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BFH 08.10.2019 - X K 1/19
BFH 08.10.2019 - X K 1/19 - Entschädigungsklage wegen überlanger Verfahrensdauer
Normen
§ 198 Abs 1 GVG, § 198 Abs 2 GVG
Leitsatz
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1. NV: Wenn ein Verfahren bereits erheblich verzögert ist, kann es geboten sein, das Verfahren auch während eines Zeitraums, in dem die maßgebenden Akten an eine andere Stelle versandt werden mussten, weiter zu fördern und hierfür entsprechende Vorsorge zu treffen .
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2. NV: Eine in einem finanzgerichtlichen Klageverfahren, das keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, nach einem Jahr und acht Monaten erhobene Verzögerungsrüge ist jedenfalls dann nicht verfrüht --und daher wirksam--, wenn ein Parallelverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich verzögert war und dadurch Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werden kann .
Tenor
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Der Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger 1.200 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Kläger begehren gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigungen wegen der von ihnen als unangemessen angesehenen Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens, das vom 22.07.2013 bis zur Urteilszustellung am 16.06.2018 beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf anhängig war.
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Dem Ausgangsverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Beide Kläger bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; darüber hinaus erzielte der Kläger als Rechtsanwalt freiberufliche Einkünfte und unterlag der Umsatzsteuer. Am 30.06.2005 erließ das früher zuständige Wohnsitz-Finanzamt einen Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999. Über den hiergegen eingelegten Einspruch wurde zunächst nicht entschieden.
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Am 03.12.2008 erließ das nunmehr zuständig gewordene Finanzamt --FA-- (der Beklagte des Ausgangsverfahrens) Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2000 bis 2005 und zur Umsatzsteuer 1999 bis 2005, gegen die der Kläger --hinsichtlich der Einkommensteuer auch für die Klägerin-- ebenfalls Einspruch einlegte.
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Seit dem Jahr 2012 war beim FG unter dem Aktenzeichen 12 K 3080/12 AO eine Klage des Klägers anhängig, deren Gegenstand eine Abrechnungsverfügung zur Umsatzsteuer 2002 war. Aufgrund einer in diesem Verfahren durchgeführten --das Verfahren aber nicht beendenden-- mündlichen Verhandlung erließ das FA am 17.06.2013 einen geänderten Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2002. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger zum einen Einspruch ein; zum anderen beantragte er am 22.07.2013 im Klageverfahren 12 K 3080/12 AO, die Klage auf die Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 2002 vom 03.12.2008, 25.04.2013 und 17.06.2013 zu erweitern. Das FG erfasste unter dem Aktenzeichen 12 K 3200/13 AO ein neues Klageverfahren, als dessen Gegenstand es die Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 2002 vom 03.12.2008 und 17.06.2013 ansah.
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Das FG führte in dem Verfahren 12 K 3080/12 AO am 06.09.2013 eine weitere mündliche Verhandlung durch und vertrat darin die Auffassung, es sei nicht sachdienlich, den Änderungsbescheid vom 17.06.2013 im Wege der Klageänderung zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Das FA räumte in dieser mündlichen Verhandlung ein, dass die bisherigen Abrechnungsbescheide in Teilbereichen (Begleichung von Steuerrückständen durch Drittschuldner, fehlende Angabe von Kontonummern bei Erstattungen) nicht nachvollziehbar seien. Der Kläger wies am 11.09.2013 nochmals darauf hin, dass er am 22.07.2013 keine neue Klage erhoben, sondern die bereits anhängige Klage auf einen zwischenzeitlich ergangenen Änderungsbescheid erweitert habe. Hierüber müsse im anhängigen Verfahren 12 K 3080/12 AO entschieden werden.
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Am 22.05.2014 erließ das FA Einspruchsentscheidungen hinsichtlich der Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2000 bis 2005 und zur Umsatzsteuer 1999 bis 2005. Darin änderte es die Bescheide in Bezug auf die bisher fehlenden Angaben zu Drittschuldnerzahlungen und Kontonummern; im Übrigen wies es die Einsprüche zurück. Am 23.06.2014 begehrte der Kläger gegenüber dem FG, die Klage 12 K 3200/13 AO auf die beiden Einspruchsentscheidungen zu erweitern; hinsichtlich der Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 1999 bis 2005 benannte er auch die Klägerin als Verfahrensbeteiligte. Ferner wurden in diesem Schriftsatz Untätigkeitsklagen in Bezug auf den noch nicht beschiedenen Einspruch vom 04.07.2005 gegen den Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999 und in Bezug auf den beantragten Erlass von Abrechnungsbescheiden zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2009 erhoben. Das FG erfasste unter dem Aktenzeichen 12 K 1971/14 AO ein neues Klageverfahren, als dessen Gegenstand es indes zunächst nur die Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2000 bis 2005 eintrug.
