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BFH 27.10.2020 - XI B 33/20
BFH 27.10.2020 - XI B 33/20 - (Rückzahlung der gezahlten Umsatzsteuer als Voraussetzung für eine Berichtigung des Steuerbetrags nach den § 14c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG; Zulässigkeit einer Feststellungsklage in Fällen des § 14c UStG)
Normen
§ 41 Abs 1 FGO, § 41 Abs 2 S 1 FGO, § 96 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 6 FGO, § 126 Abs 4 FGO, § 143 Abs 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 1 Abs 1a UStG 1999, § 14 Abs 4 S 1 Nr 8 UStG 1999, § 14c Abs 1 S 3 UStG 1999, § 14c Abs 2 S 3 UStG 1999, § 14c Abs 2 S 4 UStG 1999, § 14c Abs 2 S 5 UStG 1999, § 1 Abs 1a UStG 2005, § 14 Abs 4 S 1 Nr 8 UStG 2005, § 14c Abs 1 S 3 UStG 2005, § 14c Abs 2 S 3 UStG 2005, § 14c Abs 2 S 4 UStG 2005, § 14c Abs 2 S 5 UStG 2005
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 11. Juni 2020, Az: 11 K 88/18, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine nicht gezahlte Umsatzsteuer muss für eine Berichtigung des Steuerbetrags nicht zurückgezahlt werden. Daher liegt eine sog. Überraschungsentscheidung vor, wenn das FG eine Klage auf Zustimmung zur Berichtigung des Steuerbetrags mit der Begründung in vollem Umfang abweist, dass die Umsatzsteuer nicht zurückgezahlt worden sei, obwohl die Umsatzsteuer nur teilweise gezahlt worden war.
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2. NV: Eine Feststellungsklage des leistenden Unternehmers, der eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erteilt hat, ist unzulässig, wenn die begehrte Klärung der Streitfrage, ob eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, auch mit der Verpflichtungsklage gegen das FA auf Zustimmung zur Berichtigung des Steuerbetrags geklärt werden kann.
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3. NV: Aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde dem FG auch dann die Entscheidung über die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens zu übertragen, wenn die Vorentscheidung nur teilweise aufgehoben und der Rechtsstreit nur teilweise an das FG zurückverwiesen wird.
Tenor
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1. Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 11.06.2020 - 11 K 88/18 wegen Zustimmung zur Berichtigung der Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 sowie im Kostenpunkt aufgehoben.
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Die Sache wird insoweit an das Niedersächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 11.06.2020 - 11 K 88/18 als unbegründet zurückgewiesen.
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3. Dem Niedersächsischen Finanzgericht wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Organträgerin der ... GmbH (G-GmbH).
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Die G-GmbH übersandte der Stadt ... (Stadt S), die sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin zuvor seit 19.. mit Wasser versorgt hatte, am 12.05.2003 ein Schreiben über die Lieferung von Wasserversorgungsanlagen und wies in dem Schreiben Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 € aus. Hintergrund des Schreibens war, dass die Stadt S den Versorgungsvertrag mit der G-GmbH zum 31.03.2003 gekündigt hatte und seit dem 01.04.2003 vom ... (O) mit Wasser versorgt wurde. Nach einem Rechtsstreit zwischen der G-GmbH und der Stadt S zahlte O im Jahr 2007 aufgrund eines Vergleichs der G-GmbH u.a. Umsatzsteuer in Höhe von 1.275.094,20 €. Im Rahmen des Vergleichs wurde u.a. vereinbart, dass die G-GmbH diesen Betrag O erstattet, wenn die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) erfolgt sein sollte.
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Nach einer Außenprüfung (ebenfalls im Jahr 2007) vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 05.06.2007 die Auffassung, dass die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S steuerpflichtig und das Schreiben vom 12.05.2003 eine Rechnung i.S. des § 14 UStG sei. Es erhöhte die der Klägerin zuzurechnenden Umsätze zum Regelsteuersatz des Jahres 2003 und reduzierte die Umsätze des Jahres 2005 entsprechend.
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens beantragte die Klägerin am 29.11.2007 u.a., dass das FA der "Aufhebung" der Rechnung vom 12.05.2003 und der Neuerteilung einer Rechnung über eine Geschäftsveräußerung an O ohne Steuerausweis zustimmen möge. Eine direkte Umsetzung dieser Absicht erfolgte indes nicht. Das FA wies den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 mit Einspruchsentscheidung vom 18.12.2007 als unbegründet zurück. Im anschließenden Klageverfahren wegen Umsatzsteuer 2003 (16 K 10/08) wies das Niedersächsische Finanzgericht (FG) das FA darauf hin, dass über den Antrag der Klägerin noch nicht entschieden sei. Die Klage wegen Umsatzsteuer 2003 wurde zurückgenommen.
