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BVerfG 12.08.2015 - 2 BvR 2646/13
BVerfG 12.08.2015 - 2 BvR 2646/13 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Schuldprinzips (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch disziplinarische Höchstmaßnahme (Entfernung aus dem Dienst) bei unzureichenden Feststellungen zur Schwere der Dienstvergehen - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 5 Abs 1 Nr 5 DG NW 2004, § 10 DG NW 2004
Vorinstanz
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 11. September 2013, Az: 3d A 722/09.O, Urteil
vorgehend VG Münster, 26. Januar 2009, Az: 13 K 1684/06.O, Urteil
nachgehend BVerfG, 8. Oktober 2015, Az: 2 BvR 2646/13, Kammerbeschluss
Tenor
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Die Urteile des Verwaltungsgerichts Münster vom 26. Januar 2009 - 13 K 1684/06.O - und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2013 - 3d A 722/09.O - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes.
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Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2013 - 3d A 722/09.O - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 Euro (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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A.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die disziplinarische Entfernung aus dem Dienst.
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I.
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1. Der im Jahr 1953 geborene Beschwerdeführer war bis zu seiner Suspendierung im Januar 2001 als Gewerbehauptsekretär zunächst beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt und später beim Staatlichen Umweltamt im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Im Jahr 1987 wurde er dem Mess- und Prüfdienst der Abteilung "Immissionsschutz" zugeteilt. Beamte aus dieser Abteilung wurden zum Streifenfahrdienst herangezogen, der Kontrollfahrten zur Überwachung von Betrieben und Anlagen innerhalb und außerhalb der normalen Dienstzeit durchführte.
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2. Der Beschwerdeführer ist disziplinarisch vorbelastet. Mit Disziplinarverfügung vom 3. November 1993 verhängte die Bezirksregierung gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 1.800 DM wegen der fortgesetzten Weigerung, von seinem Vorgesetzten angeordnete Dienstfahrten im Rahmen des Streifenfahrdienstes durchzuführen.
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3. Mit Anschuldigungsschrift vom 12. Oktober 2006 erhob die Einleitungsbehörde gegen den Beschwerdeführer Disziplinarklage.
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4. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 26. Januar 2009 wurde er wegen Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt und ihm wurde für die Dauer von sechs Monaten ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75% des zum Zeitpunkt der Urteilsfindung erdienten Ruhegehaltes bewilligt.
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5. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Beschwerdeführers verwarf das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. September 2013. Das Oberverwaltungsgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer habe wiederholt gegen Dienstpflichten verstoßen, indem er
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- am 28. November 1994 die Durchführung des Streifenfahrdienstes in der Woche ab 28. November 1994, der ihm übertragen worden sei,
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- am 28. Februar, 15., 30. März, 6., 12., 14. und 20. April, 7., 19. und 26. Juni, 17. Juli, 6. und 13. Dezember 2000 und 8. Januar 2001 Außendienstfahrten, zu deren Durchführung er angewiesen worden sei,
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- am 28. Februar, 15., 30. März, 6., 12., 14. und 20. April, 7., 19. und 26. Juni und 17. Juli die Befolgung der ihm erteilten Weisung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung auf Fahrtüchtigkeit zu unterziehen und
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- am 27. September 2001 eine vom Amtsarzt Gelsenkirchen angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung
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verweigert habe, ohne sich auf rechtfertigende Gründe berufen zu können.