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Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung vom 02.09.2014 verwarf das FA den Einspruch des Klägers gegen den geänderten Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2002 vom 17.06.2013 als unzulässig, weil bereits der vorangehende Bescheid angefochten worden sei und der Änderungsbescheid kraft Gesetzes zum Gegenstand jenes Verfahrens geworden sei. Gegen diese Einspruchsentscheidung wandte sich der Kläger nicht.
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Am 26.06.2015 forderte das FG im Verfahren 12 K 3200/13 AO die Steuerakten an und bat den Kläger im Verfahren 12 K 1971/14 AO um Nachweise seiner Zahlungen auf die Einkommensteuer 2000 sowie um Unterlagen zur --vom FA seinerzeit noch bestrittenen-- Einlegung eines Einspruchs gegen den Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999 vom 30.06.2005. Ferner trug es als Streitgegenstand dieses Verfahrens nunmehr die Abrechnungsbescheide zur Einkommen- und Umsatzsteuer 1999 bis 2005 sowie das Begehren auf Erlass von Abrechnungsbescheiden zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2009 ein. Die Verfügungen des FG wurden von den Beteiligten jeweils am 28.07.2015 beantwortet.
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Von August bis November 2015 wechselten die Beteiligten noch Schriftsätze im Verfahren 12 K 1971/14 AO, die inhaltlich die Frage der Verbuchung geleisteter Zahlungen zur Einkommensteuer 2000 sowie die Einlegung eines Einspruchs in Bezug auf den Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999 betrafen.
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Der Einzelrichter des FG, dem zwischenzeitlich beide Klageverfahren zur Entscheidung übertragen worden waren, erteilte den Beteiligten am 20.01.2016 in beiden Verfahren rechtliche Hinweise zur verfahrensrechtlichen Situation. Daraufhin kam es erneut zu einem Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten, der bis April 2016 andauerte.
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Mit zwei am 25.02.2016 beim FG eingegangenen Schreiben erhob der Kläger --im Verfahren 12 K 1971/14 AO auch für die Klägerin-- in beiden Verfahren eine Verzögerungsrüge. Ferner baten die Kläger um Klarstellung, welche Teile ihrer Begehren vom FG im Verfahren 12 K 3200/13 AO und welche im Verfahren 12 K 1971/14 AO behandelt würden. Sie wiesen nochmals darauf hin, dass die Verteilung auf mehrere gerichtliche Aktenzeichen angesichts der inhaltlichen Verflechtung der Problematik nicht sachdienlich sei.
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Am 27.04.2016 trennte der Einzelrichter aus dem Verfahren 12 K 1971/14 AO das Verfahren wegen der Untätigkeitsklage zu den Abrechnungsbescheiden zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2009 ab, weil das FA mittlerweile entsprechende Bescheide erlassen hatte und die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Die Kosten des abgetrennten Verfahrens legte er dem FA auf. Zugleich lud er in den Verfahren 12 K 3200/13 AO und 12 K 1971/14 AO zur mündlichen Verhandlung, die --nach einem Terminverlegungsantrag der Kläger-- letztlich am 22.06.2016 stattfand. Zwischen den Beteiligten wurde aufgrund der vom Kläger vorgelegten Nachweise unstreitig, dass der Kläger gegen den Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999 vom 30.06.2005 rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte.
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Aufgrund der mündlichen Verhandlung trennte der Einzelrichter aus dem Verfahren 12 K 3200/13 AO den Rechtsstreit wegen des Abrechnungsbescheids zur Umsatzsteuer 2002 vom 17.06.2013 unter dem neuen Aktenzeichen 12 K 1818/16 AO ab und wies im abgetrennten Verfahren die Klage mit Urteil vom 22.06.2016 ab. Zur Begründung führte er aus, das FA habe den Einspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid vom 17.06.2013 zu Recht als unzulässig verworfen, da dieser Bescheid kraft Gesetzes zum Gegenstand des bereits laufenden Einspruchsverfahrens geworden sei. Hiergegen legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein, die vom Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VII B 173/16 geführt wurde.
