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BVerfG 15.09.2011 - 1 BvR 519/10
BVerfG 15.09.2011 - 1 BvR 519/10 - Stattgebender Kammerbeschluss: Anforderungen des Bestimmtheitsgebots an gerichtliche Auslegung von gesetzlichen Blanketttatbeständen und ausfüllender Behördenentscheidung - hier: Verletzung des Bestimmtheitsgebots (Art 103 Abs 2 GG) durch Auferlegung einer Geldbuße gem § 62 Abs 1 Nr 3 BImSchG aufgrund einer nicht hinreichend bestimmten immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmung - Gegenstandswertfestsetzung auf 10000 Euro
Normen
Art 103 Abs 2 GG, § 12 Abs 1 BImSchG, § 62 Abs 1 Nr 3 BImSchG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG
Vorinstanz
vorgehend OLG Stuttgart, 23. Dezember 2009, Az: 2 Ss 89/09, Beschluss
vorgehend AG Ehingen, 9. Oktober 2008, Az: 2 Ds 42 Js 7583/07, Urteil
Tenor
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1. Das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 9. Oktober 2008 - 2 Ds 42 Js 7583/07, AK 632/07 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes, soweit das Verfahren nicht durch Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 - 2 Ss 89/09 - eingestellt worden ist.
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Das Urteil wird insoweit aufgehoben und die Sache wird an das Amtsgericht Ehingen zurückverwiesen.
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Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 - 2 Ss 89/09 - gegenstandslos, soweit er die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Amtsgericht Ehingen bestätigt hat.
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2. ...
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3. Der Gegenstandswert wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen eine Verurteilung zu einem Bußgeld von 10.000 € wegen eines ihm zur Last gelegten Verstoßes gegen eine immissionsschutzrechtliche Auflage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).
- 2
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Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer einer als GmbH & Co. KG verfassten Firma, die in einer Halle auf ihrem Betriebsgelände eine Wertstoffsortieranlage für Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle betreibt.
- 3
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Die abfall- und baurechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage einschließlich Hallenum- und -neubau erteilte das zuständige Landratsamt mit Bescheid vom 5. August 1991. Darin heißt es unter anderem:
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"II. Nebenbestimmungen
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1. Errichtung der Wertstoffsortieranlage
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(…)
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1.6 Folgende Flächen sind wasserdicht und chemikalienbeständig zu beschichten (z.B. mit sog. Industriefußboden oder Gußasphalt):
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- Anlieferungsfläche
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- Vorsortierfläche inclusive der daran anschließenden
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- Fläche, die vom Bunker- und Steigband bis zu dessen Abwurf in die Siebtrommel überdeckt wird (ringsum mindestens ein Meter überstehend. Per Aufkantung oder per Gefälle ist sicherzustellen, dass evtl. austretende Flüssigkeiten auf der so befestigten Fläche verbleibt [sic!] und mindestens ca. 1 m³ zurückgehalten werden kann. Abläufe sind nicht zulässig.
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Die übrigen Flächen sind wasserdicht (z.B. Beton oder Gußasphalt) und ohne Abläufe zu befestigen.
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(…)
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2. Betrieb der Anlage
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(…)
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2.9 Gepresste Ballen sind bis zum Abtransport unter Dach oder wasserdicht abgedeckt zwischenzulagern.
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2.10 Andere Wertstoffe wie Holz, Metalle und Styropor sind nach Verfüllung der jeweiligen Container direkt zur Wiederverwertung bzw. zum Abnehmer zu transportieren.
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(…)"
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Mit weiterem Bescheid vom 8. September 1997 erteilte das Landratsamt der Firma die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Lagern und Brechen von Bauschutt und Hölzern ohne schädliche Verunreinigungen und Erstellung eines Lärmschutzwalles sowie die Erhöhung der Durchsatzleistung der Wertstoffsortieranlage. In dem Bescheid heißt es, dass die abfallrechtliche Genehmigung vom 5. August 1991 mit Ausnahme der Durchsatzleistung in vollem Umfang weiterhin Gültigkeit behalte.
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2. Mit angegriffenem Urteil vom 9. Oktober 2008 verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen eines Verstoßes gegen eine Auflage beim Betrieb einer genehmigungspflichtigen Anlage tateinheitlich mit der Lagerung von Abfall außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage und tateinheitlich mit dem Verstellen einer Feuerwehrdurchfahrt zu einer Geldbuße von 20.000 €.
