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BVerfG 03.05.2021 - 2 BvR 1176/20
BVerfG 03.05.2021 - 2 BvR 1176/20 - Nichtannahmebeschluss: Erfolglose, da nicht hinreichend substantiierte Verfassungsbeschwerde in einer Insolvenzsache - Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst neben Tatsachenvortrag auch Rechtsauffassungen
Normen
Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 131 InsO, § 139 Abs 1 S 1 ZPO, § 139 Abs 2 S 1 ZPO, § 139 Abs 4 ZPO
Vorinstanz
vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 2. Juni 2020, Az: 5 U 157/19, Beschluss
vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 18. März 2020, Az: 5 U 157/19, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Überraschungsentscheidung durch das Berufungsgericht in einem Rechtsstreit über eine Insolvenzanfechtung geltend.
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1. Die Klägerin zu 1. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Schuldnerin) und die Beschwerdeführerin standen in langjährigen und laufenden Geschäftsbeziehungen. Am 1. April 2016 stellte die Schuldnerin einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Das Amtsgericht Heilbronn ordnete daraufhin am gleichen Tag die vorläufige Eigenverwaltung an. Am 31. Mai 2016 wurden das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung vom Amtsgericht Heilbronn eröffnet und der Kläger zu 2. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Sachwalter) zum Sachwalter bestellt.
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2. Die Beschwerdeführerin hatte von der Schuldnerin am 31. März 2016 zwei Gutschriften über insgesamt 15.114,39 Euro erhalten, die sich auf das Jahr 2015 und das 1. Quartal 2016 bezogen. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens stellte die Schuldnerin der Beschwerdeführerin zwischen dem 18. April 2016 und dem 28. April 2016 mehrere Warenlieferungen aus dem Zeitraum 5. April bis 28. April 2016 in Höhe von insgesamt 20.468,14 Euro in Rechnung. Die Beschwerdeführerin zahlte darauf 4.269,09 Euro und erklärte im Übrigen die Aufrechnung mit den Gutschriften.
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3. Im Ausgangsrechtsstreit focht der Sachwalter die Aufrechnung an und verlangte von der Beschwerdeführerin die Zahlung des Restbetrags von 16.199,05 Euro nebst Zinsen.
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Das Landgericht wies die Klage ab. Die Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zulässig, da die Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Aufrechnung nicht durch eine gemäß § 129, § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe. Die Herstellung der Aufrechnungslage durch Bestellung weiterer Waren nach dem 4. April 2016 stelle keine anfechtbare Rechtshandlung dar. Sie führe zwar zu einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 InsO. Die Lieferung der Ware durch die Schuldnerin und damit die Entstehung der Aufrechnungslage sei aber nicht gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, auch wenn die Lieferung erst nach dem Eingang des Antrags der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung erfolgt sei, weil eine Kenntnis der Beschwerdeführerin von diesem Antrag nicht vorgetragen sei.
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Auf die Berufung des Sachwalters änderte das Oberlandesgericht mit Urteil vom 18. März 2020 das Urteil des Landgerichts ab und verurteilte die Beschwerdeführerin antragsgemäß zur Zahlung. Die Aufrechnung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unwirksam. Die Aufrechnungslage sei auf inkongruente Weise hergestellt worden, da die Beschwerdeführerin auf deren Herstellung keinen Anspruch gehabt habe. Für die Schuldnerin habe keine Verpflichtung bestanden, mit der Beschwerdeführerin Verträge über die Lieferung von Waren abzuschließen.
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4. a) Mit Schriftsatz vom 6. April 2020 erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge. Das Gericht habe mit der Inkongruenz auf einen rechtlichen Aspekt abgestellt, der weder von den Parteien noch vom Landgericht thematisiert worden sei. Die Beschwerdeführerin habe angesichts des außergerichtlichen Schriftverkehrs, der erstinstanzlichen Entscheidung und der Berufungsbegründung nicht damit rechnen müssen, dass das Gericht auf diesen Aspekt abstellen würde. Unabhängig davon, dass Hinweise in der mündlichen Verhandlung gemessen an § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO sowieso recht spät seien, sei ein Hinweis ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2020 auch nicht in der mündlichen Verhandlung erteilt worden. Ein Hinweis des Gerichts sei nicht aktenkundig. Da das Gericht den Verkündungstermin unmittelbar im Anschluss an die Sitzung terminiert habe, wäre eine sinnvolle Reaktion auf einen Hinweis des Gerichts durch die Beschwerdeführerin zeitlich ohnehin nicht möglich gewesen. Weiterhin zeigte die Beschwerdeführerin auf, warum aus ihrer Sicht keine Inkongruenz vorliege.