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Das FA lehnte anschließend den Antrag auf Zustimmung ab; die Klägerin legte Einspruch ein.
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Im Laufe des Einspruchsverfahrens erteilte die G-GmbH mit Schreiben vom 10.09.2010 der Stadt S eine neue Rechnung, in der sie u.a. die ausgewiesene Umsatzsteuer auf den von O gezahlten Betrag (1.275.094,20 €) reduzierte. Im Schreiben enthalten ist u.a. der Hinweis auf das Schreiben vom 12.05.2003 sowie die widerstreitenden Auffassungen der G-GmbH, des O und der Stadt S dazu, ob bereits eine ordnungsgemäße Rechnung für den Sachverhalt erteilt worden sei. Am 25.10.2010 beantragte die Klägerin beim FA, einer Berichtigung der Rechnung vom 10.09.2010 und einer Erteilung einer Rechnung an O ohne Steuerausweis ebenfalls zuzustimmen. Diesen Antrag lehnte das FA mit Bescheid vom 18.02.2013 ebenfalls ab. Auch dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
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Im Laufe der beiden Einspruchsverfahren legte die Klägerin sodann eine Rechnung der G-GmbH an O vom 14.09.2017 vor, die als Berichtigung der Rechnung vom 10.09.2010 bezeichnet ist. Darin wies die G-GmbH keine Umsatzsteuer mehr offen aus.
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Das FA wies beide Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 als unbegründet zurück. Das FA nahm an, es handele sich bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 nicht um Rechnungen i.S. des § 14c Abs. 2 UStG, weil der Steuerbetrag nicht nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet werde, so dass eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG nicht möglich sei. Die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen durch die Klägerin an die Stadt S sei steuerbar und steuerpflichtig. Eine Geschäftsveräußerung liege nicht vor.
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Im Laufe des sich dem anschließenden Klageverfahrens beantragte die Klägerin u.a. sinngemäß, das FA zur Zustimmung zur Berichtigung der Rechnungen vom 12.05.2003 sowie vom 10.09.2010 zu verpflichten sowie festzustellen, dass die G-GmbH einen Wasserversorgungsbetrieb (Wasserversorgungsnetz mit Kundenstamm und Kundendaten) an O geliefert habe.
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Mit Ladungszusatz vom 24.02.2020 fragte das FG bei der Klägerin an, ob es zutreffend sei, dass der Betrag von 1.275.094,20 € nicht an die Stadt S oder an O zurückgezahlt worden sei. Dies bejahte die Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2020.
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Das FG wies die Klage mit seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 11.06.2020 - 11 K 88/18 ab. Die Verpflichtungsklage sei zwar zulässig, aber das FA zur begehrten Zustimmung nicht verpflichtet. Bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 handele es sich zwar um Rechnungen i.S. des § 14c UStG. Ziel des Antrags sei sowohl der Austausch des Leistungsempfängers (O statt Stadt S) als auch des Steuerbetrags. Dieser falle, soweit es um den Steuerbetrag gehe, an sich nicht unter § 14c Abs. 2 UStG, da die Klägerin von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung ausgehe. Allerdings verweise § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG dazu auf § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG. Beim Austausch des Leistungsempfängers handele es sich dagegen ggf. um einen Fall des § 14c Abs. 2 UStG. Die Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung 2003 stehe nicht entgegen, weil eventuelle Rechnungsberichtigungen keine Rückwirkung hätten. Allerdings scheitere die beantragte Verpflichtung des FA zur Zustimmung bezüglich der Rechnung vom 10.09.2010 daran, dass O die Umsatzsteuer bezahlt und die Klägerin die Umsatzsteuer nicht zurückgezahlt habe. Dies gelte wegen des Verweises auf § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG. Außerdem ging das FG davon aus, es sei unerheblich, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens zu befürchten sei.
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Den daneben erhobenen Feststellungsantrag sah das FG als unzulässig an, da die Klägerin ihre Rechte durch die Verpflichtungsklage verfolgen könne.