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Ebenfalls am 22.06.2016 trennte der Einzelrichter aus dem Verfahren 12 K 1971/14 AO den Rechtsstreit wegen des Abrechnungsbescheids zur Umsatzsteuer 2002 (Einspruchsentscheidung vom 22.05.2014) unter dem neuen Aktenzeichen 12 K 1819/16 AO ab. Er verwarf diese Klage als unzulässig, weil die Einspruchsentscheidung nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens 12 K 3200/13 AO geworden sei. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde vom BFH unter dem Aktenzeichen VII B 174/16 geführt.
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Durch weiteren Beschluss vom 29.06.2016 verband der Einzelrichter die Verfahren 12 K 3200/13 AO und 12 K 1971/14 AO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.
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Mit Schreiben vom 11.07.2016 erteilte der Einzelrichter den Klägern weitere rechtliche Hinweise verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Art und setzte ihnen eine Frist nach § 79b Abs. 1 FGO. Daraufhin kam es zu einem erneuten Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten, der im Oktober 2016 endete. Zwischenzeitlich hatte das FG am 19.08.2016 seine Verfahrensakten dem BFH zur Bearbeitung der dortigen Nichtzulassungsbeschwerden übersandt.
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Am 10.02.2017 erließ der Einzelrichter einen Gerichtsbescheid im nunmehr allein noch beim FG anhängigen Verfahren 12 K 3200/13 AO. Darin hob er die Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2000 bis 2005 vom 03.12.2008 auf und verpflichtete das FA insoweit zur Neubescheidung. Im Übrigen wies er die Klage ab. Zur Begründung führte er aus, hinsichtlich der Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2000 bis 2005 habe das FA gewisse Fehler eingeräumt. In Bezug auf die weiteren Bescheide hätten die Kläger hingegen keine Fehler darlegen können. Eine weitere Sachaufklärung sei dem Gericht nicht möglich. Die Kläger stellten am 14.03.2017 einen Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid.
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Am 11.01.2018 gingen beim FG die dem BFH überlassenen Verfahrensakten sowie die BFH-Beschlüsse vom 06.11.2017 über die Nichtzulassungsbeschwerden ein. Der BFH (VII B 173/16) hob das im Verfahren 12 K 1818/16 AO ergangene Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück, weil der Trennungsbeschluss vom 22.06.2016 gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde VII B 174/16 gegen das im Verfahren 12 K 1819/16 AO ergangene Urteil des FG hatte hingegen keinen Erfolg.
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Am 22.03.2018 hob der Einzelrichter den Trennungsbeschluss auf und löschte das Verfahren 12 K 1818/16 AO aus dem Register des Gerichts. Am 20.04.2018 verband er das vom BFH zurückverwiesene Verfahren wegen des Bescheids vom 17.06.2013 mit dem Verfahren 12 K 3200/13 AO. Zugleich lud er im nunmehr allein verbliebenen Verfahren 12 K 3200/13 AO zur mündlichen Verhandlung; der Termin wurde allerdings wegen eines anschließenden Verzichts beider Beteiligter auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgehoben. Die Kläger erhoben am 09.05.2018 nochmals Verzögerungsrüge.
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Mit Urteil vom 13.06.2018 entschied der Einzelrichter über die Klage. Tenor und Entscheidungsgründe sind weitestgehend identisch mit den entsprechenden Ausführungen des Gerichtsbescheids vom 10.02.2017. Das Urteil wurde den Klägern am 16.06.2018 zugestellt. Die Kläger legten gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde ein (VII B 111/18), die sie aber am 04.10.2018 zurücknahmen.
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Am 24.01.2019 haben die Kläger Entschädigungsklage erhoben. Sie vertreten die Auffassung, der Arbeitsaufwand des FG sei äußerst gering gewesen. Das verfahrensabschließende Urteil sei ausschließlich formal gehalten und hätte spätestens nach zwölf Monaten ergehen können. Daher liege eine überlange Verfahrensdauer von vier Jahren vor, wobei die Kläger vorerst jedoch im Wege einer Teilklage nur für eine Verzögerung von einem Jahr einen erststelligen Teilbetrag ihres Entschädigungsanspruchs geltend machen wollten. Der Beklagte habe vorgerichtlich mit Schreiben vom 21.01.2019 eine Zahlung abgelehnt und befinde sich seitdem in Verzug.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, an jeden von ihnen wegen der unangemessenen Dauer des vor dem FG Düsseldorf geführten Verfahrens 12 K 3200/13 AO eine Entschädigung von jeweils 1.200 € zuzüglich Zinsen seit dem 22.01.2019 in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
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Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt, tritt aber der Klage entgegen. Die Verfahrensdauer habe mit knapp fünf Jahren zwar über dem statistischen Durchschnitt gelegen, sei aufgrund der Besonderheiten des Verfahrens aber als angemessen anzusehen. Das Verfahren sei überdurchschnittlich schwierig gewesen und vom FG stets gefördert, von den Klägern hingegen eher gebremst worden. Zudem sei die Verzögerungsrüge vom 25.02.2016 zu früh erhoben worden und damit unwirksam.