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Das Gericht traf unter anderem die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 16. März 2006 auf bestimmten - im Urteil näher bezeichneten - Flächen außerhalb der Halle mindestens 100 Tonnen Müll gelagert habe. Etwa 20 % hiervon hätten sich auf einer näher bezeichneten unbefestigten Fläche befunden. Bis zum 24. April 2006 habe er den größten Teil des Mülls von unbefestigten Flächen entfernt. Am 24. April 2006 hätten sich aber immer noch einige Müllballen auf unbefestigter Fläche befunden.
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Der Beschwerdeführer habe den Bußgeldtatbestand des § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verwirklicht. Er habe als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma Müll auf nicht befestigtem Untergrund gelagert.
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Nach Nr. 1.6 der Nebenbestimmungen der Genehmigung vom 5. August 1991 seien "die übrigen Flächen" wasserdicht zu befestigen. Bei der im Urteil näher bezeichneten Fläche handele es sich um eine solche "übrige Fläche". Kernpunkt der Genehmigung sei zwar der Betrieb einer Wertstoffsortieranlage innerhalb einer Halle. Der Verteidiger habe argumentiert, der Begriff der "übrigen Flächen" beziehe sich daher nur auf Flächen innerhalb der Halle, in der die Wertstoffsortieranlage betrieben werde. Nach Auffassung des Gerichts sei mit dem Begriff "übrige Flächen" aber jede Fläche auf dem Betriebsgelände gemeint, auf der im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt würden. Dass innerhalb der Halle die Flächen befestigt seien und nicht etwa aus blankem Ackerboden bestünden, verstehe sich von selbst. Wenn mit dem Begriff "übrige Flächen" nur Bereiche innerhalb der Halle gemeint gewesen wären, wäre diese Klausel überflüssig gewesen.
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Der Beschwerdeführer habe die Ordnungswidrigkeiten mindestens mit bedingtem Vorsatz begangen. Er sei der verantwortliche Geschäftsführer der Firma und als solcher mit dem täglichen Ablauf im Betrieb befasst. Er halte die Fäden in der Hand. Ohne seine Zustimmung sei auf dem Betriebsgelände nichts möglich.
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Desweiteren verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer wegen Verstoß gegen Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und solche der Landesbauordnung sowie entsprechender Ausführungsverordnungen.
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3. Auf die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt wurde, beschränkte das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 23. Dezember 2009 den Vorwurf auf den Verstoß gegen § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG und reduzierte die Geldbuße auf 10.000 €. Im Hinblick auf die Verurteilung wegen des Verstoßes gegen eine immissionsschutzrechtliche Auflage verwarf es die Rechtsbeschwerde als unbegründet.
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II.
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Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 (Willkürverbot), Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 2 GG.
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Die verfassungsrechtliche Gesetzesbestimmtheit sei verletzt, weil der Begriff der "übrigen Flächen" im zweiten Teil der Genehmigungsauflage Nr. II. 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 in hohem Maße unbestimmt sei. Ob nicht nur Flächen im Inneren der Halle "übrige Flächen" seien, sondern auch Außenflächen des Betriebshofs dann, wenn dort "im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt werden", lasse sich der Auflage nicht mit der verwaltungsrechtlich und rechtsstaatlich notwendigen Bestimmtheit entnehmen.
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Es gebe in deren Wortlaut keine Anhaltspunkte dafür, sie auf alle Flächen des Betriebsgeländes zu beziehen, auf denen Müll und Wertstoffe abgestellt würden. Das Amtsgericht blende aus, dass die Auflage eine bestimmte Art und Weise der Befestigung - nämlich wasserdicht und ohne Abläufe - der "übrigen Flächen" vorschreibe und im Abschnitt über die Errichtung - und nicht dem folgenden Abschnitt über den Betrieb - der Anlage stehe.
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III.
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Die Akten des Ausgangsverfahrens sowie ein Teil der den Betrieb der Firma B. betreffenden Verwaltungsvorgänge - insbesondere zur abfall- und baurechtlichen Genehmigung vom 5. August 1991 - lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.
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Das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg hat von einer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde abgesehen.
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IV.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b) BVerfGG zur Entscheidung an und gibt ihr zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG statt.
