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BFH 12.10.2011 - I R 102/10
BFH 12.10.2011 - I R 102/10 - (Abgrenzung Spenden und Zahlungen für satzungsmäßige Zwecke - Bindung des Stifters - Deklaratorische Bedeutung des § 10 Nr. 1 KStG 1999 und des § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG - Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999)
Normen
§ 8 Abs 3 KStG 1999, § 9 Abs 1 Nr 2 KStG 1999, § 10 Nr 1 S 1 KStG 1999, § 10 Nr 1 S 2 KStG 1999, § 12 Nr 1 S 1 EStG 1997, § 12 Nr 1 S 1 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 1. Oktober 2010, Az: 1 K 29/08, Urteil
Leitsatz
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Ist einer Stiftung durch Stiftungsgeschäft vorgegeben, ihr Einkommen ausschließlich für eine bestimmte gemeinnützige Körperschaft zu verwenden, können Zahlungen an diese Körperschaft nicht als Spenden abgezogen werden .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine rechtsfähige Stiftung des Privatrechts, betrieb in den Streitjahren 2001 und 2002 eine öffentliche Sparkasse des Privatrechts i.S. der §§ 35 ff. des Sparkassengesetzes des Landes Schleswig-Holstein. Stifterin war die G, die die Rechtsform eines eingetragenen Vereins hat.
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Die Klägerin erzielte in den Streitjahren Jahreseinkommen von 11.681.912 € (2001) und 8.832.160 € (2002). In diesen beiden Jahren leistete sie Spenden an diverse Empfänger in Höhe von 21.940 € (2001) und 81.351 € (2002).
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Nach der in den Streitjahren gültigen Satzung der Klägerin war der in einem Jahr erzielte Jahresüberschuss einer Sicherheitsrücklage zuzuführen, solange diese weniger als 10 % der Bilanzsumme betrug. Überstieg die Sicherheitsrücklage diese Grenze, waren die Überschüsse der Sicherheitsrücklage zur Hälfte zuzuführen. Die andere Hälfte war an G zu überweisen oder auf die neue Jahresrechnung der Klägerin vorzutragen. Ausnahmen hiervon bedurften der aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Der Verwaltungsrat der Klägerin stellte den Jahresabschluss fest und entschied über die Verwendung der Überschüsse. Er bestand aus 7 bis 9 Mitgliedern, die von G gewählt und berufen wurden und die selbst Mitglieder von G sein mussten.
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Die Klägerin leistete aufgrund von Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 und vom 17. Juni 2002 Zahlungen aus den Überschüssen der Jahre 2001 und 2002 an G zur Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke in Höhe von 255.645 € (2001) und 300.000 € (2002). G verwandte die Zahlungen ausschließlich für mildtätige und gemeinnützige Zwecke und stellte der Klägerin hierüber am 22. April 2005 Zuwendungsbescheinigungen aus.
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Die Klägerin machte die Zahlungen zunächst nicht als Spenden geltend. Am 26. Juli 2005 beantragte sie, die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2001 und 2002 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die bislang nicht erklärten Zahlungen an G als Spenden zu berücksichtigen. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dies abgelehnt hatte, erhob die Klägerin Klage, die das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 269 veröffentlichtem Urteil vom 1. Oktober 2010 1 K 29/08 abwies. Es war der Auffassung, die Zahlungen an G stellten Einkommensverwendungen i.S. des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 in der für die Streitjahre gültigen Fassung (KStG 1999) dar, so dass der in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999 enthaltene Vorbehalt greife.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten, die angefochtenen Steuerbescheide dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen bzw. der zu Grunde liegende Gewerbeertrag 2001 um 255.645 € und das zu versteuernde Einkommen 2002 bzw. der Gewerbeertrag 2002 um 300.000 € reduziert werden.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet. FA und FG haben zu Recht entschieden, dass die Zahlungen der Klägerin an G nicht als Spenden gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1999, zu berücksichtigen sind.
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1. Entgegen der Auffassung des FG liegen allerdings keine Einkommensverteilungen i.S. des § 8 Abs. 3 KStG 1999 vor.
