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BFH 17.02.2010 - II R 23/09
BFH 17.02.2010 - II R 23/09 - Kein Abzug der auf geerbten Forderungen ruhenden latenten Einkommensteuerlast des Erben als Nachlassverbindlichkeit - Ansatz der Zinsforderung des Erblassers mit dem Nennwert - Keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes - Geltendmachung einer Übermaßbesteuerung wegen kumulativer Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer - Erbschaftsteuerliches Stichtagsprinzip
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 12 BewG 1991, § 10 Abs 5 ErbStG 1997, § 35 EStG 1997, § 35b EStG 2009, § 1922 Abs 1 BGB, § 11 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 6 Abs 2 BewG 1991, § 5 Abs 2 BewG 1991, § 11 ErbStG 1997
Vorinstanz
vorgehend FG München, 18. Februar 2009, Az: 4 K 1131/07, Urteil
nachgehend BVerfG, 7. April 2015, Az: 1 BvR 1432/10, Nichtannahmebeschluss
Leitsatz
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1. Gehören zu einem erbschaftsteuerlichen Erwerb festverzinsliche Wertpapiere, sind die bis zum Tod des Erblassers angefallenen, aber noch nicht fälligen Zinsansprüche (sog. Stückzinsen) mit ihrem Nennwert ohne Abzug der Kapitalertragsteuer anzusetzen .
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2. Fließen die Zinsen dem Erben zu, kann die dafür bei ihm entstehende Einkommensteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer abgezogen werden. Das gilt auch für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008, in denen nach der Aufhebung des § 35 EStG a.F. und vor der Einführung des § 35b EStG die Doppelbelastung nicht durch eine Anrechnungsregelung bei der Einkommensteuer abgemildert wird .
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3. Eine wegen der kumulativen Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer behauptete Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) ist durch Rechtsbehelf gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seines am 20. Dezember 2001 verstorbenen Bruders. Im Nachlass befanden sich u.a. festverzinsliche Wertpapiere, auf die bis zum Tod des Erblassers Stückzinsen in Höhe von 190.354 DM entfielen. Die Zinsen wurden dem Kläger im Jahr 2002 unter Einbehalt der Kapitalertragsteuer von 30 v.H. ausbezahlt und führten bei ihm insoweit zu einer Einkommensteuer von 49.798,30 €.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen den Kläger zuletzt mit Bescheid vom 20. September 2004 Erbschaftsteuer in Höhe von 2.450.388,84 € fest, wobei er die auf die Zinsen entfallende Einkommensteuerschuld des Klägers nicht als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zuließ.
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Der Einspruch blieb erfolglos. Das FA erhöhte die Steuer in der Einspruchsentscheidung geringfügig auf 2.451.255,99 €. Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bestätigte mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 946 veröffentlichtem Urteil die Auffassung des FA, dass die Einkommensteuerschuld des Klägers keine Nachlassverbindlichkeit sei.
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Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 12 des Bewertungsgesetzes (BewG) und § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Das FG habe zu Unrecht die Zinsforderung mit ihrem Nennwert angesetzt und die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht als "besonderen Umstand" i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BewG berücksichtigt. Zumindest sei seine (latente) Einkommensteuerlast als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzuziehen; dies sei geboten, da nach der Aufhebung des § 35 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. und vor der Einführung des § 35b EStG die Doppelbelastung der Zinsen mit Einkommen- und Erbschaftsteuer nicht bei der Einkommensteuer ausgeglichen werde.
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Zudem macht der Kläger eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) geltend. Hätte der Erblasser die Zinsen noch zu dessen Lebzeiten vereinnahmt, könnte er als Erbe die dann beim Erblasser angefallene Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit abziehen. Außerdem würden Kapitalanlageformen ungleich behandelt, weil insbesondere Dividenden --anders als Zinsen-- nicht anteilig bis zum Tod des Erblassers dem Nachlass zugerechnet würden. Die Besteuerung sowohl mit Erbschaftsteuer als auch mit Einkommensteuer führe bei ihm zu einer erdrosselnden Gesamtsteuerbelastung der Zinsen von 83,17 v.H., die gegen das Übermaßverbot (Art. 14 Abs. 1 GG) verstoße.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Erbschaftsteuer unter Änderung des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. März 2007 herabzusetzen und (latente) Einkommensteuer von 49.798,30 € als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht die Zinsforderung des Erblassers mit ihrem Nennwert in den steuerpflichtigen Erwerb einbezogen und die im Zusammenhang mit dem Zufluss der Zinsen entstehende Einkommensteuerschuld des Klägers nicht als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt.