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b) Mit Schriftsatz vom 7. April 2020 lehnte die Beschwerdeführerin außerdem den Vorsitzenden Richter des Senats wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Aus einer Gesamtschau der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze ergebe sich hier, dass es dem Vorsitzenden nur darum gegangen sei, den Rechtsstreit schnell und ohne Beteiligung der Parteien zu erledigen. Es dränge sich der Verdacht auf, dass aus sachfremden Erwägungen heraus ein frühzeitiger Hinweis unterlassen worden sei. Im Übrigen wiederholte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen aus der Anhörungsrüge.
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In seiner dienstlichen Äußerung legte der abgelehnte Richter dar, im Zuge der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung am 18. März 2020 sei auch besprochen worden, dass die Schaffung einer Aufrechnungslage im letzten Monat vor der Antragstellung regelmäßig und mangels entgegenstehender Gesichtspunkte auch hier eine inkongruente Befriedigungsmöglichkeit biete, sodass § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einschlägig sei. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin habe sich darüber weder überrascht gezeigt noch habe er um die Gelegenheit zu schriftlicher Stellungnahme gebeten.
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c) Mit Beschluss vom 4. Mai 2020 wies das Oberlandesgericht das Ablehnungsgesuch der Beschwerdeführerin zurück. Zwar habe die Beschwerdeführerin zunächst behauptet, erstmals im Senatsurteil mit der rechtlichen Einschätzung des Senats konfrontiert und von dem Urteil überrascht worden zu sein. Sie sei sodann aber der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden, welche von dem Sachwalter der Schuldnerin bestätigt worden sei, nicht mehr entgegengetreten. Allein auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführerin über die nach § 139 Abs. 1 ZPO gebotene und erfolgte Erörterung des Sach- und Streitstandes hinaus kein ausdrücklicher Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO auf die von dem Landgericht abweichende rechtliche Beurteilung gegeben worden sei, könne sich die Ablehnung des Vorsitzenden jedoch nicht stützen. Der Senat sei ersichtlich davon ausgegangen, dass der Sachverhalt umfassend dargestellt gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin noch weitere Einzelheiten zum Zustandekommen der Aufrechnungslage hätte vortragen können, hätten nicht vorgelegen. Insbesondere habe die Beschwerdeführerin nicht um einen Schriftsatznachlass gebeten.
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d) Mit Beschluss vom 2. Juni 2020 wies das Oberlandesgericht auch die Gehörsrüge der Beschwerdeführerin zurück. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei ihr aufgrund des aus ihrer Sicht verfahrensfehlerhaften Schlusses der mündlichen Verhandlung kein Tatsachenvortrag abgeschnitten worden. Auf eine nach ihrer Auffassung unzutreffende rechtliche Würdigung der festgestellten Tatsachen durch den Senat könne die Beschwerdeführerin eine Gehörsrüge nicht stützen. Die Anhörungsrüge räume dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern diene allein der Behebung von Verstößen gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG solle sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergehe, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Sachvortrags der Prozessbeteiligten beruhten. Sein Schutzbereich sei auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht hingegen auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet.
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Mit den weiteren Rügen beanstande die Beschwerdeführerin jeweils eine aus ihrer Sicht unzutreffende rechtliche Beurteilung der festgestellten Tatsachen und erstrebe somit letztlich eine über den Schutzbereich der Gehörsrüge hinausgehende sachliche Kontrolle der angegriffenen Entscheidung. Soweit sie geltend mache, aufgrund der aus ihrer Sicht unzureichenden Wahrnehmung der richterlichen Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei ihr neues Verteidigungsvorbringen abgeschnitten worden, fehle es an Vortrag, welche Tatsachen sie im Falle einer ordnungsgemäßen Verfahrensleitung durch den Senat in den Rechtsstreit eingeführt hätte.