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a) Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, erfolgen Einkommensverteilungen i.S. dieser Vorschrift durch Ausschüttungen. Darunter ist die Zuwendung eines Vermögensvorteils der Körperschaft an ein anderes Rechtssubjekt mit Rücksicht auf ein zwischen ihnen bestehendes Rechtsverhältnis --regelmäßig ein Gesellschafts- oder Mitgliedschaftsverhältnis-- zu verstehen. Die Rechtsprechung geht allerdings von Einkommensverteilungen i.S. des § 8 Abs. 3 KStG 1999 auch im Verhältnis von Rechtssubjekten aus, zwischen denen kein Gesellschafts- oder Mitgliedschaftsverhältnis besteht, deren Rechtsbeziehungen zueinander aber als gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlich angesehen werden können. Dies hat der Senat u.a. für das Verhältnis öffentlich-rechtlicher Sparkassen, bei denen es sich regelmäßig um rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, zu ihren Gewährträgern angenommen (Senatsurteile vom 9. August 1989 I R 4/84, BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237; vom 8. April 1992 I R 126/90, BFHE 168, 118, BStBl II 1992, 849). Danach ist ein gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnliches Verhältnis dann gegeben, wenn dasjenige Rechtssubjekt, das den Vermögensvorteil erhält, ähnlich einem Gesellschafter oder Mitglied Einfluss auf das Gebilde ausüben kann, das der Körperschaftsteuer unterliegt (Senatsurteil in BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237).
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b) Stiftungen sind Vermögensmassen, die weder über Gesellschafter noch Mitglieder verfügen und zu denen auch keine anderen Steuersubjekte in einem gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis stehen. Daher sind Einkommensverteilungen i.S. des § 8 Abs. 3 KStG 1999 bei Stiftungen nicht möglich (Senatsurteil vom 22. September 1959 I 5/59 U, BFHE 70, 98, BStBl III 1960, 37; H 36 I "Destinatäre" KStH 2008; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 176, 201; Schulte in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 8 Rz 125; a.A. Schulze zur Wiesche, Deutsche Steuer-Zeitung 1991, 161). Bei einer Stiftung bestimmt zwar der Stifter durch das Stiftungsgeschäft u.a., welchen Zweck die Stiftung verfolgt und wie die aus dem Stiftungsvermögen erwirtschafteten Erträge verwendet werden. Er legt die Satzung fest, bestimmt, welche Organe die Stiftung hat, und --soweit ein gesetzlicher Spielraum vorhanden-- welche Befugnisse diesen zukommen (vgl. § 81 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Ist die Stiftung jedoch errichtet, verfügt der Stifter ebenso wenig wie jedes andere Rechtssubjekt außerhalb der Stiftung über gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnliche Befugnisse. Auch wenn der Stifter selbst Organ der Stiftung wird oder die Zusammensetzung der Organe bestimmt, vollzieht er nur seinen ursprünglichen Willen, wie er im Stiftungsgeschäft niedergelegt ist, und ist hieran wie jede andere Person, die als Organ der Stiftung fungiert, gebunden. Bestimmt der Stifter, dass die Stiftung ihr Einkommen ausschließlich zu seinen Gunsten verwenden darf, handelt es sich bei den nachfolgenden Zahlungen zwar aus seiner Sicht bei wirtschaftlicher Betrachtung um Erträge aus dem einst hingegebenen Stiftungskapital (vgl. Senatsurteil vom 3. November 2010 I R 98/09, BFHE 232, 22, BStBl II 2011, 417). Dies ändert aber nichts daran, dass die Zahlungen ihren Grund ausschließlich im Stiftungsgeschäft bzw. in der Satzung haben und nicht in einem gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis des Destinatärs zur Stiftung.
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2. Die Zahlungen an G mindern gleichwohl das Einkommen der Klägerin nicht.
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a) Dies folgt daraus, dass es sich um Einkommensverwendungen handelt. Anders als Kapitalgesellschaften (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 22. August 2007 I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, m.w.N.) verfügen Stiftungen über eine außerbetriebliche Sphäre. Soweit das Stiftungsgeschäft bestimmt, wem oder welchem Zweck die Erträge der Stiftung zukommen sollen, handelt es sich um Einkommensverwendungen, die das Einkommen grundsätzlich nicht mindern. Wie bei natürlichen Personen, bei denen Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, nur abziehbar sind, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht, bedarf es bei Körperschaftsteuersubjekten, die eine außerbetriebliche Sphäre haben, einer besonderen Vorschrift, die den steuermindernden Abzug der Aufwendungen ausdrücklich zulässt. § 10 Nr. 1 KStG 1999 hat für diese Körperschaftsteuersubjekte ebenso wie § 12 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes für natürliche Personen nur deklaratorische Bedeutung.