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1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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Das Urteil des Amtsgerichts Ehingen vom 9. Oktober 2008, verletzt - soweit das Verfahren nicht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 2009 gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt worden ist - das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 2 GG. Mit seiner Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 überschreitet das Amtsgericht die ihm durch Art. 103 Abs. 2 GG gezogenen Grenzen. Das vom Amtsgericht als Ordnungswidrigkeit sanktionierte Verhalten des Beschwerdeführers lässt sich der maßgeblichen Nebenbestimmung nicht mit der gebotenen Bestimmtheit als bußgeldbewehrt entnehmen.
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a) aa) Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des sogenannten einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Soweit sich die Beschwerde gegen Gerichtsurteile wendet, kann das Bundesverfassungsgericht nicht untersuchen, ob diese vom einfachen Recht her "richtig" sind. Es kann vielmehr lediglich überprüfen, ob durch die Rechtsanwendung im konkreten Fall Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt worden sind. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde ist erst dann eröffnet, wenn den Gerichten ein "spezifischer" Verfassungsverstoß unterlaufen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundesverfassungsgerichts umfasst nur Auslegungsfehler, die eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, erkennen lassen und auch in ihrer materiellen Tragweite von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 93>; 42, 143 149>; 62, 189 192>; 85, 248 257 f.>; BVerfGK 4, 243 253>).
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bb) Art. 103 Abs. 2 GG erfasst insbesondere Straf- und Bußgeldtatbestände (vgl. BVerfGE 81, 132 135>; 87, 399 411>). Die Norm enthält - neben dem hier unerheblichen Rückwirkungsverbot - ein besonderes Bestimmtheitsgebot. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit oder Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen sind oder sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen. Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Sie soll einerseits sicherstellen, dass die Normadressaten vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Sie soll andererseits gewährleisten, dass der Gesetzgeber über die Strafbarkeit oder die Bußgeldvoraussetzungen entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung oder einer Verhängung von Geldbußen festzulegen (vgl. BVerfGE 78, 374 382>; 126, 170 194>; BVerfGK 11, 337 349>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 755>).
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Das schließt allerdings nicht eine Verwendung von Begriffen aus, die der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, der Vielgestaltigkeit des Lebens Rechnung zu tragen. Ferner ist es wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Straf- und Bußgeldnormen unvermeidlich, dass in Einzelfällen zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht. Jedenfalls im Regelfall muss der Normadressat aber anhand der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar oder bußgeldbewehrt ist. In Grenzfällen ist auf diese Weise wenigstens das Risiko einer Ahndung erkennbar (vgl. BVerfGE 71, 108 114 f.>; 78, 374 381 f.>; 92, 1 12>; 126, 170 195>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 755> - stRspr).
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Der Gesetzgeber darf auch verwaltungsrechtliche Pflichten und verwaltungsbehördliche Anordnungen mit Strafen oder Geldbußen bewehren, um auf diese Weise der Gehorsamspflicht Nachdruck zu verleihen. Selbst Blanketttatbestände, die erst durch verwaltungsrechtliche Vorschriften ausgefüllt werden, können mit dem Grundgesetz vereinbar sein (vgl. BVerfGE 87, 399 407>). Es ist jedoch erforderlich, dass sich die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie Art und Maß der Sanktion bereits aus dem Blankettgesetz selbst mit hinreichender Deutlichkeit ablesen lassen (vgl. BVerfGE 14, 245 252>; 75, 329 342>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 1990 - 2 BvR 385/87 -, NJW 1992, S. 35 35>). Knüpft ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand an den Erlass eines Verwaltungsakts an, so hat das Gesetz Typus und Regelungsumfang der betreffenden Verwaltungsakte jedenfalls so weit festzulegen, wie der Verstoß gegen die entsprechende Verhaltenspflicht strafbewehrt sein soll. Darüber hinaus muss auch der die gesetzliche Regelung ausfüllende Verwaltungsakt in seinem konkreten Regelungsgehalt hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfGK 12, 308 337 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2000 - 1 BvR 1627/95 -, GRUR 2001, S. 266 270>).
