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BFH 09.05.2012 - VII B 3/12
BFH 09.05.2012 - VII B 3/12 - Verschiebung eines Verhandlungstermins um einige Stunden keine Terminsaufhebung
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 76 Abs 1 FGO, § 91 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 16. November 2011, Az: 15 K 3288/11 KV, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Wird ein Verhandlungstermin lediglich um wenige Stunden verschoben (z.B. von 10 Uhr auf 12:30 Uhr), stellt diese Verschiebung keine Terminsaufhebung dar, so dass eine erneute Ladung unter Beachtung der Ladungsfrist des § 91 FGO entbehrlich ist.
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2. NV: Bei Vorlage eines ärztlichen Attests zum Nachweis einer Verhandlungsunfähigkeit ist die Angabe der Diagnose unter Verwendung einer Verschlüsselung nach der ICD (International Classification of Diseases) ohne erläuternde Angaben unzureichend. Der Inhalt des Attests muss vielmehr so genau sein, dass das Gericht die Art und Schwere der Erkrankung selbst beurteilen kann.
Tatbestand
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I. Nach mehreren erfolglosen Vollstreckungsversuchen forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgrund erheblicher Steuerschulden zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage, die er mit der krankheitsbedingten Unzumutbarkeit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung begründete. Wie aus der Bescheinigung einer Augenklinik hervorgehe, sei er an einer rezidivierenden Hornhautentzündung erkrankt. Diese Erkrankung trete bei akuten Stresssituationen auf und könne zur Erblindung führen. Das Finanzgericht (FG) bestimmte den 16. November 2011 als Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Fax vom 10. November 2011 bat der Kläger unter Hinweis auf einen Termin vor dem Arbeitsgericht am 16. November ab 9 Uhr um Aufhebung des Termins. Mit Schreiben vom 11. November 2011 verlegte das FG den anberaumten Termin von 10 Uhr auf 12:30 Uhr.
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Am Tag der mündlichen Verhandlung ging ein Schreiben des Sozius des Klägers vom 15. November 2011 beim beschließenden Senat des FG ein, in dem dieser ebenfalls die Aufhebung des Termins beantragte. Zur Begründung führte der Prozessbevollmächtigte an, dass sich der Kläger noch am 15. November 2011 in die Augenklinik begeben habe und bis zum 22. November 2011 arbeitsunfähig sei. Er, der Sozius, selbst sei aufgrund eines anderen Gerichtstermins an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert. Das FG entsprach dem Antrag auf Terminsaufhebung nicht, sondern wies die Klage als unbegründet ab.
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Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Zur Begründung beruft er sich auf eine Verletzung des in § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) festgelegten Amtsermittlungsgrundsatzes sowie des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung von ursprünglich 10 Uhr auf 12:30 Uhr stelle eine Terminsaufhebung dar. Somit hätte das FG die in § 91 FGO festgelegte Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen erneut einhalten müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Zudem hätte das FG ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Klägers einholen müssen und nicht ohne seine Anwesenheit verhandeln dürfen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision liegen die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler jedenfalls nicht vor.
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1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde stellt die Verschiebung des Verhandlungstermins von 10 Uhr auf 12:30 Uhr keine Terminsaufhebung dar, die eine erneute Ladung unter Beachtung der Ladungsfrist des § 91 FGO erforderlich gemacht hätte. Denn der Zweck der Ladungsfrist, den Beteiligten ausreichend Zeit zur Vorbereitung der Verhandlung einzuräumen, wird durch die bloße Änderung der Uhrzeit nicht beeinträchtigt (Stöcker in Beermann/Gosch, FGO, § 91 Rz 63, m.w.N.).
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2. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt nicht deshalb vor, weil das FG das vorgelegte Attest nicht zum Anlass einer Terminsaufhebung genommen hat. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält als Diagnose lediglich die Angabe "V.a. H 16.0". Ein konkretes Krankheitsbild lässt sich daraus nicht ersehen. Zumindest bei unmittelbar vor dem Termin eingereichten ärztlichen Attesten ist zu verlangen, dass diese die Diagnose unverschlüsselt ausweisen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 2011 IV B 122/09, BFH/NV 2012, 419). Aufgrund der im Streitfall gemachten Angaben war es dem FG nicht möglich, die Art und Schwere der Erkrankung nachzuvollziehen. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung müssen die Ausführungen in einem ärztlichen Attest das Gericht in die Lage versetzen, selbst zu beurteilen, ob aufgrund der Schwere der Erkrankung ein erheblicher Grund vorliegt, der zur Verhandlungsunfähigkeit führt (BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041, und vom 23. Oktober 2002 III B 167/01, BFH/NV 2003, 80). Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung nicht. Im Übrigen übersieht er, dass das FG die Terminsverlegung --abgesehen vom Inhalt des vorgelegten Attests-- zusätzlich damit begründet hat, er habe angesichts der seit geraumer Zeit bestehenden chronischen Erkrankung Vorsorge für die Wahrnehmung des Termins durch Bestellung eines Bevollmächtigten treffen müssen, was er aber nicht dargelegt habe. Dem zusätzlichen Verlegungsantrag des Sozius hat das FG insoweit keine Bedeutung beigemessen. Diese schlüssige Begründung des FG hat der Kläger mit seiner Beschwerde nicht angegriffen.
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3. Soweit der Kläger beanstandet, das FG habe keinen sachverständigen Gutachter mit der Bewertung der vorgelegten Unterlagen beauftragt, legt die Beschwerde nicht hinreichend dar, warum sich die Notwendigkeit der Begutachtung durch einen Sachverständigen dem FG hätte von Amts wegen aufdrängen müssen. Denn die Einholung eines Sachverständigengutachtens liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015). Ausweislich der Urteilsbegründung hat das FG das vom Kläger als ausführlich bezeichnete Gutachten zur Kenntnis genommen und dahingehend gewürdigt, die darin getroffenen Feststellungen seien zu pauschal, um feststellen zu können, dass gerade die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu einer konkreten und unmittelbar vorliegenden Gesundheitsgefährdung führen kann. Auch hat das FG darauf hingewiesen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt --einschließlich der Wahrnehmung von Gerichtsterminen-- weiterhin auszuüben in der Lage ist. Aus der Sicht des FG musste es keinen Sachverständigen mit der Bewertung der als unzureichend empfundenen Feststellungen beauftragen.
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