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BVerfG 24.02.2011 - 2 BvE 1/10
BVerfG 24.02.2011 - 2 BvE 1/10 - A-limine-Abweisung eines offensichtlich unbegründeten Antrags im Organstreitverfahren: Keine Pflicht der 14. Bundesversammlung zur Zurückweisung von Wahlvorschlägen für die Wahl zum Bundespräsidenten wegen Inkompatibilität <Art 55 Abs 1 GG>
Normen
Art 55 Abs 1 GG, § 10 BPräsWahlG, §§ 63ff BVerfGG, § 24 S 1 BVerfGG, § 63 BVerfGG
Gründe
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Das mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Organstreitverfahren betrifft die Frage, ob in der 14. Bundesversammlung, die am 30. Juni 2010 zur Wahl des Bundespräsidenten zusammentrat, Wahlvorschläge für das Amt des Bundespräsidenten hätten zurückgewiesen werden müssen.
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Die Antragstellerin ist eine politische Partei. Sie hat die aus dem Rubrum ersichtlichen Anträge eine Woche vor dem Zusammentritt der 14. Bundesversammlung gestellt. Zur Begründung trägt sie vor: Die Amtszeit des in der 14. Bundesversammlung zu wählenden zukünftigen Bundespräsidenten werde rückwirkend, nämlich zum 31. Mai 2010 beginnen, weil der bis zu diesem Zeitpunkt amtierende Vorgänger im Amt des Bundespräsidenten an diesem Tag seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt habe. Daher müssten in der 14. Bundesversammlung Kandidatenvorschläge insofern zurückgewiesen werden, als die Vorgeschlagenen im Zeitraum nach dem 31. Mai 2010 öffentliche Ämter bekleidet haben oder bekleiden.
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Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beabsichtigte die Antragstellerin, vorbeugend auf den Ablauf der Wahl des Bundespräsidenten in der 14. Bundesversammlung Einfluss zu nehmen, insbesondere auf die Zulassung möglicher Wahlvorschläge.
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A.
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I.
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Der Antrag im Organstreitverfahren ist offensichtlich unbegründet.
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1. Bei einem Beschluss nach § 24 Satz 1 BVerfGG kann es dahinstehen, ob der Antrag im Organstreitverfahren zulässig ist, wenn er offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfGE 6, 7 11>; 60, 243 246>; 96, 1 5>; 97, 350 368>). So liegt hier der Fall. Die Antragsgegner sind offensichtlich nicht verpflichtet gewesen, mögliche Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten unter dem Gesichtspunkt einer Inkompatibilität (Art. 55 Abs. 1 GG) zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift darf der Bundespräsident weder der Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören.
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2. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass diese Bestimmung nur die Unvereinbarkeit des Amtes des Bundespräsidenten mit anderen Ämtern regelt, nicht jedoch schon im Vorfeld die Stellung von Kandidaten für dieses Amt betrifft. Die Gefahr einer Funktionsvermischung oder Funktionsverschiebung, der dieser Grundsatz der Gewaltenteilung vorbeugen soll, wird durch eine Kandidatur nicht begründet (BVerfGE 89, 359 362>).
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3. Die Vorschrift des Art. 55 GG ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht "aus hier einmaligen besonderen Gründen" deswegen auf Kandidaten anwendbar, weil der Amtsvorgänger seinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten bereits vor Ablauf der regulären Amtszeit, nämlich zum 31. Mai 2010 erklärte. Aus diesem Umstand ergibt sich nicht, dass der von der 14. Bundesversammlung gewählte Bundespräsident rückwirkend ("ex tunc") in das Bundespräsidentenamt eintrat. Gesetzliche Rückwirkungsfiktionen im Falle des vorzeitigen Rücktritts eines Bundespräsidenten kennt die deutsche Rechtsordnung nicht.
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Zwar bemüht sich die Antragstellerin, eine derartige Rücktrittsfiktion aus dem Wortlaut von § 10 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (BPräsWahlG) herzuleiten. In ihrer Antragsschrift zitiert sie hierzu diese Bestimmung wörtlich, aber verkürzt wie folgt:
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Das Amt des Bundespräsidenten beginnt mit dem Ablauf der Amtszeit seines Vorgängers.
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Damit wird aber keine Rückwirkung angeordnet, denn § 10 BPräsWahlG lautet seinem vollständigen Wortlaut nach:
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Das Amt des Bundespräsidenten beginnt mit dem Ablauf der Amtszeit seines Vorgängers, jedoch nicht vor Eingang der Annahmeerklärung beim Präsidenten des Bundestages.
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Ein Kandidat kann seine Wahl naturgemäß erst annehmen, nachdem er gewählt ist. Mit dieser Bestimmung wird ein rückwirkender Amtsbeginn demnach ausgeschlossen.
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II.
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Ob sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits mit der Wahl des Bundespräsidenten in der 14. Bundesversammlung durch Zeitablauf erledigt hat, kann offen bleiben. Er erledigt sich jedenfalls mit der Zurückweisung des Antrags im Organstreitverfahren.
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