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cc) Für die Rechtsprechung folgt aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit ein Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung oder Bußgeldbewehrung. Dabei ist "Analogie" nicht nur im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in dem sie steht. Dabei kommt im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht der grammatikalischen Auslegung eine herausgehobene Bedeutung zu; hier zieht der - aus Sicht des Normadressaten zu bestimmende - Wortsinn einer Vorschrift die unübersteigbare Grenze (vgl. BVerfGE 71, 108 114 ff.>; 73, 206 234 ff.>; 92, 1 11 ff.>; 105, 135 157>; 126, 170 197>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2009 - 1 BvR 2717/08 -, NJW 2010, S. 754 755>).
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Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Sanktionsnorm sich - wie hier - aus einem gesetzlichen Blanketttatbestand und einer diesen ausfüllenden Behördenentscheidung zusammensetzt. Der Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG darf nicht dadurch unterlaufen oder ausgehöhlt werden, dass das eigentliche Verbot sich für den Adressaten nicht schon aus der Gesetzesnorm sondern erst aus der behördlichen Festlegung erschließt. Auch dann muss der Bereich sanktionierten Verhaltens im Vorhinein in Gesetzesnorm und Verwaltungsentscheidung für den Adressaten hinreichend klar erkennbar festgelegt sein, was der Auslegung auch der verwaltungsbehördlichen Konkretisierung durch die Strafgerichte entsprechende Grenzen setzt.
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b) Gemessen an diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Amtsgerichts den sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen im Hinblick auf die Auslegung der Genehmigung aus dem Jahr 1991 nicht mehr gerecht und lässt eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung des genannten grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers erkennen.
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Die Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 im Bescheid vom 5. August 1991 durch das Amtsgericht verletzt das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Bestimmtheitsgebot. Mit der Annahme, die Nebenbestimmung verpflichte den Beschwerdeführer, sämtliche - auch außerhalb der Halle mit der Wertstoffsortieranlage befindliche - Flächen, auf denen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Wertstoffsortieranlage Müll und Wertstoffe abgestellt würden, wasserundurchlässig zu befestigen, hat das Amtsgericht dieser Verfügung eine Bedeutung beigemessen, die sich ihr mit den anerkannten Auslegungsmethoden vertretbar nicht entnehmen lässt und die deshalb bei Anlegung der aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Maßstäbe so für den Beschwerdeführer nicht als bußgeldbewehrt vorhersehbar war.
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aa) Der vom Amtsgericht hergestellte Bezug zwischen der Beschaffenheit des Fußbodens und der Lagerung von Abfall lässt sich bei einer adressatenbezogenen Auslegung schon dem Wortlaut der Nebenbestimmung nicht entnehmen. Der Satz, "Die übrigen Flächen sind wasserdicht (z.B. Beton oder Gußasphalt) und ohne Abläufe zu befestigen", mag vom reinen Wortlaut her noch so zu verstehen gewesen sein, dass die gesamte (übrige) Fläche des Betriebsgeländes - also auch Bereiche außerhalb der Halle - in der beschriebenen Art und Weise zu befestigen ist. Eine so umfassende Versiegelungspflicht ist allerdings erkennbar nicht Sinn und Zweck der Regelung. In dieser Weite wurde sie denn auch vom Amtsgericht nicht verstanden; vielmehr verstand dieses hierunter all die Flächen, auf denen im Zusammenhang mit der Anlage Müll und Wertstoffe abgestellt werden. Die Nebenbestimmung enthält indes kein Wort, das den vom Amtsgericht hergestellten Bezug zwischen angeordneter Flächenversiegelung und dem Lagern von Abfällen tragen könnte. Zur Abfalllagerung schweigt die Regelung vielmehr.
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bb) Neben den fehlenden Anhaltspunkten im Wortlaut der Nebenbestimmung war die ihr vom Amtsgericht entnommene Pflicht auch aufgrund der systematischen Stellung der Nebenbestimmung für den Beschwerdeführer nicht erkennbar.
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Die Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 steht im Gesamtkontext des Bescheides vom 5. August 1991 unter der Rubrik "Errichtung der Wertstoffsortieranlage". Demgegenüber befasst sich der nächste Abschnitt Nr. II. 2. des Bescheides mit dem "Betrieb der Anlage". In diesem Zusammenhang finden sich dann unter Nr. II. 2.9 und Nr. II. 2.10 auch Vorgaben für die Lagerung von Wertstoffen. Danach sind die gepressten Ballen bis zum Abtransport unter Dach oder wasserdicht abgedeckt zwischenzulagern. Andere Wertstoffe wie Holz, Metalle und Styropor sind nach Verfüllung der jeweiligen Container direkt zur Wiederverwertung beziehungsweise zum Abnehmer zu transportieren.