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Der Senat sei der Überzeugung, dass der Beschwerdeführer am 28. Februar, 15., 30. März, 6., 12., 14. und 20. April, 7., 19. und 26. Juni, 17. Juli 2000 an der Durchführung der Außendienstfahrten nicht dadurch gehindert gewesen sei, dass er nach der Einnahme des Schmerzmittels Tramal oder eines vergleichbaren Präparats oder des eine Übelkeit unterdrückenden Präparats Paspertin wegen mit der Einnahme dieser Medikamente einhergehender Nebenwirkungen nicht mehr in der Lage gewesen sei, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen. Der Senat nehme dem Beamten schon nicht ab, dass er an auch nur einem der vorgenannten Tage zu Dienstbeginn eines der von ihm angegebenen Medikamente genommen habe, sodass er die Durchführung der ihm aufgetragenen Außendienstfahrten nicht wegen deren Nebenwirkungen habe verweigern dürfen. Den vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang beantragten Beweiserhebungen sei nicht nachzugehen gewesen. Die Vernehmung der Ehefrau und eines Arztes des Beschwerdeführers als Zeugen habe der Senat abgelehnt, weil der Beschwerdeführer keine Gründe vorgetragen habe, aus denen ihn hinsichtlich der verspäteten Geltendmachung des Antrags auf Vernehmung der Zeugen kein Verschulden treffe. Schließlich habe es nicht der beantragten Einholung eines pharmakologischen Sachverständigengutachtens zu Auswirkungen der Einnahme von Tramal auf die Fahrtauglichkeit bedurft. Darauf, dass Tramal die behaupteten Nebenwirkungen entfalte, komme es nicht an, weil der Senat davon überzeugt sei, dass der Beschwerdeführer dieses Medikament an den hier fraglichen Tagen vor den ihm erteilten Weisungen nicht eingenommen habe.
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Der Beschwerdeführer habe ein gravierendes Dienstvergehen begangen, durch das er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit bei Anlegung des gebotenen objektiven Maßstabs unwiederbringlich zerstört habe. Ungeachtet des vergleichsweise geringen Gewichts der einzelnen Weisungsverstöße führe sein Fehlverhalten in seiner Gesamtheit, das den Kernbereich des ihm übertragenen Pflichtenkreises betreffe, unter Berücksichtigung seiner Dauer, seiner Folgen für den Dienstbetrieb, der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit des Beschwerdeführers und der offenkundigen Unerreichbarkeit für sein Verhalten steuernde Maßnahmen seiner Vorgesetzten, die bis hin zur Verhängung einer Geldbuße im Disziplinarverfahren reichten, die keinerlei Verhaltensänderung beim Beschwerdeführer zu bewirken vermocht habe, zu der Überzeugung des Senats, dass der Beschwerdeführer seinem Dienstherrn nicht mehr zumutbar sei. Bei der gebotenen prognostischen Bewertung unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers und der von ihm zu verantwortenden Vertrauensbeeinträchtigung bestehe keine Aussicht, dass er sich durch eine weitere Disziplinarmaßnahme - welcher Art auch immer - dazu bewegen lassen werde, von zukünftigen Verstößen gegen die Gehorsamspflicht im Kernbereich seiner Dienstpflicht Abstand zu nehmen.
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Der Schwerpunkt des Fehlverhaltens liege darin, dass er über Jahre hinweg Außendienstfahrten unter Benutzung eines Dienstkraftfahrzeugs, zu denen er ausdrücklich angewiesen worden sei, ohne anzuerkennenden Grund verweigert und sich der hieran anknüpfenden amtsärztlichen Klärung seiner Fahrtauglichkeit verweigert habe. Hierin liege ein schwerwiegender Pflichtenverstoß, die den Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten betroffen habe. Die erste ihm im vorliegenden Verfahren angelastete Zuwiderhandlung habe sich im Jahr 1994 ereignet, die letzte Verweigerung einer Außendienstfahrt datiere vom Januar 2001.
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Besonderes Gewicht erlange das Fehlverhalten des Beschwerdeführers dadurch, dass es sich auch bei der Dienstverweigerung im Jahr 1994 nicht etwa um die erste Verfehlung dieser Art gehandelt habe. Vielmehr seien gegen den Beschwerdeführer nach wiederholten ähnlichen Verstößen seit dem Jahr 1987 bereits im Jahr 1992 disziplinarische Vorermittlungen eingeleitet und mit Datum vom 3. November 1993 durch Disziplinarverfügung eine Geldbuße in Höhe von 1.800 DM gegen ihn verhängt worden. Da der Beamte seine Verweigerungshaltung auch in der Folge nicht aufgegeben habe, sei ihm unter dem 2. März 1994 von der Bezirksregierung "letztmalig" die Weisung zur Durchführung des Streifendienstes erteilt und für den Fall der Weigerung ein förmliches Disziplinarverfahren angekündigt worden.