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Auch das zwischenzeitliche Verfahren vor dem BFH habe zur Verlängerung der Verfahrensdauer beigetragen: Zwar habe der Einzelrichter den Gerichtsbescheid noch anhand seiner Arbeitsunterlagen fertigen können; für die mündliche Verhandlung sei aber die Gerichtsakte erforderlich gewesen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Klage ist hinsichtlich der geltend gemachten Hauptansprüche in vollem Umfang und hinsichtlich der Zinsansprüche zum überwiegenden Teil begründet.
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Nach den hierfür in der Senatsrechtsprechung entwickelten typisierenden Grundsätzen (dazu unten 1.), deren Anwendung nicht durch etwaige Besonderheiten des vorliegend zu beurteilenden Falles ausgeschlossen wird (unten 2.), war die Dauer des Ausgangsverfahrens sowohl in Bezug auf den Kläger (unten 3.) als auch in Bezug auf die Klägerin (unten 4.) im Umfang von jeweils mindestens zwölf Monaten unangemessen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Geldentschädigungen liegen vor (unten 5.). Demgegenüber sind die geltend gemachten Zinsansprüche nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs, sondern lediglich für einen Teil des von den Klägern benannten Zinszahlungszeitraums unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit begründet (unten 6.).
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1. Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
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Diese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu und zum Folgenden auf das Senatsurteil vom 07.11.2013 - X K 13/12 (BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 48 ff.) Bezug genommen.
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Nach dieser Entscheidung ist der Begriff der "Angemessenheit" für Wertungen offen, die dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen --wie dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ möglichst hochwertige Entscheidungen, der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter-- Rechnung tragen. Danach darf die zeitliche Grenze bei der Bestimmung der Angemessenheit der Dauer des Ausgangsverfahrens nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens --auch in zeitlicher Hinsicht-- einzuräumen. Zwar schließt es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG vorzunehmende Einzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb der ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein sollte. Gleichwohl kann für ein finanzgerichtliches Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene ("dritte") Phase des Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt. Dies gilt nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf Umstände hinweist, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgt.
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2. Im Streitfall liegen keine Besonderheiten vor, die dazu führen könnten, von der Anwendung der genannten Regelvermutung für die Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren abzusehen.
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a) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien führt zu dem Ergebnis, dass es sich beim Ausgangsverfahren um ein durchschnittliches erstinstanzliches Klageverfahren ohne wesentliche Besonderheiten handelte.
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aa) Anders als der Beklagte meint, war das Verfahren nicht überdurchschnittlich schwierig. Der Beklagte begründet seine Auffassung damit, dass das Verfahren in mehrere weitere Klagen des Klägers bzw. der Kläger wegen diverser Abrechnungsbescheide eingebettet gewesen sei. Indes ist darauf hinzuweisen, dass es das FG selbst war, das wiederholt neue Verfahren eingetragen hat, obwohl das FA lediglich einen Änderungsbescheid erlassen hatte, der gemäß § 68 FGO kraft Gesetzes zum Gegenstand eines bereits anhängigen Klageverfahrens geworden war. Ferner hat das FG --objektiv nicht erforderliche und letztlich auch vom BFH beanstandete-- Abtrennungen vorgenommen und dadurch selbst die Zahl der Verfahren erhöht. Die von den Klägern zur Beurteilung des FG gestellte Problematik der Anforderungen an die ordnungsgemäße Darstellung der in einem Abrechnungsbescheid enthaltenen Positionen erschien durch die vom FG veranlasste Aufteilung in zahlreiche verschiedene Verfahren komplexer als sie tatsächlich war. Bei sachgerechter Verfahrensführung --insbesondere der Beachtung des § 68 FGO-- wäre das Verfahren deutlich einfacher zu handhaben gewesen.