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II.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, von Art. 3 Abs. 1 GG in Form des Willkürverbots, des Grundsatzes auf ein faires Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 GG und von Art. 101 Abs. 1 GG.
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1. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleiste den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage vor der Entscheidung des Gerichts zu äußern. Auch wenn das Gericht die Auffassung eines Beteiligten nicht teile, sei es verpflichtet, die Rechtsansichten der Beteiligten zu hören und bei der Entscheidung jedenfalls in Erwägung zu ziehen.
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Diesen Grundgedanken verkenne das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung über die Gehörsrüge, soweit es darauf abstelle, dass mit der Gehörsrüge kein neuer Tatsachenvortrag verbunden gewesen sei. Die Gehörsrüge diene nicht nur neuem Tatsachenvorbringen, sondern ermögliche auch Rechtsausführungen. Dem Beschluss vom 3. Juni 2020 (gemeint wohl 2. Juni 2020) sei aber zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht nicht gewillt sei, die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin zur Kenntnis zu nehmen oder überhaupt in Betracht zu ziehen.
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2. Das Oberlandesgericht habe § 139 Abs. 2 ZPO willkürlich angewendet. Bereits die einfache Subsumtion unter den Wortlaut ergebe, dass das Oberlandesgericht die Norm in gänzlich unvertretbarer Weise missachtet habe. Das Gericht dürfte auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten habe, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben habe. Hier habe keine Partei den rechtlichen Gesichtspunkt einer inkongruenten Deckung gesehen oder für erheblich gehalten. Selbst das Landgericht habe § 131 InsO nicht für einschlägig gehalten.
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3. Zudem verletze das Oberlandesgericht durch die Nichtzulassung der Revision den Anspruch der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Das Abstellen auf die Unzulässigkeit der Aufrechnung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es offensichtlich willkürlich und unter keinem Aspekt mehr vertretbar erscheine.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil Gründe dafür nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie hinsichtlich des Urteils des Oberlandesgerichts vom 18. März 2020 entgegen § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG eine Verfassungsrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert aufzeigt (1.) und der Beschluss vom 2. Juni 2020 zwar verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, es insoweit aber an einer eigenständigen Beschwer fehlt (2.).
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1. a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG durch das Urteil des Oberlandesgerichts ist nicht hinreichend substantiiert dargetan.
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aa) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 84, 188 190> m.w.N.; 86, 133 144 ff.>). Rechtliches Gehör sichert den Verfahrensbeteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten im Prozess selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können (vgl. BVerfGE 107, 395 408 f.>).
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie und der Justizgewährungspflicht des Staates (vgl. BVerfGE 81, 123 129>). Der "Mehrwert" der Verbürgung besteht darin, einen angemessenen Ablauf des Verfahrens zu sichern (BVerfGE 119, 292 296>). Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 96, 205 216>; BVerfGK 10, 41 45>; stRspr). Eng damit zusammen hängt das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Verbot von "Überraschungsentscheidungen". Von einer solchen ist auszugehen, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 190>; 86, 133 144 f.>; 98, 218 263>).
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Die einfachrechtlichen Gewährleistungen des rechtlichen Gehörs in den Verfahrensordnungen können über das spezifisch verfassungsrechtlich gewährleistete Ausmaß an rechtlichem Gehör hinausreichen. Insoweit stellt eine Verletzung einfachrechtlicher Bestimmungen nicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, es sei denn, das Gericht hätte bei der Auslegung oder Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf rechtliches Gehör verkannt. Danach bedarf es bei der Verletzung solcher Vorschriften im Einzelfall der Prüfung, ob dadurch zugleich das unabdingbare Maß verfassungsrechtlich verbürgten rechtlichen Gehörs verkürzt worden ist (BVerfGE 60, 305 310>; vgl. auch BVerfGE 54, 94 97, 99>; 74, 228 233 f.>).