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Die Verweigerung der angeordneten Außendienstfahrten durch den Beschwerdeführer habe nach den Angaben der im förmlichen Disziplinarverfahren vernommenen Zeugen zu nennenswerten Störungen des Dienstbetriebes geführt. Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen habe der Beschwerdeführer seit 1994 Streifendienstfahrten überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Zum Anteil des Außendienstes habe ein Zeuge bekundet, dieser habe auf der Ebene des Beschwerdeführers mindestens 50% der Tätigkeit ausgemacht. Dem Beschwerdeführer seien im Hinblick auf die Verweigerung von Dienstfahrten Betriebe zugewiesen worden, bei denen bei geringerer Überwachung keine gravierenden Umweltschäden zu befürchten gewesen seien. Von ihm verweigerte Außendienstfahrten hätten von Kollegen durchgeführt werden müssen. Kontrollen seien zum Teil bei Streifenfahrten, zum Teil von Kollegen und teils fernmündlich erfolgt. Der Beschwerdeführer habe aufgrund seiner Weigerung eine Minderleistung erbracht. Seine Vorgesetzten hätten sich auf die pflichtgemäße Erledigung seiner Aufgaben durch ihn nicht verlassen können; Kollegen seien zusätzlich belastet worden.
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Ergebe sich schon aus diesen Umständen, dass dem Beschwerdeführer ein schwerwiegendes Dienstvergehen zur Last falle, so werde das Bild abgerundet durch dessen beharrliche Weigerung, seinem Dienstherrn durch angeordnete amtsärztliche Untersuchungen verlässliche Kenntnis von seiner Fahrtauglichkeit zum einen und seiner allgemeinen Dienstfähigkeit zum anderen zu verschaffen. Auch dies habe neben einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu einer Störung des Dienstbetriebes geführt, weil die Vorgesetzten über die Einsatzfähigkeit des Beschwerdeführers permanent im Unklaren gelassen worden seien und auf dieser Basis hätten disponieren müssen.
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Das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers, das in seinem Vergehen zu Tage trete, führe nicht zu einer milderen Bewertung. Er habe auf seiner Verweigerungshaltung beharrt ungeachtet einer Vielzahl von Aufforderungen und Mahnungen seiner Vorgesetzten bis hin zum Ministerium zu pflichtentsprechendem Verhalten. Auch die Androhung disziplinarer Ahndung, die Verhängung einer empfindlichen Geldbuße für einschlägiges Fehlverhalten sowie die Einleitung eines weiteren förmlichen Disziplinarverfahrens im April 1995 habe es nicht vermocht, ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten. Dabei entlaste es ihn nicht wesentlich, dass er - wenigstens - einen Teil der ihm obliegenden Aufgaben erfüllt und nicht - auch noch - gänzlich dem Dienst ferngeblieben sei, was im Übrigen voraussichtlich deutlich schneller erhebliche disziplinare Konsequenzen gehabt hätte.
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Dass er sich dem ungeachtet disziplinarer Konsequenzen über Jahre hinweg in einem wesentlichen Teilbereich seiner Aufgaben beharrlich widersetzt habe, rechtfertige nach Überzeugung des Senats die Prognose, dass auch die Verhängung einer unterhalb der Dienstentfernung liegenden Disziplinarmaßnahme im vorliegenden Disziplinarverfahren nicht geeignet wäre, eine zukünftige beanstandungsfreie Dienstausübung sicherzustellen. Ergebe die Prognose des künftigen Verhaltens des Beschwerdeführers, dass durch eine erzieherische Disziplinarmaßnahme nicht zu verhindern sei, dass er auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen werde, sei dessen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unausweichlich. Dem Dienstherrn sei eine Fortdauer des Beamtenverhältnisses nicht mehr zuzumuten.
