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BFH 07.03.2018 - XI R 13/16
BFH 07.03.2018 - XI R 13/16 - Divergenzanfrage bei nicht feststehendem Sachverhalt
Normen
§ 11 Abs 3 S 1 FGO, § 2 Abs 2 Nr 2 UStG 2005, § 118 Abs 2 FGO, UStG VZ 2005
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 2. Oktober 2015, Az: 5 K 363/12 U, Urteil
Leitsatz
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NV: Eine Divergenzanfrage an einen anderen Senat kommt nicht in Betracht, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht feststeht und deshalb nicht beurteilt werden kann, ob eine mögliche Abweichung entscheidungserheblich ist .
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2015 5 K 363/12 U aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, führte als Betriebsgesellschaft im Rahmen einer ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung bis zum 1. Juni 2005 einen Großhandel mit Werkzeugen und Maschinen. Die Besitzgesellschaft war die ... . Mit Kaufvertrag vom 28. April 2005 veräußerte die Klägerin die "wesentlichen Betriebsgrundlagen" des Großhandels an ... (Käufer) mit der Auflage, den Kaufgegenstand nach Gründung der ... GmbH & Co KG (KG), die mit Vertrag vom gleichen Tag gegründet wurde, in diese einzubringen, was auch in der Folgezeit erfolgte. Kommanditisten der KG und Gesellschafter der Komplementärin der KG (eine Beteiligungs-GmbH) waren der Käufer und ... (X) zu gleichen Anteilen.
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Der Kaufpreis betrug 800.000 €, wovon dem Käufer 120.000 € als Darlehen gewährt wurden. Die Restkaufpreisforderung trat die Klägerin an die KG ab. Als Gegenleistung erhielt sie eine stille Beteiligung an der KG.
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Die am Kaufvertrag Beteiligten gingen ausweislich des Kaufvertrages von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aus. In der Umsatzsteuererklärung für 2005 (Streitjahr) behandelte die Klägerin den Kaufpreis dementsprechend als Entgelt für einen nicht steuerbaren Umsatz.
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Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG nicht vorgelegen hätten, weil der Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs kein Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne gewesen sei.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte der Ansicht des Prüfers und erließ am 25. August 2010 gegenüber der Klägerin einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2005, in dem er die steuerpflichtigen Umsätze um 800.000 € erhöhte. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2012).
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Das Finanzgericht (FG) gab mit Urteil vom 2. Oktober 2015 der Klage statt. Es vertrat die Ansicht, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG lägen vor. Der Käufer sei bei dem Erwerbs- und Einbringungsvorgang als Unternehmer tätig geworden.
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Das Urteil des FG ist in Mehrwertsteuerrecht 2017, 37 veröffentlicht.
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Das FA trägt mit seiner Revision im Wesentlichen vor, das Urteil des FG widerspreche dem Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG. Es habe beim Käufer an einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen i.S. dieser Vorschrift gefehlt.
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Ferner mangele es an der bei einer Geschäftsveräußerung erforderlichen Absicht des Erwerbers, die bisherige Geschäftstätigkeit fortzuführen. Der Erwerber habe das Unternehmen ausschließlich zum Zwecke der Sacheinlage und nicht zum Zwecke der eigenen Weiterführung erworben. Soweit der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 25. November 2015 V R 66/14 (BFHE 251, 526, BFH/NV 2016, 497) die Ansicht vertrete, die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit müsse bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen, sei dies nicht überzeugend.
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Das FA hat auf Frage des Senats mitgeteilt, dass aus seiner Sicht eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und X als Organträger vorliege. Es beantragt außerdem die Beiladung des X.
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Das FA beantragt zudem sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie tritt der Revision des FA entgegen und verteidigt die Vorentscheidung. Zum Vorliegen einer Organschaft hat sie sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die tatsächlichen Feststellungen des FG im angefochtenen Urteil reichen nicht aus, um in der Sache zu entscheiden.
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1. Das FG nimmt --ausgehend von der Unternehmereigenschaft der Klägerin-- eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG an. Der Senat erwägt, insoweit der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu folgen. Damit würde er aber vom Urteil des V. Senats des BFH vom 15. Januar 1987 V R 3/77 (BFHE 149, 272, BStBl II 1987, 512) abweichen, wonach der Erwerb eines Einzelunternehmens zu dem Zweck, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen, keine unternehmerische Betätigung begründet.
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Diese Rechtsprechung hat der V. Senat des BFH bisher nicht ausdrücklich aufgegeben.
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2. Der erkennende Senat ist an einer Divergenzanfrage an den V. Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO gehindert.
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a) Das FA geht nunmehr davon aus, dass eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und X als Organträger im Streitjahr vorgelegen habe. Damit wäre die Klägerin keine Unternehmerin und ihre Klage hätte schon aus diesem Grund Erfolg (zur Tatbestandsvoraussetzung der Unternehmereigenschaft des Veräußerers bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vgl. z.B. Nieskens in Rau/ Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 1215 ff.).
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b) Der Senat kann nicht darüber entscheiden, ob eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Klägerin und X besteht. Das FG hat im zweiten Rechtsgang hierzu weitere Feststellungen zu treffen.
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aa) Die Frage, ob eine Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gegeben ist oder nicht, ist eine im Revisionsverfahren überprüfbare Rechtsfrage, die die Feststellung bestimmter Tatsachen i.S. von § 118 FGO Abs. 2 voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1990 II R 97/85, BFHE 159, 354, BStBl II 1990, 448, unter II.2. zur körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 173 f.; Werth in Gosch, FGO § 118 Rz 56). An der Feststellung solcher Tatsachen fehlt es im Streitfall.
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bb) Zwar trägt das FA in seinem Schreiben vom 20. Dezember 2017 vor, dass eine Organschaft vorliege und die Tatbestandsmerkmale einer finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des X erfüllt seien; jedoch hat hierzu die Klägerin bisher nicht Stellung genommen und es fehlen insbesondere entsprechende Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz.
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c) Die Frage nach dem Vorliegen einer Organschaft bedarf der vorrangigen Klärung. Erst wenn feststeht, dass keine Organschaft vorliegt, käme eine Divergenzanfrage an den V. Senat in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769, zur Zurückverweisung wegen Sachverhaltsaufklärung, bevor ein Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union ergeht).
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3. Der Senat sieht von einer Beiladung des X im Revisionsverfahren ab.
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Da wegen fehlender Sachverhaltsfeststellungen die Rechtssache an das FG zurückverwiesen werden muss, wird auch vorliegend die Entscheidung über die vom FA gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung beantragte Beiladung des X durch das FG zu treffen sein.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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