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Auch das FG selbst hat --abgesehen von den beiden Hinweisverfügungen-- keine Sachaufklärungsmaßnahmen für erforderlich erachtet. Es hat den Gerichtsbescheid vom 10.02.2017 sowie sein späteres verfahrensabschließendes Urteil vom 13.06.2018 hinsichtlich des klagestattgebenden Teils darauf gestützt, dass das FA die entsprechenden Mängel in den Abrechnungsbescheiden selbst eingeräumt hatte. Hinsichtlich des klageabweisenden Teils der Entscheidungen hat das FG sich auf unzureichende Darlegungen durch die Kläger berufen und eine gerichtliche Sachaufklärung für nicht möglich erachtet. Auch ein solches --relativ schlank angelegtes-- Urteil deutet nicht auf einen hohen Grad an Komplexität der Sache hin.
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Zudem hatte das FG die Entscheidung des Rechtsstreits dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen und dadurch selbst zu erkennen gegeben, dass die Sache jedenfalls aus seiner Sicht keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 FGO).
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bb) Die Bedeutung des Verfahrens für die Kläger dürfte ebenfalls als durchschnittlich einzuschätzen sein. Der Streitwert bewegte sich im mittleren Bereich; konkrete Darlegungen, aus denen sich eine für sie überdurchschnittliche Bedeutung des Falles ergeben hätte, haben die Kläger dem FG nicht unterbreitet.
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cc) Das eigene Verhalten der Kläger hat nicht zu einer nennenswerten Verzögerung des Ausgangsverfahrens geführt. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.09.2013 beantragt hatte, über seine Anträge nicht in dem vom FG neu erfassten Klageverfahren 12 K 3200/13 AO, sondern im bereits anhängigen Verfahren 12 K 3080/12 AO zu entscheiden, kann dies nicht zu einer Verzögerung beigetragen haben. Denn die Klage 12 K 3080/12 AO war bereits mit Urteil vom 06.09.2013 als unzulässig verworfen worden, so dass keine Grundlage mehr für eine Behandlung der Anträge im dortigen Verfahren bestand.
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Soweit die Kläger nach Zugang der Ladungen zu den beiden mündlichen Verhandlungen jeweils Terminverlegungsanträge gestellt haben, hat dies nicht zu einer wesentlichen Verfahrensverzögerung geführt. Die erste mündliche Verhandlung konnte einen Monat nach dem ursprünglich anberaumten Termin stattfinden. Statt der zweiten mündlichen Verhandlung konnte ein Urteil im schriftlichen Verfahren ergehen, weil beide Beteiligte kurzfristig auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten.
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b) Besondere Gründe für eine Eilbedürftigkeit haben die Kläger weder innerhalb der zweijährigen Regelfrist noch mit ihren Verzögerungsrügen dem FG gegenüber geltend gemacht.
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3. Daher ist eine Betrachtung der konkreten Verfahrensabläufe unter Berücksichtigung der Regelvermutung für die Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Klageverfahren vorzunehmen. Diese führt zu dem Ergebnis, dass die Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens in Bezug auf den Kläger jedenfalls im Umfang der von ihm geltend gemachten zwölf Monate unangemessen war.
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a) Die Zeitspanne von gut zwei Jahren, für die in einem durchschnittlichen finanzgerichtlichen Klageverfahren bei typisierender Betrachtung jedenfalls keine unangemessene Verfahrensdauer anzunehmen ist, endete in Bezug auf den Kläger --der die unter dem Aktenzeichen 12 K 3200/13 AO geführte Klage zunächst allein erhoben hatte-- mit Ablauf des Monats Juli 2015.
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b) In den anschließenden fünf Monaten von August bis Dezember 2015 hat das FG im Verfahren 12 K 3200/13 AO keine Aktivitäten entfaltet.
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Zwar fand im Parallelverfahren 12 K 1971/14 AO von August bis November 2015 noch ein Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten statt. Dieser bezog sich aber ausschließlich auf Fragen, die für das Verfahren 12 K 3200/13 AO nicht von Bedeutung waren (Verbuchung von Zahlungen zur Einkommensteuer 2000; Einlegung eines Einspruchs gegen den Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1999). Anders als in den Sachverhalten, die dem Senatsurteil vom 27.06.2018 - X K 3-6/17 (BFH/NV 2019, 27) und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.2016 - 5 C 10/15 D (BVerwGE 156, 229, Rz 155) zugrunde lagen, handelte es sich bei dem Verfahren 12 K 1971/14 AO daher nicht um ein Leitverfahren, das vordringlich gefördert wurde und bei dem zu erwarten war, dass die dort gewonnenen Erkenntnisse auch für das nicht geförderte weitere Verfahren von Bedeutung sein würden.
