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BFH 08.11.2011 - XI B 58/11
BFH 08.11.2011 - XI B 58/11 - Rennsportfahrzeug als "Beförderungsmittel" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne
Normen
§ 3a Abs 1 S 1 UStG 1999, § 3a Abs 3 S 1 UStG 1999, § 3a Abs 4 Nr 11 UStG 1999, Art 38 Abs 3 EUV 282/2011
Vorinstanz
vorgehend FG München, 19. Mai 2011, Az: 14 K 91/09, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der Ort einer sonstigen Leistung durch Vermietung eines Beförderungsmittels bestimmt sich nach dem Sitz des leistenden Unternehmers .
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2. NV: Ein "Befördern" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist gegeben, wenn Personen -sei es mit oder ohne gewerbliche Zielsetzung - von einem Ort zu einem anderen transportiert werden .
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3. NV: Die Tatsache der Beförderung durch ein dafür geeignetes Fahrzeug entfällt nicht, wenn das Motiv nicht in dem wirtschaftlichen Nutzen einer Beförderung zu sehen ist, sondern in der sportlichen Betätigung oder in anderen Gründen der Freizeitgestaltung .
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4. NV: Die für die Ausübung des Rallyesports im Ausland auf vertraglich vorgesehenen Rennstrecken benutzten Fahrzeuge sind Beförderungsmittel im umsatzsteuerrechtlichen Sinne .
Gründe
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Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838, m.w.N.).
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An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juni 2010 XI B 88/09, BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.). Allein der Umstand, dass zu der Rechtsfrage noch keine Entscheidung des BFH vorliegt, begründet noch nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. September 2009 VI B 31/09, BFHE 226, 329, BStBl II 2011, 382; vom 29. September 2010 XI B 74/09, BFH/NV 2011, 194, unter 3., m.w.N.).
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2. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, "ob es sich bei Rennsportfahrzeugen mit [einem] vertraglich vorgegebenen Einsatzort um Beförderungsmittel handelt", ist anhand der Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) mit dem Finanzgericht (FG) zu bejahen.
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a) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung wird eine sonstige Leistung vorbehaltlich der --hier nicht einschlägigen-- §§ 3b und 3f UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon bestimmt § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG, dass die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände --ausgenommen Beförderungsmittel-- an Unternehmer dort ausgeführt wird, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.
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b) Im Streitfall hat das FG zu Recht angenommen, dass § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG nicht eingreift, weil die von der Klägerin an Unternehmer vermieteten Rennsportfahrzeuge ("Rallyefahrzeuge") --mit vertraglich festgelegtem Einsatzort im Ausland-- Beförderungsmittel sind.
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aa) Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 3a UStG liegt ein Beförderungsmittel vor, wenn es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, das der Beförderung von Menschen und Gegenständen dient (BFH-Beschlüsse vom 8. Dezember 1983 V S 13/83, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1984, 122; vom 28. September 1987 V B 106/86, BFH/NV 1988, 339). Ein "Befördern" im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist nicht nur gegeben, wenn andere Personen --sei es mit oder ohne gewerbliche Zielsetzung-- von einem Ort zu einem anderen transportiert werden. Auch der Eigentransport fällt unter den Begriff der Beförderung (BFH-Beschlüsse in UR 1984, 122, und in BFH/NV 1988, 339). Die Tatsache der Beförderung durch ein dafür geeignetes Fahrzeug entfällt nicht, wenn das Motiv nicht in dem wirtschaftlichen Nutzen einer Beförderung zu sehen ist, sondern in der sportlichen Betätigung oder in anderen Gründen der Freizeitgestaltung (BFH-Beschlüsse in UR 1984, 122; in BFH/NV 1988, 339; vgl. auch Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 25/09, BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737). Der Ort einer sonstigen Leistung durch Vermietung eines Beförderungsmittels bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG und damit nach dem Sitz des leistenden Unternehmers (BFH-Beschlüsse in UR 1984, 122, und in BFH/NV 1988, 339).
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bb) Diese vom BFH aufgestellten Grundsätze entsprechen der Rechtsprechung des EuGH, wonach hochseegehende Segeljachten, deren Mieter diese Jachten zum Zweck der Ausübung des Segelsports nutzen, Beförderungsmittel i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. d der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mietgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) darstellen. Die in ihrer Vermietung bestehende Dienstleistung gilt daher, dem in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG aufgestellten allgemeinen Grundsatz entsprechend, als an dem Ort erbracht, an dem der Vermieter den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat (EuGH-Urteil vom 15. März 1989 Rs. 51/88, Slg. 1989, 767, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 326).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich für den Streitfall, dass auch für die Ausübung des Rallyesports im Ausland auf den vertraglich vorgesehenen Rennstrecken benutzte Fahrzeuge Beförderungsmittel in diesem Sinne sind.
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cc) Das Beschwerdevorbringen der Klägerin enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren erfordern würden.