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Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision rügt die Klägerin die Abweisung der Feststellungsklage als unzulässig sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs als Verfahrensfehler.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist teilweise begründet. Zwar hat das FG die Feststellungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen (dazu 1.); insoweit ist die Beschwerde unbegründet. Das FG hat aber das rechtliche Gehör der Klägerin dadurch verletzt, dass es die Verpflichtungsklage insgesamt mit der Begründung als unbegründet abgewiesen hat, dass die Umsatzsteuer nicht zurückgezahlt worden sei, ohne zu beachten, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 € nur in Höhe von 1.275.094,20 € bezahlt worden ist (dazu 2.); dies führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
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1. Soweit die Klägerin als Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rügt, dass das FG über ihre Feststellungsklage zu Unrecht durch Prozessurteil statt durch Sachurteil entschieden habe, liegt dieser Verfahrensfehler nicht vor. Das FG hat die Klage auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Recht als unzulässig abgewiesen (s. allgemein BFH-Urteil vom 13.12.2018 - V R 4/18, BFHE 263, 535, Rz 26 ff.). Zulässig ist insoweit die --von der Klägerin auch vorrangig erhobene-- Verpflichtungsklage (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 26.06.2019 - XI R 5/18, BFHE 266, 67, Rz 20). Ein Ausnahmefall, in dem eine Feststellungsklage gegen das Finanzamt des Geschäftspartners, der eine Rechnung mit oder ohne Steuerausweis erteilen muss, zulässig sein könnte (vgl. BFH-Urteile vom 10.07.1997 - V R 94/96, BFHE 183, 288, BStBl II 1997, 707; vom 30.03.2011 - XI R 12/08, BFHE 233, 304, BStBl II 2011, 819), liegt nicht vor. Eine Feststellungsklage könnten allenfalls die Stadt S oder O erheben.
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2. Allerdings hat das FG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in Bezug auf die Verpflichtungsklage verfahrensfehlerhaft dadurch verletzt, dass es die Klageabweisung in vollem Umfang auf den bisher mit den Beteiligten nicht erörterten Umstand gestützt hat, dass die Umsatzsteuer nicht an die Stadt S oder an O zurückgezahlt worden sei.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) umfasst vor allem das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern, sowie in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 19.11.2013 - XI B 9/13, BFH/NV 2014, 373, Rz 11; vom 19.03.2014 - XI B 144/13, BFH/NV 2014, 1064, Rz 24). Darüber hinaus gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör, für die Prozessbeteiligten überraschende Entscheidungen zu unterlassen (vgl. BFH-Beschluss vom 04.03.2020 - XI B 30/19, BFH/NV 2020, 611, Rz 7). Eine gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßende Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (vgl. BFH-Beschlüsse vom 02.04.2014 - XI B 2/14, BFH/NV 2014, 1049, Rz 12; vom 09.04.2014 - XI B 6/14, BFH/NV 2014, 1230, Rz 12; vom 03.02.2016 - XI B 53/15, BFH/NV 2016, 954, Rz 23). Eine Überraschungsentscheidung kann deshalb z.B. vorliegen, wenn ein entscheidungserheblicher Umstand vom FG erst mit dem Endurteil in das Verfahren eingebracht wird (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2020, 611, Rz 7; vom 08.04.2020 - IX B 88/19, BFH/NV 2020, 897, Rz 10).
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Das Gericht ist jedoch nach dieser Maßgabe grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet; der fachkundig vertretene Beteiligte hat vielmehr von sich aus alle vertretbaren rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte in Erwägung zu ziehen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.2014 - X B 52/13, BFH/NV 2014, 860, Rz 72; vom 12.06.2014 - XI B 133/13, BFH/NV 2014, 1560, Rz 19). Auf rechtliche Umstände, die ein Beteiligter selbst hätte erkennen können und müssen, muss er nicht hingewiesen werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10.03.2016 - X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042, Rz 13; vom 13.05.2020 - VIII B 117/19, BFH/NV 2020, 1262, Rz 4). Auch liegt keine sog. Überraschungsentscheidung vor, soweit das FG das angefochtene Urteil auf einen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt hat, der im bisherigen Verfahren zumindest am Rande angesprochen worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22.07.2014 - XI B 103/13, BFH/NV 2014, 1761, Rz 15; vom 26.04.2018 - XI B 117/17, BFH/NV 2018, 953, Rz 16).
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b) Da im Streitfall das FG mit Schreiben vom 24.02.2020 bei der Klägerin angefragt hat, ob es zutreffend davon ausgehe, dass Umsatzsteuer in Höhe von 1.275.094,20 € weder an die Stadt S noch an O "erstattet" worden sei, hätte die Klägerin von sich aus damit rechnen müssen, dass --soweit die Anfrage reicht-- dieser Umstand aus Sicht des FG entscheidungserheblich sein könnte. Er war damit gegenüber der Klägerin angesprochen, so dass insoweit eine "Überraschungsentscheidung" nicht vorliegt.
