Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
BFH 20.05.2010 - VI B 111/09
BFH 20.05.2010 - VI B 111/09 - Steuerfreiheit von Pflichtbeiträgen in ein berufständisches Versorgungswerk
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 3 Nr 62 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 15. Juli 2009, Az: 12 K 3256/03 B, Urteil
Leitsatz
-
NV: Zuschüsse des Arbeitgebers zu Vorsorgeaufwendungen des Arbeitnehmers in ein berufständisches Versorgungswerk sind nach § 3 Nr. 62 Satz 2 Buchstabe c EStG nur steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist. Keine Steuerbefreiung besteht dagegen, wenn das Pflichtmitglied kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei ist.
Tatbestand
- 1
-
I. Streitig ist, ob Pflichtbeiträge in ein berufsständisches Versorgungswerk nach § 3 Nr. 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.
- 2
-
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine AG. Seit April 1998 beschäftigte sie Herrn X als Vorstandsassistenten. X ist …arzt und als solcher (seit 1995) Pflichtmitglied in der Ärztekammer sowie dem Versorgungswerk der Landes…ärztekammer. In dem im Mai 1998 abgeschlossenen Anstellungsvertrag mit X verpflichtete sich die Klägerin, 50 % der vom Versorgungswerk festgesetzten Beiträge zu erstatten. Zum 1. Januar 2001 wurde X zum Vorstand bestellt. Auch im neuen Anstellungsvertrag mit X hat sich die Klägerin verpflichtet, dessen Rentenversicherungsbeiträge an das Versorgungswerk in Höhe von 50 % zu tragen. Die übernommenen Beitragsanteile hat die Klägerin direkt an das Versorgungswerk entrichtet und zunächst dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Nach einer Überprüfung der Lohnberechnung meinte die Klägerin, sie habe die von ihr anteilig geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk zu Unrecht in die Lohnsteuerbemessungsgrundlage einbezogen, und reichte beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine um diese Beträge korrigierte Lohnsteuer-Anmeldung ein. Das FA versagte dieser korrigierten Anmeldung die Zustimmung und setzte mit Bescheid vom 19. März 2003 den von der Klägerin ursprünglich angemeldeten Betrag an abzuführender Lohnsteuer fest. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, dass die Zahlungen, mit denen sich die Klägerin an den Beiträgen des X zum Versorgungswerk beteiligt habe, weder nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG noch nach § 3 Nr. 62 Satz 2 Buchst. c EStG steuerfrei, sondern der Lohnsteuer zu unterwerfen seien. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
- 3
-
II. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.
- 4
-
a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Letzteres trifft nur dann zu, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es hingegen, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und der Sinnhaftigkeit des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O.).
- 5
-
b) Nach diesen Maßstäben ist die Klärungsbedürftigkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen zu verneinen.
- 6
-
Die Klägerin hält nachfolgende Fragestellungen für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig: - "Wird der Beitragsanteil des Arbeitgebers zur Rentenversicherung, der an das Versorgungswerk einer Berufsgruppe - das der gesetzlichen Rentenversicherung gleichsteht - abgeführt wird, lohnsteuerpflichtig, wenn das im Versorgungswerk pflichtversicherte Mitglied zum Vorstand einer Aktiengesellschaft bestellt wird? - Gehören vom Arbeitgeber getragene und abgeführte Beiträge zur Rentenversicherung eines Vorstandes in voller Höhe zum Arbeitslohn, wenn der Vorstand in einem der gesetzlichen Rentenversicherung gleichgestellten berufsständischen Versorgungswerk pflichtversichert ist? - Richtet sich die Lohnsteuererhebung für Personen, die in einem der gesetzlichen Rentenversicherung gleichgestellten berufsständischen Versorgungswerk pflichtversichert sind und die gleichzeitig Vorstand einer Aktiengesellschaft sind, nach den allgemeinen oder besonderen Lohnsteuertabellen?".
- 7
-
Die o.a. Streitfragen sind --soweit überhaupt in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar-- nach dem unmissverständlichen Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes offenkundig im Sinne der von der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassung zu beantworten. Das FG hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die Zahlungen der Klägerin an das Versorgungswerk als steuerbarer Arbeitslohn zu beurteilen und insbesondere nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei seien. Zu Recht hat die Vorinstanz darauf hingewiesen, dass § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers nur steuerfrei stellt, wenn diese --anders als im Streitfall-- aufgrund einer materiell gesetzlichen Verpflichtung geleistet werden. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut eindeutig. Die Vorschrift verlangt eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers. Der Umstand, dass X als Arzt in einem berufsständischen Versorgungswerk pflichtversichert ist, macht die Zahlungen der Klägerin nicht zu einem gesetzlich geschuldeten Beitrag. Die Übernahme der Beitragsanteile ist vielmehr anstellungsvertraglich geschuldet. Für eine "Überlagerung" der Versicherungsfreiheit durch die Pflichtmitgliedschaft --so zutreffend das FG-- ist damit kein Raum. Ebenfalls richtig ist der Hinweis des FG, dass die Zahlungen der Klägerin an das Versorgungswerk der Landes…ärztekammer nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 2 Buchst. c EStG steuerfrei sind. Zuschüsse des Arbeitgebers zu Vorsorgeaufwendungen des Arbeitnehmers sind nur steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist. Keine Steuerbefreiung besteht hingegen, wenn der Arbeitnehmer --wie im Streitfall X-- kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 1992 VI R 47/91, BFHE 169, 208, BStBl II 1993, 169). Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Kontakt zur AOK Rheinland-Pfalz/Saarland
Persönlicher Ansprechpartner