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Daher ist die Dauer des Verfahrens 12 K 3200/13 AO für die fünf Monate von August bis Dezember 2015 als unangemessen anzusehen.
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c) Von Januar bis Oktober 2016 ist das Ausgangsverfahren aufgrund des Schriftverkehrs, der sich an einen rechtlichen Hinweis des Einzelrichters sowie an eine erste mündliche Verhandlung angeschlossen hat, durchgehend betrieben worden. Diese Verfahrensdauer ist daher als angemessen anzusehen.
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d) Im November und Dezember 2016 gab es im Ausgangsverfahren hingegen keine Aktivitäten. In Bezug auf diese zwei Monate ist die Verfahrensdauer unangemessen.
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e) In den Monaten Februar und März 2017 ist das Verfahren aufgrund des Erlasses des Gerichtsbescheids und des hiergegen angebrachten Antrags auf mündliche Verhandlung wiederum betrieben worden. Der Senat kann offenlassen, ob aufgrund des Erlasses des Einzelrichter-Gerichtsbescheids am 10.02.2017 auch in Bezug auf den Monat Januar 2017 eine angemessene Verfahrensdauer --unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Vorbereitungszeit-- anzunehmen ist, da dies auf das Ergebnis des Verfahrens keinen Einfluss hat.
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f) Von April 2017 bis Februar 2018 ist das Verfahren beim FG nicht bearbeitet worden.
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aa) Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die Gerichtsakten sich während dieses Zeitraums (bis Anfang Januar 2018) beim BFH befunden haben, kann dies nicht dazu führen, das Nichtbetreiben des Verfahrens als angemessen anzusehen. Die Nichtzulassungsbeschwerden beim BFH betrafen lediglich verfahrensrechtliche Randfragen in abgetrennten Verfahren, nicht aber diejenigen materiell-rechtlichen Fragen, über die in Bezug auf die verbleibenden Streitgegenstände des Verfahrens 12 K 3200/13 AO zu entscheiden war. Auch war das FG ersichtlich in der Lage, den Gerichtsbescheid vom 10.02.2017 trotz der --bereits damals-- fehlenden Akten zu erlassen. Das verfahrensabschließende Urteil war tatsächlich nahezu wortgleich mit dem Gerichtsbescheid.
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Zudem hat das FG gar nicht erst versucht, die übersandten Akten kurzfristig vom BFH zurückzuerhalten. Überdies hätte man es angesichts der im Zeitpunkt der Übersendung der Akten an den BFH bereits zu verzeichnenden erheblichen Verfahrensdauer möglicherweise ohnehin für geboten halten können, ein Aktendoppel zur weiteren Förderung des --von den Nichtzulassungsbeschwerden nicht betroffenen-- Ausgangsverfahrens anzulegen. Denn mit zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (BVerfG-Beschluss vom 27.07.2004 - 1 BvR 1196/04, Neue Juristische Wochenschrift 2004, 3320, unter II.2.a, m.w.N.; Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 55).
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Auch das Vorbringen des FG, der Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens habe sich nach Erlass des Gerichtsbescheids aufgrund der zurückverweisenden Entscheidung des BFH im Verfahren VII B 173/16 geändert, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zum einen trifft die Annahme, der Streitgegenstand habe sich geändert, ausweislich der Ausführungen des BFH in seinem zurückverweisenden Beschluss gerade nicht zu, da der BFH ausdrücklich ausgeführt hatte, der Streitgegenstand "Umsatzsteuer 2002" sei nicht teilbar, so dass der Trennungsbeschluss des FG gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoße. Zum anderen könnte eine Änderung des Streitgegenstands, die erst im Jahr 2018 durch Erhalt eines zurückverweisenden BFH-Beschlusses eingetreten wäre, eine unangemessene Verfahrensdauer in dem --hier zu beurteilenden-- davor liegenden Zeitraum seit April 2017 nicht rückwirkend ausschließen.
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bb) Auch für den Monat Januar 2018, in dem die Akten wieder beim FG eingegangen sind, ist keine Aktivität des FG zu verzeichnen, so dass die Verfahrensdauer für diesen Monat ebenfalls als unangemessen anzusehen ist.