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c) Allerdings liegt eine "Überraschungsentscheidung" insoweit vor, als das FG angenommen hat, dass dieser Umstand einer Verpflichtung des FA, einer Berichtigung der Rechnung vom 12.05.2003 zuzustimmen, vollständig entgegen stehen könnte. Diese Rechnung enthält, wie das FG auf S. 4 des Urteils festgestellt hat, einen Steuerausweis in Höhe von 1.656.466,62 €. Gleichzeitig hat das FG ebenfalls auf S. 4 des Urteils festgestellt, dass (nur) Umsatzsteuer in Höhe von 1.275.094,20 € bezahlt worden ist. Es verbleibt danach ein nicht gezahlter Differenzbetrag, für den die Klägerin nicht zur Rückzahlung verpflichtet sein kann, weil sie ihn nicht erhalten hat. Damit, dass das FG die Klage auf Zustimmung in Höhe auch dieses Differenzbetrags mit der Begründung abweisen könnte, die Klägerin habe die Umsatzsteuer nicht an die angeblich unzutreffende Leistungsempfängerin zurückgezahlt (Urteil S. 10 ff., unter 2.e), musste die Klägerin auch aufgrund des Hinweises vom 24.02.2020 nicht rechnen.
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d) Der --auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu beachtende (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.02.2020 - XI B 69/19, XI B 70/19, BFH/NV 2020, 891, Rz 23; vom 18.05.2020 - XI B 105/19, BFH/NV 2020, 1097, Rz 2)-- § 126 Abs. 4 FGO führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung; denn die Vorentscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
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aa) Zwar sprechen die Ausführungen des FG auf S. 13 des Urteils unter 5. dafür, dass das FG davon ausgegangen sein könnte, dass die Rechnung vom 10.09.2010 (Nr. 90015717) von der Klägerin nicht "im Laufe des Einspruchsverfahrens" (gemeint wohl: durch die Rechnung vom 14.09.2017) storniert worden sein könnte. Dass die Rechnung vom 12.05.2003 nicht durch die Rechnung vom 10.09.2010 berichtigt worden sein könnte, ergibt sich aus diesen Ausführungen indes nicht.
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bb) Gleiches gilt für die Aussage des FG auf S. 14 des Urteils, dass ohne "Stornierung der ursprünglichen Rechnung" einer zweifachen Abrechnung desselben Veräußerungsvorgangs zugestimmt würde. Auch daraus ergibt sich nicht, dass das FG davon ausgegangen wäre, dass die Rechnung vom 12.05.2003 nicht durch die Rechnung vom 10.09.2010 berichtigt worden wäre. Im Gegenteil lägen dann drei Rechnungen über denselben Vorgang vor. Davon ist das FG indes nicht ausgegangen.
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cc) Die Frage, ob eine Geschäftsveräußerung vorliegt, kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG auch nicht beurteilt werden (s. dazu unten unter II.4.e), so dass der Senat auch nicht entscheiden kann, ob es sich dabei überhaupt um Rechnungen i.S. des § 14c UStG handelt. Auf den Umstand, dass das FG bisher noch nicht begründet hat, warum es auf S. 9 seines Urteils die Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 als Rechnungen i.S. des § 14c UStG (und nicht als solche i.S. des § 14 UStG) bezeichnet hat, kommt es danach nicht mehr an.
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3. Aufgrund des Verfahrensfehlers hält es der Senat für sachgerecht, das angefochtene Urteil gemäß § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, da beim derzeitigen Verfahrensstand von einer Revisionsentscheidung keine weitere rechtliche Klärung zu erwarten ist (vgl. dazu z.B. allgemein BFH-Beschlüsse vom 25.07.2017 - XI B 29/17, BFH/NV 2017, 1715, Rz 26; vom 08.05.2018 - XI B 5/18, BFH/NV 2018, 958, Rz 23).