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Etwas anderes folgt auch nicht aus § 10 Nr. 1 Satz 2 KStG 1999, wonach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999 unberührt bleibt. Hierdurch werden für Aufwendungen i.S. des § 10 Nr. 1 Satz 1 KStG 1999 die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Spendenabzug nicht dahingehend geändert, dass ein Spendenabzug auch dann möglich ist, wenn die Zahlungen nicht freiwillig geleistet werden. Die Regelung ist vielmehr ihrem Wortlaut entsprechend dahingehend zu verstehen, dass allein deshalb, weil es sich um Aufwendungen für satzungsmäßige Zwecke des Steuerpflichtigen handelt, der Spendenabzug nicht ausgeschlossen ist, sofern sämtliche Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999 erfüllt sind. Ein eigenständiger Regelungsgehalt für Körperschaftsteuersubjekte, die nicht nur über eine Erwerbssphäre verfügen, kommt daher § 10 Nr. 1 KStG 1999 auch nicht über dessen Satz 2 zu.
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b) Im Streitfall gibt es keine gesetzliche Regelung, nach der die Zahlungen an G steuermindernd geltend gemacht werden können. Die Zahlungen an G sind keine Spenden i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999.
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aa) Spenden sind Ausgaben, die vom Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten steuerbegünstigten Zwecke geleistet werden (Senatsurteil vom 12. September 1990 I R 65/86, BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. September 1993 X R 107/91, BFHE 172, 362, BStBl II 1993, 874).
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bb) Die Klägerin hat ihre Zahlungen an G nicht freiwillig geleistet, sondern weil sie dazu nach ihrer Satzung verpflichtet ist. Sie betreibt zum einen eine Sparkasse. Neben diesem Erwerbszweck legt die Satzung jedoch auch fest, wie die hierdurch erzielten Einkünfte zu verwenden sind: Soweit sie nicht für den Geschäftsbetrieb benötigt werden, sind sie an G auszukehren. Überweist sie Überschüsse an G, handelt sie nicht freiwillig, sondern entspricht damit ihren satzungsmäßigen Vorgaben. Zwar kann der Verwaltungsrat der Klägerin die Hälfte des Gewinns statt an G zu überweisen auch auf neue Jahresrechnung der Klägerin vortragen (§ 47 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Klägerin vom 2. Dezember 1998). Er hat diese Entscheidung aber nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dabei muss er einerseits für die nachhaltige Sicherung des Unternehmens Sorge tragen. Er muss aber andererseits bei seiner Entscheidung beachten, dass die Stiftung den Zweck hat, Erträge für G zu erwirtschaften. Sollte die Stiftung aus gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenen Mitteln der G stammen, war die Errichtung der Klägerin überhaupt nur deshalb gemeinnützigkeitsrechtlich erlaubt (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO), weil durch den Betrieb der Sparkasse Überschüsse erzielt werden sollen, die --sofern nicht für die gewerblichen Zwecke der Klägerin erforderlich-- an G zur Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke ausgekehrt werden (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2009 I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837). Erfordert die betriebliche Situation der Sparkasse nicht, den gesamten Gewinn in eine Gewinnrücklage zu stellen, und entscheidet sich der Verwaltungsrat daher für eine Auszahlung an G, handelt es sich nicht um eine freiwillige Einkommensverwendung, sondern um ein von der Satzung vorgeschriebenes Verhalten.
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cc) Dies bedeutet nicht, dass kein Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1999 für Aufwendungen zu Zwecken, die durch Stiftungsgeschäft, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind, verbliebe. Insbesondere in Fällen, in denen die Satzung hinsichtlich des Empfängers keine vergleichbar strikten Vorgaben enthält, kann, sofern die äußeren Umstände den Schluss auf eine Zuwendungsabsicht zulassen, ein Spendenabzug in Betracht kommen.
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