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Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vorliegend habe der Beschwerdeführer ein schweres Fehlverhalten im Kernbereich seines Pflichtenkreises mit erheblichen Auswirkungen auf den Dienstbetrieb gezeigt. Durch dieses habe er die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst sei die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beschwerdeführer sei nicht unverhältnismäßig. Sie beruhe auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen Verhalten; für ihn sei vorhersehbar gewesen, was er damit aufs Spiel gesetzt habe. Auch die lange Dauer des Disziplinarverfahrens könne nicht dazu führen, dass von der nach Lage der Dinge allein gebotenen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werde.
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II.
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Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 26. Januar 2009 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2013 und rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG.
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Zur Begründung führt er zusammengefasst Folgendes aus: Die Anschuldigungsschrift enthalte keinen ausreichenden Nachweis der Dienstpflichtverletzungen, da sich aus ihr nicht ergebe, dass er an den angeführten Tagen tatsächlich einen "erforderlichen" Außendienst hätte wahrnehmen müssen. Insoweit liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und das Gebot umfassender Sachaufklärung vor. Ein Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" liege vor, weil Gerichte angesichts der nicht ordnungsgemäßen Sachverhaltsaufklärung nicht hätten unterstellen dürfen, dass er tatsächlich "erforderliche Dienstfahrten" nicht vorgenommen habe. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liege weiterhin vor, weil die Verwaltungsgerichte seine Einlassung, er habe infolge der Einnahme des Medikamentes Tramal keinen Außendienst wahrnehmen können, als Schutzbehauptung gewertet habe. Das Oberverwaltungsgericht habe es auch unterlassen, sich mit seinem Vortrag auseinanderzusetzen, dass er eine Vielzahl von Außendiensten - nämlich an den Tagen, an denen er durch die Einnahme von Tramal nicht daran gehindert gewesen sei -, durchgeführt habe. Der Senat hätte sich daher in der Urteilsbegründung mit der Frage auseinandersetzen müssen, warum er die Einnahme von Tramal als Schutzbehauptung vorschiebe, wenn er, was unzweifelhaft feststehe, Außendienste in erheblicher Anzahl wahrgenommen habe. Seine Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen zur Einnahme von Tramal sowie auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen von Tramal auf die Fahrtauglichkeit hätten nicht abgelehnt werden dürfen. Außerdem sei das Übermaßverbot als Ausdruck des Schuldprinzips in erheblichem Maße verletzt worden. Er habe, wenn überhaupt, nur einen Teilbereich der Hingabepflicht verletzt, indem er den angeordneten Außendienst nicht wahrgenommen habe. Selbst wenn man davon ausginge, dass dies einem unentschuldigten Fernbleiben vom Dienst gleichzustellen wäre, wäre ein solches Fernbleiben von wenigen Tagen nicht geeignet die Höchstmaßnahme zu verwirken. Es sei auch weder der Anschuldigungsschrift noch den Ausführungen der Gerichte zu entnehmen, dass er - wie vom Oberverwaltungsgericht bei Bemessung der Disziplinarmaßnahme unterstellt - "über Jahre hinweg" ein entsprechendes Verhalten an den Tag gelegt habe. Bei der Begründung der Verhältnismäßigkeit handele es sich letztendlich um Worthülsen. Schließlich hätte unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens zu seinen Gunsten die überlange Dauer des Disziplinarverfahrens vor Verhängung der Höchstmaßnahme berücksichtigt werden müssen, weil eine ordnungsgemäße Verteidigung und Sachverhaltsaufklärung vor Gericht 13 Jahre nach den vorgeworfenen Taten nicht mehr möglich sei. Darüber hinaus sei seine jahrzehntelange Belastung durch das Disziplinarverfahren mit der Treuepflicht des Dienstherrn und der Justizgewährungspflicht aus Art. 19 Abs. 4 GG kaum noch in Einklang zu bringen.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Kammer gibt der Verfassungsbeschwerde statt, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind (vgl. BVerfGE 46, 17 27>; 98, 169 198>) und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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I.
