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BFH 15.11.2011 - VIII R 34/09
BFH 15.11.2011 - VIII R 34/09 - Ansprüche aus Versicherungsvertrag als Betriebsvermögen?
Normen
§ 4 Abs 4 EStG 1990, § 18 EStG 1990
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 19. Dezember 2007, Az: 1 K 2866/04, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören, beurteilt sich grds. nach der Art des versicherten Risikos.
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2. NV: Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen (die Versicherungsleistungen) nicht steuerbar sind.
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3. NV: Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, während Gefahren, die betriebliche Risiken abdecken, dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind.
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4. NV: Für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat kommt es nicht darauf an, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzten sind.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten um die Zuordnung einer Versicherungsleistung zu den Betriebseinnahmen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) bei dessen freiberuflichen Einkünften. Der Kläger war im Streitjahr als freiberuflicher Techniker tätig und betrieb ein Planungsunternehmen für energietechnische Anlagen aller Art. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Im Dezember 1995 erhielt der Kläger aufgrund eines im Mai 1995 erlittenen Unfalls im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau gemäß einer bereits 1987 abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung bei der X-Versicherung, die sich auf den Kläger und drei Arbeitnehmer seines Unternehmens bezog, eine Übergangsleistung in Höhe von 30.000 DM. Der Versicherungsschutz aus der Gruppenunfallversicherung erfasste alle Unfälle des täglichen Lebens.
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Nach einer beim Kläger und seiner Ehefrau durchgeführten Außenprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) fest, dass der Kläger die Versicherungsprämien für die Gruppenunfallversicherung bis einschließlich 1996 als Betriebsausgaben gebucht hatte. Nach Auffassung des Prüfers habe er die Versicherung damit als Betriebsvermögen behandelt, so dass die von ihm vereinnahmte Versicherungsleistung als Betriebseinnahme zu erfassen sei. Ob sich der Unfall im betrieblichen oder im privaten Bereich ereignet habe, spiele dabei keine Rolle. Zwar betreffe die Leistung der Versicherung das Kalenderjahr 1995, die steuerliche Auswirkung ergebe sich durch den Verlustrücktrag aber im Jahr 1993.
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Entsprechend änderte das FA die Einkommensteuerveranlagung 1993 des Klägers und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 21. Oktober 2004.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1734 veröffentlichten Urteil vom 19. Dezember 2007 1 K 2866/04 als unbegründet ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Ein Versicherungsanspruch, der private Risiken wie z.B. persönliche Unfälle abdecke, könne nach dem Veranlassungsprinzip nicht dem Betriebsvermögen zugeordnet werden.
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Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 21. Oktober 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26. November 2004 unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz dahingehend zu ändern, dass die im Wege des Verlustrücktrags anzusetzenden Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit aus 1995 um 30.000 DM geringer angesetzt werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Die Auffassung des FG, die Versicherungsleistung in Höhe von 30.000 DM stelle eine Betriebseinnahme dar, weil der Kläger die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag aufgrund der Behandlung der Versicherungsprämien als Betriebsausgaben dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet habe, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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a) Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören, beurteilt sich grundsätzlich nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen (die Versicherungsleistungen) nicht steuerbar sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 VIII R 6/07, BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168, m.w.N.; ebenso Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 IV R 45/08, BFHE 233, 137, BStBl II 2011, 552). Danach stellen Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, während Gefahren, die betriebliche Risiken abdecken, dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind. Denn das Risiko krankheits- oder unfallbedingter Vermögenseinbußen (Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall) ist bei wertender Betrachtung der privaten Lebensführung zuzurechnen. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn durch die Ausübung des Berufs ein erhöhtes Risiko geschaffen wird und der Abschluss des Versicherungsvertrages entscheidend der Abwendung dieses Risikos dient. Daher sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) gewähren, der betrieblichen/ beruflichen Sphäre zuzurechnen (vgl. Senatsurteil in BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168).
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b) Der Senat hat auch klargestellt, dass es für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf ankommt, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzen sind. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, was insbesondere bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall sein kann, weil die Risikoursache im betrieblichen Bereich liegt (Senatsurteil in BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168).
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Abgesehen davon stellt der Verlust der Gesundheit stets ein allgemeines Lebensrisiko dar, das der Privatsphäre zuzurechnen ist.
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2. In Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Ansprüche aus der Gruppenunfallversicherung dem privaten Lebensführungsbereich des Klägers zuzurechnen, soweit die Gefahr einer krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit versichert ist. Der Kläger hat seinen Unfall nicht im oder durch seinen Betrieb erlitten, sondern während seiner Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau. Im Ergebnis hat sich damit ein privates Risiko realisiert. Demzufolge ist die Versicherungsleistung nicht steuerbar.
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Die Auffassung des FG, die Gruppenunfallversicherung habe zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört, trifft nicht zu, weil eine private Versicherung nicht geeignet ist, den Betrieb zu fördern, auch wenn die Prämien als Betriebsausgaben abgezogen worden sind (Senatsurteil in BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168). Die Entscheidung des IV. Senats des BFH in BFHE 233, 137, BStBl II 2011, 552 widerstreitet dem nicht, weil mit dem Abschluss einer Lebensversicherung in jenem Fall bezweckt wurde, Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen und das für Lebensversicherungen charakteristische Element der Absicherung des Todesfallrisikos bestimmter Personen demgegenüber in den Hintergrund trat.
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3. Da die Vorentscheidung auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger die für die Gruppenunfallversicherung anfallenden Prämienzahlungen sämtlich als Betriebsausgabe gebucht. Da es sich, wie dargelegt, um eine Versicherung gegen Unfälle des täglichen Lebens, d.h. gegen ein privates Risiko, handelt, ist der Abzug der Prämien unzutreffend und dementsprechend zu korrigieren. Das FG hat zur Höhe der Prämien keine Feststellungen getroffen. Das muss es im zweiten Rechtszug nachholen. Ein anteiliger Abzug der Prämien als Betriebsausgaben käme allenfalls in Betracht, wenn ein abgrenzbarer Teil der Prämien auf betriebliche Risiken (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) entfiele (Senatsurteil in BFHE 225, 119, BStBl II 2010, 168). Auch dazu muss das FG die notwendigen Feststellungen nachholen.
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