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cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Verfahrensdauer für den Monat Februar 2018 nicht deshalb als angemessen anzusehen, weil der Einzelrichter sich nach dem Vorbringen des Beklagten während des größten Teils dieses Monats im Urlaub befunden habe. Die üblichen Urlaubs- und Krankheitszeiten werden in der typisierenden Rechtsprechung des Senats schon durch die Regelvermutung berücksichtigt, wonach die Verfahrensdauer noch als angemessen anzusehen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach Eingang der Klage mit der Förderung des Verfahrens beginnt. Nach Ablauf dieser Zeitspanne, die für den faktischen Ruhensbedarf eines durchschnittlichen finanzgerichtlichen Klageverfahrens als ausreichend bemessen anzusehen ist, können Urlaubszeiten eines Richters nicht mehr zu Lasten des Verfahrensbeteiligten gehen und dessen verfassungs- und menschenrechtlich gebotenen Anspruch auf Verfahrensförderung für zusätzliche Zeiträume ausschließen.
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g) Von März 2018 bis zum Verfahrensabschluss im Juni 2018 ist das Ausgangsverfahren durchgehend gefördert worden.
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h) Im Ergebnis ist die Verfahrensdauer daher in Bezug auf den Kläger jedenfalls von August bis Dezember 2015 (fünf Monate), von November bis Dezember 2016 (zwei Monate) und von April 2017 bis Februar 2018 (elf Monate) als unangemessen anzusehen, insgesamt also für mindestens 18 Monate.
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4. Auch in Bezug auf die Klägerin war die Dauer des Ausgangsverfahrens jedenfalls im Umfang der von ihr geltend gemachten zwölf Monate unangemessen.
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Die Klägerin war ursprünglich nicht am Verfahren 12 K 3200/13 AO beteiligt. Das Verfahren 12 K 1971/14 AO, an dem erstmals auch die Klägerin beteiligt war, ging am 23.06.2014 beim FG ein. Daher hätte das FG in Bezug auf die Klägerin ab Juli 2016 --gut zwei Jahre nach Klageeingang-- mit der Verfahrensförderung beginnen müssen. Einen Monat zuvor --im Juni 2016-- hatte das FG die Verfahren 12 K 3200/13 AO und 12 K 1971/14 AO miteinander verbunden, so dass die Klägerin seitdem ebenfalls am Verfahren 12 K 3200/13 AO beteiligt war. Die in diesem Verfahren ab Juli 2016 eingetretenen Verzögerungen betreffen daher auch die Klägerin.
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Dies gilt im Ergebnis für die Monate November und Dezember 2016 (zwei Monate) sowie April 2017 bis Februar 2018 (elf Monate), insgesamt also für 13 Monate.
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5. Die Voraussetzungen für die Gewährung der geltend gemachten Geldentschädigungen von jeweils 1.200 € liegen angesichts der Verfahrensverzögerung von jedenfalls zwölf Monaten sowohl für den Kläger als auch für die Klägerin vor.
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a) Voraussetzung für die Zuerkennung einer Geldentschädigung ist gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG die Erhebung einer Verzögerungsrüge. Diese kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird (§ 198 Abs. 3 Satz 2 GVG). Eine zu früh erhobene Verzögerungsrüge ist daher unwirksam (Senatsurteil vom 26.10.2016 - X K 2/15, BFHE 255, 407, BStBl II 2017, 350, Rz 45 ff.).
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aa) Beide Kläger haben mit Schreiben, die am 25.02.2016 beim FG eingegangen sind, Verzögerungsrügen erhoben. In Bezug auf den Kläger war das Verfahren zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre und sieben Monate anhängig. Der von der typisierenden Regelvermutung der Senatsrechtsprechung umfasste Zeitraum von "gut zwei Jahren" war also bereits deutlich überschritten. Daher spricht nichts für die Auffassung des Beklagten, diese Verzögerungsrüge sei zu früh erhoben und daher unwirksam. Insbesondere kommt es nicht darauf an, dass die Verfahrensdauer in Bezug auf den Monat Februar 2016 --in dem die Verzögerungsrüge erhoben wurde-- als angemessen anzusehen ist, weil der Einzelrichter im Januar 2016 einen rechtlichen Hinweis an die Beteiligten gerichtet hatte. Denn objektiv war die Verfahrensdauer bereits unangemessen, weil in den Monaten August bis Dezember 2015 eine Verzögerung eingetreten war.
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bb) In Bezug auf die Klägerin war das Verfahren im Zeitpunkt des Eingangs ihrer Verzögerungsrüge ein Jahr und acht Monate anhängig. Damit war die Schwelle der --ohnehin nur für den Regelfall geltenden-- "gut zwei Jahre" ab Klageeingang nur noch vier Monate entfernt.
