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BFH 11.04.2019 - VI R 36/16
BFH 11.04.2019 - VI R 36/16 - Fahrtkosten eines Gesamthafenarbeiters nach neuem Reisekostenrecht
Normen
§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 9 Abs 4 S 3 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, EStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 30. August 2016, Az: 2 K 218/15, Urteil
nachgehend FG Hamburg, 3. Juni 2020, Az: 2 K 218/16, Beschluss
Leitsatz
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1. Lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber eines Gesamthafenarbeiters, der sowohl in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Gesamthafen-Betriebsgesellschaft steht als auch durch die arbeitstägliche Arbeitsaufnahme ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis bei einem Hafeneinzelbetrieb begründet, ist der Hafeneinzelbetrieb.
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2. Für die Frage, ob der Gesamthafenarbeiter über eine erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG verfügt, weil er einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist, kommt es deshalb allein auf das jeweilige mit dem Hafeneinzelbetrieb begründete Arbeitsverhältnis an.
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3. Unerheblich ist, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Hafeneinzelbetrieb regelmäßig auf einen Tag befristet ist. Denn von einer dauerhaften Zuordnung ist nach § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative EStG dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des (befristeten) Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, für den vorliegenden atypischen Fall eine Ausnahmeregelung zu schaffen.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 30.08.2016 - 2 K 218/15 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist seit dem … 2010 für den Gesamthafenbetrieb Hamburg als sogenannter Gesamthafenarbeiter im Bereich der Logistik tätig. Nach dem Arbeitsvertrag ("Einstellungsvertrag Logistik") übernimmt der Gesamthafenbetrieb gegenüber dem Kläger insoweit die Funktion eines Arbeitgebers, als diese nicht von den Logistikbetrieben auszuüben ist (Ziffer 2 des Einstellungsvertrags). Der Kläger hat sich nach näherer Bestimmung der Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft m.b.H. (GHBG) zur Arbeitseinteilung an den dafür vorgesehenen Stellen einzufinden, wobei er nach Maßgabe der vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten Anspruch auf Einteilung zur Logistikarbeit hat (Ziffer 3 des Einstellungsvertrags). Während der Arbeit bei den Logistikbetrieben gehört der Kläger mit allen Rechten und Pflichten auch zur Belegschaft des jeweiligen Logistikbetriebs. Die Auszahlung des Lohns erfolgt durch die GHBG (Ziffer 5 des Einstellungsvertrags).
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Der Gesamthafenbetrieb Hamburg ist durch Vereinbarung über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Hamburg vom 9. Februar 1951 zwischen der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Hafen-Fachvereine und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr auf der Grundlage des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl I 1950, 352) gegründet worden. Nach § 8 Abs. 2 der Satzung für den Gesamthafenbetrieb Hamburg vom 30. April 1969 i.d.F. vom 26. Juni 1994 (Satzung) gehören Gesamthafenarbeiter während der Arbeit bei den Hafeneinzelbetrieben mit allen Rechten und Pflichten auch zu deren Belegschaft. Der Lohnanspruch der Gesamthafenarbeiter richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung gegen den Hafeneinzelbetrieb, bei dem sie beschäftigt waren. Die GHBG übernimmt im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hafeneinzelbetriebs die Ausfallbürgschaft für den Lohnanspruch der von ihr dem Hafeneinzelbetrieb zugeteilten Gesamthafenarbeiter (§ 12 Abs. 2 der Satzung). Die Auszahlung des Lohns für die Gesamthafenarbeiter erfolgt durch die GHBG (§ 14 Abs. 1 der Satzung). Die Hafeneinzelbetriebe haben dafür zu sorgen, dass auf dem für sie bei der GHBG geführten Konto ein ausreichendes Guthaben zur Abdeckung der durch die Beschäftigung der Gesamthafenarbeiter entstehenden Kosten vorhanden ist (§ 15 Abs. 2 der Satzung).
