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BFH 07.08.2015 - VI B 66/15
BFH 07.08.2015 - VI B 66/15 - Anfechtung der Lohnsteuer-Anmeldung durch Arbeitnehmer; notwendige Beiladung bei Fortsetzungsfeststellungsklage
Normen
§ 60 Abs 3 FGO, § 100 Abs 1 S 4 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 21. April 2015, Az: 3 K 2578/14, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: In einem vom Arbeitnehmer durchgeführten Anfechtungsverfahren gegen die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers ist der Arbeitgeber notwendig beizuladen .
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2. NV: Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführt .
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2015 3 K 2578/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) richtet sich gegen den Beschluss des Finanzgerichts (FG), den Arbeitgeber des Klägers in dem vom Kläger gegen die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers geführten Klageverfahren notwendig beizuladen.
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Der Arbeitgeber des Klägers behandelte in der Lohnsteuer-Anmeldung für September 2014 vom Kläger vereinnahmte Mitnahmeentschädigungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn und behielt dafür anteilig Lohnsteuer ein. Dagegen richtet sich die vom Kläger erhobene Klage gegen die Lohnsteuer-Anmeldung.
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Das FG hat den Arbeitgeber des Klägers mit Beschluss vom 21. April 2015 zu diesem vom Kläger geführten Klageverfahren notwendig beigeladen, weil bei gerichtlicher Anfechtung der Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer der Arbeitgeber zu dem Verfahren gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig beizuladen sei. Der Arbeitgeber des Klägers sei als Adressat einer an ihn gerichteten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (Lohnsteuer-Anmeldung) an dem hier streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen könne. Die Entscheidung über den Lohnsteuerabzug wirke unmittelbar auf die Rechtsbeziehung des Arbeitgebers zum Finanzamt, da sie zugleich die Einbehaltungspflicht des Arbeitgebers regele. In solchen Fällen, in denen ein Dritter, nämlich der Arbeitnehmer, dessen Lohnsteuer angemeldet werde, Klage erhoben habe, müsse der Stellung des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, indem er zu dem Verfahren des Dritten notwendig beizuladen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich vorliegend um eine Anfechtungsklage oder um eine Fortsetzungsfeststellungsklage handele.
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Mit der dagegen gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, er habe beim FG den Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage beantragt. Die Lohnsteuerbescheinigung 2014 sei bereits durch den Arbeitgeber ausgestellt, sodass entsprechend dem Zweck des § 41c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes Lohnsteuer nicht mehr erstattet werden könne und daher von der Anfechtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage überzugehen sei. Im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage würden aber die Rechte oder Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts weder notwendigerweise noch unmittelbar gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen gebracht. Dementsprechend sei im Fall der Fortsetzungsfeststellungsklage keine Grundlage für eine notwendige Beiladung mehr gegeben. Auf das weitere Vorbringen des Klägers in dessen Schriftsätzen vom 14. Mai, 17. Juni und 6. Juli 2015 wird Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beiladungsbeschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 21. April 2015 aufzuheben.
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Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Arbeitgeber des Klägers zu dem Verfahren notwendig beizuladen ist.
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1. Es entspricht allgemeiner Rechtsauffassung, dass in einem vom Arbeitnehmer durchgeführten Anfechtungsverfahren gegen die Lohnsteuer-Anmeldung der Arbeitgeber als Adressat der Bescheide notwendig beizuladen ist (FG München, Beschluss vom 21. Februar 2001 8 K 3699/98, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 629). Diese Rechtsauffassung war auch Grundlage des Senatsurteils vom 5. Oktober 2005 VI R 152/01 (BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94), an der unverändert festzuhalten ist. Insoweit gilt für die Anfechtung einer Lohnsteuer-Anmeldung nichts anderes als für die Anfechtung eines Haftungsbescheids (dazu schon Senatsurteil vom 29. Juni 1973 VI R 311/69, BFHE 109, 502, BStBl II 1973, 780). Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte zum finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen, wenn diese an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn die Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des Dritten gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt (z.B. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2001 VI R 49/98, BFHE 194, 6, BStBl II 2001, 246).
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2. Diese Grundsätze hat das FG in seinem Beiladungsbeschluss beachtet und weiter zutreffend entschieden, dass sie auch gelten, wenn der Arbeitnehmer, der gegen die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers Anfechtungsklage erhoben hat, von der Anfechtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage übergeht.
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a) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO). Ein solches berechtigtes Interesse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die begehrte Feststellung geeignet sein muss, in einem dieser Bereiche eine Positionsverbesserung des Klägers zu erreichen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BStBl II 2014, 220, m.w.N.).
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b) Auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage --hier der Feststellung, dass die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers rechtswidrig gewesen sei-- ist der Arbeitgeber als der eigentliche Adressat an dem zwischen ihm und dem Finanzamt bestehenden Rechtsverhältnis derart beteiligt, dass die Entscheidung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Denn in gleicher Weise, wie die Entscheidung über den Lohnsteuerabzug unmittelbar auf die Rechtsbeziehung des Arbeitgebers zum Finanzamt einwirkt, indem sie die Einbehaltungspflicht des Arbeitgebers regelt, und daher der Arbeitgeber notwendig beizuladen ist (FG München, Beschluss in EFG 2002, 629), kann auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung), deren Adressat der Arbeitgeber ist, dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gegenüber nur einheitlich ergehen. Insoweit bestätigt oder gestaltet die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung unmittelbar die Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers zum Finanzamt i.S. der vorgenannten Voraussetzungen der notwendigen Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO).
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Der Senat hat schon im Urteil in BFHE 109, 502, BStBl II 1973, 780 zur notwendigen Beiladung des Arbeitgebers im Fall der Anfechtung durch den Arbeitnehmer die Besonderheit betont, dass sich in derartigen Konstellationen nicht der Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts selbst, der Arbeitgeber, sondern ein Dritter, der Arbeitnehmer, gegen den Verwaltungsakt wendet. In diesen Fällen muss der Stellung des Adressaten des Bescheids, hier des Arbeitgebers, insoweit entsprochen werden, als er zum Verfahren des Dritten notwendig beizuladen ist. Dies gilt für das Anfechtungsbegehren, den Bescheid als rechtswidrig aufzuheben, in gleicher Weise wie für das Feststellungsbegehren, dass der Bescheid rechtswidrig gewesen war.
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c) Soweit der Kläger sich zur Begründung seiner Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage vorlägen, auf das Senatsurteil zur Änderung der Steuerfestsetzung nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung (Urteil vom 30. Oktober 2008 VI R 10/05, BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354) bezieht, folgt daraus für die Frage der notwendigen Beiladung im Fortsetzungsfeststellungsverfahren nichts.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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