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(1) Die Klägerin verweist zunächst auf die in Art. 38 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 --DVO-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 77/1) enthaltene Definition der "Beförderungsmittel", wonach es sich um Fahrzeuge handeln müsse, "die normalerweise zur Beförderung von Gegenständen oder Personen konzipiert und tatsächlich geeignet sind."
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Dass diese Voraussetzung bei den in Rallyes eingesetzten Kraftfahrzeugen im Streitfall erfüllt ist, ergibt sich im Umkehrschluss aus Art. 38 Abs. 3 DVO, wonach Fahrzeuge nicht als Beförderungsmittel gelten, die "dauerhaft stillgelegt" oder lediglich "Container" sind. Im Übrigen ist die genannte Verordnung erst am 12. April 2011 in Kraft getreten, so dass sie für den die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 betreffenden Streitfall noch nicht anwendbar ist.
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(2) Auch aus Abschn. 33a der Umsatzsteuer-Richtlinien zu § 3a UStG in der im Streitjahr gültigen Fassung bzw. Abschn. 3a.5. des am 1. November 2010 in Kraft getretenen und von der Klägerin zitierten Umsatzsteueranwendungserlasses ergeben sich keine Anhaltspunkte, die eine erneute Prüfung nahelegen würden.
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(3) Dasselbe gilt, soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Formulierung des EuGH-Urteils in Slg. 1989, 767, HFR 1989, 326, unter Rz 19 verweist, wonach es bei hochseegehenden Segeljachten "schwierig ist, den Ort ihrer Nutzung zu bestimmen, und eine Anknüpfung an den Ort der Nutzung des Gegenstands mit der Gefahr verbunden wäre, daß die Vermietung solcher Schiffe entgegen der Zielsetzung der Sechsten Richtlinie der Zahlung der Mehrwertsteuer entgeht." Denn auch wenn der Einsatzort der streitbefangenen Fahrzeuge ggf. im Gegensatz zu hochseegehenden Segeljachten von vornherein mietvertraglich festgelegt war, ist es bei Landfahrzeugen --vergleichbar den Segeljachten-- für die im Inland ansässige Finanzverwaltung gleichfalls schwierig, deren tatsächlichen Einsatz im Ausland nachzuverfolgen. Im Übrigen ist auch die unter Rz 19 des EuGH-Urteils in Slg. 1989, 767, HFR 1989, 326 genannte weitere Erwägung auf den Streitfall übertragbar, wonach Ausnahmen von der allgemeinen Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG --nämlich der Ausschluss sämtlicher Beförderungsmittel von dieser Sonderregelung des Leistungsorts-- nur in seltenen Fällen in Betracht kommen sollen.
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(4) Wie die Klägerin ferner selbst einräumt, trifft das von ihr in diesem Zusammenhang zitierte BFH-Urteil vom 26. März 1992 V R 16/88 (BFHE 168, 458, BStBl II 1992, 929) keine Aussage zu der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage.
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(5) Anhaltspunkte für eine erneute Überprüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergeben sich schließlich auch nicht aus den von der Klägerin genannten finanzgerichtlichen Entscheidungen.
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Das FG Baden-Württemberg hatte geklärt, dass zivile Hubschrauber auch dann Beförderungsmittel sind, wenn sie als sog. Arbeitshubschrauber ausschließlich für Luftbildaufnahmen im Fluge bestimmt und eingesetzt sind, wenn die Kameraeinrichtung fest eingebaut ist und wenn neben dem Piloten nur der Kameramann mitfliegt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. September 1993 3 K 444/88, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1994, 222). Dieses Urteil steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach ein Beförderungsmittel im umsatzsteuerrechtlichen Sinne auch dann vorliegt, wenn nicht der Zweck der Beförderung von Personen oder Gegenständen das alleinige Motiv der Fortbewegung ist (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737, m.w.N.).
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Nach der Entscheidung des FG Köln (Urteil vom 27. Juni 1984 1 K 234/83, EFG 1985, 42) ist die Vermietung im Ausland fest installierter Wohnwagen im Inland nicht steuerbar. Denn es komme auf die für den Mieter bestehende rechtliche und tatsächliche Möglichkeit an, mit der Mietsache Beförderungen durchzuführen. Beförderungsmittel seien alle Fahrzeuge, die der Beförderung von Menschen oder Gegenständen dienten. Auch diese Ausführungen legen keine erneute Überprüfung der bisher ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nahe, zumal die Fahrzeuge der Klägerin im Gegensatz zu fest installierten Wohnwagen entsprechend den vereinbarten Mietverträgen am Zielort tatsächlich gefahren wurden. Es handelt sich somit von vornherein nicht um vergleichbare Sachverhalte, so dass auch die von der Klägerin unter Hinweis auf dieses Urteil geforderte Wettbewerbsneutralität die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen vermag.
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