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Die angegriffenen Urteile verletzen den Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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1. Das Schuldprinzip folgt aus dem Zusammenspiel von Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem wertsetzenden Gehalt des Art. 1 Abs. 1 GG: Jede Strafe, nicht nur die Strafe für kriminelles Unrecht, sondern auch die strafähnliche Sanktion für sonstiges Unrecht, setzt Schuld voraus (BVerfGE 57, 250 275>; 58, 159 163>; 80, 244 255>; 95, 96 140>). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und dem Verschulden des Täters stehen (BVerfGE 50, 5 12>; 73, 206 253 f.>; 86, 288 313>; 96, 245 249>). Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 50, 205 215>; 73, 206 253>; 86, 288 313>). Das Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) gelten auch im Disziplinarverfahren (vgl. BVerfGE 46, 17 27>; 98, 169 198>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, S. 1504).
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Feststellung der Schuld und die Auslegung der in Betracht kommenden Vorschriften bei der Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme in erster Linie Sache der zuständigen Fachgerichte ist und das Bundesverfassungsgericht nur nachprüft, ob dem Schuldgrundsatz überhaupt Rechnung getragen und seine Tragweite bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts grundlegend verkannt worden ist. Nicht nachgeprüft wird dagegen, ob die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in jeder Hinsicht zutreffend gewichtet worden sind oder eine andere Entscheidung näher gelegen hätte (vgl. zum Ganzen: BVerfGE 95, 96 141> und BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 1050/07 -, juris, Rn. 12). Nach der Spruchpraxis der Disziplinargerichte kommt eine Weiterverwendung im öffentlichen Dienst aus Gründen der Funktionssicherung dann nicht mehr in Betracht, wenn das Vertrauensverhältnis durch das Dienstvergehen endgültig zerstört ist. Hiergegen bestehen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Gleiches gilt, wenn das Dienstvergehen einen so großen Ansehensverlust bewirkt hat, dass eine Weiterverwendung als Beamter die Integrität des Beamtentums unzumutbar belastet. In beiden Fallgruppen ist der Beamte für den Dienstherrn objektiv untragbar und daher die Entfernung aus dem Dienst geboten. Wann ein derartiger endgültiger Vertrauens- und Ansehensverlust gegeben ist, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Schwere der Verfehlung, dem Ausmaß der Gefährdung dienstlicher Belange bei einer Weiterverwendung und - bei der Beurteilung der Vertrauensbeeinträchtigung - dem Persönlichkeitsbild des Beamten (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, S. 1504; BVerfGK 13, 205 208>).
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Für die Zumessung der Disziplinarmaßnahme spielt das Eigengewicht der jeweiligen Pflichtverletzung eine bedeutsame Rolle. Art und Intensität der Verfehlung bestimmen regelmäßig den Umfang der Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen und geben damit zugleich einen Hinweis für das Wie der disziplinaren Reaktion. Die disziplinargerichtliche Rechtsprechung hat in Konkretisierung des Schuldprinzips die Relation zwischen dem Gewicht des Dienstvergehens und der Bemessung der Disziplinarmaßnahme auf die Formel gebracht, dass die Schwere des Dienstvergehens in erster Linie in der gewählten "Strafart" zum Ausdruck kommen muss. Dienstvergehen, die grundsätzlich die Dienstentfernung erfordern, sind danach in erster Linie Eigentumsverfehlungen bei Ausübung des Dienstes wie etwa Unterschlagung im Amt und Diebstahl. Gleiches gilt für den Straftatbestand der Bestechlichkeit. Auch sittliche Verfehlungen von Beamten haben regelmäßig ein erhebliches Gewicht. Außerhalb dieser Deliktsgruppen kann die Verhängung der Höchstmaßnahme insbesondere in Betracht kommen, wenn es sich um ein vorsätzliches schwerwiegendes Versagen im Kernbereich der Pflichten handelt. Damit ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten gemeint, der im Mittelpunkt der ihm übertragenen und im Einzelnen geregelten dienstlichen Aufgaben steht (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, S. 1504 f.).