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Die Tätigkeit der Gesamthafenarbeiter ist im Drei-Schicht-System organisiert. Die Schichtzeiten werden von der GHBG vorgegeben und orientieren sich an den Zeiten der Hafenbetriebe. Die Einteilung zur Arbeit erfolgt grundsätzlich täglich, wobei die Gesamthafenarbeiter am Vortag ab 14:00 Uhr bei den Einteilern der GHBG anzurufen haben, die ihnen dann ihren Einsatzbetrieb und die Schichtzeit mitteilen. Falls eine Arbeitseinteilung mangels Nachfrage nicht möglich ist, müssen sich die Gesamthafenarbeiter zur kurzfristigen Einteilung bereithalten ("Stand By"), wobei dies auch zu Hause erfolgen kann, wenn ein rechtzeitiges Erreichen des Einsatzbetriebs gewährleistet ist. Sofern keine Vermittlung erfolgt, sind die Gesamthafenarbeiter nicht verpflichtet, sich in den Geschäftsräumen des GHBG aufzuhalten.
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Es kommt auch vor, dass Gesamthafenarbeiter von der GHBG längerfristig --für Wochen, Monate oder sogar Jahre-- zur Arbeit bei einem Hafenbetrieb eingeteilt werden, falls dort ein entsprechender Bedarf besteht (sog. Betriebsgruppen). Dies erfolgt in Abstimmung mit dem Mitarbeiter und dem anfordernden Betrieb.
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Der Kläger war im Streitjahr (2014) nach arbeitstäglicher Zuteilung durch die GHBG bei insgesamt fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig, …
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Er ist zu diesen Betrieben, die im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig sind und dort über ein eigenes Betriebsgelände verfügen, jeweils von seiner Wohnung aus mit dem PKW gefahren.
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In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger auf Grundlage einer Einsatzwechseltätigkeit Fahrtkosten in Höhe von 3.612 € geltend.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von lediglich 1.877 € fest. Er ging dabei davon aus, dass der Kläger als Hafenarbeiter gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet beschäftigt und deshalb für die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet (V- Straße) und auch innerhalb des Tätigkeitsgebiets die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer anzuwenden sei.
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Auf den Einspruch des Klägers berücksichtigte das FA alle Fahrten innerhalb des Hamburger Hafengeländes mit 0,30 € je gefahrenem Kilometer. Die Fahrtkosten erhöhten sich dadurch auf 2.944 €. Gegen den Änderungsbescheid legte der Kläger wiederum Einspruch ein, den das FA als unbegründet zurückwies.
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Die hiergegen gerichtete Klage blieb aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 1937 veröffentlichten Gründen erfolglos.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Er beantragt,
das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. Juni 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. September 2015 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 668 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG, ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG).
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2. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der "regelmäßigen Arbeitsstätte".
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a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden. Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbständige betriebliche Einrichtungen darstellen können (z.B. Werkstätten und Werkshallen, Bürogebäude und -etagen sowie Verkaufs- und andere Wirtschaftsbauten), räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen. Demgemäß kommt als eine solche erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht (s. hierzu auch Senatsurteile vom 11. April 2019 - VI R 40/16, BFHE 264, 248 und VI R 12/17, BFHE 264, 265).
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b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.
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aa) Nach der gesetzlichen Konzeption --und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung-- wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien (BTDrucks 17/10774, S. 15; ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. Oktober 2014 - IV C 5 S 2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412, Rz 2; Niermann, Der Betrieb --DB-- 2013, 1015; Isenhardt, DB 2014, 1316; Thomas, Deutsches Steuerrecht 2014, 497; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 559; Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; kritisch Bergkemper, Finanz-Rundschau --FR-- 2013, 1017; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 9 EStG Rz 546).