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1. Zum Vermögen des Erblassers gehörte bei seinem Tod eine Forderung in Höhe von 190.354 DM über die bis zu diesem Zeitpunkt anteilig angefallenen Zinserträge aus Wertpapieren.
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a) Der Anspruch auf Zinsen als selbständiger Vermögensgegenstand neben den Wertpapieren entsteht laufend für die Zeit der Nutzung des überlassenen Kapitals, unabhängig von ihrer Fälligkeit (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Oktober 1984 II R 194/82, BFHE 142, 166, BStBl II 1985, 73, m.w.N.). Die fortlaufende Entstehung unterscheidet Zinsen von Erträgen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften (insbesondere Dividenden), die erst mit dem Wirksamwerden entsprechender Gesellschafterbeschlüsse zu zivilrechtlich verfestigten Rechtspositionen werden (Hüffer, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008, § 58 Rz 28; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 29 Rz 49). Da sich der Umfang des Nachlasses wegen der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) nach diesen --verschiedenen-- bürgerlich-rechtlichen Vorgaben richtet, liegt die vom Kläger insoweit gerügte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vor.
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b) Die Zinsforderung hat das FG zutreffend gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG mit ihrem Nennwert angesetzt und die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht als "besonderen Umstand" i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BewG berücksichtigt. Ein solcher "besonderer Umstand" setzt voraus, dass es sich um eine besondere Eigenschaft der Forderung selbst handelt, der der Forderung innewohnt, d.h. ihr immanent ist (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1967 III 225/64, BFHE 91, 423, BStBl II 1968, 338; vom 16. März 1984 III R 140/83, BFHE 140, 500, BStBl II 1984, 539). Das trifft zumindest auf die Kapitalertragsteuer vor Einführung der Abgeltungssteuer ab dem Jahr 2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) nicht zu, weil sie wirtschaftlich nur eine bei Zufluss eines Geldbetrages beim Schuldner der Kapitalerträge in einem besonderen Verfahren erhobene Einkommensteuervorauszahlung des Steuerpflichtigen ist (vgl. § 43 Abs. 1 EStG). Die endgültige Einkommensteuerschuld bemisst sich vielmehr nach den persönlichen Verhältnissen und den sonstigen Einkünften des Steuerpflichtigen. Hierauf wird die vom Schuldner der Kapitalerträge entrichtete Kapitalertragsteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).
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2. Das FG hat zu Recht die auf die Zinsen entfallende Einkommensteuer des Klägers nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen.
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a) Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind vom Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden persönlichen (Steuer-)Schulden, die gemäß § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 der Abgabenordnung auf den Erben übergegangen sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Der Abzug von (Steuer-)Schulden setzt voraus, dass sie am Todestag des Erblassers als dem gemäß § 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG maßgebenden Stichtag rechtlich bestehen und den Erben wirtschaftlich belasten (BFH-Urteile vom 24. März 1999 II R 34/97, BFH/NV 1999, 1339, m.w.N.; vom 14. November 2007 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574).
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Sind Zinsen aus Wertpapieren zum Todeszeitpunkt noch nicht zugeflossen, besteht am maßgebenden Stichtag keine Einkommensteuerschuld des Erblassers. Zwar mögen auch die bis zu seinem Tod angefallenen Stückzinsen auf dem Kapital und der Anlageentscheidung des Erblassers beruhen. Damit wird die Steuer auf die Zinsen aber nicht zu seiner Einkommensteuerschuld. Denn der Einkommensteuertatbestand wird erst nach dem erbschaftsteuerrechtlich maßgebenden Stichtag (§ 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) mit Zufluss der Zinsen in der Person des Erben verwirklicht (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dem entspricht es, dass § 24 Nr. 2 EStG u.a. Einkünfte aus einem früheren Rechtsverhältnis i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG mit rechtsbegründender Wirkung dem Erben zurechnet, wenn sie ihm als Rechtsnachfolger zufließen (vgl. zur "gespaltenen Tatbestandsverwirklichung": BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.III.5.a). Zugeflossen sind die Zinsen in diesem Fall aber ausschließlich dem Erben. Bei der Einkommensteuerschuld handelt es sich mithin nicht um eine Steuerschuld des Erblassers, sondern um eine des Erben.
