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BFH 22.05.2019 - III R 21/16
BFH 22.05.2019 - III R 21/16 - Erweiterte Kürzung bei Beteiligung an grundstücksverwaltender Personengesellschaft
Normen
§ 9 Nr 1 S 1 GewStG 2002, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, § 39 Abs 2 Nr 2 AO, GewStG VZ 2006, GewStG VZ 2007, § 120 Abs 2 S 1 FGO, § 120 Abs 3 Nr 2 Buchst a FGO
Vorinstanz
vorgehend FG München, 29. Februar 2016, Az: 7 K 1109/14, Urteil
Leitsatz
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NV: Einer grundstücksverwaltenden Kapitalgesellschaft (hier: GmbH) ist die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262) .
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 29.02.2016 - 7 K 1109/14 wird, soweit sie den Gewerbesteuermessbetrag 2006 betrifft, als unzulässig verworfen und soweit sie den Gewerbesteuermessbetrag 2007 betrifft, als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde mit notariellem Vertrag vom 02.09.2003 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist nach ihrer Satzung der Erwerb von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, die Vermietung, Verwaltung und Veräußerung dieses Grundbesitzes.
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Die Klägerin hielt seit Juni 2007 eine 47 %-ige Kommanditbeteiligung an der ... Immobilienverwaltungs-GmbH & Co. KG (A-GmbH & Co. KG), die mit Gesellschaftsvertrag vom 12.04.2007 zum Zweck der Verwaltung eigenen Immobilienvermögens gegründet worden war und aus der Verwaltung ihres im Jahr 2007 eingebrachten Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Komplementärin der A-GmbH & Co. KG war in den Streitjahren (2006, 2007) die A-GmbH. Frau X war Kommanditistin mit einer Kapitaleinlage von 20.000 € und gemäß § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages neben der Komplementärin zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet.
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In den ursprünglichen Veranlagungen für die Streitjahre wurde die von der Klägerin beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gewährt.
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Nach einer Betriebsprüfung (Prüfungsbericht vom 08.03.2013) ergingen am 25.07.2013 Änderungsbescheide, in denen u.a. die zuvor gewährte erweiterte Kürzung versagt wurde. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte insoweit keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24.03.2014). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) begründete dies damit, dass die Klägerin durch die Veräußerung von zwei Grundstücken die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten habe, weil zum Gegenstand ihres Unternehmens laut Satzung auch die Veräußerung von Grundbesitz gehöre.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin habe keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, da sie nicht innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs mehr als drei Objekte verkauft habe; der Unternehmensgegenstand sei insoweit ohne Bedeutung. Ihre Beteiligung an der vermögensverwaltenden A-GmbH & Co. KG verstoße nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG; der Klägerin seien die Wirtschaftsgüter der A-GmbH & Co. KG gemäß § 39 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) anteilig --d.h. zu 47%-- zuzurechnen. Anhaltspunkte für andere kürzungsschädliche Tatbestände seien nicht ersichtlich.
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Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Ausführungen des FG-Urteils zum gewerblichen Grundstückshandel seien zwar nicht zu beanstanden. Das FG habe aber zu Unrecht angenommen, dass die Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verstoße. Das FG-Urteil widerspreche insoweit dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.10.2010 - I R 67/09 (BFHE 232, 194, BStBl II 2011, 367), wonach dem zivilrechtlichen Gesamthandseigentum Vorrang vor der einkommensteuerlichen Bruchteilsbetrachtung zukomme.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG München vom 29.02.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrags 2006 mangels Begründung unzulässig (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die Revision ist nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO zu begründen. In der Begründung hat der Revisionskläger anzugeben, aus welchen Umständen er durch das angefochtene Urteil in seinen Rechten verletzt wird (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Wurde in der Vorentscheidung über mehrere Steuerbescheide entschieden und betrifft die Revision die Vorentscheidung insgesamt, so muss sie für jeden einzelnen Steuerbescheid begründet werden (BFH-Urteil vom 05.12.1978 - VIII R 116/77, BFHE 127, 1, BStBl II 1979, 305). Die Revisionsbegründung setzt wenigstens eine kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils voraus.
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Daran fehlt es hier, soweit das FA die Aufhebung des FG-Urteils auch hinsichtlich des Jahres 2006 beantragt. Denn seine Revisionsbegründung, die Beteiligung der Klägerin an der A-GmbH & Co. KG sei nicht als Nutzung eigenen Grundbesitzes anzusehen, betrifft lediglich das Streitjahr 2007, weil die Klägerin erst seit Juni 2007 an der A-GmbH & Co. KG beteiligt war.
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III.
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Die Revision ist, soweit sie den Gewerbesteuermessbescheid für 2007 betrifft, unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung zu gewähren ist.
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1. Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
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Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist durch das Erfordernis der Ausschließlichkeit tatbestandlich zweifach begrenzt: Zum einen ist die unternehmerische Tätigkeit gegenständlich begrenzt, nämlich ausschließlich auf eigenen Grundbesitz oder daneben auch auf eigenes Kapitalvermögen, zum anderen sind Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit begrenzt, dass nämlich die Unternehmen dieses Vermögen ausschließlich verwalten und nutzen. Rechtsfolge der erweiterten Kürzung ist, dass die Erträge, soweit sie aus der Verwaltung und Nutzung dieses eigenen Grundbesitzes resultieren, im Ergebnis nicht in den Gewerbeertrag und den Gewerbesteuermessbetrag eingehen und somit nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
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2. Die Beteiligten stimmen nunmehr zu Recht überein, dass die Klägerin keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat, der der erweiterten Kürzung entgegenstünde.
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3. Die erweiterte Kürzung ist für das Streitjahr 2007 auch nicht zu versagen, weil die Klägerin seit Juni 2007 an der A-GmbH & Co. KG beteiligt ist.
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a) Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft verwaltet und nutzt auch dann ausschließlich eigenen Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wenn sie eine Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft hält. Denn der zivilrechtlich im Eigentum der rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehende Grundbesitz ist ihr --der gewerblich geprägten Personengesellschaft als Gesellschafterin-- gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig als Betriebsvermögen zuzurechnen und in diesem Umfang zugleich i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ihr "eigener Grundbesitz". Der Senat folgt insoweit dem BFH-Beschluss vom 25.09.2018 - GrS 2/16 (BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262).
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b) Nichts anderes gilt, wenn die Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft --hier der A-GmbH & Co. KG-- nicht von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, sondern von einer Kapitalgesellschaft --wie der Klägerin-- gehalten wird.
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IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 2 FGO.
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