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bb) Vorliegend macht die Beschwerdeführerin geltend, das Berufungsgericht habe eine Überraschungsentscheidung erlassen, indem es ohne vorherigen Hinweis auf die Rechtsfigur der inkongruenten Deckung abgestellt habe, obwohl dies vorher weder von den Parteien noch dem erstinstanzlichen Landgericht jemals thematisiert worden sei. Sie stellt jedoch nicht in Abrede, dass im Zuge der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung am 18. März 2020 auch besprochen worden ist, dass die Schaffung einer Aufrechnungslage im letzten Monat vor der Antragstellung regelmäßig und mangels entgegenstehender Gesichtspunkte auch hier eine inkongruente Befriedigungsmöglichkeit bietet, sodass § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einschlägig sei. Den entsprechenden Äußerungen des Vorsitzenden Richters in seiner dienstlichen Äußerung zum Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin, die durch den Sachwalter bestätigt worden sind, ist sie nicht entgegengetreten.
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Vor diesem Hintergrund fehlt jeglicher Vortrag, warum sie trotzdem von der Entscheidung im Urteil überrascht worden ist. Ebenso fehlt jeder Vortrag dazu, warum sie nicht aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass gemäß § 139 Abs. 5 ZPO beantragt hat, wenn sie nicht in der Lage war, zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt eine sofortige Erklärung abzugeben.
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cc) Ebenso wenig verhält sich die Verfassungsbeschwerde zu der Frage, ob ein hier möglicherweise vorliegender Verstoß gegen die Protokollierungspflicht gemäß § 139 Abs. 4 ZPO auch von Verfassungs wegen einer Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung unstreitig erfolgten Erörterung entgegensteht oder für sich genommen einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründet.
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b) Bezüglich der sonstigen Grundrechtsrügen wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.
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2. Soweit die Beschwerdeführerin den Beschluss des Oberlandesgerichts über die Anhörungsrüge vom 2. Juni 2020 angreift, spricht zwar einiges für dessen Unvereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 1 GG (a), aber dieser Beschluss entfaltet keine eigenständige Beschwer (b).
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a) Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern, und verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, den Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Das Gericht ist zwar grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet. Es kann aber im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 98, 218 263>).
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Ausweislich der Begründung des Beschlusses vom 2. Juni 2020 scheint das Oberlandesgericht dagegen davon auszugehen, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör keine Rechtsauffassungen umfasst, sondern alleine Tatsachenvortrag ermöglichen will. Auf die im Schriftsatz vom 6. April 2020 erhobene Rüge der Beschwerdeführerin, sie hätte bei einem rechtzeitigen Hinweis bezüglich einer wegen § 131 InsO anfechtbaren Rechtshandlung ergänzend tatsächlich und rechtlich weiter vorgetragen, geht das Oberlandesgericht nicht ein. Es stellt lediglich fest, es fehle an Vortrag, welche Tatsachen die Beschwerdeführerin im Falle einer ordnungsgemäßen Verfahrensleitung durch den Senat in den Rechtsstreit eingeführt hätte. Den in der Anhörungsrüge enthaltenen Rechtsvortrag der Beschwerdeführerin nimmt es dagegen von vornherein nicht zur Kenntnis, weil es sich insoweit der verfahrensrechtlichen Dimension der Rüge verschließt und allein darauf abstellt, dass das Verfahren der Anhörungsrüge nicht dazu diene, eine sachliche Kontrolle der angegriffenen Entscheidung zu ermöglichen.
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b) Entscheidungen über Anhörungsrügen können aber nur dann mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn sie eine eigenständige Beschwer enthalten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juli 2020 - 2 BvR 1188/18 -, Rn. 63 m.w.N.; siehe auch BVerfGE 119, 292 301 f.>).
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Dafür ist hier nichts dargetan. Der Beschluss des Oberlandesgerichts über die Anhörungsrüge vom 2. Juni 2020 hat allenfalls einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor Erlass des Urteils nicht abgeholfen, aber keine neue, eigenständige Beschwer begründet.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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