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b) Die beim Erbfall (latent) auf der Zinsforderung ruhende Einkommensteuerlast des Erben ist auch nicht über die in § 10 Abs. 5 ErbStG geregelten Fälle hinaus als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, denn Erbschaftsteuer und Einkommensteuer greifen auf verschiedene Steuerobjekte zu und folgen dabei ihrer jeweiligen Sachgerechtigkeit. Die Erbschaftsteuer belastet den Vermögensanfall durch Erbschaft und berücksichtigt hierbei bereicherungsmindernd nur Verbindlichkeiten, die zum maßgebenden Stichtag (Tod des Erblassers) tatsächlich bestehen. Die Einkommensteuer erfasst demgegenüber das Einkommen beim Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers auch dann, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten eine Ursache für diese Einkünfte gesetzt hat. Die mögliche künftige Einkommensteuer trifft den Erben dabei aber nicht in seiner Eigenschaft als Bedachter einer unentgeltlichen Zuwendung, sondern als Einkommensbezieher und richtet sich demgemäß allein nach den für ihn geltenden Merkmalen, vor allem nach der Höhe des von ihm erzielten steuerlichen Einkommens (BFH-Urteile vom 6. Juli 1956 III 33/56 S, BFHE 63, 145, BStBl III 1956, 253; vom 22. Dezember 1976 II R 58/67, BFHE 121, 487, BStBl II 1977, 420; vom 5. Juli 1978 II R 64/73, BFHE 126, 55, BStBl II 1979, 23; vom 26. November 1986 II R 190/81, BFHE 148, 324, BStBl II 1987, 175).
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c) Einen nachträglichen Abzug der Einkommensteuerschuld des Erben ermöglicht auch nicht § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG (vgl. dazu Keuk, Der Betrieb 1973, 634, 636). Die Regelung enthält keinen den § 10 Abs. 5 ErbStG ergänzenden, weiteren Abzugstatbestand. Sie betrifft überdies nur rechtsgeschäftliche Bedingungen und erfasst damit nicht Steuerschulden, die kraft Gesetzes entstehen (BFH-Entscheidungen vom 11. Januar 1961 II 272/58 U, BFHE 72, 440, BStBl III 1961, 162, und in BFHE 126, 55, BStBl II 1979, 23, sowie vom 6. Dezember 1989 II B 70/89, BFH/NV 1990, 643).
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d) Der Gesetzgeber hat die Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer einschließlich der damit verbundenen Härten in Kauf genommen. Vom Veranlagungszeitraum 1925 bis einschließlich 1974 beseitigten § 31 Satz 1 EStG 1925 und später § 16 Abs. 5 EStG 1934 die Doppelbelastung bei der Einkommensteuer "aus Billigkeit" (RTDrucks III. Wahlperiode 1924/25, Nr. 795, S. 57) lediglich für den hier nicht gegebenen Fall, dass der Erbe innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb durch Veräußerung des Betriebs vom Erblasser geschaffene stille Reserven bei den Wirtschaftsgütern aufdeckte (vgl. BFH-Urteil vom 9. September 1988 III R 191/84, BFHE 154, 430, BStBl II 1989, 9). Für geerbte, bei Zufluss der Einkommensteuer unterliegende Forderungen berücksichtigte § 35 EStG a.F. die Doppelbelastung durch eine Anrechnungsregelung bei der Einkommensteuer "zur Milderung besonderer Härten" (BTDrucks 7/2180, S. 21) erst ab dem Veranlagungszeitraum 1975. Die Vorschrift wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) zum Veranlagungszeitraum 1999 "aus Vereinfachungsgründen" (BTDrucks 14/23, S. 183) wieder aufgehoben und ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit § 35b EStG durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) nahezu wortgleich wieder eingeführt. Zu keiner Zeit berücksichtigte das Gesetz damit die Doppelbelastung bei der Erbschaftsteuer durch Abzug der (latenten) Einkommensteuerlast von der Bereicherung. Es spricht daher nichts für einen Willen des Gesetzgebers, in dem hier zu beurteilenden Zeitraum zwischen der Streichung des § 35 EStG a.F. und der Einführung des § 35b EStG die Doppelbelastung auf der Ebene der Erbschaftsteuer zu beseitigen.
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3. Der vom Kläger begehrte Abzug der Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit ist auch nicht aus Verfassungsgründen geboten.