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Jedenfalls in der besonderen Situation des Streitfalls, der dadurch gekennzeichnet ist, dass das vom Kläger geführte Parallelverfahren im Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge der Klägerin bereits deutlich verzögert war, durfte die Klägerin am 25.02.2016 durchaus annehmen, es bestehe "Anlass zur Besorgnis", dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde (anders für eine bereits nach einem Jahr und zwei Monaten erhobene Verzögerungsrüge Senatsurteil in BFHE 255, 407, BStBl II 2017, 350, Rz 48). Der Verfahrensbeteiligte muss die Verzögerungsrüge nicht etwa punktgenau zu dem Zeitpunkt erheben, zu dem objektiv die Verfahrensdauer beginnt, unangemessen zu werden. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Verzögerungsrüge auch --und gerade-- eine präventive Funktion hat, die aber nur dann in vollem Umfang zur Geltung kommen kann, wenn die Rüge dem FG als Anstoß dient, das Verfahren zu einem Zeitpunkt zu fördern, in dem die Verfahrensdauer noch als angemessen anzusehen ist.
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Dieser Würdigung steht im Streitfall nicht entgegen, dass der Einzelrichter am 20.01.2016 --einen Monat vor der Verzögerungsrüge-- einen rechtlichen Hinweis an die Beteiligten gerichtet hatte, zu dem die Kläger im selben Schreiben, mit dem sie ihre Verzögerungsrüge erhoben, Stellung nahmen. Zwar bewirkte dieser rechtliche Hinweis, dass die Verfahrensdauer für den Monat der Erteilung des Hinweises und die Zeit des durch ihn ausgelösten Schriftsatzaustausches als angemessen anzusehen ist. Gleichwohl war allein aus der Erteilung dieses Hinweises nicht zu schließen, dass der Einzelrichter das Verfahren insgesamt in angemessener Zeit erledigen würde, so dass sich die Verzögerungsrüge als sachwidrig, verfrüht und damit unwirksam darstellen würde. Denn der rechtliche Hinweis beschränkte sich auf vorgelagerte verfahrensrechtliche Fragen, deren Klärung nicht zu einer abschließenden Erledigung der Klageverfahren hätte führen können. Auf die eigentlichen materiell-rechtlichen Fragen der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abrechnungsbescheide ging der Einzelrichter in seinem Hinweis hingegen nicht ein.
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b) Das Entstehen eines Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet. Anhaltspunkte dafür, dass eine Wiedergutmachung auf andere Weise (§ 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 GVG) im Streitfall ausreichend wäre, sind nicht erkennbar.
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c) Auch Umstände dafür, dass der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung vorliegend unbillig (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte, sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Obwohl im Gesetz ein Jahresbetrag genannt ist, ist dieser im konkreten Fall nach Monaten zu bemessen (Senatsurteil vom 19.03.2014 - X K 8/13, BFHE 244, 521, BStBl II 2014, 584, Rz 37, m.w.N.).
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d) Bei einem verzögerten Ausgangsverfahren, das durch Ehegatten geführt wurde, steht der Entschädigungsanspruch jedem Ehegatten gesondert zu (Senatsurteil vom 04.06.2014 - X K 12/13, BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933, Rz 47).
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6. Die geltend gemachten Zinsansprüche bestehen nur teilweise.
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a) Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten seit dem 22.01.2019 Ansprüche auf Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Dies setzt indes grundsätzlich eine vorherige Mahnung voraus, die nach dem Eintritt der Fälligkeit der Schuld ausgesprochen worden sein muss (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 2019, 27, Rz 108). Die Kläger haben aber weder nachgewiesen noch überhaupt vorgetragen, den Beklagten vor Klageerhebung gemahnt zu haben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen vom Erfordernis der Mahnung (§ 286 Abs. 2 BGB) sind hier offensichtlich nicht erfüllt.
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b) Den Klägern stehen jedoch ab dem 14.03.2019 (Tag nach der Zustellung der Entschädigungsklage an den Beklagten) Prozesszinsen unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit zu (vgl. § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 66 Satz 2 FGO, und Senatsurteil vom 12.07.2017 - X K 3-7/16, BFHE 259, 393, BStBl II 2018, 103, Rz 58).
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Das Unterliegen der Kläger mit einem Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs ist im Vergleich zum gesamten Streitwert des Verfahrens als geringfügig anzusehen.
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