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Aus dieser Gliederung des Bescheides konnte der Adressat nur den Schluss ziehen, dass es in dessen Teil II. 1. um die Anforderungen an die im Zusammenhang mit der Errichtung der Wertstoffsortieranlage herzustellenden Bauwerke und sonstigen Anlagenteile geht. Der Abschnitt II. 2. betrifft dagegen aus seiner Sicht die Regelung der betrieblichen Abläufe, insbesondere der Lagerung von Müll und Wertstoffen. Angesichts dieser Aufteilung konnte der Beschwerdeführer keine auf das Lagern von Müll und Wertstoffen bezogenen Regelungen in den Nebenbestimmungen unter Nr. II. 1. des Bescheides vom 5. August 1991 erwarten.
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cc) Schließlich ist die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung der Nebenbestimmung Nr. II 1.6 des Bescheides vom 5. August 1991 für den Beschwerdeführer als Adressaten der Regelung auch deshalb nicht erkenn- und damit auch nicht vorhersehbar, weil - was das Amtsgericht vollkommen ausblendet - die Art und Weise und nicht das "Ob" der Befestigung des Untergrundes im Vordergrund stehen. Das lässt sich daraus ableiten, dass in der Vorschrift genaue - und zudem im Hinblick auf die Durchlässigkeit des Untergrundes abgestufte - Angaben zur Art der Befestigung gemacht und anhand einer exemplarischen Aufzählung der in Betracht kommenden Ausführung erläutert werden. Damit entfällt jedoch ein wesentliches Begründungselement der amtsgerichtlichen Entscheidung, nämlich, dass nur die von ihm vorgenommene Auslegung des Begriffs der "übrigen Flächen" einen Sinn ergebe. Da sich die in der Nebenbestimmung davor aufgezählten Flächen, einschließlich der Anlieferungs- und Vorsortierflächen, ganz offensichtlich im Bereich der Wertstoffsortieranlage - und damit in der Halle - befinden, liegt für den Adressaten der Regelung der Schluss wesentlich näher, dass sich der letzte Satz der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 ebenfalls auf den Bereich in der Halle bezieht.
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dd) Dass das Amtsgericht der maßgeblichen Nebenbestimmung eine für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbare Bedeutung beimisst, gilt auch dann, wenn man, ungeachtet der insoweit missverständlichen Formulierung im angegriffenen Urteil, das Amtsgericht im Hinblick auf die nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG in Verbindung mit der Nebenbestimmung Nr. II. 1.6 hier allein in Frage kommende Sanktionierung interessengerecht dahin versteht, dass es dem Beschwerdeführer nicht einen Verstoß gegen Anforderungen an die Art und Weise der Lagerung von im Betrieb anfallenden Stoffen, sondern gegen eine Vorgabe für die Herstellung des Untergrunds zum Vorwurf macht. In jedem Fall war für ihn der Umfang der zu befestigenden "übrigen Flächen" in dem Bescheid vom 5. August 1991 weder zeichnerisch, noch verbal, noch funktional durch einen Bezug zur Abfalllagerung verlässlich bestimmt. Damit fehlt es an der von Art. 103 Abs. 2 GG geforderten Vorhersehbarkeit seiner konkreten Handlungsverpflichtungen in diesem Bereich, um deren Nichtbefolgung als Ordnungswidrigkeit sanktionieren zu können.
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2. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist aufzuheben und die Sache gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
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Da die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG beruht, kommt es auf die im Übrigen gegen das amtsgerichtliche Urteil geltend gemachten Verfassungsverstöße nicht mehr an. Das gilt auch für den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 23. Dezember 2009, denn die Entscheidung wird aufgrund der Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils gegen-standslos, soweit sie dieses bestätigt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, inwieweit die gegenüber dem Oberlandesgericht erhobenen Rügen angesichts seiner im Rahmen einer Rechtsbeschwerde beschränkten Prüfungsbefugnisse berechtigt sind.
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V.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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VI.
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Der Gegenstandswert für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>) auf 10.000 € festgesetzt.
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