47, 58; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, IX, RdNr 177 ff mwN). Andernfalls ist die Beschwerde schon als unzulässig zu verwerfen.
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Die Kläger stützen ihre Beschwerde auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (BSGE 40, 58 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die begehrte Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 181). Außerdem ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 65 f). Eine mögliche fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall führt nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung der damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfrage.
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Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger haben als erste Frage formuliert, "ob die für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2006 geltenden unterschiedlichen Regelsätze für Ost (331,00 €) und West (345,00 €) gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen".
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Die Kläger haben jedoch die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht aufgezeigt. Auch wenn der Verstoß einer Norm gegen das Grundgesetz (GG) gerügt wird, entbindet dies nicht von der allgemeinen Darlegungspflicht des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34). Vorliegend mangelt es an näheren Darlegungen zu dem als verletzt bezeichneten Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG sowie zu der zum Zeitpunkt der Beschwerdebegründung vom 4.11.2010 schon veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 zur Verfassungsmäßigkeit der Leistungen nach dem SGB II (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175). Weder werden die zu der aufgeworfenen Frage schon bestehenden Rechtsgrundsätze aufgezeigt, noch wird dargelegt, inwieweit diese einer Weiterentwicklung bedürfen. Selbst wenn es "Unterschiede des Verbrauchsniveaus und des privaten Konsumverhaltens nicht nur in Ost und West, sondern innerhalb des gesamten Bundesgebietes gibt", kann daraus nicht zwingend ohne Weiteres abgeleitet werden, dass unterschiedliche "Regelsätze" "zwischen Ost und West" gegen den Gleichheitssatz verstoßen, wie insbesondere der angeführten Entscheidung des BVerfG und deren Aussagen zur Herleitung der "Regelsätze" entnommen werden kann, auf die in der Beschwerdebegründung nicht eingegangen wird.
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Die zweite Frage der Kläger, "ob eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II dann vorliegen kann, wenn der Hilfebedürftige und der Verwandte keinen gemeinsamen Haushalt führen, insbesondere wenn der Verwandte in einer anderen Stadt wohnt", ist entweder unklar formuliert oder aufgrund der angesprochenen gesetzlichen Regelung zu beantworten, sodass die Klärungsbedürftigkeit der Frage zu verneinen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1): Voraussetzung für eine Haushaltsgemeinschaft ist das Leben in einem Haushalt, ohne gemeinsamen Haushalt scheidet eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II aus.
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Die Kläger stützen ihre Beschwerde des Weiteren auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG und rügen eine unrichtige Besetzung des Gerichts bei der angefochtenen Entscheidung: Es habe die Berichterstatterin als Einzelrichterin entschieden, obwohl die Klägerin zu 1 mit Schreiben vom 2.2.2009 nur mitgeteilt habe: "Hiermit möchte ich einer Entscheidung durch einen Einzelrichter zustimmen, aber darum bitten, noch einmal Stellung zu meinem Anliegen nehmen zu können, wenn möglich mündlich, falls nicht möglich schriftlich." Der anschließende Termin am 18.12.2009 habe als mündliche Verhandlung allein vor der Berichterstatterin als Einzelrichterin stattgefunden, die im Anschluss auch das Urteil verkündet habe. Die Berichterstatterin habe zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden müssen, weil § 153 Abs 5 SGG dem § 155 Abs 4 SGG als lex specialis vorgehe.
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Der von den Klägern gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 153 Abs 5 SGG kein lex specialis zu § 155 Abs 4 SGG ist. § 153 Abs 5 SGG eröffnet in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG (Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid) die Möglichkeit, durch Beschluss des Senats des LSG die Berufung dem Berichterstatter zu übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, während nach § 155 Abs 3 SGG im Einverständnis der Beteiligten der Vorsitzende "auch sonst anstelle des Senats entscheiden kann", womit insbesondere auch eine abschließende Entscheidung über die Berufung durch Urteil gemeint ist. Diese Entscheidungszuständigkeit des Vorsitzenden nach § 155 Abs 3 SGG geht bei Bestellung eines Berichterstatters nach § 155 Abs 4 SGG auf Letzteren über. Schon der Wortlaut der Normen zeigt, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs 5 SGG an andere Voraussetzungen geknüpft ist, zB einen Übertragungsbeschluss des Senats, als eine Entscheidung nach § 153 Abs 3 SGG oder wie vorliegend nach § 153 Abs 3, 4 SGG, Letztere bedürfen eines Einverständnisses der Beteiligten. Beide Entscheidungsformen stehen gleichwertig nebeneinander und sind unterschiedliche Wege zur Beendigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz durch eine Entscheidung unter Vermeidung eines Urteils des Senats in voller Besetzung (vgl § 33 SGG) nach mündlicher Verhandlung.
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Die Voraussetzungen der vom LSG gewählten Entscheidungsform Urteil der Berichterstatterin nach mündlicher Verhandlung aufgrund von § 155 Abs 3, 4 SGG waren erfüllt. Insbesondere hatte die Klägerin zu 1 in Vertretung des ebenfalls beschwerdeführenden Klägers zu 2 durch ihr oben wiedergegebenes Schreiben ihr Einverständnis zu einer solchen Entscheidung gegeben.
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Denn die Erklärung "möchte ich ... zustimmen" ist, wie den Formulierungen der Klägerin zu 1 auch im übrigen Text ihres Schreibens vom 2.2.2009 zu entnehmen ist, nicht als Möglichkeit oder In-Aussicht-Stellen zu verstehen, sondern als grundsätzliches Einverständnis zu einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin mit der Möglichkeit seitens der Klägerin zu 1 sich noch einmal in der Sache äußern zu können - also ihr rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) zu wahren. Diese Gelegenheit hatte die Klägerin schriftlich aufgrund des Zeitablaufs bis zur mündlichen Verhandlung und in der mündlichen Verhandlung, an der die Klägerin zu 1 ausweislich des Protokolls teilgenommen hat. Angesichts dieser Teilnahme an der mündlichen Verhandlung alleine vor der Berichterstatterin als Einzelrichtern hätte es zudem weiterer Darlegungen in der Beschwerdebegründung bedurft, wieso die Klägerin zu 1 nicht einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin widersprochen hat, wenn ihr angeführtes Schreiben nicht als Einverständnis zu dieser Entscheidungsform zu verstehen war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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