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bb) Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen (im weiteren Verlauf: arbeitsrechtliche) zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BTDrucks 17/10774, S. 15). Die Zuordnung kann also insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (beispielsweise im Beamtenverhältnis durch dienstliche Anordnung) kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn (im weiteren Verlauf: Arbeitgeber) vorgenommen werden. Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Sie setzt auch nicht voraus, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung bewusst ist. Wird der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet, weil er dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung aufgrund der steuerrechtlichen Anknüpfung an das Dienst- oder Arbeitsrecht vielmehr auch steuerrechtlich maßgebend. Deshalb bedarf es neben der arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung keiner gesonderten Zuweisung zu einer ersten Tätigkeitsstätte für einkommensteuerrechtliche Zwecke. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung des steuerlichen Reisekostenrechts auch das Auseinanderfallen der arbeitsrechtlichen von der steuerrechtlichen Einordnung bestimmter Zahlungen als Reisekosten verringern (BTDrucks 17/10774, S. 15). Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.
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cc) Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden (a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412, Rz 10). Eine Dokumentationspflicht ist § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu entnehmen. Die Feststellung einer entsprechenden Zuordnung ist vielmehr durch alle nach der Finanzgerichtsordnung zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll.
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dd) Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an (BTDrucks 17/10774, S. 15; BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1412, Rz 8; Niermann, DB 2013, 1015; Bergkemper, FR 2013, 1017; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 551, 554 und 559; Schmidt/Krüger, a.a.O., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, a.a.O., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; Lochte in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 9 Rz 122b und 252a; A. Claßen in Lademann, EStG, § 9 EStG Rz 68; Schramm/Harder-Buschner, Neue Wirtschafts-Briefe 2014, 26, 33; kritisch HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 546).
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Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die "erste Tätigkeitsstätte" als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen. Dies folgt nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere aus § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG, der zumindest für den Regelfall davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer an diesem Ort auch tätig werden soll. Darüber hinaus ist das Erfordernis einer arbeitsvertrag- oder dienstrechtlich geschuldeten Betätigung an diesem Ort nicht zuletzt dem Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "erste Tätigkeitsstätte" geschuldet. Denn ein Ort, an dem der Steuerpflichtige nicht tätig wird (oder für den Regelfall nicht tätig werden soll), kann nicht als Tätigkeitsstätte angesehen werden. Schließlich zwingt auch das objektive Nettoprinzip, den Begriff der ersten Tätigkeitsstätte dahingehend auszulegen. Denn anderenfalls bestimmt sich die Steuerlast nicht --gleichheitsrechtlich geboten-- nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern nach dem Belieben seines Arbeitgebers.
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c) Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte entsprechend § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
1. typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2. je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
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aa) Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.
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bb) Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative EStG für die Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses Bestand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die Zuordnung im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt.
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3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Der erkennende Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG nicht prüfen, ob dieses zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Kläger, der als Gesamthafenarbeiter von der GHBG täglich zur Arbeit bei einem Hafeneinzelbetrieb eingeteilt wurde, im Streitjahr eine erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG hatte.
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a) Lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber des Klägers im Streitjahr waren die Hafeneinzelbetriebe. Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass der Kläger als Gesamthafenarbeiter nicht nur in einem Arbeitsverhältnis zur GHBG stand, sondern gemäß § 6 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 der Satzung an den Tagen, an denen er für einen Hafeneinzelbetrieb tätig wurde, auch ein Arbeitsverhältnis zu diesem begründete. Insoweit kommt für die Dauer des jeweiligen Einsatzes im Hafeneinzelbetrieb ein (weiteres) Arbeitsverhältnis zwischen dem Inhaber des Hafeneinzelbetriebs und dem Gesamthafenarbeiter dadurch zustande, dass der Gesamthafenarbeiter bei dem Hafeneinzelbetrieb, dem er zugeteilt ist, zur Arbeit antritt (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts --BAG-- vom 25. November 1992 - 7 ABR 7/92, BAGE 72, 12).