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2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe stellt sich die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme im Licht des Schuldprinzips bereits aufgrund unzureichender Feststellungen als unangemessen dar.
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Das Oberverwaltungsgericht hat die Verfehlungen des Beschwerdeführers als gravierendes Dienstvergehen eingestuft, ohne dass die Würdigung der Erschwerungsgründe nachvollziehbar ist und den rationalen Charakter der Entscheidung wahrt. Den einzelnen Weisungsverstößen misst das Oberverwaltungsgericht zutreffend ein nur geringes Gewicht bei, gelangt dann aber aufgrund einer Gesamtschau von Gesichtspunkten zu der Auffassung, dass dem Dienstherrn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar sei. Das Oberverwaltungsgericht hat den Schwerpunkt des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers darin gesehen, dass er "über Jahre hinweg" Außendienstfahrten verweigert habe. Die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts tragen diese Annahme nicht. So hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer zwischen dem 28. Februar 2000 und dem 8. Januar 2001, also über einen Zeitraum von lediglich rund zehn Monaten hinweg, an 14 Tagen die Durchführung von Außendienstfahrten sowie eine amtsärztliche Untersuchung verweigert hat. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus am 28. November 1994 ebenfalls einmal die Durchführung von Streifenfahrdiensten ablehnte, rechtfertigt es nicht, von einem mehrjährigen Verstoß gegen die Folgepflicht auszugehen. Zwischen den Dienstverfehlungen lag ein Zeitraum von immerhin fünf Jahren und drei Monaten, für den das Oberverwaltungsgericht nicht nur keinen konkreten Verstoß gegen eine Dienstpflicht festgestellt hat, sondern in dem darüber hinaus der Beschwerdeführer, wie das Oberverwaltungsgericht ausführt, mit Billigung seiner Dienststelle Kontrollfahrten mit dem ÖPNV erledigte.
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Soweit das Oberverwaltungsgericht argumentiert, das Fehlverhalten des Beschwerdeführers erlange dadurch besonderes Gewicht, dass der streitgegenständlichen Dienstverweigerung die Verhängung einer Geldbuße im Jahr 1993 wegen "ähnlicher Verstöße" vorausgegangen sei, verkennt es - jedenfalls bezüglich der Dienstverfehlungen in den Jahren 2000 und 2001 - grundlegend die Bedeutung des Schuldprinzips. Das Gewicht einer Vorbelastung hängt nämlich auch vom zeitlichen Abstand der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme zur neuen Verfehlung ab (vgl. auch jüngst BVerwGE 147, 229 236>). Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch den Zeitablauf von sieben Jahren seit der letzten Disziplinarmaßnahme, der immerhin die Verjährungsfrist mittelschwerer Straftaten überschreitet (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), nicht zugleich mildernd in Rechnung gestellt.
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Das Oberverwaltungsgericht hat weiter darauf abgestellt, dass die Verweigerung der Dienstfahrten zu nennenswerten Störungen des Dienstbetriebs geführt habe. Zur Begründung verweist es im Wesentlichen pauschal auf Zeugenaussagen, wonach Außendienstfahrten von Kollegen des Beschwerdeführers übernommen werden mussten und eine Erledigung der Dienstgeschäfte mittels öffentlicher Verkehrsmittel nicht effektiv gewesen sei. Konkrete Feststellungen dazu, inwiefern die Verweigerung von Fahrten im Jahr 1994 beziehungsweise in den Jahren 2000 und 2001 im Einzelfall unmittelbar den Betrieb der Behörde bei deren Aufgabenerledigung beeinträchtigt hat, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen. Dies wäre freilich erforderlich gewesen, um diesen Gesichtspunkt bei der Bemessung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen.
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3. Es kann neben der Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dahinstehen, ob auch ein Verstoß gegen weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte vorliegt. Im Hinblick auf den festgestellten Grundrechtsverstoß bedarf es einer Prüfung weiterer möglicher Grundrechtsverletzungen nicht (vgl. BVerfGE 42, 64 78 f.>).
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II.
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Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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