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a) Einen Verfassungsrechtssatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Lücken oder von Mehrfachbelastung aufeinander abgestimmt werden müssten, gibt es nicht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Januar 1999 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). In einem Vielsteuersystem lassen sich Doppelbelastungen selbst dann nicht vermeiden, wenn jede Einzelsteuer für sich genommen folgerichtig ausgestaltet ist. Der hier in Rede stehende doppelte Steuerzugriff auf die Zinsforderung beruht letztlich auf der Grundentscheidung des Gesetzgebers, eine Erbschaftsteuer neben der Einkommensteuer zu erheben, wobei die Erfassung nachträglicher Einkünfte beim Erben (Realisationsprinzip) und die Bemessung der Bereicherung zum Bewertungsstichtag (Stichtagsprinzip) jeweils folgerichtig der Systematik der Einzelsteuergesetze entsprechen.
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b) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus hergeleitet werden, dass seine Gesamtbelastung aus Erbschaftsteuer und Einkommensteuer niedriger gewesen wäre, wenn der Erblasser die bis zu dessen Tod entstandenen Zinsen noch zu dessen Lebzeiten vereinnahmt hätte. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass dann der Nachlass um die bereits bezahlte Einkommensteuer gemindert oder jedenfalls die Einkommensteuerschuld des Erblassers als Erblasserschuld abzuziehen wäre. Das "Mehr" der Gesamtbelastung des Klägers besteht rechnerisch in Höhe der Erbschaftsteuer auf die nicht zum Abzug zugelassene (latente) Einkommensteuerlast. Die Überlegung des Klägers zielt jedoch darauf ab, eine fiktive Einkommensteuer des Erblassers, nicht des Erben, von der Bereicherung des Erben abzuziehen. Das liefe im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine Schlussbesteuerung beim Erblasser hinaus, die das Einkommensteuergesetz gerade nicht vorsieht (vgl. § 24 Nr. 2 EStG). Zudem übernimmt der Erbe nach dem im Erbschaftsteuerrecht geltenden Stichtagsprinzip (§ 11 ErbStG) das Vermögen in dem Zustand, in dem es beim Tod des Erblassers vorhanden war. Dies schließt die Berücksichtigung sowohl von fiktiven Verbindlichkeiten des Erblassers als auch von zukünftigen Verbindlichkeiten des Erben aus. Das Stichtagsprinzip belastet keineswegs einseitig den Steuerpflichtigen. Die Einkommensbesteuerung beim Erben kann sich auch positiv auswirken, wenn der anzuwendende Einkommensteuersatz des Erben deutlich niedriger als der des Erblassers ist oder wenn beim Erben aufgrund des Grundfreibetrags oder anderweitigen Verlusten überhaupt keine Einkommensteuer anfällt.
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c) Schließlich ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt einer sonst drohenden Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) keine Notwendigkeit zu einem Abzug der (latenten) Einkommensteuerlast als Nachlassverbindlichkeit. Dem steht bereits entgegen, dass die Einkommensteuerbelastung des Erben unter dem Gesichtspunkt einer Übermaßbesteuerung im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht geprüft werden kann. Ob und in welcher Höhe der Forderungsbetrag überhaupt zufließt und dabei Einkommensteuer anfällt, ist aus der Sicht des für die Erbschaftsteuer maßgebenden Stichtagsprinzips offen, denn dies hängt unter anderem von dem weiteren Einkommen des Erben und seinen sonstigen für die Besteuerung maßgebenden Merkmalen (z.B. Verheiratung) in dem betreffenden Veranlagungszeitraum ab. Der Gesetzgeber hat sich, nachdem die Einkommensteuer erst nach der Erbschaftsteuer entsteht, bei der Einführung des § 35 EStG a.F. im Jahr 1975 für eine Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350). Aus diesem Grund kann der Erbe eine sich aus der kumulativen Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer etwaig ergebende Übermaßbesteuerung allenfalls im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung geltend machen. Erst mit der Einkommensteuerfestsetzung zeigt sich das Ausmaß der Doppelbelastung. Das gilt auch dann, wenn --wie im Streitfall-- die Einkommensteuer bestandskräftig festgesetzt ist, während die Festsetzung der Erbschaftsteuer noch offen ist. Dies ändert nichts daran, dass bei der Entstehung der Erbschaftsteuer mit dem Tod des Erblassers die später aufgrund des Zuflusses der Forderung entstehende Einkommensteuer des Erben dem Grund und der Höhe nach noch nicht absehbar ist und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf den Erbfall zurückbezogen werden kann.
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Die in diesem Verfahren lediglich zu prüfende Erbschaftsteuerbelastung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger ist bei einer Bereicherung von etwa 7,5 Mio. € mit knapp 2,5 Mio. € Erbschaftsteuer belastet.
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