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Soweit und solange ein Gesamthafenarbeiter in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt ist, ist die Arbeitgeberstellung der GHBG nur subsidiär. Denn der Gesamthafenbetrieb nimmt im Rahmen seiner Aufgaben gegenüber dem Gesamthafenarbeiter die Funktionen eines Arbeitgebers nur insoweit wahr, als diese nicht von dem Hafeneinzelbetrieb auszuüben sind (BAG-Beschluss in BAGE 72, 12, unter B.II.2.a).
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Diese besondere Konstruktion bezweckt, den Gesamthafenarbeitern einen im Verhältnis zu den im Regelfall nur schichtweise beschäftigenden Hafeneinzelbetrieben zusätzlichen Arbeitgeber zu verschaffen, damit diese gerade auch während der Zeit, in der sie nicht in einem Hafeneinzelbetrieb eingesetzt sind, einen vertraglichen Arbeitgeber haben und nicht arbeitslos sind. Der GHBG kommt damit lediglich eine Auffangfunktion zu. Während der Zeiten der Beschäftigung ist primärer --und damit auch lohnsteuerrechtlich maßgeblicher-- Arbeitgeber der Hafeneinzelbetrieb. Dieser nimmt insoweit die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen wahr. So ist nur der Hafeneinzelbetrieb in der Lage, von dem Gesamthafenarbeiter die geschuldete Arbeitsleistung unter Ausübung des Arbeitgeber-Weisungsrechts zu verlangen; umgekehrt ist nur der Hafeneinzelbetrieb --und nicht der Gesamthafenbetrieb-- Lohnschuldner des Gesamthafenarbeiters für die Dauer des Einsatzes im Hafeneinzelbetrieb (BAG-Beschluss in BAGE 72, 12, unter B.II.2.c).
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b) In Bezug auf das jeweilige Arbeitsverhältnis zu den Hafeneinzelbetrieben lagen aufgrund des insoweit bestehenden Weisungsrechts dauerhafte Zuordnungen i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alternative EStG vor, da sie jeweils die Dauer des gesamten Arbeitsverhältnisses zum Hafeneinzelbetrieb umfassten. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem jeweiligen Hafeneinzelbetrieb dauerte nach der Rechtsprechung des BAG (Beschluss in BAGE 72, 12), der sich der erkennende Senat anschließt, so lange, wie der Kläger für den Hafeneinzelbetrieb aufgrund der Einteilung durch die GHBG tätig wurde, im Streitfall folglich jeweils einen Tag. Dies stand bereits aus der Sicht ex ante fest.
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c) Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist unerheblich, dass das jeweilige Arbeitsverhältnis nur einen Tag bestand. Dies ist Folge der vom Gesetzgeber gewählten Typisierung, wonach auch bei befristeten Arbeits- oder Dienstverhältnissen von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen ist.
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Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008 - 2 BvL1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.).
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Den vorliegenden atypischen Sonderfall, dass ein Arbeitnehmer täglich ein neues Arbeitsverhältnis begründet, musste der Gesetzgeber nicht sehen und entsprechend auch nicht besonders regeln.
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d) Der erkennende Senat kann allerdings nicht beurteilen, ob die dauerhaften Zuordnungen jeweils auch zu ortsfesten betrieblichen Einrichtungen i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG erfolgt sind. Das FG hat lediglich festgestellt, dass die Hafeneinzelbetriebe, bei denen der Kläger im Streitjahr tätig war, im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig waren und dort über eigene Betriebsgelände verfügten. Es hat jedoch --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Feststellungen darüber getroffen, ob diese auf ihrem jeweiligen Gelände über eine ortsfeste betriebliche Einrichtung verfügten, an der der Kläger tätig werden sollte (§ 9 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 3 EStG). Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
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Sollte es im Einzelfall an einer ersten Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG fehlen, wären die Fahrten des Klägers insoweit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Sätze 1 und 2 EStG mit den tatsächlichen Aufwendungen oder alternativ mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer anzusetzen. Da es im Streitfall auf die Beschäftigung durch die Hafeneinzelbetriebe ankommt, ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht einschlägig.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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