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4. Der Senat weist für den zweiten Rechtsgang --ohne Bindungswirkung-- auf folgende Erwägungen hin:
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a) Das FG hat zutreffend erkannt, dass für den Fall, dass es sich bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 um Rechnungen i.S. des § 14c UStG handeln sollte, deren Berichtigung keine Rückwirkung hat (vgl. allgemein BFH-Urteile vom 16.09.2015 - XI R 47/13, BFH/NV 2016, 428, Rz 47; vom 12.10.2016 - XI R 43/14, BFHE 255, 474; in BFHE 263, 535, Rz 15; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18.09.2020, BStBl I 2020, 976, Tz. 31). Soweit es sich um Rechnungen i.S. des § 14 UStG handeln sollte, könnte einer Berichtigung im Hinblick auf ein ggf. bestehendes Recht auf Vorsteuerabzug Rückwirkung zukommen (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.2016 - V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593; vom 22.01.2020 - XI R 10/17, BStBl II 2020, 601).
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b) Soweit das FG im zweiten Rechtsgang ggf. entscheiden muss, ob die Rechnung vom 10.09.2010 als Berichtigung der Rechnung vom 12.05.2003 anzusehen ist, mussten im Jahr 2010 für eine Berichtigung der Rechnung aus dem Jahr 2003 nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, übermittelt werden (§ 31 Abs. 5 Satz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung i.d.F. des Jahres 2010). Insbesondere muss keine zivilrechtlich richtige Rechnung erteilt, sondern nur der Steuerbetrag berichtigt worden sein (vgl. BFH-Urteile vom 25.02.1993 - V R 112/91, BFHE 171, 373, BStBl II 1993, 643, unter II.2.c, Rz 23; in BFHE 255, 474, Rz 26). Aus der Rechnung vom 10.09.2010 muss --notfalls durch Auslegung-- hervorgehen, dass der leistende Unternehmer über seine Leistung nicht mehr, wie bisher, unter Ansatz des ursprünglich ausgewiesenen Steuerbetrags abrechnen wollte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 255, 474, Rz 27). Dies könnte im Streitfall aufgrund der in der Rechnung vom 10.09.2010 enthaltenen Bezugnahmen auf das Schreiben vom 12.05.2003 und den Hinweis auf den zwischen der G-GmbH, der Stadt S und dem O bestehenden Streit, ob dieses Schreiben eine ordnungsgemäße Rechnung ist, der Fall sein. Allerdings obliegt die abschließende Würdigung dem FG.
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c) Die gleichen Erwägungen sind bei der Frage anzustellen, ob die Rechnung vom 14.09.2017 entweder (bei dieser Sichtweise) die Rechnung vom 12.05.2003 in Gestalt der Änderungsrechnung vom 10.09.2010 oder (bei anderer Sichtweise) die beiden getrennten Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 in doppelter Weise berichtigt hat (durch Austausch des Leistungsempfängers unter gleichzeitiger Stornierung des Steuerausweises).
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d) Die jedenfalls in Fällen des § 14c Abs. 1 UStG erforderliche Rückzahlung der Umsatzsteuer (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16.05.2018 - XI R 28/16, BFHE 261, 451; zu Fällen des § 14c Abs. 2 UStG s. BFH-Urteil in BFHE 266, 67, Rz 46) kann ggf. auch durch Abtretung von Ansprüchen gegen das FA erfolgen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 255, 474, Rz 40). Soweit die Klägerin in den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 davon ausgegangen sein sollte, dass Zahlungen des O an die Klägerin Entgelt von dritter Seite (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F.) für eine Leistung an die Stadt S gewesen sei, wäre diese Rückzahlung jedenfalls dann auch an den Dritten möglich, wenn darüber Einigkeit besteht oder im zweiten Rechtsgang noch hergestellt wird.
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e) Zu der materiell zwischen den Beteiligten vorrangig streitigen Frage, ob im Jahr 2003 eine Teil-Geschäftsveräußerung an die Stadt S oder O stattgefunden hat, ergeht ein Hinweis auf das BFH-Urteil vom 25.11.2015 - V R 66/14 (BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793, Rz 29), den BFH-Beschluss vom 15.04.2016 - XI B 109/15 (BFH/NV 2016, 1306, Rz 21) sowie das BFH-Urteil vom 26.06.2019 - XI R 3/17 (BFHE 265, 549, Rz 78). Ein sog. Durchgangserwerb einer Person, die die unternehmerische Tätigkeit nicht selbst fortführt, steht unter den dort genannten Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung nicht entgegen.
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5. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO. Das FG hat mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch in den Fällen des § 116 Abs. 6 FGO über die Kosten des durch diesen Beschluss rechtskräftig abgeschlossenen Teils des Verfahrens zu entscheiden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.12.2013 - XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, Rz 22; vom 19.09.2017 - IV B 85/16, BFH/NV 2018, 51, Rz 20; vom 22.10.2019 - III B 149/18, BFH/NV 2020, 90, Rz 17).
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